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Gedichte in Prosa

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Eine Legende des Morgenlandes

Wer kennt nicht in Bagdad den großen Dschaffar, die Sonne des Weltalls?

Einst – vor langen Jahren – da er noch ein Jüngling war, lustwandelte Dschaffar in der Umgebung von Bagdad.

Plötzlich traf ein heiserer Schrei sein Ohr: es rief jemand verzweifelt um Hilfe.

Dschaffar zeichnete sich vor seinen Altersgenossen durch Klugheit und Besonnenheit aus; doch hatte er ein mitleidsvolles Herz – und vertraute auf seine Kraft. Er rannte dem Schrei nach und erblickte einen hinfälligen Greis, der von zwei Räubern gegen die Stadtmauer gedrückt und beraubt wurde.

Dschaffar zückte seinen Säbel und stürzte sich auf die Räuber: einen schlug er nieder, den andern trieb er in die Flucht.

Der befreite Greis fiel seinem Retter zu Füßen und sprach, indem er den Saum seines Mantels küßte: »Tapferer Jüngling, dein Edelmut soll nicht unbelohnt bleiben. Dem Aussehen nach bin ich zwar ein armer Bettler; doch nur dem Aussehen nach. Ich bin kein Mann aus niederem Stande, – komme morgen in der Frühe auf den großen Bazar; am Springbrunnen werde ich dich erwarten – und dann sollst du dich von der Wahrheit meiner Worte überzeugen.«

Dschaffar dachte bei sich: »Dem Aussehen nach ist dieser Mann ein Bettler, ohne Zweifel; indessen – nichts ist unmöglich. Weshalb sollte ich es nicht versuchen?« und gab zur Antwort: »Gut, mein Vater, ich werde kommen.«

Der Greis blickte ihm ins Auge – und entfernte sich.

Am anderen Morgen, als es eben erst dämmerte, begab sich Dschaffar auf den Bazar. Am Springbrunnen, auf dessen Marmorrand er sich mit den Ellenbogen gestützt hatte, harrte seiner schon der Greis.

Schweigend nahm er Dschaffar bei der Hand und führte ihn in einen kleinen Garten, der rings von hohen Mauern umgeben war.

Mitten im Garten, auf einem grünen Rasenplatz, stand ein Baum von ungewöhnlichem Aussehen.

Er glich einer Zypresse; nur war sein Laub von azurblauer Farbe.

Drei Früchte – drei Äpfel hingen an den schmalen, aufwärtsstrebenden Zweigen: der eine von mittlerer Größe, länglich und milchweiß; der andere groß, rund und feuerrot; der dritte klein, verschrumpft und gelblich.

Leise rauschte der Baum, obwohl es windstill war; zart und klagend klang sein Rauschen, wie der Ton des Glases. Es schien, als fühle er die Nähe Dschaffars. »Jüngling!« – hub der Greis nun an – »pflücke dir nach Belieben eine von diesen Früchten, doch wisse: pflückst du und ißt du die weiße – dann wirst du klüger werden als alle Menschen; pflückst du und ißt du die rote – dann wirst du so reich wie der Jude Rothschild; pflückst du und ißt du aber die gelbe – dann wirst du allen alten Weibern gefallen. Entscheide dich!.. und zaudere nicht. In einer Stunde verwelken die Früchte, und der Baum selber versinkt in den stummen Schoß der Erde!«

Dschaffar senkte sein Haupt und sann nach. – »Wie wähle ich hier am besten?« sprach er halblaut vor sich hin, gleich als ginge er mit sich selbst zu Rate. – »Wer allzu weise wird, könnte des Lebens überdrüssig werden; wer reicher wird als alle Menschen, wird ihrem Neide verfallen; besser, ich pflücke und esse den dritten Apfel, den runzligen!«

Und so tat er auch; der Greis aber lächelte mit seinem zahnlosen Munde und sprach: »O du weisester aller Jünglinge! Du hast das beste Teil erwählt! – Was sollte dir auch der weiße Apfel? Auch so bist du ja klüger als Salomo. – Den roten Apfel brauchst du gleichfalls nicht … Auch ohne ihn wirst du reich werden. Aber deinen Reichtum wird dir niemand neiden können.«

»Sag an, Alter,« entgegnete Dschaffar sich aufrichtend, »wo wohnt die ehrwürdige Mutter unseres gottgeliebten Kalifen?«

Der Greis verneigte sich bis zur Erde – und wies dem Jüngling den Weg.

Wer kennt nicht in Bagdad die Sonne des Weltalls, den großen, ruhmreichen Dschaffar?

Zwei Vierzeiler

Einst gab es eine Stadt, deren Bewohner in solch leidenschaftlicher Weise der Poesie ergeben waren, daß, wenn einmal einige Wochen verstrichen, ohne daß neue schöne Verse bekannt wurden, sie eine solche Mißernte als ein öffentliches Unglück empfanden.

Dann zogen sie ihre schlechtesten Kleider an, streuten sich Asche aufs Haupt, sammelten sich in Scharen auf den Plätzen und haderten unter bitteren Tränen mit der Muse, weil sie sich von ihnen abgewendet habe.

An einem solchen Trauertage erschien der junge Dichter Junius auf dem Platze, der von einer wehklagenden Volksmenge erfüllt war.

Mit raschen Schritten bestieg er die eigens dazu hergerichtete Kanzel und verkündete durch ein Zeichen, daß er ein Gedicht vorzutragen wünsche.

Sofort schwangen die Liktoren ihre Stäbe. »Ruhe, Aufmerksamkeit!« schrien sie laut – und erwartungsvoll verstummte die Menge.

»Genossen! Freunde!« begann Junius mit tönender, aber etwas unsicherer Stimme:

 
»Genossen! Freunde all! Der Dichtkunst Gönner ihr!
Bewundrer alles des, was edel und vollendet!
Laßt euch vom trüben Leid des Augenblicks nicht beugen!
Die frohe Stunde naht … und Dunkel weicht dem Licht.«
 

Junius hielt inne … aber als Antwort erscholl von allen Enden des Platzes her Lärmen, Pfeifen und Hohngelächter.

Alle ihm zugewandten Gesichter flammten vor Unwillen, alle Augen blitzten vor Zorn, alle Hände erhoben sich, drohten, ballten sich zu Fäusten!

»Mit solchen Stümpereien dachte er unseren Beifall zu erringen!« schrien zornige Stimmen. »Herunter von der Kanzel mit dem unbeholfenen Reimschmied! Fort mit dem Dummkopf. Faule Äpfel und Eier auf den hohlen Narren! Gebt Steine! Steine her!«

Hals über Kopf flüchtete Junius von der Kanzel … aber noch war er nicht bis an sein Haus gelangt, als donnerndes Händeklatschen, Beifallsruf und Freudengeschrei an sein Ohr drang.

Von Zweifeln erfaßt, aber voll Sorge, erkannt zu werden – denn es ist gefährlich, ein wütendes Tier zu reizen –, kehrte Junius auf den Platz zurück.

Und was sah er?

Hoch über der Menge, von deren Schultern getragen, stand auf einem flachen goldenen Schilde, in einen purpurnen Mantel gehüllt, einen Lorbeerkranz auf dem wallenden Lockenhaar, sein Nebenbuhler, der junge Dichter Julius … Rings aber schrie das Volk: »Heil! Heil! Heil dem unsterblichen Julius! In unserer Trübsal, in unserem großen Kummer hat er uns getröstet! Er hat uns mit Versen beschenkt, süßer als Honig, wohlklingender als Zimbelton, würziger als Rosenduft, klarer als Himmelsbläue! Tragt ihn in Jubel einher, salbt sein begnadetes Haupt mit köstlichem Balsam, kühlt seine Stirn durch sanftes Fächeln mit Palmenzweigen, streut zu seinen Füßen alle Wohlgerüche arabischer Myrrhen! Heil!«

Junius näherte sich einem dieser Beifallsrufer. »Sage mir doch, lieber Mitbürger, mit welchen Versen Julius uns beglückt hat! Leider war ich nicht hier auf dem Platze, als er sie vortrug! Wiederhole sie mir doch, wenn du sie behalten hast, tu mir den Gefallen!«

»Wie sollte man – solche Verse nicht im Gedächtnis behalten?« antwortete erregt der Gefragte. »Wofür hältst du mich denn? So höre – und jauchze, jauchze mit uns!

‘Der Dichtkunst Gönner ihr!’ so begann der göttliche Julius …

 
‘Der Dichtkunst Gönner ihr! Genossen! Freunde all!
Bewundrer alles des, was edel, groß und herrlich!
Laßt euch vom schweren Harm des Augenblicks nicht trüben!
Die freudge Stunde naht – und Tag verscheucht die Nacht!’
 

Herrlich, nicht wahr?«

»Um Himmels willen!« rief Junius aus, »das sind ja doch meine eigenen Verse! – Julius hat sich gewiß unter der Volksmenge befunden, als ich sie vortrug – er hat sie gehört und dann wiederholt, wobei er nur einige Ausdrücke – und keineswegs zum Vorteil – veränderte!«

»Aha! Jetzt erkenne ich dich … du bist Junius,« entgegnete stirnrunzelnd der angesprochene Bürger. »Ein Neidhammel bist du oder ein Dummkopf!.. So überlege doch nur dies eine, Unglücklicher! Wie erhaben heißt es bei Julius: ‘Und Tag verscheucht die Nacht!’ … Bei dir dagegen – so recht abgeschmackt: ‘Und Dunkel weicht dem Licht!’ – Welches Licht?! Welches Dunkel?!«

»Ja, ist das denn nicht ein und dasselbe?« wagte Junius einzuwenden …

»Ein einziges Wort noch,« unterbrach ihn der Bürger, »und ich rufe das Volk auf … das dich zerreißen wird!«

Junius schwieg wohlweislich still, indes ein grauhaariger alter Mann, der sein Gespräch mit dem Bürger gehört hatte, auf den niedergeschlagenen Dichter zutrat, ihm die Hand auf die Schulter legte und sprach:

»Junius! Du gabst Selbstgeschaffenes, aber zur Unzeit; der andere gab nicht Selbstgeschaffenes, doch zur rechten Zeit. – Folglich hat er recht – dir aber bleibt der Trost deines reinen Gewissens.«

Doch während das reine Gewissen – so gut und so weit es irgend vermochte … in Wahrheit jedoch nur sehr schlecht – den Junius tröstete, der sich stumm in einen Winkel gedrückt hatte, schwebte in der Ferne, unter tosendem Beifallsjauchzen, im goldenen Siegesglanz der Sonne, strahlend in Purpur, beschattet vom Lorbeerkranz, von frischem Balsamduft umweht, in feierlicher Langsamkeit, gleich einem Könige, der zur Krönung schreitet, – in gemessener, stolzer Haltung die Gestalt des Julius dahin … und Reihen langer Palmenzweige hoben und neigten sich vor ihm, gleich als wollten sie mit ihrem stummen Sichaufrichten, ihrem demütigen Sichneigen die beständig sich erneuernde Verehrung ausdrücken, welche die Herzen seiner durch ihn bezauberten Mitbürger erfüllte.

Der Sperling

Auf der Heimkehr von der Jagd durchschritt ich die Gartenallee. Mein Hund lief vor mir her.

Plötzlich hemmte er seinen Lauf und begann zu schleichen, gleich als wittere er vor sich ein Wild.

Ich blickte die Allee hinunter und gewahrte einen jungen Sperling mit gelbgerandetem Schnabel und Flaum auf dem Köpfchen. Er war aus dem Neste gefallen – heftiger Wind schüttelte die Birken der Allee – und hockte unbeweglich, hilflos seine kaum hervorgesprossenen Flügelchen ausstreckend.

 

Langsam näherte mein Hund sich ihm, als plötzlich, von einem nahen Baume sich herabstürzend, der alte schwarzbrüstige Sperling wie ein Stein gerade vor seine Schnauze zu Boden fiel und völlig zerzaust, verstört, mit verzweifeltem, kläglichem Gezeter mehrmals gegen den scharfgezahnten, geöffneten Rachen lossprang. Er warf sich über sein Junges, um es zu retten, mit dem eigenen Leibe wollte er es schützen … doch sein ganzer kleiner Körper bebte vor Schrecken, sein Stimmchen klang wild und heiser, Betäubung erfaßte ihn, er opferte sich selbst!

Als welch riesengroßes Untier mußte ihm der Hund erscheinen! Und dennoch hatte er nicht auf seinem hohen, sicheren Aste zu bleiben vermocht … Eine Macht, stärker als sein Wille, riß ihn von dort herab.

Mein Tresor hielt inne, wich zurück … Sichtlich begriff auch er diese Macht.

Schnell rief ich meinen verblüfften Hund zurück und entfernte mich, Ehrfurcht im Herzen.

Ja; lächelt nicht darüber. Ehrfurcht empfand ich vor diesem kleinen heldenmütigen Vogel, vor der überströmenden Kraft seiner Liebe.

Die Liebe, dachte ich, ist stärker als der Tod und die Schrecken des Todes. Sie allein, allein die Liebe erhält und bewegt unser Leben.

Die Totenschädel

Ein prachtvoller, glänzend erleuchteter Saal; eine zahlreiche Gesellschaft von Herren und Damen. Ringsum lebensprühende Gesichter und eifrige Gespräche … Die sprudelnde Unterhaltung dreht sich um eine berühmte Sängerin. Man vergöttert sie, nennt sie unsterblich … O, wie herrlich hat sie gestern ihren letzten Triller hinausgeschmettert!

Und plötzlich – wie auf den Wink eines Zauberstabes – verschwand von allen Köpfen und allen Gesichtern die zarte Hülle der Haut, und augenblicklich erschienen die Schädel in ihrer Totenblässe, traten Kiefer und Backenknochen in bleigrauer Farbe hervor.

Mit Entsetzen sah ich, wie sich alle diese Kiefer und Backenknochen bewegten und rührten – wie sich diese rundlichen, knöchernen Kugeln, im Scheine der Lampen und Kerzen widerstrahlend, hin und her wendeten – und wie sich in ihnen andere kleinere Kugeln drehten, die ausdruckslosen Augäpfel.

Ich wagte nicht, mein eigenes Antlitz zu berühren, wagte auch nicht, mich im Spiegel zu betrachten.

Die Totenschädel aber drehten sich wie zuvor … Und mit derselben Lebhaftigkeit, kleine rote Lappen zwischen den fleischlosen Kinnladen geläufig hin und her bewegend, schwatzten die geschäftigen Stimmen davon, wie wunderbar, wie unübertrefflich die unsterbliche … ja, die unsterbliche Sängerin ihren letzten Triller hinausgeschmettert habe!

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