Maria Stuart. Trauerspiel in fünf Aufzügen

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Maria Stuart. Trauerspiel in fünf Aufzügen
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Friedrich Schiller



Maria Stuart



Ein Trauerspiel



Reclam




Zu Schillers

Maria Stuart

 gibt es in Reclams Universal-Bibliothek



• einen

Lektüreschlüssel für Schülerinnen und Schüler

 (Nr. 15310, PDF 978-3-15-950117-8, Epub 978-3-15-960060-4)



Erläuterungen und Dokumente

 (Nr. 8143)



• eine Interpretation in:

Schillers Dramen

 in der Reihe »Interpretationen« (Nr. 8807)



1965, 2001, 2012 Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

Durchgesehene Ausgabe 2001

auf der Grundlage der neuen amtlichen Rechtschreibregeln

Gesamtherstellung: Reclam, Ditzingen

Made in Germany 2017

RECLAM, UNIVERSAL-BIBLIOTHEK und RECLAMS UNIVERSAL-BIBLIOTHEK sind eingetragene Marken

der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN 978-3-15-960034-5

ISBN der Buchausgabe 978-3-15-000064-9





www.reclam.de






Personen



ELISABETH, Königin von England



MARIA STUART, Königin von Schottland, Gefangne in England



ROBERT DUDLEY, Graf von Leicester



GEORG TALBOT, Graf von Shrewsbury



WILHELM CECIL, Baron von Burleigh, Großschatzmeister



GRAF VON KENT



WILHELM DAVISON, Staatssekretär



AMIAS PAULET, Ritter, Hüter der Maria



MORTIMER, sein Neffe



GRAF AUBESPINE, französischer Gesandter



GRAF BELLIEVRE, außerordentlicher Botschafter von Frankreich



OKELLY, Mortimers Freund



DRUGEON DRURY, zweiter Hüter der Maria



MELVIL, ihr Haushofmeister



BURGOYN, ihr Arzt



HANNA KENNEDY, ihre Amme



MARGARETA KURL, ihre Kammerfrau



SHERIFF der Grafschaft



OFFIZIER DER LEIBWACHE



FRANZÖSISCHE UND ENGLISCHE HERREN



TRABANTEN



HOFDIENER der Königin von England



DIENER UND DIENERINNEN der Königin von Schottland





Erster Aufzug



Im Schloss zu Fotheringhay. – Ein Zimmer

.





Erster Auftritt



HANNA KENNEDY,

Amme der Königin von Schottland, in heftigem Streit mit

 PAULET,

der im Begriff ist, einen Schrank zu öffnen

, DRUGEON DRURY,

sein Gehilfe, mit Brecheisen

.



KENNEDY. Was macht Ihr, Sir? Welch neue Dreistigkeit!



Zurück von diesem Schrank!



PAULET. Wo kam der Schmuck her?



Vom obern Stock ward er herabgeworfen,



Der Gärtner hat bestochen werden sollen



5



Mit diesem Schmuck – Fluch über Weiberlist!



Trotz meiner Aufsicht, meinem scharfen Suchen,



Noch Kostbarkeiten, noch geheime Schätze!





(Sich über den Schrank machend.)





Wo das gesteckt hat, liegt noch mehr!



KENNEDY. Zurück, Verwegner!



Hier liegen die Geheimnisse der Lady.



PAULET. Die eben such ich.

(Schriften hervorziehend.)



10



KENNEDY. Unbedeutende



Papiere, bloße Übungen der Feder,



Des Kerkers traur’ge Weile zu verkürzen.



PAULET. In müß’ger Weile schafft der böse Geist.



KENNEDY. Es sind französische Schriften.



PAULET. Desto schlimmer!



15



Die Sprache redet Englands Feind.



KENNEDY. Konzepte



Von Briefen an die Königin von England.



PAULET. Die überliefr’ ich – Sieh! Was schimmert hier?





(Er hat einen geheimen Ressort geöffnet, und zieht aus einem verborgnen Fach Geschmeide hervor.)





Ein königliches Stirnband, reich an Steinen,



Durchzogen mit den Lilien von Frankreich!





(Er gibt es seinem Begleiter.)





20



Verwahrt’s, Drury. Legt’s zu dem Übrigen!





(Drury geht ab.)





KENNEDY. O schimpfliche Gewalt, die wir erleiden!



PAULET. Solang sie noch besitzt, kann sie noch schaden,



Denn alles wird Gewehr in ihrer Hand.



KENNEDY.



Seid gütig, Sir. Nehmt nicht den letzten Schmuck



25



Aus unserm Leben weg! Die Jammervolle



Erfreut der Anblick alter Herrlichkeit,



Denn alles andre habt Ihr uns entrissen.



PAULET. Es liegt in guter Hand. Gewissenhaft



Wird es zu seiner Zeit zurückgegeben!



30



KENNEDY. Wer sieht es diesen kahlen Wänden an,



Dass eine Königin hier wohnt? Wo ist



Die Himmeldecke über ihrem Sitz?



Muss sie den zärtlich weichgewöhnten Fuß



Nicht auf gemeinen rauen Boden setzen?



35



Mit grobem Zinn, die schlechtste Edelfrau



Würd es verschmähn, bedient man ihre Tafel.



PAULET. So speiste sie zu Sterlyn ihren Gatten,



Da sie aus Gold mit ihrem Buhlen trank.



KENNEDY. Sogar des Spiegels kleine Notdurft mangelt.



40



PAULET. Solang sie noch ihr eitles Bild beschaut,



Hört sie nicht auf, zu hoffen und zu wagen.



KENNEDY. An Büchern fehlt’s, den Geist zu unterhalten.



PAULET. Die Bibel ließ man ihr, das Herz zu bessern.



KENNEDY. Selbst ihre Laute ward ihr weggenommen.



45



PAULET. Weil sie verbuhlte Lieder drauf gespielt.



KENNEDY. Ist das ein Schicksal für die Weicherzogne,



Die in der Wiege Königin schon war,



Am üpp’gen Hof der Mediceerin



In jeder Freuden Fülle aufgewachsen.



50



Es sei genug, dass man die Macht ihr nahm,



Muss man die armen Flitter ihr missgönnen?



In

großes

 Unglück lehrt ein edles Herz



Sich endlich finden, aber wehe tut’s,



Des Lebens kleine Zierden zu entbehren.



55



PAULET. Sie wenden nur das Herz dem Eiteln zu,



Das in sich gehen und bereuen soll.



Ein üppig lastervolles Leben büßt sich



In Mangel und Erniedrigung allein.



KENNEDY. Wenn ihre zarte Jugend sich verging,



60



Mag sie’s mit Gott abtun und ihrem Herzen,



In England ist kein Richter über sie.



PAULET. Sie wird gerichtet, wo sie frevelte.



KENNEDY. Zum Freveln fesseln sie zu enge Bande.



PAULET. Doch wusste sie aus diesen engen Banden



65



Den Arm zu strecken in die Welt, die Fackel



Des Bürgerkrieges in das Reich zu schleudern,



Und gegen unsre Königin, die Gott



Erhalte! Meuchelrotten zu bewaffnen.



Erregte sie aus diesen Mauern nicht



70



Den Böswicht Parry und den Babington



Zu der verfluchten Tat des Königsmords?



Hielt dieses Eisengitter sie zurück,



Das edle Herz des Norfolk zu umstricken?



Für sie geopfert fiel das beste Haupt



75



Auf dieser Insel unterm Henkerbeil –



Und schreckte dieses jammervolle Beispiel



Die Rasenden zurück, die sich wetteifernd



Um ihrentwillen in den Abgrund stürzen?



Die Blutgerüste füllen sich für sie



80



Mit immer neuen Todesopfern an,



Und das wird nimmer enden, bis sie selbst,



Die Schuldigste, darauf geopfert ist.



– O Fluch dem Tag, da dieses Landes Küste



Gastfreundlich diese Helena empfing.



85



KENNEDY. Gastfreundlich hätte England sie empfangen?



Die Unglückselige, die seit dem Tag,



Da sie den Fuß gesetzt in dieses Land,



Als eine Hilfeflehende, Vertriebne



Bei der Verwandten Schutz zu suchen kam,



90



Sich wider Völkerrecht und Königswürde



Gefangen sieht, in enger Kerkerhaft



Der Jugend schöne Jahre muss vertrauern. –



Die jetzt, nachdem sie alles hat erfahren,



Was das Gefängnis Bittres hat, gemeinen



95



Verbrechern gleich, vor des Gerichtes Schranken



Gefodert wird und schimpflich angeklagt



Auf Leib und Leben – eine Königin!



PAULET. Sie kam ins Land als eine Mörderin,



Verjagt von ihrem Volk, des Throns entsetzt,



100



Den sie mit schwerer Greueltat geschändet.



Verschworen kam sie gegen Englands Glück,



Der spanischen Maria blut’ge Zeiten



Zurückzubringen, Engelland katholisch



Zu machen, an den Franzmann zu verraten.



105



Warum verschmähte sie’s, den Edinburger



Vertrag zu unterschreiben, ihren Anspruch



An England aufzugeben, und den Weg



Aus diesem Kerker schnell sich aufzutun



Mit einem Federstrich? Sie wollte lieber



110



Gefangen bleiben, sich misshandelt sehn,



Als dieses Titels leerem Prunk entsagen.



Weswegen

 tat sie das? Weil sie den Ränken



Vertraut, den bösen Künsten der Verschwörung,



Und unheilspinnend diese ganze Insel



115



Aus ihrem Kerker zu erobern hofft.



KENNEDY. Ihr spottet, Sir – Zur Härte fügt Ihr noch



Den bittern Hohn!

Sie

 hegte solche Träume,



Die hier lebendig eingemauert lebt,



Zu der kein Schall des Trostes, keine Stimme



120



Der Freundschaft aus der lieben Heimat dringt,



Die längst kein Menschenangesicht mehr schaute,

 



Als ihrer Kerkermeister finstre Stirn,



Die erst seit kurzem einen neuen Wächter



Erhielt in Eurem rauen Anverwandten,



125



Von neuen Stäben sich umgittert sieht –



PAULET. Kein Eisengitter schützt vor ihrer List.



Weiß ich, ob diese Stäbe nicht durchfeilt,



Nicht dieses Zimmers Boden, diese Wände,



Von außen fest, nicht hohl von innen sind,



130



Und den Verrat einlassen, wenn ich schlafe?



Fluchvolles Amt, das mir geworden ist,



Die unheilbrütend Listige zu hüten.



Vom Schlummer jagt die Furcht mich auf, ich gehe



Nachts um, wie ein gequälter Geist, erprobe



135



Des Schlosses Riegel und der Wächter Treu,



Und sehe zitternd jeden Morgen kommen,



Der meine Furcht wahr machen kann. Doch wohl mir!



Wohl! Es ist Hoffnung, dass es bald nun endet.



Denn lieber möcht ich der Verdammten Schar



140



Wachstehend an der Höllenpforte hüten,



Als diese ränkevolle Königin.



KENNEDY. Da kommt sie selbst!



PAULET. Den Christus in der Hand,



Die Hoffart und die Weltlust in dem Herzen.





Zweiter Auftritt



MARIA

im Schleier, ein Kruzifix in der Hand

, DIE VORIGEN.



KENNEDY

(ihr entgegeneilend)

.



O Königin! Man tritt uns ganz mit Füßen,



145



Der Tyrannei, der Härte wird kein Ziel,



Und jeder neue Tag häuft neue Leiden



Und Schmach auf dein gekröntes Haupt.



MARIA. Fass dich!



Sag an, was neu geschehen ist?



KENNEDY. Sieh her!



Dein Pult ist aufgebrochen, deine Schriften,



150



Dein einz’ger Schatz, den wir mit Müh gerettet,



Der letzte Rest von deinem Brautgeschmeide



Aus Frankreich ist in seiner Hand. Du hast nun



Nichts Königliches mehr, bist ganz beraubt.



MARIA. Beruhige dich, Hanna. Diese Flitter machen



155



Die Königin nicht aus. Man kann uns niedrig



Behandeln, nicht erniedrigen. Ich habe



In England mich an viel gewöhnen lernen,



Ich kann auch das verschmerzen. Sir, Ihr habt Euch



Gewaltsam zugeeignet, was ich Euch



160



Noch heut zu übergeben willens war.



Bei diesen Schriften findet sich ein Brief,



Bestimmt für meine königliche Schwester



Von England – Gebt mir Euer Wort, dass Ihr



Ihn redlich an sie selbst wollt übergeben,



165



Und nicht in Burleighs ungetreue Hand.



PAULET. Ich werde mich bedenken, was zu tun ist.



MARIA. Ihr sollt den Inhalt wissen, Sir. Ich bitte



In diesem Brief um eine große Gunst –



– Um eine Unterredung mit ihr selbst,



170



Die ich mit Augen nie gesehn – Man hat mich



Vor ein Gericht von Männern vorgefodert,



Die ich als meinesgleichen nicht erkennen,



Zu denen ich kein Herz mir fassen kann.



Elisabeth ist meines Stammes, meines



175



Geschlechts und Ranges – Ihr allein, der Schwester,



Der Königin, der Frau kann ich mich öffnen.



PAULET. Sehr oft, Mylady, habt Ihr Euer Schicksal



Und Eure Ehre Männern anvertraut,



Die Eurer Achtung minder würdig waren.



180



MARIA. Ich bitte noch um eine zweite Gunst,



Unmenschlichkeit allein kann mir sie weigern.



Schon lange Zeit entbehr ich im Gefängnis



Der Kirche Trost, der Sakramente Wohltat,



Und die mir Kron’ und Freiheit hat geraubt,



185



Die meinem Leben selber droht, wird mir



Die Himmelstüre nicht verschließen wollen.



PAULET. Auf Euren Wunsch wird der Dechant des Orts –



MARIA

(unterbricht ihn lebhaft)

.



Ich will nichts vom Dechanten. Einen Priester



Von meiner eignen Kirche fodre ich.



190



– Auch Schreiber und Notarien verlang ich,



Um meinen letzten Willen aufzusetzen.



Der Gram, das lange Kerkerelend nagt



An meinem Leben. Meine Tage sind



Gezählt, befürcht ich, und ich achte mich



Gleich einer Sterbenden.



195



PAULET. Da tut Ihr wohl,



Das sind Betrachtungen, die Euch geziemen.



MARIA. Und weiß ich, ob nicht eine schnelle Hand



Des Kummers langsames Geschäft beschleunigt?



Ich will mein Testament aufsetzen, will



200



Verfügung treffen über das, was mein ist.



PAULET. Die Freiheit habt Ihr. Englands Königin



Will sich mit Eurem Raube nicht bereichern.



MARIA. Man hat von meinen treuen Kammerfrauen,



Von meinen Dienern mich getrennt – Wo sind sie?



205



Was ist ihr Schicksal? Ihrer Dienste kann ich



Entraten, doch beruhigt will ich sein,



Dass die Getreun nicht leiden und entbehren.



PAULET. Für Eure Diener ist gesorgt.

(Er will gehen.)



MARIA. Ihr geht, Sir? Ihr verlasst mich abermals,



210



Und ohne mein geängstigt fürchtend Herz



Der Qual der Ungewissheit zu entladen.



Ich bin, dank Eurer Späher Wachsamkeit,



Von aller Welt geschieden, keine Kunde



Gelangt zu mir durch diese Kerkermauern,



215



Mein Schicksal liegt in meiner Feinde Hand.



Ein peinlich langer Monat ist vorüber,



Seitdem die vierzig Kommissarien



In diesem Schloss mich überfallen, Schranken



Errichtet, schnell, mit unanständiger Eile,



220



Mich unbereitet, ohne Anwalts Hülfe,



Vor ein noch nie erhört Gericht gestellt,



Auf schlaugefasste schwere Klagepunkte



Mich, die Betäubte, Überraschte, flugs



Aus dem Gedächtnis Rede stehen lassen –



225



Wie Geister kamen sie und schwanden wieder.



Seit diesem Tage schweigt mir jeder Mund,



Ich such umsonst in Eurem Blick zu lesen,



Ob meine Unschuld, meiner Freunde Eifer,



Ob meiner Feinde böser Rat gesiegt.



230



Brecht endlich Euer Schweigen – lasst mich wissen,



Was ich zu fürchten, was zu hoffen habe.



PAULET

(nach einer Pause)

.



Schließt Eure Rechnung mit dem Himmel ab.



MARIA. Ich hoff auf seine Gnade, Sir – und hoffe



Auf strenges Recht von meinen ird’schen Richtern.



235



PAULET. Recht soll Euch werden. Zweifelt nicht daran.



MARIA. Ist mein Prozess entschieden, Sir?



PAULET. Ich weiß nicht.



MARIA.

Bin

 ich verurteilt?



PAULET. Ich weiß nichts, Mylady.



MARIA. Man liebt hier rasch zu Werk zu gehn. Soll mich Der Mörder

überfallen

 wie die Richter?



240



PAULET. Denkt immerhin, es sei so, und er wird Euch



In bessrer Fassung dann als diese finden.



MARIA. Nichts soll mich in Erstaunen setzen, Sir,



Was ein Gerichtshof in Westminsterhall,



Den Burleighs Hass und Hattons Eifer lenkt,



245



Zu urteln sich erdreiste – Weiß ich doch,



Was Englands Königin wagen darf zu

tun

.



PAULET. Englands Beherrscher brauchen nichts zu scheuen,



Als ihr Gewissen und ihr Parlament.



Was die Gerechtigkeit gesprochen, furchtlos,



250



Vor aller Welt wird es die Macht vollziehn.





Dritter Auftritt



DIE VORIGEN. MORTIMER

Paulets Neffe, tritt herein und ohne der Königin einige Aufmerksamkeit zu bezeugen, zu Paulet

.



MORTIMER. Man sucht Euch, Oheim.





(Er entfernt sich auf eben die Weise. Die Königin bemerkt es mit Unwillen und wendet sich zu Paulet, der ihm folgen will.)





MARIA. Sir, noch eine Bitte.



Wenn

Ihr

 mir was zu sagen habt – von Euch



Ertrag ich viel, ich ehre Euer Alter.



Den Übermut des Jünglings trag ich nicht,



255



Spart mir den Anblick seiner rohen Sitten.



PAULET. Was ihn Euch widrig macht, macht mir ihn wert.



Wohl ist es keiner von den weichen Toren,



Die eine falsche Weiberträne schmelzt –



Er ist gereist, kommt aus Paris und Reims,



260



Und bringt sein treu altenglisch Herz zurück.



Lady, an dem ist Eure Kunst verloren!

(Geht ab.)





Vierter Auftritt



MARIA. KENNEDY.



KENNEDY. Darf Euch der Rohe das ins Antlitz sagen!



O es ist hart!



MARIA

(in Nachdenken verloren)

.



Wir haben in den Tagen unsers Glanzes



265



Dem Schmeichler ein zu willig Ohr geliehn,



Gerecht ist’s, gute Kennedy, dass wir



Dies Vorwurfs ernste Stimme nun vernehmen.



KENNEDY. Wie? so gebeugt, so mutlos, teure Lady?



Wart Ihr doch sonst so froh, Ihr pflegtet mich zu trösten,



270



Und eher musst ich Euren Flattersinn



Als Eure Schwermut schelten.



MARIA. Ich erkenn ihn.



Es ist der blut’ge Schatten König Darnleys,



Der zürnend aus dem Gruftgewölbe steigt,



Und er wird nimmer Friede mit mir machen,



275



Bis meines Unglücks Maß erfüllet ist.



KENNEDY. Was für Gedanken –



MARIA. Du vergissest, Hanna –



Ich aber habe ein getreu Gedächtnis –



Der Jahrstag dieser unglückseligen Tat



Ist heute abermals zurückgekehrt,



280



Er ist’s, den ich mit Büß und Fasten feire.



KENNEDY. Schickt endlich diesen bösen Geist zur Ruh.



Ihr habt die Tat mit jahrelanger Reu,



Mit schweren Leidensproben abgebüßt.



Die Kirche, die den Löseschlüssel hat



285



Für jede Schuld, der Himmel hat vergeben.



MARIA. Frischblutend steigt die längst vergebne Schuld



Aus ihrem leichtbedeckten Grab empor!



Des Gatten rachefoderndes Gespenst



Schickt keines Messedieners Glocke, kein



290



Hochwürdiges in Priesters Hand zur Gruft.



KENNEDY. Nicht Ihr habt ihn gemordet! Andre taten’s!



MARIA. Ich wusste drum. Ich ließ die Tat geschehn,



Und lockt ihn schmeichelnd in das Todesnetz.



KENNEDY. Die Jugend mildert Eure Schuld. Ihr wart



So zarten Alters noch.



295



MARIA. So zart, und lud



Die schwere Schuld auf mein so junges Leben.



KENNEDY. Ihr wart durch blutige Beleidigung



Gereizt und durch des Mannes Übermut,



Den Eure Liebe aus der Dunkelheit



300



Wie eine Götterhand hervorgezogen,



Den Ihr durch Euer Brautgemach zum Throne



Geführt, mit Eurer blühenden Person



Beglückt und Eurer angestammten Krone.



Konnt er vergessen, dass sein prangend Los



305



Der Liebe großmutsvolle Schöpfung war?



Und doch vergaß er’s, der Unwürdige!



Beleidigte mit niedrigem Verdacht,



Mit rohen Sitten Eure Zärtlichkeit,



Und widerwärtig wurd er Euren Augen.



310



Der Zauber schwand, der Euren Blick getäuscht,



Ihr floht erzürnt des Schändlichen Umarmung



Und gabt ihn der Verachtung preis – Und er –



Versucht’ er’s, Eure Gunst zurückzurufen?



Bat er um Gnade? Warf er sich bereuend



315



Zu Euren Füßen, Besserung versprechend?



Trotz bot Euch der Abscheuliche – Der Euer



Geschöpf war, Euren König wollt er spielen,



Vor Euren Augen ließ er Euch den Liebling,



Den schönen Sänger Rizzio durchbohren –



320



Ihr rächtet blutig nur die blut’ge Tat.



MARIA. Und blutig wird sie auch an mir sich rächen,



Du sprichst mein Urteil aus, da du mich tröstest.

 



KENNEDY. Da Ihr die Tat geschehn ließt, wart Ihr nicht



Ihr selbst, gehörtet Euch nicht selbst. Ergriffen



325



Hatt Euch der Wahnsinn blinder Liebesglut,



Euch unterjocht dem furchtbaren Verführer,



Dem unglücksel’gen Bothwell – Über Euch



Mit übermüt’gem Männerwillen herrschte



Der Schreckliche, der Euch durch Zaubertränke,



330



Durch Höllenkünste das Gemüt verwirrend



Erhitzte –



MARIA. Seine Künste waren keine andre,



Als seine Männerkraft und meine Schwachheit.



KENNEDY. Nein, sag ich. Alle Geister der Verdammnis



Musst er zu Hülfe rufen, der dies Band



335



Um Eure hel

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