Beethoven zum Vergnügen

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Beethoven zum Vergnügen
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Beethoven zum Vergnügen

Herausgegeben von Michael Ladenburger

Mit 8 Abbildungen

und einigen Notenbeispielen

Reclam

2020 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Coverillustration: Nikolaus Heidelbach

Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Made in Germany 2020

RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN 978-3-15-961551-6

ISBN der Buchausgabe 978-3-15-019496-6

www.reclam.de

Inhalt

  Einleitung

  Anhänglichkeit an die Bonner Jugendfreunde

  Im Umgang mit seinen Wiener Freunden

  Geschätzte Künstler, Kollegen und Mäzene

  Kein dauerhaftes Vergnügen – Liebesgeschichten und Heiratssachen

  Hilfesuchend bei der Suche nach einer Frau an seiner Seite

  Welch ein Vergnügen! – Der Rentenvertrag

  Ein zuweilen zweifelhaftes Vergnügen – Beethoven und seine Verleger

  Kritik am Kritiker

  Kritiken – nicht zum Vergnügen

  Ein noch zweifelhafteres Vergnügen – Beethoven als Haushaltsvorstand

  Von Noten und Nöten

  Eine »verschlankte« Steuererklärung

  Gutsbesitzer verso Hirnbesitzer – Ludwig als älterer Bruder

  Ein Wein-erliches Vergnügen

  Erinnerungen an Beethoven

  Vergnügliches in Notenhandschriften

  Musikalische Scherze und Kanons

  Scherze in Konversationsheften

  Lebensklugheit in Haselnüssen von Ignaz Franz Castelli

  Comoedia finita est

  Zeittafel

  Textnachweise

  Verzeichnis der Abbildungen


Ludwig van Beethoven

Idealisierendes Gemälde von Joseph Karl Stieler, 1820

»für mich gibts kein großeres Vergnügen als meine Kunst zu treiben und zu zeigen«

Beethoven an Franz Gerhard Wegeler, Wien, 16. November 1801

»Wahre Kunst bleibt unvergänglich u der wahre Künstler hat inniges Vergnügen an großen Geistes-Produkten.«

Beethoven an Luigi Cherubini, März 1823

Einleitung

Ludwig van Beethoven galt schon zu seinen Lebzeiten als höchst ernsthafter Mensch und Komponist. Noch heute sieht man ihn – allerdings oft sehr einseitig – unter diesem Generalvorzeichen. Die immer wieder abgebildeten authentischen Portraits, mehr noch die romantisch überhöhten Bildnisse aus dem späteren 19. Jahrhundert spiegeln diese Ernsthaftigkeit wider, oft in überzeichneter Form und bis zur Verkniffenheit gesteigert, während in Wirklichkeit wohl mehr der Widerwillen, einem Portraitisten länger zu sitzen, dahinterstand. Eine komplexe Künstlerpersönlichkeit wie Beethoven war allerdings alles andere als homogen und stromlinienförmig. Zwar zog er sich schon in seiner Jugend des Öfteren zurück, wollte für sich sein. Ab dem 28. Lebensjahr verstärkte seine zunehmende Schwerhörigkeit diese Tendenz, zog Misstrauen und Scham und in der Folge soziale Isolation nach sich. Bettina Brentano beschrieb er 1811 den Pendelschlag mit den Worten: »Rauschende Freude treibt mich oft gewalthätig wieder in mich selbst zurück.«

Beethoven hatte aber auch eine ganz andere Seite und behielt sie ungeachtet aller Belastungen bis zu seinem Lebensende. Ja, man kann ohne in Spekulationen verfallen zu müssen, konstatieren, dass gerade sein Humor es ihm ermöglichte, seine künstlerische Schaffenskraft und die menschlichen Tragödien seines Lebens in Balance zu halten. Humor war manchmal sozusagen die bessere Alternative zur Verzweiflung. Daher kann man Beethoven als Mensch und als Künstler besser verstehen lernen, wenn man seinen Humor, der sich in gelöster Stimmung, vor allem aber auch als ausgleichendes Momentum in schwierigen Situationen hervortat, unter Zuhilfenahme der eigenen Phantasie auszuloten versucht. Das sahen übrigens schon seine Zeitgenossen so.

Beethoven war humorvoll, gesellig, legte großen Wert auf Freundschaft und gerade gegenüber Freunden und Vertrauten schlug sein Humor in Form von Wortspielen, Verballhornungen, Ironie, Sarkasmus und Übermut machmal fast erbarmungslos zu. Diese Seite seiner Persönlichkeit soll in der hier vorlegten Auswahl seiner Texte im Zentrum stehen. Sie speisen sich aus dem reichen Fundus von knapp 1800 Briefen, die von ihm überliefert sind. (Das Wort »Vergnügen« taucht übrigens auffallend oft im Briefwechsel auf, manchmal allerdings lediglich als Höflichkeitsfloskel.) Trotz dieser nicht unbeträchtlichen Anzahl an nachweisbaren Briefen (es wird insgesamt deutlich mehr gegeben haben) tat sich Beethoven nach eigener Aussage mit dem Korrespondieren schwer. Das konnte ganz unterschiedliche Gründe haben – angefangen von emotionalen Hürden, angesichts von Heimweh und Sehnsucht nach den alten Bonner Freunden, bis zu regelrechten inneren Blockaden, weil er partout nicht die richtigen Worte finden konnte, mit denen er seine Empfindungen angemessen hätte ausdrücken können, oder bei schwierigen, ihn belastenden Themen oder ihm peinlichen Absagen. »[D]em Compositeur Beethoven ist Briefschreiben und Rechnen etwas odioses«, ließ Georg August Griesinger im April 1802 den Leipziger Musikverleger Christoph Gottfried Härtel wissen. Die Korrespondenz zeigt den Komponisten, der schon zu Lebzeiten als »musikalischer Jean Paul« tituliert wurde, als Briefschreiber, der die damaligen Normen kannte und dementsprechend je nach Adressaten unterschiedliche Schreibstile berücksichtigte. Wie Sieghard Brandenburg gezeigt hat, verwendete Beethoven nach Maßgabe der Rhetorik den niederen, mittleren und höheren Stil. Gedruckte Ratgeber in Bezug auf das Verfassen wirklich jeglicher Zweckbestimmung von Briefen (bis hin zum »Bewerbungsschreiben eines Witwers mit zwey Kindern an ein lediges Mädchen« samt Antwortschreiben des Mädchens) waren damals weit verbreitet (der unter dem Pseudonym Franz Xaver Samuel Riedel erschienene Wiener Sekretär für alltägliche Fälle des gemeinen Lebens erlebte zu Lebzeiten des Komponisten mehr als 15 Auflagen!). Beethovens Lehrer Christian Gottlob Neefe hatte im Februar 1785 im 45. und 46. Heft der Bonner Wochenzeitschrift Beiträge zur Ausbreitung nützlicher Kenntnisse einen Artikel über »Etwas von der Kunst, Briefe, besonders freundschaftliche und scherzhafte, zu schreiben. Nebst einigen Mustern« veröffentlicht, den sein 14-jähriger Schüler vermutlich zu Gesicht bekam. Er warnt darin ausdrücklich davor, stereotype Briefe zu verfassen, da sie, als unnatürlich empfunden, nie ihre Wirkung erzielen könnten und greift dabei bis auf Cicero und Plinius zurück. Beethoven, der eine bescheidene Schulbildung besaß, hatte sich schon 1783 im Falle der Erstausgabe seiner ersten drei Klaviersonaten WoO 47 in Bezug auf die Abfassung der Widmungsadresse an Kurfürst Maximilian Friedrich Formulierungshilfe eingeholt. Er ließ sich auch später in wichtigen Fällen beraten, etwa wenn es um das Schreiben an den preußischen König Friedrich Wilhelm III. ging, mit dem er die Widmung der 9. Sinfonie unterbreitete und um deren Genehmigung bat. In den allermeisten hier ausgewählten Briefen ist Beethoven aber denkbar weit von solch konventionellen Vorgaben entfernt. Vergnügen resultiert ja aus Abwechslung und individueller Phantasie. Wie differenziert der Komponist beim Briefschreiben vorging, ist schon an der gelegentlichen Hinzufügung eines »von« bei Adressen an Bürgerliche zu erkennen, manchmal ein Zeichen besonderer Hochachtung, sozusagen eine vom Herrscher im Reich der Tonkunst ausgesprochene Nobilitierung, manchmal ironisch gebrochen, manchmal geradezu provokant (für Tobias Haslinger: »an Herrn von Tobias. Edler v. Haß – lin – ger.«).

 

Die hier getroffene Auswahl berücksichtigt ferner Eintragungen in den sogenannten Konversationsheften – jenen Heften, die Beethovens Gesprächspartner in seinen letzten zehn Lebensjahren verwenden mussten, um dem Schwerhörigen ihre Fragen und Antworten mitzuteilen. Ein längerer Ausschnitt aus dem Konversationsheft, das am 2. September 1825 benutzt wurde, gewährt unmittelbaren Einblick in die – in diesem Fall ausgesprochen lustige – Lebenswelt des Komponisten. Auch die Erinnerungen von Zeitgenossen bieten manch amüsanten Bericht. Alle diese Dokumente ergeben zusammen ein äußerst buntes Bild, das oft so gar nicht jenem entsprechen will, das viele simplifizierend vom Komponisten der 9. Sinfonie und der späten Streichquartette im Sinn haben. Aber der humorvolle Beethoven ist auch in manchem seiner – oft als durch und durch ernsthaft apostrophierten – Werke erst noch in der Breite zu entdecken, man denke nur an die frühe Streicher-Serenade op. 8, die Klaviersonate op. 14 Nr. 2 oder die späten Diabelli-Variationen op. 120. Auch die Klaviersonate Nr. 31 Nr. 1, die Prometheus-Variationen op. 35 und die 8. Sinfonie op. 93 sind hier zu nennen und gleich in mehrfacher Hinsicht das Lied Aus Goethes Faust op. 75 Nr. 3, das »Flohlied«. In ihm schreibt der Komponist im Klavierpart am Ende Fingersätze vor, die den Floh knicken und den Pianisten zwicken. Beethoven ist hier ganz bei sich. Fragt man sich, was der 22- bis 24-Jährige bei seinem Lehrer Joseph Haydn gelernt bzw. sich abgeschaut hat, dann wird man nicht zuletzt Humor, Witz und Überraschungseffekte in der Musik nennen. Schon in Bonner Tagen sollte das Ritterballet WoO 1 den Bonnern Vergnügen in der fünften Jahreszeit bieten – und seinem Förderer Ferdinand Graf Waldstein zudem das besondere Vergnügen, als Autor (auch der Musik) geführt zu werden. Die erste Aufführung fand am Faschingssonntag statt und zwar durch den »hiesigen Adel und in altdeutscher Tracht«.

In unserem Zusammenhang ins Bild zu rücken sind außerdem von Beethoven vertonte einschlägige Liedtexte, vor allem aber auch die meist wenig bekannten vergnüglichen Texte, die er als Musikalische Scherze oder Scherzkanons vertont hat. Nur so steht uns ausreichend vor Augen, wie vielgestaltig Beethoven das weite Feld der Musik zwischen größter Ernsthaftigkeit und schrägstem Humor zu bearbeiten wusste. Es kommt einem dann das geflügelte Wort Johann Nestroys aus seiner Posse mit Gesang Einen Jux will er sich machen in den Sinn: »Das is classisch«. Berücksichtigt wurden schließlich auch Texte, die der diesbezüglich wählerische Komponist nur zu vertonen beabsichtigte – so die Sprichwörtersammlung Ignaz Franz Castellis, der ein Zentralgestirn des Humors und Juxes im von Restauration, sprich Überwachung und Zensur, geprägten biedermeierlichen Wien war. Humor war damals nicht einfach unbeschwertes Vergnügen, sondern oft doppelbödig bzw. die einzige Möglichkeit, etwas zum Ausdruck zu bringen, für das man – ernsthaft formuliert – sicherlich unangenehme Bekanntschaft mit der Obrigkeit gemacht hätte. 1794 formulierte Beethoven das so: »[M]an darf nicht zu laut sprechen hier, sonst giebt die Polizei einem quartier.« Tatsächlich geriet er einmal in die Fänge des Überwachungsstaates, wurde schließlich aber doch als harmloser Sonderling eingestuft. Im März 1820 findet man unmittelbar nach einer Skizze zum Kanon Hofmann sei ja kein Hofmann WoO 180 mit dem Text »nein, nein ich heiße Hofmann u bin kein Hofmann sondern ein Elend[er] schuft« einen Eintrag des den Komponisten gelegentlich beratenden Zeitungsredakteurs Joseph Carl Bernard: »Czerny hat mir erzählt, daß der Abbee Gelinek sehr über sie geschimpft hat im Camel [Gasthaus »Zum schwarzen Cameel«]; er sagt, Sie wären ein zweyter Sand, sie schimpften über den Kaiser, über den Erzherzog, über die Minister, sie würden noch an den Galgen kommen.« (BKh 1, 339) Beethoven auf einer Ebene mit dem Burschenschaftler Karl Ludwig Sand, dem Mörder Kotzebues, der als engstirnig und verbohrt, aber seinen demokratischen Idealen treu dienend galt! Tatsächlich könnte der eine oder andere Konversationshefteintrag von Beethovens Hand (er antwortete in der Regel mündlich) auf den dringenden Rat von Freunden zurückgehen, die vermeiden wollten, dass Beethoven sich im öffentlichen Raum, z. B. in Gasthäusern ideologisch (und akustisch) weit aus dem Fenster lehnte. Karl Holz ließ Beethoven im Januar 1826 wissen: »Die Polizey kostet hier das meiste; es gibt hier keinen Tisch im schlechtesten Bierhause, wo nicht so ein verkappter Spürhund säße.« Die Zensur sah er differenziert. Im November 1825 hatte Holz – auf die Vor-Metternich’sche Zeit bezogen – in ein Konversationsheft notiert: »Kaiser Joseph [II.] hat sogar viele Bücher verbothen, weil er wußte, daß sie dann erst recht gelesen werden. Sonnenfels [Joseph Sonnenfels, ein berühmter, in der Monarchie sehr einflussreicher Staatsrechtler, Widmungsträger von Beethovens Klaviersonate op. 28] hat so ein Buch geschrieben, und durch diesen Kniff wurde es allgemein verbreitet.« (BKh 8, 187)

Anhänglichkeit an die Bonner Jugendfreunde
Heinrich von Struve

Beethoven hat sich schon sehr früh tiefe Gedanken zu Themen wie Tod und Menschenrechten gemacht. Besonders letzteres war ein viel diskutiertes Thema in der Bonner Lesegesellschaft, der zahlreiche Freunde und Kollegen des jungen Beethovens angehörten. Die Lesegesellschaft war der Hort der Aufklärung in Bonn.

Beredt zum Ausdruck kommt die Geisteshaltung schon beim jungen Beethoven in einem »großen«, erst jüngst aufgetauchten Brief an seinen Bonner Jugendfreund Heinrich von Struve in St. Petersburg, geschrieben in Wien am 17. September [1795], der aufgeschlagen nur 8 × 9,3 cm misst. Die geringe Größe war durch die dann billigeren Portogebühren oder die Mitnahme durch einen gefälligen Kurier bedingt.

Heinrich von Struve (1772–1851) war, wie schon sein Vater, in den russischen Staatsdienst eingetreten, wurde im Jahr nach dem Erhalt dieses Briefes Legationssekretär bzw. Legationsrat beim niedersächsischen Kreis in Hamburg. Nachdem er oft seinen Wirkungsort gewechselt hatte, wurde er 1815 in Hamburg sesshaft, wo er, als Staatsrat für die Beziehungen Russlands zu den Hansestädten zuständig, nebenbei als angesehener Mineraloge und Botaniker 1837 den Hamburger Naturwissenschaftlichen Verein mitbegründete und 1843 Ehrenbürger wurde. Das »kalte Land« meint Russland. Johann Reiner Stupp (1767–1825) war bereits mit 24 Jahren Professor für juristische Encyclopädie und römisches Recht an der kurfürstlichen Universität in Bonn geworden. Übrigens drückte Johann Nestroy die Menschenrechtsfrage 1846 so aus: »Werden es denn die Engländer nie dahin bringen, dass man die Mohren unter die Weißen zählt?«

Lieber! daß du mir hieher geschrieben hast, hat mich unendlich gefreut, da ich mir’s nicht vermuthete. du bist also jezt in dem kalten Lande, wo die Mensch[h]eit noch so sehr unter ihrer Würde behandelt wird, ich weiß gewiß, daß dir da manches begegnen wird, was wider deine Denkungs=Art, dein Herz, und überhaupt wider dein ganzes Gefühl ist. wann wird auch der Zeitpunkt kommen wo es nur Menschen geben wird, wir werden wohl diesen glücklichen Zeitpunkt nur an einigen Orten heran nahen sehen, aber allgemein – das werden wir nicht sehen da werden wohl noch JahrHunderte vorübergehen.

den Schmerz, den dir der Tod deiner Mutter verursacht hat, habe ich auch sehr gut fühlen können, da ich fast zweimal in dem nemlichen Fall bey dem Tode meiner Mutter und meines Vaters gewesen bin. wahrlich wem sollte es nicht wehe thuen, wenn er ein Glied aus einem so selten anzutreffenden Harmonischen Ganzen wegreißen sieht – man kann nur noch hiebey vom Tode nicht ungünstig reden, wenn man sich ihn unter einem lächelnden sanft hinüberträumenden Bilde vorstellt, wobey der Abtretende nur gewinnt. –– ich lebe hier noch gut, komme immer meinem mir vorgestekten Ziele näher, wie bald ich von hier gehe, kann ich nicht bestimmen, meine erste Ausflucht wird nach ytalien seyn, und dann vieleicht nach Rußland, du könntest mir wohl schreiben, wie hoch die reise von hier nach P.[etersburg] kömmt, weil ich jemanden hinzuschicken gedenke sobald als möglich. deiner Schwester werde ich nächstens einige Musik von mir schicken.

Professor Stup von Bonn ist auch hier. grüße von Wegeler und Breuning an dich. ich bitte dich mir ja immer zu schreiben, so oft du kannst, laß deine Freundschaft für mich sich nicht durch die Entfernung vermindern, ich bin noch immer wie sonst dein dich liebender Beethowen.

Eleonore von Breuning

Eleonore von Breuning (1771–1841), ihre Geschwister sowie ihr späterer Mann Franz Gerhard Wegeler (1765–1848) gehören zu den ältesten und besten Freunden Beethovens. Ihr Elternhaus war für die Entwicklung des jungen Beethoven von großer Bedeutung. Beethoven gab ihr Klavierunterricht. Wegeler war später ein eminent wichtiger und hochangesehener Medizinalbeamter in französischen und preußischen Diensten.

aüserst überraschend war mir die schöne HalsBinde von ihrer Hand gearbeitet, sie erweckte in mir Gefühle der Wehmut, so angenehm mir auch die Sache selbst war; vergangenheit voriger Zeiten war ihre wirkung, auch beschämung auf meiner Seite durch ihr großmüthiges Betragen gegen mich. wahrlich, ich dachte nicht, daß sie mich noch ihres Andenkens würdig hielten. o hätten sie Zeuge meiner gestrigen Empfindungen bey diesem vorfall seyn können, so würden sie es gewiß nicht übertrieben finden, was ich ihnen vieleicht hier sage, daß mich ihr Andenken weinend und sehr Traurig machte, – ich bitte sie, so wenig ich auch in ihren augen Glauben verdienen mag, glauben Sie mir, meine Freundin (lassen sie mich ihnen noch immer so nennen) daß ich sehr gelitten habe und noch leide durch den verlust ihrer Freundschaft. Sie und ihre theure Mutter [Helene von Breuning] werde ich nie vergeßen, sie waren so gütig gegen mich, daß mir ihr verlust sobald nicht ersezt werden kann und wird, ich weiß, was ich verlohr, und was sie mir waren, aber ––––– ich müßte in Scenen zurückkehren, sollte ich diese Lücke ausfüllen, die ihnen unangenehm zu hören und mir ihnen sie darzustellen sind.

[…] leben sie wohl meine Freundin, es ist mir unmöglich sie anders zu nennen, so gleichgültig ich ihnen auch seyn mag, so glauben sie doch, daß ich ihnen und ihre Mutter noch eben so verehre wie sonst, bin ich im Stande sonst etwas zu ihrem vergnügen beytragen zu können, so bitte ich sie, mich doch nicht vorbeyzugehen, es ist noch dies einzig übrigbleibendes Mittel, ihnen meine Dankbarkeit für ihre genossene Freundschaft zu bezeigen. reisen sie glücklich, und bringen sie ihre Theure Mutter wieder völlig Gesund zurück. denken Sie zuweilen an ihren Sie noch immer verehrenden wahren Freund

Beethowen

an Fraülein von Breuning

an Eleonore von Breuning in Bonn [Bonn, Sommer 1792]

Verehrungswürdige Eleonore!

meine theuerste Freundin!

[…] sie erhalten hier eine dedication von mir an sie [die Zwölf Variationen für Klavier und Violine über die Arie »Se vuol ballare« aus Mozarts Oper »Le nozze di Figaro« WoO 40, erschienen in einem Wiener Verlag], wobey ich mir wünschte, das werk sey größer und ihrer würdiger. man Plagte mich hier um die herausGabe dieses Werckchens, und ich benuzte diese Gelegenheit, um ihnen meine verehrungswürdige E. einen Beweiß meiner Hochachtung und Freundschaft gegen sie und eines immerwährenden Andenkens an ihr Hauß zugeben. nehmen sie diese Kleinigkeit hin, und denken sie dabey, sie kömmt von einem sie sehr verehrenden Freunde, o wenn sie ihnen nur vergnügen macht, so sind meine Wünsche ganz befriedigt. es sey eine kleine wieder Erweckung an die Zeit, wo ich so viele und so seelige Stunden in ihrem Hause zubrachte, vieleicht erhält es mich im Andenken bey ihnen, bis ich einst wiederkomme, was nun freylich sobald nicht seyn wird, o wie wollen wir unß dann meine v.[erehrte] Freundin Freuen, sie werden dann einen Fröhlichern Menschen an ihrem Freunde finden, dem die Zeit und sein Besseres schicksaal die Furchen seines vorhergegangenen widerwärtigen ausgeglichen hat.

[…] Zum Schlusse meines Briefs wage ich noch eine Bitte: sie ist, daß ich wieder gerne so glücklich seyn mögte, eine von HaasenHaaren gestrickte weste von ihrer Hand meine liebe Freundin zu besizen, verzeihen sie die unbescheidene Bitte ihrem Freunde, sie entsteht aus grosser vorliebe für alles, was von ihren Händen ist, und heimlich kann ich ihnen wohl sagen, eine kleine Eitelkeit liegt mit dabey zum Grunde, nemlich: um sagen zu können, daß ich etwas von einem der Besten, verehrungswürdigsten Mädchen in Bonn besize. ich habe zwar noch die Weste, womit sie so gütig waren in Bonn mich damit zu beschenken, aber sie ist durch die Mode so unmodisch geworden, daß ich sie nur als etwas von ihnen mir sehr theures im KleiderSchranke aufbewahren kann.

 

vieles vergnügen würden sie mir machen, wenn sie mich bald mit einem lieben Briefe von ihnen erfreuten, sollten ihnen meine Briefe vergnügen verursachen, so verspreche ich ihnen gewiß so viel mir möglich ist hierin willig zu seyn, so wie mir alles willkommen ist, wobey ich ihnen zeigen kann, wie sehr ich bin

ihr sie verehrender wahrer Freund

L. v. Beethowen.

P. S.

die V.[ariationen] werden etwas schwer zum spielen seyn, besonders die Triller in der Coda, das darf sie aber nicht abschrecken, es ist so veranstaltet, das sie nichts als den Triller zu machen brauchen, die übrige[n] Noten lassen sie aus, weil sie in der ViolinStimme auch vorkommen. nie würde ich so etwas gesezt haben, aber ich hatte schon öfter bemerkt, daß hier und da einer in v.[ien] war, welcher meistens, wenn ich des Abends fantasirt hatte, des andern Tages viele von meinen Eigenheiten aufschrieb, und sich damit Brüstete; weil ich nun voraus sahe, daß bald solche Sachen erscheinen würden, so nahm ich mir vor ihnen zu vor zu kommen. eine andere Ursache war noch dabey, nemlich: die hiesigen Klawiermeister in verlegenheit zu sezen, ma[n]che davon sind meine Todtfeinde, und so wollte ich mich auf diese Art an ihnen rächen, weil ich voraus wußte, daß man ihnen die V. hier und da vorlegen würde, wo die Herren sich den[n] übel dabey produciren würden.

Beethowen.

an Eleonore von Breuning in Bonn, Wien, 2. November 1793

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