Bomba am Ende einer Spur

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Из серии: Bomba der Dschungelboy #9
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Bomba am Ende einer Spur
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Roy Rockwood





Bomba am Ende einer Spur



Band 9












Inhaltsverzeichnis





Etwas aus Bombas Leben







1 Zum Sprung geduckt







2 Eine verzweifelte Schlacht







3 Ein aufregendes Schauspiel







4 Der Vorhang fällt







5 Der Pfad ins Ungewisse







6 Die unterirdische Höhle







7 Ein unheimlicher Feind







8 Um Haaresbreite







9 Der Feuersee







10 Quälender Durst







11 Die drängende Flut







12 Im unterirdischen Labyrinth







13 In Todesgefahr







14 Eine gefährliche Brücke







15 Die Kassette







16 Gefährliche Spuren







17 Dem Feind auf den Fersen







18 Im Handgemenge







19 Eine wagemutige Rettung







20 Die tote Stadt







21 Die Riesenfledermaus







22 Begegnung im Urwald







23 Endlich gefunden







24 Enthüllungen







25 Wichtige Erkundung







26 Am Ziel







27 Wiedersehen und Wiedererkennen







28 Am Vorabend der Schlacht







29 Vater und Sohn







30 Die Kopfjäger greifen an







31 Vor einem neuen Lebensabschnitt







Etwas aus Bombas Leben



Wer Bomba bei seinen Abenteuern im Dschungel begleitet hat, wird sicher mehr von diesem interessanten Jungen erfahren wollen. Am besten stellen wir Bomba also vor, ehe seine neuen Erlebnisse beginnen.



Bomba ist vierzehn Jahre alt. Soweit er sich zurückerinnern kann, hat er im südamerikanischen Dschungel des Amazonasgebietes gelebt. Sein einziger Gefährte und Beschützer war ein alter Naturforscher, Cody Casson, der sich in ein weit abgelegenes Gebiet des Amazonas-Dschungels zurückgezogen hat, um ganz seinen Forschungen zu leben.



Als Bomba das Alter erreicht hatte, in dem er mehr von seiner Herkunft zu erfahren wünschte, zog sich Cody Casson bei der Explosion eines Gewehres eine Kopfverletzung zu, durch die seine Gedächtniskraft geschwächt und später fast zerstört wurde. Von diesem Zeitpunkt an lastete die Verantwortung für den Lebensunterhalt auf Bomba.



In einem Alter, in dem andere Jungen ruhig und behütet bei ihren Eltern aufwachsen und die Schulbank drücken, musste sich Bomba mit den Gefahren und Härten des Dschungellebens vertraut machen. Seine strengen Lehrmeister waren die Erfahrung und die Not. Bald lernte Bomba die Weisheiten und Gesetze des Dschungels kennen, die es immer zu beherzigen galt. Er lernte die vielen Kampftricks, die Technik von Angriff und Verteidigung bei der Begegnung mit Raubtieren und Schlangen.



Seine schulmäßige und geistige Erziehung ließ natürlich zu wünschen übrig, da Cody Casson nicht mehr in der Lage war, den einmal begonnenen Unterricht fortzusetzen. Wie ein junger Indianer wuchs Bomba im Dschungel heran. Auch äußerlich unterschied er sich wenig von den Eingeborenen. Seine Haut war dunkel gebräunt. Er trug einen Eingeborenenschurz und das Fell eines erlegten Pumas. Seine Waffen waren Pfeil und Bogen, die Machete und — als kostbarster Besitz — ein fünfschüssiger Revolver. Die Schusswaffe hatte er von zwei Weißen geschenkt bekommen, denen er bei einem nächtlichen Angriff von Jaguaren das Leben gerettet hatte.



Äußerlich glich Bomba also in vielen Dingen einem Indianer, und doch unterschied er sich in wesentlichen Anzeichen von den Eingeborenen. Er hatte eine gerade Nase und kastanienbraunes, welliges Haar. Die hellbraunen Augen leuchteten freundlich und oft mit einem Schimmer von Melancholie, denn die Einsamkeit machte Bomba zu schaffen. Je älter er wurde, desto mehr drängte sich ihm die Erkenntnis auf, dass er kein eingeborener Dschungelbewohner war. Sein Wunsch, etwas über seine Herkunft zu erfahren, wurde immer stärker.



Das einzige, was als Erinnerung an die Vergangenheit hin und wieder in Cassons Gedächtnis auftauchte, waren die Namen ‚Bartow’ und ‚Laura’. Aber der alte Naturforscher vermochte nie mit Bestimmtheit zu sagen, ob das die Namen von Bombas Eltern waren.



Im ersten Band — Bomba der Dschungelboy — wird erzählt, wie Bomba zwei weißen Gummisuchern das Leben rettete, wie er mit Raubtieren des Dschungels kämpfte, wie die Wohnhütte von Kopfjägern belagert wurde und wie ihm schließlich seine Freunde unter den Urwaldtieren zu Hilfe eilten und ihn befreiten. In einem Augenblick der Klarsicht erfuhr Bomba von seinem alten Gefährten, dass er weitere Kunde über seine Herkunft von Jojasta, dem Medizinmann des ‚Laufenden Berges“, erhalten könnte.



Im zweiten Band — Bomba im Berg der Feuerhöhlen — machte sich Bomba auf die weite und gefahrvolle Reise zum ‚Laufenden Berg“. Unterwegs rettete er eine weiße Familie vor den Kopfjägern und schloss Freundschaft mit dem gleichaltrigen Frank Parkhurst. Als Bomba schließlich nach Überwindung schlimmer Gefahren den Raufenden Berg“ erreicht hatte, erfuhr er vom sterbenden Jojasta nur, dass Sobrinini, die Hexe von der Schlangeninsel, ihm nähere Auskunft über seine Eltern geben könnte.



Nur stückweise vermochte Bomba also das Geheimnis seiner Herkunft zu lüften. Im dritten Band — Bomba am Großen Katarakt — fanden wir den Jungen dann auf dem Wege zur Schlangeninsel. Unterwegs geriet er in die Hände der Kopfjäger, und auch Casson und deren Pflegerin Pipina waren gefangengenommen worden. Nach der gelungenen Befreiung suchte Bomba die Schlangeninsel auf — doch wieder erhielt er ungenügende Auskunft. Bomba erfuhr bei diesem aufregenden Erlebnis auf der Schlangeninsel von Sobrinini nur, dass Japazy, der Herrscher auf der Jaguar-Insel, ihm mehr von seiner Herkunft berichten könnte.



Im vierten Band — Bomba auf der Jaguar-Insel — erlebten wir mit Bomba den Wirbel der Ereignisse, der Gefahren und Abenteuer bei der beschwerlichen Suche nach Japazy. Eine grauenhafte Naturkatastrophe machte der Reise ein vorzeitiges Ende.



Noch einmal finden wir Bomba im fünften Band — Bomba in der versunkenen Stadt — auf der Fährte des geheimnisumwitterten Japazy. In der untergegangenen Stadt mit den goldenen Türmen kreuzen sich die Wege der beiden. Glück und Mut befreien den Dschungelboy aus einer aussichtslos erscheinenden Lage. Dabei fallen Juwelen und Diamanten von unschätzbarem Wert in Bombas Besitz.



Im sechsten Band — Bomba auf düsterer Fährte — finden wir Bomba auf der beschwerlichen Wanderung zur Maloca der befreundeten Araos. Tagelange unterirdische Wanderungen mit allen Schrecknissen dunkler Grüfte und Höhlen muss Bomba überstehen, ehe er nach einer verhängnisvollen Begegnung mit Kannibalen schließlich mit seinen Gefährten das Dorf erreicht.



Der siebente Band — Bomba im Sumpf des Todes — bringt die Begegnung mit Forschern, die Cody Casson untersuchen und feststellen, dass nur das Gift einer Blume den alten Mann heilen könnte. Die ‚Blume des Todes’ wächst in einem von Eingeborenen als heilig verehrten Sumpfgebiet, das kein anderer betreten darf. Bomba und die Forscher wagen es dennoch, in das Gebiet einzudringen und die kostbare Pflanze in das Dorf zu bringen. Die Heilung des alten Casson macht bald gute Fortschritte.



Im achten Band — Bomba im Tal der Schädel — gerät Bomba in die Gewalt des habgierigen Mendoza, als er Pirah, die Häuptlingstochter der Araos, aus der Gefangenschaft befreien will. Mendoza gibt sich als Bombas Vater aus, um den Jungen für sich einzunehmen, aber Bomba erfährt bald die Wahrheit, und es gelingt ihm, durch einen Aufstand die Gewaltherrschaft des Mannes zu brechen, der die Eingeborenen als Sklaven in seiner Gummiplantage ausbeutet. Siegreich kehrt er mit den Befreiten zu den Araos zurück. Doch erst die Ereignisse des vorliegenden Bandes bringen ihn zum Ziel seiner Wünsche.

 





1 Zum Sprung geduckt



Es war eine seltsame Gruppe, die plötzlich auf die friedliche Dschungellichtung trat. Die beiden sichernden Indianer passten noch am besten in diesen unberührten Urwald des Amazonasgebietes, aber schon der große, kräftige Junge mit der bronzefarbenen Haut und den braunen Locken bildete einen seltsamen Kontrast zu seinen beiden Begleitern Gibo und Neram. Viel ergreifender jedoch wirkte die zarte Gestalt der alten Frau, die als letzte die Lichtung betrat. Sie trug ein zerschlissenes, buntes Gewand, das mit vielen flatternden Bändern umgeben war, und in ihren einstmals schönen Augen flackerte das Licht des Wahnsinns. Als Bomba, der Führer der kleinen Gruppe, jetzt die Hand hob, blieben alle erwartungsvoll stehen.



„Das wäre ein guter Platz zum Rasten“, sagte der Junge. „Wir haben einen weiten Weg hinter uns.“



„Einen weiten und einen heißen Weg“, bestätigte Gibo, und er warf mit einem erleichterten Seufzer seine Kriegskeule ins Gras. „Was stehst du da und zählst die Affen, die an den Lianen baumeln! Hilf mir lieber, Neram!“, wandte sich der große, stämmige Indianer an seinen Gefährten. „Bomba ist hungrig; wir müssen Feuer machen und Fleisch rösten. Es gibt genug zu tun — auch für dich.“



Sobrinini, die ehemalige machtvolle Herrscherin der Schlangeninsel, machte in diesem Augenblick eine ungeduldige Geste.



„Nicht ruhen und nicht rasten — nicht ruhen wollen wir, bis ich bewiesen habe, dass ich die Wahrheit spreche.“



„Ich glaube dir, Sobrinini“, sagte Bomba besänftigend. „Aber du brauchst Ruhe, sonst kannst du die Strapazen der Wanderung nicht länger ertragen und wirst uns krank, ehe wir am Ziele sind.“



Sobrinini warf dem Jungen einen merkwürdigen Blick zu, und ein schmerzliches Zucken glitt über ihr verwittertes, runzliges Gesicht.



„Das Ende der Reise wird schneller für mich kommen, als du glaubst, Bomba!“



„Wie meinst du das?“, sagte der Junge, denn er kannte die Fähigkeit der alten, hexenartig aussehenden Frau, zukünftige Geschehnisse vorauszusagen.



„Mehr kann auch ich dir im Augenblick nicht sagen“, murmelte die Alte. „Aber das Ende wird kommen — bald wird es kommen.“ Ihre Worte wurden zu einem irren Flüstern und Kichern. „Wenn ich nur meine Lieblinge bei mir hätte — meine Lieblinge von der Schlangeninsel, meine glatten, kalten Lieblinge mit den schmalen Köpfen. Sie würden mir sagen, was geschieht. Sie haben mir immer alle Geheimnisse der Zukunft verraten.“



Die Hände der Alten griffen nach den Bändern, die um ihren schmalen Gürtel flatterten, und ließen sie liebkosend durch die Finger gleiten, als wären es lebende Schlangenleiber, die sich zischend und züngelnd unter ihrem Griff wanden. Es war ein unheimlicher Anblick, und Bomba wurde an jene schreckliche Nacht erinnert, in der er vor langer Zeit auf der Schlangeninsel gelandet war und aus seiner Deckung zugeschaut hatte, wie Sobrinini inmitten einer Brut von Hunderten von Schlangen ihren unheimlichen Tanz vollführt hatte. Audi Gibo und Neram starrten die Alte entsetzt an; der abergläubische Gibo flehte im Flüsterton einen seiner Lieblingsgötter an, während Neram furchtsam einige Schritte zurückwich, um nicht von dem Zauberbann der alten Schlangenbeschwörerin berührt zu werden.



„Azra, mein Liebling“, kreischte die Alte und hielt eines der Bänder an ihre welke Wange, als wäre es ein Schlangenkopf. „Azra, mein Liebling, sage mir, was die Zukunft bringt!“ Sie neigte den Kopf zur Seite, als ob sie lauschte. Ihr graues, strähniges Haar fiel dabei über ihr Gesicht, und die brennenden Augen funkelten wir Irrlichter unter diesem Vorhang von Haaren hervor.



„Azra hat gesprochen!“, verkündete sie dann mit schriller Stimme. „Das Ende der Reise kommt — es kommt auf vier Füßen — auf acht Füßen — auf zwölf Füßen!“



„Was für einen Unsinn sprichst du da, Sobrinini“, sagte Bomba. „Iss jetzt etwas mit uns und denke nicht mehr an deine Schlangen. Wir werden rasten, bis die Mittagshitze vorüber ist, und dann wandern wir weiter — und du kannst mir das Versteck der Stahlkassette zeigen.“



Gehorsam ließ sich die Alte neben dem Feuer niedersinken, und Bomba setzte sich ebenfalls hin. Der gefällige, dienstbereite Neram reichte dem Jungen ein gut durchgeröstetes Bratenstück, aber Bomba aß nicht eher, als bis auch Sobrinini und seine beiden Indianergefährten ihren Anteil an der Mahlzeit bekommen hatten.



Während Bomba aß, ließ er seinen Blick immer wieder mit einem Ausdruck besorgter Grübelei über das Gesicht der alten Hexe von der Schlangeninsel gleiten. Ihr neuer Wahnsinnsausbruch hatte ihn verwirrt und bekümmert. Seit Beginn der Reise war Sobrinini verhältnismäßig vernünftig gewesen, und er hatte gehofft, dass dieser erfreuliche Zustand von Dauer sein würde. Denn Sobrinini war es, die den Schlüssel zum Geheimnis von Bombas Vergangenheit in den Händen hielt. Nur sie konnte ihn zu dem Platz führen, an dem er mehr von seinen Eltern erfahren würde. Nur sie hatte Bartow und Laura — seinen Vater und seine Mutter — persönlich gekannt.



Zögernd beugte sich Bomba am Ende der Mahlzeit vor und berührte Sobrinini am Arm. Sie wirkte jetzt wieder normal und ruhig, und er wollte noch einmal versuchen, was er schon so oft vergeblich versucht hatte.



„Bist du satt, Sobrinini?“, fragte er. „Satt und ausgeruht?“



Die Alte seufzte zufrieden.



„Bomba ist ein tüchtiger Jäger“, murmelte sie. „Er sorgt dafür, dass unser Fleisch nie alle wird. Ich bin satt — sehr satt, mein Junge. Ich möchte liegen und ruhen und an vieles denken.“ Sie warf Bomba einen schnellen Blick zu, als ahnte sie seine nächste Frage schon. „Manches ist nah und manches ist fern“, sagte sie in ihrer wirren Art. „Die Vergangenheit lässt sich nicht so leicht greifen — sie weicht immer zurück, wenn man sie erfassen will — und doch weiß ich —“



Noch näher beugte sich der Junge zu ihr hin.



„Du weißt vieles, Sobrinini“, sagte er drängend. „Du weißt auch etwas von meinem Vater und meiner Mutter. Oft hast du von ihnen gesprochen, aber das Wichtigste hast du mir noch verschwiegen.“



„Vater? Mutter?“, flüsterte Sobrinini unsicher. „Ja, ich weiß etwas von ihnen — ich weiß etwas“



„Von Bartow und Laura“, ergänzte der Junge.



„Ja, von Bartow und Laura. Aber es ist so lange her, dass ich sie gesehen habe. Wenn Azra hier wäre, mein Liebling unter den Schlangen — Azra könnte mir alles sagen.“



„Du weißt es auch, Sobrinini“, sagte Bomba bittend. „Erinnere dich doch!“



Der Blick der Alten schien sich zu verschleiern. Es war, als senkte sich wirklich ein Vorhang vor ihren Geist und vor ihr Erinnerungsvermögen. Sie stützte den Kopf in die knochigen Hände und seufzte:



„Ich bin müde. Frage deinen alten Freund Casson. Oder frage Jojasta, den Medizinmann vom Laufenden Berg — oder Japazy von der Jaguarinsel. Sie werden das wissen, was ich vergessen habe.“



„Jojasta ist tot!“, rief Bomba verzweifelt. „Du weißt doch, dass er beim Einsturz seines Tempels von einem stürzenden Pfeiler zerschmettert wurde. Auch Japazy ist tot. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie er in den Abgrund hinunterstürzte. Du weißt auch, dass Cassons Erinnerungskraft geschwunden ist, seit das Gewehr dicht an seinem Kopf explodierte. Audi er kann mir nichts sagen.“



„Dann musst du warten“, murmelte die Alte. „Musst du warten, bis —“



Plötzlich hob die Alte den Kopf, und ihre Augen wurden groß und starr vor Schrecken. Ihr Blick glitt an Bomba vorbei, und sie schrie jäh und schrill auf:



„Ein Jaguar!“



„Es sind drei!“, rief Gibo und sprang nach seinen Waffen.



Bomba war schon auf den Füßen, und sein Körper schnellte herum, während die Hand instinktiv an den Griff der Machete glitt.



Keine zwanzig Fuß von ihm entfernt duckten sich drei Jaguare zum Sprung zusammen.





2 Eine verzweifelte Schlacht



Der üppige Fleischgeruch von der Mahlzeit der Urwaldwanderer musste die drei Jaguare herbeigelockt haben. In dem dichten Unterholz war es ihnen leicht gelungen, sich unbemerkt bis auf Sprungweite an den Lagerplatz heranzuschleichen. Sie kauerten jetzt vor ihnen — die Leiber an den Boden gedrückt und die gelblichgrünen Augen zu schmalen Spalten zusammengepresst.



Bomba hatte seine Machete schon in der Hand. Er fasste sie bei der Spitze und ließ die etwa einen Fuß lange tödliche Klinge federn, ehe er sie abschnellte. Einer der beutegierigen Jaguare hatte zum todbringenden Sprung angesetzt, aber die blitzende Klinge traf ihn mitten im Fluge. Es schien, als griffe eine unsichtbare Faust nach dem geschmeidigen Raubtierleib und risse ihn in die Höhe. Dann aber sank der Jaguar wie ein schlaffes Fellbündel zu Boden. Vergeblich versuchten die Vorderpranken die tödliche Klinge aus der durchbohrten Kehle zu entfernen. Vergeblich verkrampften sich die Hinterpranken zuckend in den Boden. Unvermittelt streckte sich der gefleckte Leib — die tückischen Augen verglasten, und ein schmales Blutrinnsal sickerte aus der Wunde und färbte das Gras der Lichtung rot.



So schnell spielten sich diese Ereignisse ab, dass Bomba kaum einen Blick auf den sterbenden Jaguar geworfen hatte, als er auch schon den Angriff der beiden anderen Bestien kommen sah. Sie hatten fast im gleichen Augenblick zum tödlichen Sprung angesetzt. Neram warf seinen Speer, um den Ansturm des einen Jaguars abzuwehren. Doch die Spitze ritzte nur die Haut des Tieres, und im nächsten Moment wurde der Indianer zu Boden geschleudert. Mit einem gereizten Knurren vergrub das Raubtier seine Zähne in den Arm des Mannes.



Doch schon war Gibo zur Stelle. Er schwang seine schwere Kriegskeule und ließ sie auf den Kopf der Bestie niedersausen. Betäubt lockerte der Jaguar den Zugriff seiner Zähne. Dann sank er zur Seite, als ein Hagel von Schlägen seinen Kopf zerschmetterte.



Inzwischen hatte sich der dritte Jaguar auf die wehrlose alte Frau gestürzt. Die Bestie kauerte jetzt auf dem schlaff daliegenden Körper, aber ehe die Zähne nach Sobrininis Kehle schnappen konnten, hatte Bomba schon einen Pfeil ergriffen und auf die Sehne seines Bogens gelegt. Er sprang vor und stieß dabei einen hellen Schrei aus. Der schrille Laut hatte die beabsichtigte Wirkung: der Jaguar ließ von seinem Opfer ab und blickte auf. Drohend und fauchend öffnete er den Rachen und ließ ein dumpfes Grollen ertönen. Ruhig zog Bomba die Bogensehne bis zum Kopf zurück. Dann ließ er los — und im nächsten Augenblick bohrte sich der Pfeil in das Auge der Bestie. Mit einem schrecklichen Todesbrüllen überschlug sich der Jaguar bei einem vergeblichen Sprung nach vorn. Dann fiel der mächtige Körper ins Gras und blieb reglos liegen.



Bomba warf den Bogen weg und eilte zu Sobrinini. Bewusstlos und in totengleicher Starre lag sie da. Doch ihr Herz schlug noch, wie der Junge feststellte. Er rannte sofort zum nahen Bachufer hinunter und holte Wasser. Er überspülte ihr Gesicht, rieb ihre Handgelenke ab und flößte ihr etwas Wasser ein. Immer noch regte sie sich nicht. Nirgendwo am Körper war eine Verwundung oder auch nur eine Schramme festzustellen. Aber der schwere Anprall und die Erschütterung durch den Angriff des Raubtieres hatten ihre ohnehin schon schwache Lebenskraft so zerrüttet, dass sie in einer todesähnlichen Ohnmacht dalag.



Bomba bereitete aus Farnen und Gräsern ein Bett und legte den schlaffen Körper der Alten sanft nieder. Dann ging er dorthin, wo Gibo sich um seinen verwundeten Gefährten bemühte. Nerams Arm war übel zugerichtet. Doch Bomba war in der rauen Chirurgie der Dschungelindianer gut bewandert. Er untersuchte zuerst eingehend die Wunde, um festzustellen, ob sie nicht zu sehr verschmutzt war, und als diese Untersuchung zu seiner Zufriedenheit ausfiel, kochte er aus Kräutern, die ihm Gibo besorgen musste, einen Absud und wusch damit die Wunde aus. Dann strich er die verletzten Stellen mit einer Salbe ein, die er immer bei sich trug und deren Heilkraft sich schon oft genug bewährt hatte.



Mit dem stoischen Heroismus der Indianer ließ Neram die Behandlung über sich ergehen, ohne einen Schmerzensruf auszustoßen. Dankbar blickte er zu Bomba auf, und als der Junge ihm ermutigend zunickte, seufzte er zufrieden, legte den Kopf zur Seite und sank sofort erschöpft in Schlaf.



Doch der Dschungelboy fühlte durchaus nicht jenen Optimismus, den er dem Verwundeten gegenüber gezeigt hatte. Seine kleine Streitmacht war durch Nerams Ausfall um ein Drittel verkleinert worden, und das konnte sich in Zukunft als sehr gefährlich erweisen. Neram war ein treuer und erprobter Begleiter des Jungen auf vielen gefahrvollen Wanderungen durch den Dschungel gewesen. Vor langer Zeit hatte er den Indianer aus der Gewalt eines Urwaldtyrannen befreit, bei dem Neram als Sklave ein erbarmungswürdiges Dasein geführt hatte. Seither war Neram bereit gewesen, seinem Herrn durch dick und dünn zu folgen.

 



Noch schlimmer war es jedoch, dass Sobrinini durch den Angriff des Jaguars einen solchen Schock empfangen hatte. Damit war der Erfolg der Expedition überhaupt in Frage gestellt. In einer lichten Stunde hatte Sobrinini dem Ju

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