Jules Verne: Die großen Seefahrer des 18. Jahrhunderts - Teil 1

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Из серии: gelbe Buchreihe #136
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Die Vorläufer des Kapitän Cook

Die Vorläufer des Kapitän Cook

Roggeween. – Dürftige Nachrichten über ihn. –

Unbestimmtheit seiner Entdeckungen. – Die Oster-Insel. –

Die Verderblichen Inseln. – Die Baumans-Gruppe. –

Neu-Britannien. – Ankunft in Batavia. – Byron. –

Aufenthalt in Rio de Janeiro und im Hafen Désiré. –

Eintritt in die Magellan-Straße. –

Die Falklands-Inseln und der Egmont-Hafen. – Die Fuegiens. –

Mas-a-Fuero. – Die Trostlosen Inseln. – Die Inseln der Gefahr. –

Tinian. – Rückkehr nach Europa.

Schon im Jahre 1669 hatte Pater Roggeween der holländisch-westindischen Handelsgesellschaft eine Denkschrift eingereicht, in der er die Ausrüstung dreier Schiffe befürwortete, um damit nach dem Stillen Ozean auf Entdeckung auszuziehen. Sein Plan fand zwar günstige Aufnahme, der Eintritt einer Erkaltung der Beziehungen zwischen Spanien und Holland zwang jedoch die batavische Statthalterschaft, vorläufig von einer solchen Expedition abzusehen. Noch auf dem Sterbebette nahm Roggeween seinem Sohne Jakob das Versprechen ab, den von ihm aufgestellten Plan auszuführen.


Jakob Roggeween

Mannigfache und von seinem Willen völlig unabhängige Umstände hinderten Letzteren lange Zeit an der Erfüllung seines Versprechens. Erst nachdem er wiederholt die Meere Indiens durchsegelt und eine Stelle als Rat bei dem Justizhofe von Batavia bekleidet, sehen wir Jakob Roggeween bei der holländisch-westindischen Compagnie neue Schritte tun. Wie alt er im Jahre 1721 wohl sein mochte und mit welchem Rechte er Ansprüche auf Übernahme der Oberleitung einer Entdeckungs-Expedition erhob, ist nicht bekannt geworden. Die biographischen Lexika widmen ihm meist nur wenige Zeilen, und Fleurieu, der in einem schönen und gelehrten Schriftchen die Entdeckungen des holländischen Seefahrers sicherer zu bestimmen suchen wollte, gelangte in dieser Beziehung zu keinem nennenswerten Resultat. Auch den Bericht über seine Reise hat er nicht einmal selbst abgefasst, sondern ein Deutscher, Namens Behrens. Vielleicht ist für die mancherlei dunklen Stellen, die Widersprüche und den Mangel an Genauigkeit der Erzähler mehr verantwortlich zu machen als der Seemann. Wiederholt scheint es, so wenig das doch vorauszusetzen ist, dass Roggeween von den Reisen und Entdeckungen seiner Vorgänger und Zeitgenossen kaum hinlängliche Kenntnis gehabt habe.

Am 21. August liefen unter seinem Kommando von Texel drei Schiffe aus: die „AIGLE“ mit 36 Kanonen und 111 Mann Besatzung, die „TIENHOVEN“, 28 Kanonen und 100 Mann, Kapitän Jakob Bauman, und die Galeere „DIE AFRIKANERIN“, 14 Kanonen und 60 Mann, Kapitän Heinrich Rosental. Die Fahrt über den Atlantischen Ozean bot kein besonderes Interesse. Nachdem er Rio kurz berührt, suchte Roggeween eine Insel aufzufinden, welche er Auke's Magdeland nennt, das wäre das heutige Maidenland, die Falklands-Inseln oder Malouinen, wenn darunter nicht Georgia australis zu verstehen ist. Obwohl diese Inseln damals genügend bekannt waren, drängt sich doch die Annahme auf, dass die Holländer über deren Lage nicht sicher unterrichtet waren, da sie nach Aufgabe der Untersuchung Falklands sich nach den Inseln St. Louis des Franpais wenden wollten, ohne zu wissen, dass diese zu dem nämlichen Archipel gehörten.

Übrigens gibt es wenige Länder, welche mehr Namen geführt haben als diese, wie z. B. auch den der Pepys- oder Conti-Inseln, nebst noch manchen anderen. Es wäre leicht, ein ganzes Dutzend Bezeichnungen zusammenzustellen.

Nachdem er unter der Breite der Magellan-Straße und etwa achtzig Meilen von der Küste Amerikas eine Insel von zweihundert Meilen Umfang entdeckt oder doch erblickt hatte, die er „Ost-Belgien“ taufte, drang Roggeween in die Lemaire-Straße ein, wo ihn heftige Strömungen bis 62° 30' südlicher Breite hinabführten; dann erreichte er wieder im Norden das Gestade von Chile, warf an der Insel Moha, die er unbewohnt fand, Anker und kam hierauf nach Juan Fernandez, wo er sich mit der „TIENHOVEN“, von der er seit dem 21. Dezember getrennt war, wieder vereinigte.


Die drei Schiffe verließen ihren Ankerplatz noch vor Ende März und steuerten nach Westnordwesten in der Richtung, wo sich zwischen dem 27. und 28. Grade das von Davis entdeckte Land befinden sollte. Nach mehrtägiger Kreuzfahrt kam Roggeween am 6. April 1722 in Sicht einer Insel, welche er Oster-Insel nannte.


Wir erwähnen hier nicht der übertriebenen Größenangaben, welche der holländische Seefahrer bezüglich dieses Landes macht, noch seiner Beobachtungen über Sitten und Gebräuche der Eingeborenen, da uns Gelegenheit geboten wird, das aus den weit verlässlicheren und eingehenderen Berichten Cook's und La Pérouse's besser kennen zu lernen. “Was man in diesen Berichten aber vermissen wird“, sagt Fleurieu, „ist jener Beweis gründlicher Bildung eines Roggeween'schen Sergeantmajors, der uns, nach Beschreibung des Bananenblattes, welches sechs bis acht Fuß lang und zwei bis drei breit sein soll, belehrt, dass die Stammeltern des Menschengeschlechtes nach dem Sündenfalle damit ihre Blöße bedeckt haben sollen“; und er fügt zur weiteren Erläuterung hinzu, dass „diejenigen, welche diese Behauptung aufstellen, sich darauf stützen, das genannte Blatt für das größte aller Pflanzen des Morgen- und Abendlandes halten“.

Diese Bemerkung zeugt für die hohe Vorstellung, welche Behrens sich von der Körpergröße unserer Urahnen machte.

Furchtlos kam ein Eingeborener an Bord der „AIGLE“. Er ergötzte Alle durch seinen guten Mut, seine frohe Laune und durch seine nicht misszudeutenden Freundschaftsbezeugungen.


Am folgenden Tage bemerkte Roggeween auf dem mit einer Art Bildsäulen übersäten Strande eine Menge Eingeborne, welche die Ankunft der Fremdlinge mit neugieriger Ungeduld zu erwarten schien. Da fiel, man weiß nicht wie das zuging, ein Schuss, einer der Insulaner bricht zusammen und die entsetzte Menge stäubt nach allen Richtungen auseinander. Bald kehrt sie in gedrängten Gliedern wieder. Jetzt lässt Roggeween an der Spitze von etwa 100 Mann eine allgemeine Salve auf jene abgeben, welche eine große Zahl von Opfern zu Boden streckt. Erschreckt beeilen sich die Eingeborenen, um die fürchterlichen Gäste zu besänftigen, diesen all' ihr Hab und Gut zu Füßen zu legen.

Fleurieu glaubt nicht, dass die Oster-Insel mit Davis-Land identisch sei; trotz der von ihm für diese Behauptung aufgeführten Gründe muss man, mangels durchgreifender Unterschiede seiner Beschreibung und in der Lage beider Länder, die Entdeckung Davis' und die Roggeween's schon deshalb für identisch halten, weil in jenen Meeresteilen bis auf den heutigen Tag keine weitere Insel bekannt geworden ist.

Durch einen heftigen Sturm von seinem Ankerplatze an der Ostküste der Oster-Insel vertrieben, steuerte Roggeween weiter nach Westnordwesten, durchsegelte Schouten's „Böses Meer“ und entdeckte in einer Entfernung von 100 Meilen von der Oster-Insel ein anderes Eiland, das er für Schouten's Insel der Hunde hielt und auf den ihm später verbliebenen Namen Carlshoff taufte.

Das Geschwader passierte diese Insel, ohne sie zu besuchen, und wurde während der folgenden Nacht durch Winde und Strömungen mitten in eine Gruppe niedriger Inseln verschlagen, deren Vorhandensein man nicht erwartete. Die Galeere „Die AFRIKANERIN“ stieß dabei gegen eine Klippe, und die beiden anderen Schiffe hätte beinahe derselbe Unfall ereilt. Erst nach fünftägiger Anstrengung, Unruhe und Gefahr gelang es ihnen, sich wieder herauszufinden und klares Fahrwasser zu gewinnen.

Die Bewohner jenes Archipels waren groß, ihre Haare schlicht und lang und ihr Körper mit bunten Farben bemalt. Heut' ist man ganz einig darüber, in der von Roggeween hinterlassenen Beschreibung der „Verderblichen Inseln“ den Archipel zu erkennen, den Cook später die Palliser-Inseln nannte.

Frühmorgens an dem Tage, nachdem Roggeween den Gefahren der Verderblichen Inseln entschlüpft war, entdeckte er eine Insel, der er den Namen „Aurora“ gab. Sie erhob sich kaum über die Wasserfläche, und wenn die Sonne nicht eben aufging, wäre die “TIENHOVEN“ in Gefahr gekommen, an derselben zu Grunde zu gehen.

Bei einbrechender Nacht bemerkte man noch eine Insel, die den Namen „Vesper“ erhielt und welche heute schwer zu bestimmen ist, wenn sie nicht der Palliser-Gruppe selbst angehört.

Roggeween eilte zwischen dem 15. und 16. Breitengrade mit vollen Segeln weiter nach Westen und befand sich „plötzlich“ inmitten vieler halb überfluteter Inseln.


„Bei unserer Annäherung, sagt Behrens, sahen wir eine Menge Kanus längs der Küste hingleiten und kamen zu der Überzeugung, dass das Land hier dicht bevölkert sein müsse. Bei noch geringerem Abstande erkannten wir eine Anhäufung einzelner, aber dicht bei einander gelegener Eilande; endlich gelangten wir unbemerkt so zwischen dieselben, dass wir für einen Aus- oder Rückweg besorgt wurden, und der Admiral einen Steuermann nach dem Top des Mastes beorderte, um sich über den einzuschlagenden Kurs zu unterrichten. Unsere Rettung verdankten wir damals nur der eben herrschenden Windstille; die geringste Luftbewegung hätte unsere Schiffe auf die Riffe treiben müssen, ohne dass eine Hilfe möglich gewesen wäre. Zum Glück kamen wir ohne Unfall heraus. Diese Inseln, sechs an der Zahl, bieten einen lachenden Anblick und mögen zusammen eine Ausdehnung von dreißig Meilen haben. Sie liegen fünfundzwanzig Meilen westlich von den Verderblichen Inseln. Wir gaben ihnen den Namen ‚das Labyrinth‘, weil es vieler Umwege bedurfte, um aus denselben herauszukommen.“

 

Mehrere Schriftsteller erklären diese Gruppe für übereinstimmend mit Byron's Prince de Galles-Inseln. Fleurieu teilte diese Ansicht nicht. Dumont d'Arville glaubt, es handle sich hier um die schon von Schouten und Lemaire gesehene Vliegen-Gruppe.

Nach dreitägiger Fahrt gen Westen erblickten die Holländer eine Insel von schönem Aussehen. Kokos und andere Palmen neben üppigem Grün bezeugten ihre Fruchtbarkeit. Da man in der Nähe des Ufers keinen Ankergrund fand, musste man sich begnügen, dieselbe nur durch wohlbewaffnete Abteilungen untersuchen zu lassen.

Noch einmal vergossen die Holländer das Blut einer keineswegs feindselig auftretenden Bevölkerung, die sie am Ufer erwartete und nur den einen Fehler beging, in zu großer Anzahl herzu gelaufen zu sein. Nach einer solchen, eher von Barbaren als von zivilisierten Menschen zu erwartenden Handlungsweise versuchte man die Eingeborenen durch Geschenke an deren Häuptlinge und ziemlich trügerische Freundschaftszeichen zwar wieder anzulocken, aber diese legten darauf offenbar keinen Wert. Als die Matrosen dagegen weiter ins Innere vordrangen, fielen sie mit einem Hagel von Steinen über dieselben her. Obgleich das Gewehrfeuer der Letzteren viele derselben zu Boden streckte, widerstanden sie den Fremdlingen doch mit Tapferkeit und zwangen diese, sich unter Mitnahme ihrer Verwundeten und Toten bald wieder einzuschiffen.

Natürlich schrien die Holländer nun über Verrat und wussten kaum, mit welchen Schmähungen sie die Hinterlist ihrer Gegner brandmarken sollten. Wer tat aber zuerst Unrecht? Wer war der angreifende Teil? Selbst zugegeben, dass einige Diebstähle vorgekommen wären, was ja wohl möglich ist, musste man den Fehler einiger Individuen, welche von der Heiligkeit des Eigentumsrechtes gewiss keine rechte Vorstellung hatten, in so strenger Weise und an einer ganzen Bevölkerung bestrafen? Trotz der hier erlittenen Verluste gaben die Holländer dem Lande, eingedenk der Erfrischungen, die sie ebenda gefunden, den Namen „Rekreations-Insel“. Roggeween verlegte sie unter den 16. Breitengrad; ihre geographische Länge ist aber so mangelhaft bezeichnet, dass die Wiedererkennung noch nicht gelang.

Sollte Roggeween nun weiter im Westen die Insel Espiritu Santo de Quiros aufsuchen? Oder sollte er nach Norden segeln, um mit Hilfe des eben günstig wehenden Monsuns Ostindien zu erreichen? Der Kriegsrat, dem er hierüber die Entscheidung überließ, entschloss sich für das letztere.

Am dritten Reisetage wurden gleichzeitig drei Inseln entdeckt, welche den Namen Baumann's, des Kapitäns der „TIENHOVEN“, erhielten, weil dieser sie zuerst gesehen hatte. Die Insulaner ruderten zwischen den Schiffen umher, um Tauschhandel zu treiben, während den Strand eine große Menge mit Bogen und Lanzen bewaffneter Eingeborener bedeckte. Sie waren von weißer Hautfarbe und unterschieden sich von Europäern höchstens dadurch, dass sie von der Sonne etwas intensiver gebräunt erschienen. Ihr Körper war auch durch keine Malereien entstellt. Ein Stück kunstreich gewebter und mit Fransen besetzter Stoff verhüllte sie von der Hüfte bis zu den Fersen. Auf dem Kopfe trugen sie einen Hut von gleichem Material und um den Hals eine Art von Kränzen von wohlriechenden Blumen.

„Ich muss gestehen“, sagt Behrens, „dass das die gesittetste und rechtschaffenste Völkerschaft war, die wir auf den Inseln der Südsee kennen lernten; erfreut über unsere Ankunft, empfingen sie uns mit göttlichen Ehren, und als wir Anstalt trafen, wieder abzureisen, zeigten sie ihr lebhaftes Bedauern auf jede mögliche Weise.“ Aller Wahrscheinlichkeit nach ist hier die Rede von den Bewohnern der Schiffer-Inseln.

Nachdem es einige Inseln angelaufen, die Roggeween für die schon von Schouten und Lemaire besuchten Kokos- und Verräter-Inseln ansah, während Fleurieu gerade diese als eine neue holländische Entdeckung betrachtet und sie Roggeween-Archipel benennt, nachdem es ferner die Inseln Tienhoven und Gröningen, welche Pingré für Santa-Cruz de Mendana hält, zu Gesicht bekommen, erreichte das Geschwader endlich die Küsten von Neu-Irland, wo es sich durch wiederholte Blutbäder bemerklich machte. Von da ging es nach Neu-Guinea ab und warf zuletzt – nach dem Passieren der Molukken – vor Batavia Anker.

Hier nahmen die eigenen Landsleute – weniger menschlich gesinnt als irgend eine wilde Völkerschaft, die Roggeween je besucht hatte – die beiden noch übrigen Schiffe – „DIE AFRIKANERIN“ war in Folge des bei den Verderblichen Inseln erlittenen Stoßes zu Grunde gegangen – in Beschlag, Matrosen und Offiziere ohne Ansehen des Ranges gefangen und schickten sie zur Aburteilung nach Europa. Ihr unverzeihliches Verbrechen bestand nämlich darin, dass sie den Fuß auf ein Gebiet gesetzt hatten, welches der holländisch-ostindischen Handelsgesellschaft gehörte, während sie unter der Oberhoheit der westindischen Gesellschaft standen! Daraus entspann sich ein Prozess, durch dessen Endurteil der ostindischen Kompagnie auferlegt wurde, alles Beschlagnahmte herauszugeben und sehr beträchtlichen Schadenersatz zu leisten.

Von der Zeit seiner Rückkehr nach Texel, am 11. Juli 1723, verlieren wir Roggeween völlig aus den Augen und besitzen von den letzten Jahren seines Lebens keinerlei Kenntnis. Immerhin gebührt Fleurieu der wärmste Dank für seine Bemühung, die chaotischen Nachrichten dieser langen Seefahrt, welche in weiteren Kreisen bekannt zu werden verdiente, nach Möglichkeit entwirrt zu haben. –

* * *


John Byron – 1723 – 1786

Am 17. Juni 1764 erhielt Commodore Byron eine vom Lord der Admiralität unterzeichnete Ordre zugestellt, deren Eingang also lautete:

„Da nichts im Stande ist, den Ruhm dieser Nation als Seemacht, den Glanz der Krone Großbritanniens und die Ausbreitung ihres Handels- und Schiffsverkehres mehr zu befördern, als Entdeckungen in bisher unbekannten Gegenden zu machen, und da man Grund hat zu glauben, dass sich im Atlantischen Ozean zwischen dem Cap der Guten Hoffnung und der Magellan-Straße noch weitere, den europäischen Mächten bisher unbekannt gebliebene Länder oder beträchtliche Inseln vorfinden dürften, welche ebenso in einer für die Schifffahrt bequemen Breite liegen, wie sie durch ihr Klima die Erzeugung handelswichtiger Rohprodukte begünstigen müssten; endlich da die unter dem Namen Pepys- oder Falklands-Inseln bekannten Territorien Sr. Majestät, welche ebenfalls unter der bezeichneten Breite liegen, noch nicht so eingehend erforscht sind, um eine genaue Vorstellung von ihren Küsten und Bodenerzeugnissen zu gestatten, obwohl sie von englischen Seefahrern entdeckt und besucht wurden – hat Se. Majestät in Erwägung dieser Umstände und unter Berücksichtigung, dass keine Konjunktur einem derartigen Unternehmen günstiger sein kann als der tiefe Friede, dessen sich alle seine Reiche eben erfreuen, geruht, dasselbe jetzt zur Ausführung zu bringen ...“

Wer war aber der erprobte Seemann, auf den sich die Wahl der englischen Regierung lenkte? Das war der am 8. November 1723 geborene Kommodore Byron. Seit seiner Kindheit hatte er die lebhafteste Neigung zur Seemannslaufbahn zu erkennen gegeben und sich mit siebzehn Jahren auf dem Geschwader des Admiral Anson mit eingeschifft, das damals, wie wir wissen, mit dem Auftrag der Zerstörung der spanischen Niederlassungen an der Küste des Pazifischen Ozeans ausgeschickt wurde.

Wir haben im vorhergehenden Kapitel die zahlreichen Unfälle dieser Expedition und die unerwartete Glückswendung während des letzten Teiles derselben geschildert.

Das Schiff, auf welchem sich Byron damals befand, der „WAGER“, litt beim Eingange zur Magellan-Straße Schiffbruch, und die von den Spaniern gefangen genommene Mannschaft desselben wurde nach Chiloë (das Südende von Chile) abgeführt. Nach einer Gefangenschaft von nicht weniger als drei Jahren gelang es Byron zu entkommen und auf ein Schiff aus St. Malo zu gelangen, das ihn nach Europa zurückbeförderte. Er trat hier sofort wieder in Dienst, zeichnete sich bei mehreren Treffen im Kriege gegen Frankreich aus, und unzweifelhaft war es die Erinnerung an seine so unglücklich unterbrochene erste Reise um die Erde, welche ihm die Aufmerksamkeit der Admiralität zuwandte.

Die ihm anzuvertrauenden Fahrzeuge erhielten die sorgsamste Ausrüstung. Die „DAUPHIN“ war ein Kriegsschiff 6. Ranges, mit 24 Kanonen, 150 Matrosen, 3 Lieutenants und 37 Unteroffizieren. Die „TAMAR“ war eine Yacht mit 16 Kanonen, auf der sich unter dem Kommando des Kapitäns Muat 99 Matrosen, 3 Lieutenants und 27 Unteroffiziere einschifften.

Der Anfang gestaltete sich nicht glücklich. Am 21. Juni verließ die Expedition die Londoner Werft; beim Hinabsegeln auf der Themse stieß die „DAUPHIN“ aber auf Grund und musste in Plymout einlaufen, um daselbst gekielholt zu werden.

Am 3. Juli ward hierauf der Anker wiederum gelichtet, und zehn Tage später lief Byron Funchal auf Madeira an, um noch einigen Proviant einzunehmen. Ebenso sah er sich genötigt, an den Inseln des Grünen Vorgebirges beizulegen, um Wasser zu fassen, da das mitgenommene sehr schnell verdorben war.

Bis zum Cap Frio hemmte nichts die Fahrt der beiden Schiffe. Nur machte Byron die später wiederholt bestätigte Beobachtung, dass der Kupferbeschlag seiner Schiffe die Fische zu vertreiben schien, die er in diesen Meeresteilen sonst in Überfluss hätte antreffen müssen. Drückende Hitze und unaufhörliche Regengüsse hatten einen großen Teil der Besatzungen aufs Lager geworfen, und das Verlangen nach einem Hafen und nach frischen Nahrungsmitteln trat sehr fühlbar zu Tage.

Beides sollte Rio de Janeiro bieten, wo man am 12. Dezember eintraf. Byron erhielt hier eine dringende Einladung seitens des Vizekönigs und schildert seine erste Zusammenkunft mit diesem folgendermaßen:

„Als ich meinen Besuch abstattete, wurde ich mit größter Feierlichkeit empfangen; gegen sechzig Offiziere hatten allein vor dem Palaste Aufstellung genommen. Die Leibgarde stand unter Waffen. Das waren sehr schöne Leute von straffer Haltung. Seine Exzellenz empfing mich, umgeben von allen hohen Würdenträgern, schon an der Treppe, wobei ich von einem benachbarten Fort mit fünfzehn Kanonenschüssen begrüßt wurde. Wir betraten sodann den Audienzsaal, von wo ich mich nach einer viertelstündigen Unterhaltung wieder empfahl und mit dem nämlichen Zeremoniell zurückbegleitet wurde ...“ Wir werden bald Gelegenheit haben, den Unterschied bezüglich des Empfanges hervorzuheben, den Cook nur wenige Jahre nach Byron erfahren sollte.

Der Kommodore erhielt ohne Mühe die Erlaubnis, seine Kranken ans Land zu bringen, und man gewährte ihm jede Erleichterung bei der Anschaffung von Nahrungs- und Stärkungsmitteln. Er hatte sich überhaupt über nichts zu beklagen als über die wiederholten Versuche der Portugiesen, seine Matrosen zur Desertion zu verleiten. Die in Rio herrschende unerträgliche Hitze verkürzte die Dauer des Aufenthaltes Am 16. Oktober wurden die Anker gelichtet, die Schiffe mussten am Eingang der Bay aber noch vier oder fünf Tage lang still halten, bevor ein Landwind es ihnen ermöglichte, die hohe See zu gewinnen.

Bis jetzt war die eigentliche Bestimmung des kleinen Geschwaders geheim gehalten worden. Nun berief Byron aber den Kommandanten der „TAMAR“ zu sich an Bord und las in – Gegenwart der versammelten Matrosen – seine Instruktionen vor, welche ihm vorschrieben, nicht wie man bisher allgemein angenommen, nach Ostindien zu segeln, sondern im südlichen Ozean zu kreuzen und daselbst auf Entdeckungen auszugehen, welche für England von hohem Werte sein könnten. Mit Rücksicht hierauf bewilligten die Lords der Admiralität den Mannschaften doppelten Sold, ohne von der Aussicht auf Avancement und besondere Gratifikationen zu sprechen, wenn man mit ihnen zufrieden sei. Von dieser kurzen Ansprache gefiel den Matrosen vorzüglich der zweite Teil, den sie mit freudigem Hurra begrüßten.

Bis zum 29. Oktober steuerte man ohne Unfall nach Süden zu. Da stellten sich häufige Schlossenwetter und heftige Windstöße ein, die zu einem wahren Sturme ausarteten und den Kommodore veranlassten, vier Geschütze über Bord zu werfen, um nicht im vollen Segeln zu kentern. Am nächsten Tage gestaltete sich die Witterung etwas erträglicher, es herrschte aber eine Kälte wie zu jener Jahreszeit in England, obwohl der November hier dem Mai der nördlichen Halbkugel entspricht. Da der steife Wind die Schiffe immer nach Osten hin ablenkte, fing Byron an zu fürchten, dass es sehr schwer halten würde, längs der Küste Patagoniens hinab zu segeln.

 

Am 12. Dezember erscholl da plötzlich, ohne dass auf den Karten eine Küste verzeichnet stand, der Ruf: „Land! Land nach vorn!“ Dicke Wolken verdunkelten eben den ganzen Horizont, und der Donner folgte den Blitzen fast ohne Unterbrechung.

„Ich glaubte zu bemerken“, schreibt Byron, „dass das Land, was uns auf den ersten Anblick als eine Insel erschien, nur zwei große schroffe Berge zeigte; beim Auslugen auf der Windseite schien es mir dagegen, als ob das jene Bergspitzen verbindende Land sich weit nach Südosten hin erstreckte; wir steuerten in Folge dessen Südwest. Ich ließ einige Offiziere auf die Masten steigen, um sich von der Richtigkeit dieser Wahrnehmung zu überzeugen; alle versicherten, eine große Strecke Land zu sehen ... Wir liefen von nun ab nach Ostsüdost. Das Land bot scheinbar immer denselben Anblick. Die Berge erschienen bläulich, wie das bei trübem und regnerischem Wetter immer der Fall ist, wenn man sie aus geringerer Entfernung beobachtet. ... Bald darauf glaubten einige, das Meer sich an einem sandigen Ufer brechen zu hören und zu sehen; nachdem wir aber noch ungefähr eine Stunde mit möglichster Vorsicht dahin gesegelt waren, verschwand plötzlich alles, was wir für ein Land gehalten hatten, vor unseren Augen, und wir überzeugten uns, dass es nur ein Dunstgebilde gewesen sei ... Ich bin siebenundzwanzig Jahre hindurch“, fährt Byron fort, „fast unausgesetzt auf dem Meere gewesen, aber ich hatte keine Ahnung von der Möglichkeit einer so vollkommenen Gesichtstäuschung. ... Es unterliegt keinem Zweifel, dass, wenn die Witterung sich nicht so schnell geklärt hätte, um die Erscheinung vor unseren erstaunten Blicken zerfließen zu lassen, jeder Mann an Bord einen Eid darauf abgelegt hätte, an dieser Stelle Land gesehen zu haben. Wir befanden uns zur der Zeit übrigens unter 43° 46' südl. Breite und 60° 5' östl. Länge.“

Am folgenden Tage erhob sich wieder, von dem Geschrei Tausender fliehender Vögel angekündigt, ein ganz entsetzlicher Wind, der nicht länger als zwanzig Minuten anhielt. Er reichte aber hin, das Schiff auf die Seite zu legen, bevor man die Taue der großen Halsen kappen konnte, welche dabei in Stücke gingen. Gleichzeitig schlug die Schote des Großsegels den ersten Lieutenant zu Boden, der besinnungslos weit wegrollte, und der nicht genügend gehaltene Fockmast brach entzwei.

Die folgenden Tage waren nicht viel günstiger. Außerdem erlitt das Fahrzeug in Folge seines geringen Tiefgangs eine bedeutende Abweichung, sobald der Wind etwas frischer wehte.

Nach ziemlich stürmischer Reise erreichte Byron am 24. November – mit welcher Befriedigung wird man leicht begreifen – die Pinguin-Inseln und den Hafen Désiré. Leider sollten die Annehmlichkeiten dieser Station die Ungeduld, mit der die Mannschaft sie herbeigesehnt hatte, keineswegs rechtfertigen.

Als sie das Land betraten, fanden die englischen Seeleute auf dem Wege nach dem Innern nur eine wüste Gegend mit sandigen und völlig baumlosen Hügeln.


Von Jagdwild gewahrte man einige Guanakos, aber in zu weiter Entfernung, um auf dieselben schießen zu können. Dagegen gelang es ohne besondere Mühe, einige Exemplare großer Hasen einzufangen. Die Jagd auf Seekälber und Wasservögel endlich lieferte einen so reichen Ertrag, dass man damit hätte „eine ganze Flotte traktieren“ können.

Der schlecht in Stand gehaltene und wenig geschützte Hafen Désiré hatte auch den großen Fehler, dass man hier nur sogenanntes Brackwasser (eine Mischung aus Süß- und Salzwasser) vorfand. Von Einwohnern bemerkte man keine Spur. Ein längerer Aufenthalt schien nicht nur unnütz, sondern auch gefährlich. Byron ging also schon am 25. zur Aufsuchung der Pepysinsel ab.

Über die geographische Lage der letzteren herrschte noch ziemliche Ungewissheit. Halley verlegte sie 80 Grade östlich vom Festlande. Cowley, der Einzige, der sie selbst gesehen zu haben versichert, behauptet, sie liege unter 47° südlicher Breite, gibt aber deren geographische Länge nicht an. Hier war also ein interessantes Rätsel zu lösen.

Nachdem Byron im Norden, Süden und Osten umhergekreuzt, kam er zu der Überzeugung, dass jene gar nicht existiere, und steuerte nun nach den Sebaldinen, um sobald als möglich einen Hafen anzutreffen, in dem er Holz und Wasser, dessen er dringend bedurfte, finden könnte. Unterwegs überfiel ihn ein Sturm mit so gewaltigem Wogengange, dass sich Byron eines gleichen nicht entsinnen konnte, selbst nicht von seiner Umsegelung des Cap Horn mit Admiral Anson her. Als die Luft sich beruhigt, befand er sich in Sicht des Caps der Jungfrauen am nördlichen Eingang der Magellan-Straße. Sobald das Schiff sich der Küste hinlänglich genähert hatte, erkannten die Matrosen am Strande eine Gruppe Berittener, welche eine weiße Fahne schwenkten und durch Zeichen zu verstehen gaben, dass jene ans Land kommen sollten. Neugierig, diese Patagonier, welche von früheren Reisenden so abweichend beschrieben waren, näher zu betrachten, ging Byron mit einer starken Abteilung wohlbewaffneter Soldaten ans Ufer.

Hier fand er gegen fünfhundert Männer, fast alle zu Pferde, von riesigem Wuchse, aber wahrhafte Ungeheuer in Menschengestalt. Ihr Körper war ganz abscheulich bemalt, das Gesicht durch Linien in verschiedenen Farben gestreift, und die Augen von blauen, schwarzen und roten Ringen umgeben, so dass es aussah, als trügen sie gewaltige Brillen. Fast Alle gingen nackt, bis auf ein über die Schultern geworfenes, mit der Haarseite nach außen getragenes Fell, wozu Einige noch Halbstiefeln trugen. Wahrlich, ein sehr primitives und billiges Kostüm!

In der Gesellschaft dieser Leute schwärmte eine Menge Hunde umher und, scheinbar recht hässliche, aber doch sehr flüchtige Pferde. Die Frauen ritten übrigens so wie die Männer ohne Steigbügel und galoppierten pfeilschnell am Meeresstrande hin, obgleich dieser mit großen, sehr schlüpfrigen Steinen bedeckt war.

Das Zusammentreffen verlief ganz friedlich. Byron beschenkte das Riesengeschlecht mit einer Menge Kleinigkeiten, Bändern, Glaswaren und Tabak.

Sobald er die „DAUPHIN“ wieder betreten, lief Byron mit der Flut in die Magellan-Straße ein, nicht in der Absicht diese zu durchsegeln, sondern nur um einen sicheren und bequemen Hafen aufzusuchen, wo er Holz und Wasser finden könnte, bevor er nach den Falklands-Inseln steuerte. Nachdem er die zweite enge Wasserstraße passiert, bekam Byron die Inseln St. Elisabet, St. Bartelemy, St. Georges und die Sandy-Spitze in Sicht.


Neben der letzteren breitete sich ein herrliches Stück Erde aus, mit vielen Bächen, Gehölzen und blumenübersäten Wiesen, die einen köstlichen Wohlgeruch ausströmten. Hunderte von Vögeln, deren eine Art wegen ihres mit leuchtenden Farben geschmückten Gefieders den Namen „Maler-Gänse“ erhielt, belebten die Landschaft. Nirgends fand sich aber eine Stelle, wo ein Boot gefahrlos hätte landen können. Überall war nur seichtes Wasser mit schäumender Brandung. Fische, darunter vorzüglich ausgezeichnete Seebarben, Gänse, Becassinen und andere schmackhafte Vögel wurden von der Mannschaft dagegen in großer Menge gefangen oder erlegt.

Byron sah sich also gezwungen, bis nach Port Famine vorzudringen, wo er am 27. Dezember anlangte.

„Hier lagen wir§, sagt er, „geschützt gegen alle Winde, mit Ausnahme des nur selten wehenden Südost, doch selbst, wenn ein Schiff durch diesen nach dem Grunde der Bay an das Land getrieben würde, dürfte es bei dem klaren, weichen Meeresboden kaum viel Schaden leiden. Längs der Küste treibt übrigens stets so viel Holz hin, dass man tausend Schiffe damit versorgen könnte und wir der Mühe überhoben blieben, unseren Bedarf in den Wäldern zu fällen.“

Im Grunde der Bay mündet ein Fluss mit sehr gutem Wasser, die „Sedger“. Seine Ufer sind mit großen, prächtigen Bäumen besetzt, welche sich zu Schiffsmasten vorzüglich eignen würden. Auf den Zweigen wiegten sich unzählige Papageien und andere Vögel mit glänzendem Gefieder. Während Byron's Aufenthalt in Port Famine herrschte stets Überfluss an allem. Am 5. Januar, als sich die Besatzung vollkommen erholt und man die Schiffe mit allem Notwendigen reichlich versehen hatte, segelte der Kommodore zur Aufsuchung der Falklands-Inseln wieder ab. Sieben Tage darauf entdeckte er ein Land, in dem er die Insel Sebald de Wret's zu erkennen glaubte; bei weiterer Annäherung dagegen überzeugte er sich, dass das, was er für drei Inseln gehalten hatte, nur eine einzige mit weiter Verlängerung nach Süden bildete. Er zweifelte nun nicht länger daran, hier den, auf den damaligen Karten als New-Island bezeichneten, unter 51° südlicher Breite und 63° 32' westlicher Länge gelegenen Archipel vor sich zu haben.

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