Der Archipel in Flammen

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Из серии: Jules Verne bei Null Papier #16
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Hier über­fiel ihn ein merk­wür­di­ges Zö­gern. Es gibt ja kein so ver­här­te­tes Herz, das nicht lau­ter klopf­te, wenn in ihm lie­be Bil­der der Ver­gan­gen­heit er­wa­chen. Kei­ner wird ge­bo­ren, der an die Stel­le sei­ner Ge­burt, an die, wo ihn die Mut­ter ge­wiegt, nicht eine dau­ern­de An­häng­lich­keit emp­fän­de. Die Ner­ven kei­nes Ge­schöpfs kön­nen so für je­des Ge­fühl er­lah­men, dass sie nicht zit­ter­ten, wenn eine sol­che Erin­ne­rung sie er­re­gen.

Ganz eben­so ging es Ni­co­las Star­kos, als er vor der Schwel­le des ver­las­se­nen Hau­ses stand, das so düs­ter, so schwei­gend, so to­ten­still im In­ne­ren und im Äu­ße­ren vor ihm lag.

»Hin­ein! … Ja! … Hin­ein! …«

Das wa­ren die ers­ten Wor­te, wel­che Ni­co­las Star­kos wie­der sprach. Ei­gent­lich mur­mel­te er sie nur vor sich hin, als fürch­te er, ge­hört zu wer­den und ir­gend­ei­ne Er­schei­nung aus ver­gan­ge­ner Zeit wach­zu­ru­fen.

In die Um­zäu­nung zu ge­lan­gen, war ja ganz leicht, da die Tür zer­fal­len und Tei­le da­von auf dem Bo­den um­her­la­gen. Er hat­te nur die Tür zu öff­nen, einen Rie­gel zu­rück­zu­schie­ben.

Ni­co­las Star­kos trat ein. Er blieb vor dem Hau­se ste­hen, des­sen vom Re­gen halb ver­faul­te Lä­den nur noch schwach in den ver­ros­te­ten, zer­fres­se­nen An­geln hin­gen.

Da ließ eine Nacht­eu­le einen hei­se­ren Schrei er­tö­nen und flog schwer­fäl­lig aus dem Mas­tix­bu­sche auf, der sich vor der Schwel­le der Haus­tür aus­brei­te­te.

Noch im­mer zau­der­te Ni­co­las Star­kos, ob­wohl er ent­schlos­sen war, die Woh­nung in al­len Tei­len zu se­hen; es be­drück­te ihn je­doch ein un­be­hag­li­ches Ge­fühl über das, was in ihm vor­ging, als er jetzt doch et­was wie Ge­wis­sens­bis­se ver­spür­te. Er fühl­te sich be­wegt, doch auch fast ge­reizt. Es er­schi­en ihm, als ob das vä­ter­li­che Dach vor ihm ver­schwin­den kön­ne, wie ein Pro­test ge­gen ihn, wie ein letz­ter Fluch, der ihn traf.

Be­vor er sich in das Haus selbst be­gab, woll­te er um das­sel­be ganz her­um­ge­hen. Die Nacht war fins­ter. Nie­mand sah ihn und »er sah und er­kann­te sich fast selbst nicht«. Bei hel­lem Tage hät­te er sich wohl kaum hier­her ge­wagt. In tiefer Nacht fühl­te er sich mu­ti­ger, dem An­sturm sei­ner Erin­ne­run­gen zu trot­zen.

So ging er denn schlei­chen­den Schrit­tes, gleich ei­nem Ver­bre­cher, der sich die Ört­lich­keit an­sieht, an wel­cher er einen schwar­zen Plan zur Aus­füh­rung brin­gen will, längs der Au­ßen­wand hin, um die Ecken, wel­che zum Teil durch Moo­se ver­hüllt wa­ren, be­tas­te­te mit der Hand die lo­sen Stei­ne, um sich zu über­zeu­gen, ob in die­ser Lei­che von Haus doch viel­leicht noch et­was Le­ben woh­ne, und lausch­te dann, ob des­sen Herz noch schla­ge. Auf der Rück­sei­te sah al­les noch düs­te­rer aus. Die schrä­gen Strah­len des schon un­ter­ge­hen­den Mon­des konn­ten nicht hier­her drin­gen.

Lang­sam hat­te Ni­co­las Star­kos sei­ne Run­de ge­macht. Die fins­te­re Woh­nung be­wahr­te eine Art be­un­ru­hi­gen­des Schwei­gen. Man hät­te glau­ben kön­nen, sie läge un­ter dem Ban­ne ei­nes Zau­be­rers. Jetzt kehr­te er nach der West­sei­te der­sel­ben zu­rück und nä­her­te sich der Tür, um die­se auf­zu­sto­ßen, wenn sie nur durch einen Drücker ge­schlos­sen war, oder sie mit Ge­walt zu öff­nen, wenn ein al­tes Schloss an der­sel­ben sie noch fes­ter zu­hielt.

Da drang ihm aber das Blut zu den Au­gen. Er sah »rot«, wie man sagt, aber feu­er­rot. Das Haus, wel­ches er noch ein­mal be­su­chen woll­te, wag­te er jetzt nicht mehr zu be­tre­ten. Es war ihm, als müs­se sein Va­ter oder sei­ne Mut­ter mit aus­ge­streck­ten Ar­men auf der Schwel­le er­schei­nen und ihm flu­chen, ihm, dem ver­lo­re­nen Sohn, ihm, dem schlech­ten Bür­ger, dem Ver­rä­ter an sei­ner Fa­mi­lie, an sei­nem Va­ter­land.

Jetzt öff­ne­te sich wirk­lich lang­sam die Tür. Ein Weib er­schi­en auf der Schwel­le. Sie trug ma­nia­ti­sche Klei­dung, einen baum­wol­le­nen Rock mit schma­ler ro­ter Kan­te, ein Leib­chen von dunk­ler­er Far­be, das um die Tail­le zu­ge­schnürt war, und auf dem Kopf eine große bräun­li­che Hau­be, um­wun­den mit ei­nem Sei­den­tuch in grie­chi­schen Na­tio­nal­far­ben.

Die­se Frau hat­te ein sehr ener­gi­sches Ge­sicht mit großen schwar­zen Au­gen von fast wil­der Leb­haf­tig­keit, ge­bräun­ten Teint, gleich den Fi­scher­frau­en der Küs­te, dazu war sie groß von Ge­stalt und hielt sich, ob­wohl sie schon über sech­zig Jah­re zähl­te, stolz auf­recht. An­dro­ni­ka Star­kos war es. Mut­ter und Sohn, wel­che seit so lan­ger Zeit kör­per­lich und geis­tig ge­trennt ge­lebt hat­ten, stan­den sich jetzt Auge in Auge ge­gen­über.

Ni­co­las Star­kos hat­te doch kaum er­war­tet, hier sei­ner Mut­ter zu be­geg­nen. Die Er­schei­nung der­sel­ben flö­ßte ihm einen merk­wür­di­gen Schre­cken ein.

An­dro­ni­ka streck­te einen Arm ge­gen ih­ren Sohn aus, un­ter­sag­te ihm das Be­tre­ten des Hau­ses und rief mit ei­ner Stim­me, wel­che die Wor­te selbst noch grau­sa­mer er­schei­nen ließ: »Nie­mals wird Ni­co­las Star­kos wie­der den Fuß in das Haus sei­nes Va­ters set­zen! … Nie­mals!«

Er­schüt­tert durch die­se An­re­de, wich der Sohn ein we­nig zu­rück. Die, wel­che ihn un­ter dem Her­zen ge­tra­gen, trieb ihn jetzt von sich, wie man einen Ver­rä­ter ver­jagt. Noch ein­mal wag­te er einen Schritt vor­wärts. Eine Hand­be­we­gung – eine Dro­hung und Ver­wün­schung zu­gleich – hemm­te sei­nen Fuß.

Nicolas Starkos wandte sich nach rückwärts.

Ni­co­las Star­kos wand­te sich nach rück­wärts, ver­ließ die Um­zäu­nung, eil­te nach dem stei­len Weg, der zum Strand hin­ab­führ­te, und floh, was ihn die Füße tra­gen konn­ten, als ob eine un­sicht­ba­re Hand sich ihm auf die Schul­ter ge­legt hät­te, die ihn wei­ter­trieb.

Re­gungs­los auf der Schwel­le ih­res Hau­ses ste­hen­blei­bend, hat­te An­dro­ni­ka ihn im Dun­kel der Nacht ver­schwin­den se­hen.

Zehn Mi­nu­ten spä­ter war Ni­co­las Star­kos sei­ner so­weit wie­der Herr ge­wor­den, dass ihm nie­mand die vor­her­ge­gan­ge­ne Er­re­gung an­merk­te; so er­reich­te er den Ha­fen, pfiff Goz­zo her­bei und sprang in das leich­te Boot. Die von Goz­zo aus­ge­wähl­ten Män­ner be­fan­den sich schon an Bord der Sa­co­le­ve.

Ohne ein Wort zu spre­chen, be­stieg Ni­co­las Star­kos das Ver­deck der »Ka­rys­ta« und be­deu­te­te sei­nen Leu­ten durch ein Zei­chen, au­gen­blick­lich die An­ker zu lich­ten. Sein Be­fehl war schnell aus­ge­führt, da ja nur die zum His­sen be­reit­lie­gen­den Se­gel auf­ge­spannt zu wer­den brauch­ten. Der sich jetzt er­he­ben­de Land­wind er­leich­ter­te die Aus­fahrt aus dem Ha­fen.

Fünf Mi­nu­ten spä­ter glitt die »Ka­rys­ta« si­cher und still durch die enge Was­ser­stra­ße, ohne dass von den Leu­ten an Bord, noch von den Be­woh­nern Vi­ty­los ein Laut hör­bar ge­wor­den wäre.

Die Sa­co­le­ve hat­te in­des noch kaum eine Mei­le zu­rück­ge­legt, als ein röt­li­cher Flam­men­schein den Kamm des Fel­sen­stran­des er­leuch­te­te.

Die Hand der Mutter hatte dieses Feuer selbst angelegt.

Es war die Woh­nung der An­dro­ni­ka Star­kos, wel­che bis auf den Grund nie­der­brann­te. Die Hand der Mut­ter hat­te die­ses Feu­er selbst an­ge­legt. Sie woll­te nichts von der Stel­le üb­riglas­sen, an der einst ihr Sohn ge­bo­ren wor­den war.

Noch drei Mei­len weit hin konn­te der Ka­pi­tän die Au­gen nicht ab­wen­den von dem Feu­er, das auf dem Bo­den von Ma­gne em­por­lo­der­te, und er ver­folg­te es im Dunklen, bis der letz­te Schein des­sel­ben er­losch.

An­dro­ni­ka hat­te ge­sagt:

»Nie­mals wird Ni­co­las Star­kos den Fuß wie­der in das Haus sei­nes Va­ters set­zen! … Nie­mals!«

Drittes Kapitel – Griechen gegen Türken

In vor­his­to­ri­scher Zeit, als die fes­te Erdrin­de sich nach und nach un­ter der Ein­wir­kung in­ne­rer nep­tu­ni­scher und vul­ka­ni­scher Kräf­te dau­ernd ge­stal­te­te, ver­dank­te Grie­chen­land sein Ent­ste­hen ei­ner Um­wäl­zung, wel­che die­sen Teil des Erd­bo­dens über das Ni­veau des Mee­res er­hob, wäh­rend die­se im Archi­pel gleich­zei­tig einen Teil des frü­he­ren Fest­lan­des ver­schlang, des­sen obers­te Spit­zen jetzt nur noch in Form von In­seln em­por­ra­gen. Grie­chen­land liegt tat­säch­lich in der vul­ka­ni­schen Li­nie, wel­che sich von Cy­pri­en bis Tos­ca­na hin­zieht.1

Es scheint, als ob die Grie­chen von ih­rem un­be­stän­di­gen Bo­den jene Nei­gung zu phy­si­scher und mo­ra­li­scher Er­reg­bar­keit an­ge­nom­men hät­ten, wel­che sie zu­wei­len zu den hel­den­mü­tigs­ten Auf­op­fe­run­gen be­fä­higt. Eben­so wahr ist es, dass sie, dank ih­ren na­tür­li­chen Ei­gen­schaf­ten, ei­nem un­be­zähm­ba­ren Mute wie leb­haf­ter Va­ter­lands- und Frei­heits­lie­be, es da­hin ge­bracht hat­ten, die seit Jahr­hun­der­ten durch das Joch der ot­to­ma­ni­schen Herr­schaft be­droh­ten Pro­vin­zen zu ei­nem ein­heit­li­chen Staa­te zu ge­stal­ten.

Pe­las­gisch in den ent­le­gens­ten Zei­ten, das heißt be­völ­kert von asia­ti­schen Stäm­men, hel­le­nisch vom sech­zehn­ten bis zum vier­zehn­ten Jahr­hun­dert vor Chris­tus, das heißt seit dem Auf­tre­ten der Hel­le­nen, von de­nen ein be­son­de­rer Stamm, die Grai­koi, ihm zu je­ner fast my­tho­lo­gi­schen Zeit der Ar­go­nau­ten, der Hera­kli­den und des tro­ja­ni­schen Krie­ges den Na­men ge­ben soll­te; dann völ­lig grie­chisch seit Ly­kurg mit Mil­tia­des, The­mi­sto­kles, Aris­ti­des, Leo­ni­das, Ae­schy­los, So­pho­kles, Ari­sto­pha­nes, He­ro­dot, Thu­cy­di­des, Py­tha­go­ras, So­kra­tes, Pla­to, Ari­stot, Hyp­po­kra­tes, Phi­di­as, Pe­ri­kles, Al­ci­bia­des, Pe­lo­pi­das, Epa­mi­non­das, De­mo­sthe­nes; spä­ter ma­ce­do­nisch mit Phil­ipp und Alex­an­der, wur­de Grie­chen­land schließ­lich eine rö­mi­sche Pro­vinz un­ter dem Na­men Achaia, hun­dert­sechs­und­vier­zig Jah­re vor Chris­tus, und blieb es wäh­rend ei­nes Zeit­rau­mes von vier­hun­dert Jah­ren.

 

Von da ab nach­ein­an­der er­obert von den West­go­ten, den Van­da­len, Ost­go­ten, Bul­ga­ren, Sla­ven, Ara­bern, Nor­man­nen und Si­zi­lia­nern; zeit­wei­lig in der Ge­walt der Kreuz­fah­rer zu An­fang des drei­zehn­ten Jahr­hun­derts und ge­teilt in eine Men­ge Ein­zel­rei­che im fünf­zehn­ten Jahr­hun­dert fiel das, in al­ter wie in neu­er Zeit so hart ge­prüf­te Land zu al­ler­letzt in die Hän­de der Tür­ken und kam also un­ter ot­to­ma­ni­sche Herr­schaft.

Fast zwei Jahr­hun­der­te lang konn­te man je­des po­li­ti­sche Le­ben in Grie­chen­land fast als gänz­lich ab­ge­stor­ben be­trach­ten.

Die Will­kür­herr­schaft der ot­to­ma­ni­schen Be­am­ten, wel­che hier die Zü­gel der Re­gie­rung führ­ten, über­schritt alle Gren­zen. Die Grie­chen wa­ren nicht etwa an­nek­tiert, nicht durch Erobe­rung er­wor­ben, nicht ein­mal Be­sieg­te, sie gal­ten nur als Skla­ven, die un­ter dem Stock des Paschas mit dem Iman oder Pries­ter an der Rech­ten und dem Djel­lah oder Hen­ker an der Lin­ken ge­hal­ten wur­den.

Al­les Le­ben war aber doch nicht aus dem ge­knech­te­ten Lan­de ge­wi­chen. Noch ein­mal soll­te es sich un­ter quä­len­dem Schmerz aufs neue re­gen. Die Mon­te­ne­gri­ner von Epi­rus (im Jah­re 1766), die Ma­nia­ten (im Jah­re 1769), die Su­lio­ten von Al­ba­ni­en em­pör­ten sich end­lich und for­der­ten ihre Un­ab­hän­gig­keit; im Jah­re 1804 wur­den frei­lich alle die­se Auf­stands­ver­su­che durch Ali de Te­be­len, den Pa­scha von Ja­ni­na, grau­sam un­ter­drückt.

Jetzt war es hohe Zeit für die eu­ro­päi­schen Mäch­te, ein Wort mit hin­ein­zu­spre­chen, wenn sie nicht die völ­li­ge Ver­nich­tung Grie­chen­lands woll­ten. Auf die ei­ge­nen Kräf­te be­schränkt, konn­te es eben nur ster­ben beim Ver­such, sei­ne Frei­heit zu er­kämp­fen.

Da rief Ali de Te­be­len, der sich 1821 selbst ge­gen den Sul­tan Mahmud em­pör­te, die Grie­chen un­ter Zu­si­che­rung ih­rer Frei­heit zu Hil­fe. Sie er­ho­ben sich in Mas­se. Von al­len Sei­ten Eu­ro­pas eil­ten die Phil­hel­le­nen zu ih­rer Hil­fe her­bei. Da war­fen sich Ita­lie­ner, Po­len und Deut­sche, vor­züg­lich aber Fran­zo­sen, den Un­ter­drückern op­fer­freu­dig ent­ge­gen. Die Na­men Guys’ de Sain­te Hélè­ne, Gail­lards, Chau­vas­saig­nes, der Ka­pi­tä­ne Ba­les­te und Jour­dain, des Obers­ten Fab­vier, des Rei­ter­füh­rers Re­gnaud de Saint Jean d’Angé­ly, des Ge­ne­rals Mai­son, de­nen noch die von drei Eng­län­dern, Lord Cochra­ne, Lord By­ron und Co­lo­nel Has­tings, an­zu­schlie­ßen wä­ren, ha­ben in dem Lan­de, für wel­ches sie kämpf­ten und in den Tod gin­gen, ein un­ver­lösch­li­ches An­den­ken hin­ter­las­sen. Den Na­men die­ser Män­ner, wel­che sich durch ih­ren Op­fer­mut für die Sa­che der Un­ter­drück­ten so aus­zeich­ne­ten, dass sie sich zu den hel­den­mü­tigs­ten Ta­ten auf­raff­ten, soll­te Grie­chen­land selbst man­che Na­men aus sei­nen her­vor­ra­gends­ten Fa­mi­li­en zur Sei­te stel­len: drei Hy­drio­ten, Tom­ba­sis, Tsa­ma­dos und Mi­au­lis, fer­ner Co­lo­co­tro­ni, Mar­co Botsa­ris, Mau­ro­cor­da­to, Mau­ro­micha­lis, Con­stan­tin Ca­na­ris, Ne­gris, Con­stan­tin und De­me­tri­us Yp­si­lan­ti, Ulys­se und man­che an­de­re. Von An­be­ginn ge­stal­te­te sich die Er­he­bung bis aufs Mes­ser, Zahn um Zahn, Auge um Auge, was im­mer die furcht­bars­ten Re­pres­sa­li­en von der einen, wie von der an­de­ren Sei­te zur Fol­ge hat­te.

Im Jah­re 1821 er­ho­ben sich die Su­lio­ten und Ma­gne. In Pa­tras er­hob der Bi­schof Ger­ma­nos, das Kreuz in der Hand, den ers­ten Schlacht­ruf. Mo­rea, die Moldau und der Archi­pel scha­ren sich un­ter der Stan­dar­te der Un­ab­hän­gig­keit. Auf dem Mee­re sieg­reich, ge­lingt es den Grie­chen, sich Tri­po­litz­as zu be­mäch­ti­gen. Die­sen ers­ten Er­folg der Grie­chen be­ant­wor­te­ten die Tür­ken mit der Nie­der­met­ze­lung der­je­ni­gen ih­rer Lands­leu­te, wel­che sich in Con­stan­ti­no­pel be­fan­den.

1822 wird Ali de Te­be­len, wäh­rend der Be­la­ge­rung sei­ner Fes­tung Ja­ni­na, meuch­lings bei ei­ner Kon­fe­renz er­mor­det, die ihm der tür­ki­sche Ge­ne­ral Kur­schid be­wil­ligt hat­te. Kur­ze Zeit dar­auf wer­den Mau­ro­cor­da­to und die Phil­hel­le­nen in der Schlacht bei Arta ver­nich­tet; sie er­rin­gen aber wie­der Vor­tei­le bei der ers­ten Be­la­ge­rung Mis­so­lung­his, wel­che die Ar­mee Omer Vrio­nes nicht ohne be­trächt­li­che Ver­lus­te auf­ge­ben muss.

Von 1823 ab mi­schen sich die frem­den Mäch­te et­was ener­gi­scher ein. Sie bie­ten dem Sul­tan ihre Ver­mitt­lung an. Der Sul­tan weist die­se zu­rück und schifft, um sei­ner Wei­ge­rung Nach­druck zu ge­ben, zehn­tau­send asia­ti­sche Sol­da­ten auf Eu­böa aus. Dann über­trägt er das Ober­kom­man­do der tür­ki­schen Ar­mee sei­nem Va­sall Me­he­met Ali, dem Pa­scha von Ägyp­ten. In den Kämp­fen die­ses Jah­res fiel auch Mar­co Botsa­ris, der Pa­tri­ot, von dem man sa­gen konn­te: Er leb­te wie Aris­ti­des und starb wie Leo­ni­das.

1824, zur­zeit der schlimms­ten Un­glücks­fäl­le der Sa­che der Frei­heit, war Lord By­ron am 24. Ja­nu­ar in Mis­so­lung­hi ge­lan­det und fiel schon zu Os­tern vor Le­pan­te, ohne sei­nen schö­nen Traum ha­ben in Er­fül­lung ge­hen zu se­hen. Die Ipsa­rio­ten wur­den von den Tür­ken nie­der­ge­macht, und die Stadt Kan­dia auf Kre­ta er­gab sich den Trup­pen Me­he­met Alis. Nur ein­zel­ne Er­fol­ge zur See konn­ten die Grie­chen über so viel Un­glücks­schlä­ge trös­ten.

Im Jah­re 1825 lan­de­te Ibra­him Pa­scha, der Sohn Me­he­met Alis, in Mo­don auf Mo­rea mit elf­tau­send Mann. Er bringt Na­va­rin in sei­ne Ge­walt und schlägt Co­lo­co­tro­ni in Tri­po­litza. Zu die­ser Zeit übergab die hel­le­ni­sche Re­gie­rung ein Corps re­gu­lä­rer Trup­pen zur Füh­rung zwei Fran­zo­sen, Fab­vier und Re­gnaud de Saint Jean d’Angé­ly. Ehe die­se Trup­pen aber ir­gend in Be­reit­schaft wa­ren, um ei­ni­ger­ma­ßen Wi­der­stand zu leis­ten, ver­wüs­te­te Ibra­him Mes­se­nia und Ma­gne. Wenn er sei­ne Ope­ra­tio­nen un­ter­brach, ge­sch­ah es nur, um an der zwei­ten Be­la­ge­rung von Mis­so­lung­hi teil­zu­neh­men, wel­ches der Ge­ne­ral Ki­u­ta­gi nicht zu über­win­den ver­moch­te, ob­gleich der Sul­tan zu ihm ge­sagt hat­te: »Ent­we­der Mis­so­lung­hi oder dei­nen Kopf!«

Am 5. Ja­nu­ar 1825 kam Ibra­him, nach­dem er Pyr­gos ein­ge­äschert, vor Mis­so­lung­hi an. Im Lau­fe von drei Ta­gen, vom 25. bis 28., warf er acht­tau­send Bom­ben und Ku­geln in die Stadt, ohne, trotz wie­der­hol­tem Sturm, in die­sel­be ein­drin­gen zu kön­nen und ob­wohl er nur zwei­tau­send­fünf­hun­dert durch Ent­beh­run­gen schon ent­kräf­te­te Strei­ter ge­gen sich hat­te. Doch soll­te er sein Ziel er­rei­chen, vor­züg­lich als Mi­au­lis mit sei­nem Ge­schwa­der, das den Be­la­ger­ten Hil­fe brach­te, zu­rück­ge­schla­gen wor­den war. Am 23. April fiel Mis­so­lung­hi, nach ei­ner Be­la­ge­rung, wel­che neun­zehn­hun­dert von sei­nen Ver­tei­di­gern das Le­ben kos­te­te, in die Ge­walt Ibra­hims, und sei­ne Sol­da­ten met­zel­ten Män­ner, Frau­en und Kin­der, fast al­les, was von den neun­tau­send Be­woh­nern der Stadt noch leb­te, er­bar­mungs­los nie­der. Im näm­li­chen Jahr er­schie­nen die von Ki­u­ta­gi ge­führ­ten Tür­ken, nach­dem sie Pho­kis und Bö­oti­en ver­wüs­tet, am 10. Juli vor The­ben, dran­gen in At­ti­ka ein, be­rann­ten Athen und be­la­ger­ten die von fünf­zehn­hun­dert Grie­chen ver­tei­dig­te Akro­po­lis. Zur Un­ter­stüt­zung die­ser Zi­ta­del­le, dem Schlüs­sel Grie­chen­lands, sand­te die neue Re­gie­rung Ca­raïs­ka­kis, einen der Hel­den von Mis­so­lung­hi, und den Obers­ten Fab­vier mit sei­nem Corps von Re­gu­lä­ren. Die Schlacht, wel­che die­se bei Chaïda­ri lie­fer­ten, ging ver­lo­ren, und Ki­u­ta­gi konn­te die Be­la­ge­rung der Akro­po­lis fort­set­zen. In­zwi­schen drang aber Ca­raïs­ka­kis durch die Fels­schluch­ten des Par­nas­sus, schlug die Tür­ken bei Ara­cho­va am 5. De­zem­ber und er­rich­te­te auf dem Schlacht­feld ein Sie­ges­zei­chen von drei­hun­dert ab­ge­schnit­te­nen Köp­fen. Das nörd­li­che Grie­chen­land war da­mit fast gänz­lich frei ge­wor­den.

Lei­der war, be­güns­tigt durch die­se Kämp­fe, der Archi­pel den Ein­fäl­len der frechs­ten See­räu­ber preis­ge­ge­ben, wel­che je auf die­sen Ge­wäs­sern ge­haust hat­ten. Von die­sen nann­te man als einen der blu­tigs­ten und kühns­ten den Pi­ra­ten Sa­cra­tif, des­sen Name al­lein hin­reich­te, in al­len Hä­fen der Le­van­te Schre­cken zu er­re­gen.

Sie­ben Mo­na­te nach der Zeit, mit der die­se Er­zäh­lung an­fängt, wa­ren die Tür­ken je­doch ge­nö­tigt ge­we­sen, sich nach ei­ni­gen der fes­ten Plät­ze des west­li­chen Grie­chen­lands zu­rück­zu­zie­hen. Im Fe­bru­ar 1827 hat­ten die Grie­chen ihre Un­ab­hän­gig­keit vom Golf von Am­bra­cia bis zu den Gren­zen von At­ti­ka zu­rück­ero­bert. Die tür­ki­sche Fah­ne weh­te nur noch in Mis­so­lung­hi, Voit­sa und Nau­pak­tes. Un­ter dem Ein­fluss des Lord Cochra­ne ver­zich­te­ten die Grie­chen des Nor­dens und die des Pe­lo­pon­nes auf ihre in­ne­ren Strei­tig­kei­ten und ver­sam­mel­ten am 31. März die Ver­tre­ter der gan­zen Na­ti­on zur Be­ra­tung in Tre­ze­ne, wo­bei die obers­te Ge­walt ei­ner ein­zi­gen Hand, und zwar der ei­nes Frem­den an­ver­traut wur­de, ei­nem rus­si­schen Staats­mann grie­chi­scher Ab­stam­mung, Capo d’Istria, ge­bo­ren in Kor­fu.

Athen be­fand sich aber in den Hän­den der Tür­ken. Sei­ne Zi­ta­del­le hat­te sich am 5. Juni er­ge­ben, wo­mit das nörd­li­che Grie­chen­land in die Zwangs­la­ge ver­setzt wur­de, sich wie­der voll­stän­dig zu un­ter­wer­fen, doch un­ter­zeich­ne­ten Eng­land, Russ­land, Ös­ter­reich und Frank­reich am 6. Juli eine Übe­rein­kunft, nach der sie, un­ter Aner­ken­nung der Su­zerä­ni­tät der Pfor­te, doch auch eine grie­chi­sche Na­ti­on an­er­kann­ten. In ei­nem ge­hei­men Ar­ti­kel ver­pflich­te­ten sich die Si­gnat­ar­mäch­te über­dies, ver­eint ge­gen den Sul­tan vor­zu­ge­hen, wenn der­sel­be sich ei­nem fried­li­chen Ver­gleich wi­der­set­zen soll­te.

Das sind die haupt­säch­lichs­ten Vor­komm­nis­se die­ses blu­ti­gen Krie­ges, wel­che der freund­li­che Le­ser sei­nem Ge­dächt­nis ein­prä­gen möge, da sie mit dem Fol­gen­den in ge­naues­tem Zu­sam­men­hang ste­hen.

Die ein­zel­nen Tat­sa­chen, wel­che noch in­ni­ger die schon be­kann­ten Per­so­nen und die­je­ni­gen, wel­che in die­ser dra­ma­ti­schen Schil­de­rung fer­ner auf­tre­ten, an­gin­gen, wa­ren aber fol­gen­de:

Un­ter den ers­ten Per­so­nen ist zu­nächst An­dro­ni­ka an­zu­füh­ren, die Wit­we des Pa­trio­ten Star­kos.

Je­ner Kampf für die Un­ab­hän­gig­keit des Lan­des hat­te nicht nur Män­ner, son­dern auch Frau­en zu Hel­den ge­macht, de­ren Na­men glor­reich mit den Er­eig­nis­sen je­ner Zeit ver­floch­ten sind.

Hier er­scheint auch der Name ei­ner Bo­bo­li­na, ge­bo­ren auf ei­ner klei­nen In­sel am Ein­gang des Golfs von Nau­plia. Im Jah­re 1812 wur­de de­ren Gat­te ge­fan­gen­ge­nom­men, nach Kon­stan­ti­no­pel ge­schleppt und auf Be­fehl des Sul­tans ge­pfählt. Da er­tön­te der ers­te Weck­ruf zum Auf­stand. Auf ei­ge­ne Kos­ten rüs­te­te Bo­bo­li­na 1821 drei Schif­fe aus und, wie es H. Bel­le nach dem Be­richt ei­nes al­ten Kle­ph­ten wie­der­er­zählt, nach­dem sie ihre Flag­ge auf­ge­zo­gen, auf wel­cher sich die von spar­ta­ni­schen Frau­en her­rüh­ren­den Wor­te »Ent­we­der dar­über oder dar­un­ter« be­fan­den, se­gel­te sie bis zur Küs­te Klein­asi­ens und ka­per­te und ver­brann­te die tür­ki­schen Schif­fe mit der Uner­schro­cken­heit ei­nes Tsa­ma­dos oder ei­nes Ca­na­ris. Nach­dem sie dar­auf das Ei­gen­tum an ih­ren Schif­fen frei­ge­big an die neue Re­gie­rung ab­ge­tre­ten, wohn­te sie der Be­la­ge­rung von Tri­po­litza bei, rich­te­te um Nau­plia eine Blo­cka­de von vier­zehn­mo­na­ti­ger Dau­er ein und zwang end­lich die Zi­ta­del­le zur Über­ga­be. Und die­se Frau, de­ren Le­ben mehr ei­ner Le­gen­de äh­nelt, muss­te um ei­ner Fa­mi­li­en­an­ge­le­gen­heit wil­len un­ter dem Dolch des ei­ge­nen Bru­ders ver­blu­ten.

Noch eine an­de­re her­vor­ra­gen­de Ge­stalt ver­dient mit die­ser küh­nen Hy­drio­tin in glei­chen Rang ge­stellt zu wer­den. Im­mer brach­ten die­sel­ben Ur­sa­chen die­sel­ben Wir­kun­gen her­vor.

Auf einen Be­fehl des Sul­tans wird in Kon­stan­ti­no­pel der Va­ter der Mo­de­na Ma­vro­ei­nis er­dros­selt, ei­ner Frau, de­ren Schön­heit ih­rer vor­neh­men Ge­burt gleich­kam. Mo­de­na stürzt sich dar­auf­hin so­fort mit in die Em­pö­rung, ruft den Auf­stand der Be­woh­ner von My­ko­ne her­vor, rüs­tet Fahr­zeu­ge aus, auf wel­che sie sich selbst be­gibt, or­ga­ni­siert Gue­ril­la­ban­den, wel­che sie an­führt, hält die Ar­mee Se­lim Paschas in den en­gen Schluch­ten des Pe­li­on auf und zeich­net sich vor­teil­haft aus bis zum Ende des Krie­ges, in­dem sie die Tür­ken in den Eng­päs­sen der Ber­ge von Phthio­tis fort­wäh­rend be­un­ru­higt.

 

Noch ist Kaï­dos zu nen­nen, wel­che die Mau­ern von Vi­lia durch Spren­gung ver­nich­te­te und sich beim Klos­ter der hei­li­gen Jung­frau mit un­über­wind­li­chem Mute schlug. Mo­skos, ihre Mut­ter, die an ih­res Gat­ten Sei­te kämpf­te und die Tür­ken mit her­ab­ge­schleu­der­ten Fels­stücken zer­malm­te; De­spo, wel­che, um nicht den Mu­sel­ma­nen in die Hän­de zu fal­len, sich mit ih­ren Töch­tern, Schwie­ger­töch­tern und En­keln in die Luft spreng­te. Fer­ner die Su­lio­ten­frau­en, nebst de­nen, wel­che die in Sala­mis neu er­rich­te­te Re­gie­rung be­schirm­ten, in­dem sie die­ser die von ih­nen be­feh­lig­te Flot­til­le zu­führ­ten; Con­stan­ze Za­cha­ri­as, die, nach­dem sie in den Ebe­nen von La­ko­ni­en das Zei­chen zum Auf­stand ge­ge­ben, sich an der Spit­ze von fünf­hun­dert Bau­ern auf Leon­da­ri warf; fer­ner vie­le an­de­re, de­ren ed­les Blut in die­sem Krieg nicht ge­schont wur­de, in des­sen Ver­lauf man er­ken­nen konn­te, wes­sen die Nach­kom­men der al­ten Hel­le­nen fä­hig wa­ren.

Eben­so hat­te auch Star­kos’ Wit­we ge­han­delt. Un­ter dem Na­men An­dro­ni­ka – den, wel­chen ihr ent­ar­te­ter Sohn hat­te, woll­te sie nicht füh­ren – ließ sie sich in der Be­we­gung eben­so durch un­wi­der­steh­li­chen Drang nach Ra­che, wie aus Lie­be zur Un­ab­hän­gig­keit hin­rei­ßen. Wie Bo­bo­li­na, die Wit­we ei­nes Man­nes, der hin­ge­rich­tet wor­den war, weil er sein Land zu ver­tei­di­gen such­te; wie Mo­de­na, wie Za­cha­ri­as, trat sie, wenn es ihr auch nicht gleich je­nen ge­stat­tet war, Schif­fe aus­zu­rüs­ten und Trup­pen zu un­ter­hal­ten, doch un­ver­zagt mit ih­rer Per­son in die er­schüt­tern­den Er­eig­nis­se die­ser Re­vo­lu­ti­on ein.

Im Jah­re 1821 schloss An­dro­ni­ka sich den Ma­nia­ten an, wel­che der zum Tode ver­ur­teil­te und nach den Io­ni­schen In­seln ent­flo­he­ne Co­lo­co­tro­ni zu sich rief, als er am 18. Ja­nu­ar des ge­nann­ten Jah­res in Scar­da­mu­la lan­de­te. Sie nahm an der ers­ten ge­ord­ne­ten Schlacht in Thes­sa­li­en teil, als Co­lo­co­tro­ni die Be­woh­ner von Pha­me­ri und die von Ca­ri­te­ne an­griff, wel­che sich an den Ufern der Rhu­phia mit den Tür­ken ver­bün­det hat­ten. Eben­so wohn­te sie am 17. Mai der Schlacht von Val­tet­sio bei, wel­che die Flucht der Ar­mee Mu­stafa Begs her­bei­führ­te. Ganz be­son­ders zeich­ne­te sie sich aber aus bei der Be­la­ge­rung von Tri­po­litza, wo die Spar­ta­ner die Tür­ken als »fei­ge Per­ser«, und die Tür­ken die Grie­chen als die »schwa­chen Ha­sen La­co­ni­ens« be­kämpf­ten. Die­ses Mal aber be­hiel­ten die Ha­sen die Ober­hand.

Am 5. Ok­to­ber muss­te die Haupt­stadt des Pe­lo­pon­nes, wel­che die tür­ki­sche Flot­te nicht zu ent­set­zen ver­moch­te, ka­pi­tu­lie­ren und wur­de trotz Ver­trags drei Tage lang mit Feu­er und Schwert ver­wüs­tet, was in­ner­halb und au­ßer­halb der­sel­ben zehn­tau­send Ot­to­ma­nen je­den Al­ters und Ge­schlechts das Le­ben kos­te­te.

Andronika hatte ihren Sohn erkannt.

Im fol­gen­den Jah­re, am 24. März, sah An­dro­ni­ka wäh­rend ei­nes See­ge­fechts, dem sie un­ter dem Be­fehl des Ad­mi­rals Mi­au­lis bei­wohn­te, die tür­ki­schen Schif­fe nach fünf­stün­di­gem Kampf ent­flie­hen und eine Zuf­lucht im Ha­fen von Zan­te su­chen. Auf ei­nem die­ser Schif­fe aber hat­te sie ih­ren Sohn er­kannt, der das tür­ki­sche Ge­schwa­der durch den Golf von Pa­tras lots­te. Nie­der­ge­schmet­tert von die­ser Schmach, stürz­te sie sich an die­sem Tage in das hei­ße Ge­tüm­mel, um den Tod zu su­chen … Der Tod woll­te ihr Op­fer nicht.

Ni­co­las Star­kos soll­te die­sen ver­bre­che­ri­schen Weg noch wei­ter ver­fol­gen. Ei­ni­ge Wo­chen spä­ter schloss er sich Kara Ali an, der die Stadt Scio auf der gleich­na­mi­gen In­sel bom­bar­dier­te. Eben­so war er be­tei­ligt bei dem furcht­ba­ren Ge­met­zel, in dem drei­und­zwan­zig­tau­send Chris­ten um­ka­men, ohne die sie­ben­und­vier­zig­tau­send zu zäh­len, wel­che auf den Märk­ten von Smyr­na als Skla­ven ver­kauft wur­den. Und ei­nes der Schif­fe, wel­che die­se Un­glück­li­chen nach der Bar­ba­res­ken­küs­te über­führ­te, wur­de wie­der­um von dem Soh­ne An­dro­ni­kas be­feh­ligt – ein Grie­che, der die ei­ge­nen Brü­der ver­kauf­te!

In der fol­gen­den Zeit, wo die Hel­le­nen den ver­ei­nig­ten Trup­pen der Tür­kei und Ägyp­tens Wi­der­stand leis­ten muss­ten, un­ter­ließ An­dro­ni­ka kei­nen Au­gen­blick, es je­nen he­ro­i­schen Frau­en gleich­zu­tun, de­ren Na­men wir oben er­wähn­ten.

Das war vor­züg­lich für Mo­rea ein höchst trau­ri­ger Zeit­raum. Ibra­him führ­te hier­her sei­ne wil­den Ara­ber, wel­che die Ot­to­ma­nen noch an Grau­sam­keit über­tra­fen. An­dro­ni­ka be­fand sich un­ter den vier­tau­send Kämp­fern, wel­che Co­lo­co­tro­ni, der zum Ober­kom­man­dan­ten der Hee­res­macht im Pe­lo­pon­nes er­nannt wor­den war, um sich zu sam­meln ver­mocht hat­te.

Nach­dem Ibra­him aber an der mes­se­ni­schen Küs­te ge­lan­det, hat­te die­ser sich zu­erst da­mit be­schäf­tigt, Co­ron und Pa­tras zu be­frei­en; dann nahm er Na­va­rin mit Ge­walt, des­sen Zi­ta­del­le ihm eine si­che­re Ba­sis für sei­ne Ope­ra­tio­nen dar­bot, wäh­rend der Ha­fen sei­ner Flot­te als vor­treff­li­cher Schutz diente. Da­rauf brann­te er Ar­gos nie­der und be­mäch­tig­te sich Tri­po­litz­as, wo­durch es ihm mög­lich wur­de, den gan­zen Win­ter hin­durch sei­ne Raub­zü­ge in den Nach­bar­pro­vin­zen aus­zu­füh­ren. Vor al­len hat­te Mes­se­ni­en selbst da­von zu lei­den. Auch An­dro­ni­ka muss­te wie­der­holt bis tief nach Ma­gne hin­ein flüch­ten, um nicht den Ara­bern in die Hän­de zu fal­len. Des­halb kam es ihr aber nicht in den Sinn, zu ras­ten. Kann man Ruhe fin­den auf ei­nem be­drück­ten Lan­de?

Eben­so be­geg­ne­te man ihr wie­der in den Feld­zü­gen 1825 und 1826, bei den Kämp­fen in den Eng­päs­sen von Ver­ga, nach wel­chen Ibra­him auf Po­lyara­vos zu­rück­wei­chen muss­te, von wo ihn die Ma­nia­ten des Nor­dens noch wei­ter ver­trie­ben. Spä­ter schloss sie sich den re­gu­lä­ren Trup­pen des Obers­ten Fab­vier bei der Schlacht von Chai­da­ri, im Mo­nat Juli 1826 an. Hier wur­de sie schwer ver­wun­det und ver­dank­te es nur dem Mut ei­nes jun­gen Fran­zo­sen, der un­ter der Fah­ne der Phil­hel­le­nen kämpf­te, dass sie den un­barm­her­zi­gen Sol­da­ten Ki­u­ta­gis mit ge­nau­er Not ent­ging.

Meh­re­re Mo­na­te lang schweb­te An­dro­ni­kas Le­ben in Ge­fahr. Ihre star­ke Kon­sti­tu­ti­on ret­te­te sie je­doch; trotz­dem ver­ging das Jahr 1826, ehe sie wie­der so­weit zu Kräf­ten kam, um per­sön­lich an dem Kamp­fe teil­zu­neh­men. Eben un­ter die­sen Um­stän­den kehr­te sie im Ok­to­ber 1827 in die Pro­vin­zen von Ma­gne ein­mal zu­rück. Sie woll­te ihr Haus in Vi­ty­lo wie­der­se­hen. Ein merk­wür­di­ger Zu­fall führ­te am näm­li­chen Tage auch ih­ren Sohn da­hin. Der Le­ser kennt das Re­sul­tat der Be­geg­nung zwi­schen An­dro­ni­ka und Ni­co­las Star­kos und weiß, dass sie ihm von der Schwel­le des Va­ter­hau­ses nur noch einen letz­ten Fluch nach­schleu­der­te.

Jetzt, wo sie nichts mehr hat­te, was sie an den Bo­den der Hei­mat fes­sel­te, eil­te An­dro­ni­ka wie­der fort, umso lan­ge mit­zu­kämp­fen, bis Grie­chen­land sei­ne vol­le Un­ab­hän­gig­keit er­run­gen ha­ben wür­de.

So la­gen die Din­ge, als die Wit­we Star­kos’ am 10. Ok­to­ber 1827 wie­der von Ma­gne aus­zog, um sich den Grie­chen des Pe­lo­pon­nes an­zu­schlie­ßen, wel­che den Scha­ren Ibra­hims je­den Fuß­breit ih­res Lan­des ab­zwan­gen.

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