Erwin und Elmire

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Johann Wolfgang von Goethe

Erwin und Elmire

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Erwin und Elmire

Personen.

Impressum neobooks

Erwin und Elmire

Den kleinen Strauß, den ich dir binde,

Pflückt ich aus diesem Herzen hier.

Nimm ihn gefällig auf, Belinde!

Der kleine Strauß, er ist von mir.

Personen.

Olimpia

Elmire, ihre Tochter

Bernardo

Erwin

Der Schauplatz ist nicht in Spanien.

Olimpia tritt herein und findet Elmiren traurig an einem Tische sitzen, auf den sie sich stemmt. Die Mutter bezeigt ein zärtliches Mißvergnügen und sucht sie zu ermuntern.

OLIMPIA.

Liebes Kind, was hast du wieder?

Welch ein Kummer drückt dich nieder?

Sieh! wie ist der Tag so schön;

Komm, laß uns in Garten gehn.

War das ein Sehnen,

War das ein Erwarten:

Blühten doch die Blumen!

Grünte doch mein Garten!

Sieh! die Blumen blühen all,

Hör! es schlägt die Nachtigall.

Was hast du? ich bitte dich, was hast du? klage, solange du willst, nur das Schweigen ist mir unausstehlich.

ELMIRE. Liebe Mama, man gibt sich den Humor nicht selbst.

OLIMPIA. Wenn's Humor wäre, wollt ich kein Wort sagen. Wenn dir eine Ratte durch den Kopf läuft, daß du einen Morgen nichts reden magst oder bei Tische das Maul hängst, sag ich da was drüber? Hat man jemals eine schönere Haushaltung gesehn als unsre, da man einander aus dem Wege geht, wenn man üblen Humors ist? Nein, Liebchen, du sollst nicht lachen, wenn dir's weinerlich ist; aber ich wollte, daß dir's nicht weinerlich wäre. Was ist dir, was fehlt dir? sag's! rede!

ELMIRE. Mir? Nichts, Mama.

OLIMPIA. Da sei Gott vor, daß du so ohne Ursache den Kopf hängst. Nein, das ist nichts. Und doch begreif ich nicht – daß ein Mädel den Kopf hängt, die auf Erlösung paßt, wenn die nicht kommen will, das ist natürlich! daß eine verdrießlich ist, die nach allen Mannsleuten angelt und keinen fängt, sehr natürlich. – Ist denn das dein Fall? Du, die du sechse haben kannst für einen, die du eine Mutter hast, die sagt: nimm, welchen du willt von den sechsen, und wenn dir ein siebenter etwa in die Augen sticht, dir etwa am Herzen liegt, sag mir ihn, nenn mir ihn! Wir wollen sehn, wie wir ihm ankommen. Und doch immer Tränen in den Augen! bist du krank, willst mir's nicht sagen?

ELMIRE. Ich bin ja lustig.

Sie lächelt und wischt sich die Augen.

OLIMPIA. Das ist eine aparte Art von Lustbarkeit. Unterdes ich will's so annehmen. Treffend. Ich weiß wohl, wo dir's stickt!

ELMIRE lebhaft. Liebe Mama!

OLIMPIA nach einer Pause. An all dem Mißvergnügen, der üblen Laune unsrer Kinder sind wir selber schuld, ist die neumodische Erziehung schuld. Ich fühl's schon lang!

ELMIRE. Liebe Mama, daß Sie doch nie die Sorge gereuen möchte, die Sie auf mich verwendet haben.

OLIMPIA. Nicht das, meine Tochter, Ich sagt's deinem Vater oft; er wollte nun einmal ein kleines Meerwunder aus dir gemacht haben, du wurdest's und bist nicht glücklicher.

ELMIRE. Sie schienen doch sonst mit mir zufrieden zu sein.

OLIMPIA. Und bin's noch, und hätte gar nichts zu klagen, wenn du nur mit dir selbst zufrieden wärst. Wie ich jung war, ich weiß nicht, es war alles ganz anders. Zwar wirft man den Alten vor, sie lobten töricht das Vergangene und verachteten das Gegenwärtige, weil sie kein Gefühl dafür haben. Aber wahr bleibt wahr. Wie ich jung war, man wußte von all den Verfeinerungen nichts, sowenig man von dem Staate was wußte, zu dem man jetzt die Kinder gewöhnt. Man ließ uns lesen lernen und schreiben, und übrigens hatten wir alle Freiheit und Freuden der ersten Jahre. Wir vermengten uns mit Kindern von geringem Stand, ohne daß das unsre Sitten verderbt hätte. Wir durften wild sein, und die Mutter fürchtete nicht für unsern Anzug, wir hatten keine Falbalas zu zerreißen, keine Blonden zu verschmutzen, keine Bänder zu verderben; unsre leinene Kleidchen waren bald gewaschen. Keine hagre Deutsch-Französin zog hinter uns her, ließ ihren bösen Humor an uns aus und prätendierte etwa, wir sollten so steif, so eitel, so albern tun wie sie. Es wird mir immer übel, die kleinen Mißgeburten in der Allee auf und ab treiben sehn. Nicht anders sieht's aus, als wenn ein Kerl in der Messe seine Hunde und Affen mit Reifröcken und Fantangen mit der Peitsche vor sich her in Ordnung und auf zwei Beinen hält und es ihnen mit derben Schlägen gesegnet, wenn die Natur wiederkehrt und sie Lust kriegen, einmal à leur aise auf allen vieren zu trappeln.

ELMIRE. Darf ich sagen, Mama, daß Sie ungerecht sind, ein wenig übertreiben und die gute Seite nicht sehen wollen. Welche Vorzüge gibt uns die gegenwärtige Erziehung! die doch noch lang nicht allgemein ist.

OLIMPIA. Desto besser! Vorzüge? Ich dächte, der größte Vorzug in der Welt wäre, glücklich und zufrieden zu sein. So war unsere Jugend. Wir spielten, sprangen, lärmten und waren schon ziemlich große Jungfern, da uns noch eine Schaukel, ein Ballspiel ergötzte, und nahmen Männer, ohne kaum was von einer Assemblee, von Kartenspiel und Geld zu wissen. Wir liefen in unsern Hauskleidern zusammen und spielten um Nüsse und Stecknadeln und waren herrlich dabei; und eh man sich's versah, paff! hatten wir einen Mann.

ELMIRE. Man kriegt heutzutage auch Männer und ist auch lustig.

OLIMPIA. Aber wie? Da führen sie ihre Kinder zusammen. Sie sitzen im Kreis, wie die Damen; trinken ihren Kaffee aus der Hand, wie die Damen, statt daß man sie sonst um einen Tisch setzte und es ihnen bequem machte; so müssen sie anständig sein, wie die Damen; und auch Langeweile haben, wie die Damen; und sind doch Kinder von innen, und werden durchaus verdorben, weil sie gleich von Anfang ihres Lebens nicht sein dürfen, was sie sind.

ELMIRE. Unterdessen, unsre Lebensart verlangt's doch jetzt. Wenn wir erzogen würden wie vor alters, was für eine Figur würden wir in der Gesellschaft spielen?

OLIMPIA. Was für eine Figur, Mädchen? die Figur, die eure Mütter gespielt haben und deren ihr euch nicht zu schämen haben würdet. Glaubst du denn nicht, daß man ein angenehmes Mädchen, eine rechtschaffne Frau werden könne, wenn man die Erlaubnis gehabt hat, ein Kind zu sein? Dein Vater hat weder Schande an mir in der großen Welt er lebt, noch hatte er sich über mein häuslich Leben zu beklagen. Ich sage dir, die Kinderschuhe treten sich von selbst aus, wenn sie einem zu eng werden; und wenn ein Weib Menschenverstand hat, kann sie sich in alles fügen. Gewiß! die Besten, die ich unter unserm Geschlecht habe kennengelernt, waren eben die, auf deren Erziehung man am wenigsten gewendet hatte.

ELMIRE. Unsre Kenntnisse, unsre Talente!

OLIMPIA. Das ist eben das verfluchte Zeug, das euch entweder nichts hilft oder euch wohl gar unglücklich macht. Wir wußten von all der Firlfanzerei nichts; wir tappelten unser Liedchen, unsern Menuett auf dem Klavier und sangen und tanzten dazu; jetzt vergeht den armen Kindern das Singen und Tanzen bei ihren Instrumenten; sie werden auf die Geschwindigkeit dressiert und müssen, statt einfacher Melodien, ein Geklimpere treiben, das sie ängstigt und nicht unterhält; und wozu? Um sich zu produzieren! Um bewundert zu werden! Vor wem? wo? – Vor Leuten, die' s nicht verstehen oder plaudern oder nur herzlich passen, bis ihr fertig seid, um sich auch zu produzieren und auch nicht geachtet und doch am Ende aus Gewohnheit oder Spott beklatscht zu werden.

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