Bomba auf dem Heimkehrpfad

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Из серии: Bomba der Dschungelboy #13
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Bomba auf dem Heimkehrpfad
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Roy Rockwood

Bomba auf dem Heimkehrpfad

Band 13


Inhaltsverzeichnis

Etwas aus Bombas Leben

1 Der Sturm

2 Opfer für die Flussdämonen

3 In tödlicher Gefahr

4 Schreckliche Fänge

5 Der Überraschungsangriff

6 Flucht vor den Ameisen

7 Der ungesehene Lauscher

8 In den Pranken der Stromschnellen

9 Der Mann ohne Ohren

10 Gefangen!

11 Ein nächtlicher Besucher

12 Ein Hoffnungsstrahl

13 Auf Simbas Spuren

14 Die zuckende Klinge

15 Ein mächtiger Verbündeter

16 Der Verstümmelte

17 Entschlossenes Handeln

18 Ein Helfer in der Not

19 Ein seltsamer Besucher

20 Bei den Sitandas

21 Eine unerschrockene Herausforderung

22 Hinter den Wasserfällen

23 Die unsichtbaren Beobachter

24 In der Falle

25 Der Tunnel in die Freiheit

26 Auf der Flucht

27 Hilfe vom Himmel

28 Rettung aus höchster Not

29 Jagd auf Magobi

30 Der rettende Schuss

Etwas aus Bombas Leben

Wer Bomba bei seinen Erlebnissen im Dschungel und Urwald, auf hoher See und in der großen Stadt begleitet, wird sicherlich mehr von diesem interessanten Jungen erfahren wollen. Am besten stellen wir Bomba also vor, ehe sein neues Abenteuer beginnt.

Bomba ist vierzehn Jahre alt und hat die meiste Zeit seines Lebens im südamerikanischen Dschungel verbracht. Dort war sein Pflegevater und Beschützer der alte Naturforscher Cody Casson, der sich in ein abgelegenes Gebiet des Amazonas-Dschungels zurückgezogen hatte, um dort ganz seinen Forschungen zu leben.

Als Bomba das Alter erreicht hatte, in dem er mehr von seiner Vergangenheit und Herkunft zu erfahren wünschte, zog sich Cody Casson bei der Explosion eines Gewehres eine Kopfverletzung zu, durch die seine Gedächtniskraft geschwächt und fast zerstört wurde. Von diesem Zeitpunkt an lastete die Verantwortung für die Lebensführung ganz auf Bomba.

In einem Alter, in dem andere Jungen ruhig und behütet bei ihren Eltern aufwachsen und die Schulbank drücken, musste Bomba sich mit den Gefahren und Härten des Dschungellebens vertraut machen. Seine strengen Lehrmeister waren die Erfahrung und die Not. Bald lernte Bomba jene Weisheiten und Gesetze des Dschungels kennen, die es dort immer zu beherzigen galt, wenn man sein Leben erhalten wollte. Er lernte die vielen Kampftricks, die Technik von Verteidigung und Angriff bei den Begegnungen mit Kopfjägern, Raubtieren und Schlangen.

Seine schulische und geistige Erziehung ließ in dieser Zeit zu wünschen übrig, da Cody Casson nicht mehr in der Lage war, den einmal begonnenen Unterricht fortzusetzen. Wie ein junger Indianer wuchs Bomba im Dschungel heran. Auch äußerlich unterschied er sich wenig von den Eingeborenen. Seine Haut war dunkel gebräunt. Er trug einen Eingeborenenschurz und das Fell eines erlegten Pumas. Seine Waffen waren Pfeil und Bogen und die Machete, das Buschmesser der Eingeborenen.

Äußerlich glich also Bomba damals in vielen Dingen einem Indianer, und doch unterschied er sich in wesentlichen Merkmalen von den Eingeborenen. Er hatte eine gerade Nase und kastanienbraunes, welliges Haar. Die hellbraunen Augen leuchteten freundlich für alle Freunde; und zu jener Zeit, als er seine Eltern noch nicht wiedergefunden hatte, war oft ein Schimmer von Melancholie in seinem Blich.

In den ersten neun Bänden begleiten wir Bomba bei seinen abenteuerlichen Fahrten durch den südamerikanischen Dschungel; wir erleben mit ihm die Tage der Hoffnung, wenn er eine Spur seiner Eltern gefunden zu haben glaubte, und jene schmerzlichen Stunden der Enttäuschung, wenn sein sehnlichster Wunsch wieder einmal keine Erfüllung gefunden hatte.

Bomba durchstreift eine versunkene Stadt, deren längst verschollene Einwohner wertvolle Schätze und interessante Ruinen hinterlassen haben. Er kämpft gegen Kopfjäger und befreit sich und seine Gefährten aus unterirdischen Höhlen, die sich meilenweit dahinziehen. Der Ausbruch eines Vulkans rettet ihn im letzten Augenblick aus der Gewalt eines tyrannischen Medizinmannes, der die Eingeborenen eines weiten Gebietes beherrscht; und das Zusammentreffen mit Sobrinini, der Herrscherin auf der Schlangeninsel, stellt eine der spannungsreichsten und interessantesten Episoden in Bombas Dschungelreisen dar.

Es wäre zu viel, hier im Einzelnen von Bombas Taten und Abenteuern zu berichten. Einen wirklichen Eindruck vom Lebenslauf dieses einzigartigen Jungen kann nur derjenige bekommen, der Bomba von seinem ersten gefährlichen Kampf gegen die Kopfjäger bis zu jenem glücklichen Augenblick begleitet, wo er seine Eltern wiederfindet.

Doch es scheint so, dass Bomba auch bei seinem Aufbruch in das für ihn neue und fremdartig fesselnde Leben in der Zivilisation keine Ruhe finden soll. Zwar lebt er nach seiner Ankunft in New York zuerst wie jeder andere Junge, der in die Schule geht und mit seinen Eltern beisammen ist, aber bald genug erfahren wir im zehnten Band — Bomba in einem fremden Land — dass Bomba das gesicherte Leben in der Zivilisation wieder aufgeben muss, um seinem Vater zu Hilfe zu eilen, der als Maler bei einer Expedition ins Innere Afrikas in die Gefangenschaft eines barbarischen Stammes geraten ist.

Wir erleben mit Bomba und seinem Gefährten Gibo, den er aus dem südamerikanischen Dschungel nach New York mitgenommen hat, zuerst die heiteren und ernsten Geschehnisse, die sich auf der Schiffsreise nach Afrika abspielen. Aber erst die Ankunft in Afrika führt Bomba wieder jenen gefährlichen Abenteuern entgegen, nach denen er sich unbewusst während des Lebens in der Großstadt immer gesehnt hat. Er weiß jetzt, dass er kaum ohne den Dschungel leben kann; und wenn nicht die Sorge um seinen Vater gewesen wäre, hätte er die Ausrüstung der Safari, die ihn von Nairobi aus in den afrikanischen Busch führen soll, als die schönste Vorbereitung zu einem spannenden Erlebnis genossen.

Bomba dringt mit seinen Gefährten in eine fremdartige, geheimnisvolle Welt ein — und er spürt wieder den Pulsschlag der ungebändigten, freien Natur, mit der er sich so innig verbunden fühlt. Er begegnet seltsamen wilden Tieren und Menschen des Urwaldes, und der Atemhauch dunkler Gefahren schlägt ihm erneut aus den Dschungeln und Savannen entgegen.

Ein besonders reizvolles Abenteuer erlebt Bomba in Band 11 — Bomba bei den Pygmäen. Es gelingt ihm, durch kühnen Wagemut und blitzschnelles Handeln im Kampf mit einem rasenden Orang-Utan die Freundschaft eines Häuptlings vom rätselhaften Zwergenvolk der Pygmäen zu gewinnen. Diese kleinen, tapferen Krieger helfen Bomba bei seinem Vorstoß in das Gebiet wilder Stämme und begleiten ihn auf einem weiten Stück seines abenteuerlichen Weges.

Unermesslich groß ist der geheimnisvolle Kontinent Afrika, und unerschöpflich ist die Fülle von Abenteuern, die Bomba auch weiterhin in dem dunklen Erdteil erwarten. Einen Teil dieser fesselnden Geschehnisse erleben wir in Band 12 — Bomba im Herzen Afrikas — wo es Bomba gelingt, sich die Freundschaft des Stammes der „Bemalten Jäger“ dadurch zu gewinnen, dass er die gefahrvolle „Probe der drei Urwaldnächte“ besteht. Lowando, ein Unterhäuptling dieses Stammes, wird Bombas Blutsbruder, und mit einem Trupp seiner Krieger hilft er Bomba, seinen Vater endlich aus der Gefangenschaft der Kannibalen zu befreien.

Im vorliegenden dreizehnten Band ist Bomba endlich mit seinem Vater vereint, und mit Lowando und seinen Kriegern treten sie den Marsch zur Küste an. Doch noch liegen Hunderte von Meilen unbekannten Dschungelgebietes vor ihnen, und mit Bomba und seinem Vater erleben wir die fesselnden Erlebnisse auf dem Wege zur Küste.

 

1 Der Sturm

Bomba erwachte mit einem bedrückenden Gefühl von innerer Unruhe. Das Camp war ruhig, und nur die Wachtposten schritten als dunkle Schatten vorsichtig auf und ab. In der Nacht war nichts Ungewöhnliches geschehen, doch eine untrügliche Ahnung verriet ihm, dass eine Gefahr in der Luft lag — eine lauernde Gefahr von ungewöhnlicher Art.

Seit einigen Tagen waren sie nun schon auf dem Marsch zur Küste, aber noch immer befanden sie sich im Gebiet jener Kannibalenstämme der Molas, aus deren Gefangenschaft sie Bombas Vater, Andrew Bartow, nach unsäglichen Mühen befreit hatten. Gibo, der junge Indianer, der Bomba schon bei seinen abenteuerlichen Zügen durch den südamerikanischen Dschungel begleitet hatte, war auch hier, im Herzen Afrikas, an seiner Seite. Der bärenstarke, treue Zulu Wafi hatte sich Bomba angeschlossen, als dieser in dem riesigen, dunklen Kontinent die Suche nach seinem verschollenen Vater begonnen hatte. Einen weiteren treuen Freund hatte Bomba in Lowando gefunden, der jetzt auch mit einigen Männern seines Stammes der „Bemalten Jäger“ den Schutz der Safari bis zur Küste übernommen hatte.

Er war also von treuen Freunden umgeben, und trotzdem konnte er das nagende Gefühl von Unruhe nicht unterdrücken. Er schnüffelte voll Sorge in die Luft. Sein Geruchssinn war durch das Leben in der freien Natur aufs höchste entwickelt, und er spürte sofort jenen eigentümlichen metallischen Geruch in der Atmosphäre, der am vergangenen Tage noch nicht da gewesen war: Ein Dunstschleier verhüllte noch die Sonne, die eben erst über den östlichen Horizont stieg. Das klare Morgenlicht hatte sich in ein grünlich-gelbes flirrendes Leuchten verwandelt.

Nicht der kleinste Windhauch bewegte die Luft. Die ganze Natur schien wie in einem Zustand gespannter Erwartung erstarrt zu sein.

„Was siehst du, Bomba?“, fragte unvermittelt eine Stimme neben ihm.

Bomba blickte auf und sah Lowando neben sich stehen.

„Ich ahne Gefahr“, erwiderte Bomba. „Ein Sturm kommt auf. Wir müssen so schnell wie möglich aus der gefährlichen Nähe der Bäume in offenes Gelände ziehen.“

„Solch eine Stelle wird schwer zu finden sein“, murmelte Lowando und ließ seinen Blick über die von Unterholz und Schlinggewächsen verfilzte Dschungelwildnis gleiten.

„Wir müssen es jedenfalls versuchen“, sagte Bomba.

Lowando rief einen hellen Weckruf, und im nächsten Augenblick war das Camp auf den Beinen. Die Männer ließen sich kaum Zeit für ein hastiges Frühstück, und dann war die Safari wieder auf dem Marsch.

Die Unruhe der Anführer übertrug sich auch auf die anderen, und jeder bemühte sich, seine Traglast so schnell wie möglich aufzunehmen und sich in die Kolonne einzureihen.

In stummer Eile marschierten sie dahin. Drückendes Schweigen lastete auf dem drohenden Dschungel. Die Singvögel und Papageien hatten mit ihrem Zwitschern und Kreischen aufgehört, und die Affen kauerten schweigend in den Baumwipfeln. Sogar das Summen der Insekten klang gedämpfter als sonst.

Stunde um Stunde dauerte diese Spannung an, bis sie fast unerträglich wurde. Die drückende Stille zerrte an den Nerven der Bemalten Jäger. Gegen menschliche Feinde konnten sie mit tollkühnem Mut kämpfen, aber sie hatten eine geradezu kindliche Furcht vor allen Anzeichen göttlicher Ungunst.

Etwas Schreckliches bedrohte sie. Sie waren fest davon überzeugt, dass die Götter zornig auf sie waren und furchtbare Vergeltung an ihnen üben wollten.

Aber warum?

Die Anwesenheit der weißen Männer musste es sein, die die Götter erzürnte. Zweifellos waren es gute weiße Männer. Sie waren durchaus nicht mit jenen Händlern zu vergleichen, mit denen sie mitunter zu tun gehabt hatten, und von denen sie übervorteilt und verraten worden waren. Doch auch ihre Begleiter waren Menschen einer fremden Rasse und einer anderen Hautfarbe, und sie waren Fremde auf dem Boden Afrikas. Sie verehrten einen anderen Gott. Afrika war das Land der dunkelhäutigen Menschen. Die Gottheiten der schwarzen Menschen blickten mit Misstrauen auf die hellhäutigen Fremden, die ihnen keine Opfer brachten und sie nicht anerkannten.

Ja, das musste der Grund für jenes schreckliche Schweigen sein, das sich über die Natur gebreitet hatte — für diese dumpfe Ruhe vor dem Sturm, den die Götter vorbereiteten.

Bomba hatte diese Anzeichen einer bevorstehenden Panik längst bemerkt, und sie erfüllten ihn mit noch stärkerer Besorgnis. Wenn ihn seine Verbündeten verließen, würde es für seinen Vater und ihn sehr schwer sein, die Küste zu erreichen.

Gibo und Wafi würden ihn zwar nicht verlassen; aber das waren nur zwei Freunde, und vor ihm erstreckten sich noch Hunderte von Meilen unbekanntes Urwaldgebiet mit allen möglichen menschlichen und tierischen Feinden.

„Die Männer sind unruhig, Lowando“, sagte Bomba. „Ihre Herzen sind von Furcht erfüllt.“

„Ja“, erwiderte der Häuptling, dem diese Anzeichen auch nicht entgangen waren. „Sie haben —“

Der Satz sollte nie beendet werden, denn in diesem Augenblick brach die Hölle los. Ein Windstoß fauchte über sie hinweg, und dann wütete ein Tornado mit seiner vernichtenden Gewalt.

Die Reihen der Bemalten Jäger lösten sich für immer im Nu auf.

„Die Götter! Die Götter!“, schrien sie, von Panik erfüllt, und tauchten im Dschungel unter.

Beim ersten Sturmzeichen hatte Bomba sich umgewandt; er wollte zu seinem Vater eilen. Eine Sturmbö packte ihn und warf ihn zu Boden, so dass er fast betäubt und außer Atem liegenblieb. Mit äußerster Willenskraft gelang es ihm, sich aufzurichten. Aber es war unmöglich gegen die entfesselten Kräfte dieses Sturmes anzukämpfen. Wie von Riesenfäusten wurde er gepackt, durch die Luft geschleudert, und dann landete er schließlich zwischen den Zweigen eines umgestürzten Baumes.

Er kämpfte sich frei und suchte sich auf Händen und Knien einen Weg durch das Unterholz. Um ihn her krachten Bäume zu Boden und oft genug rettete ihn nur seine Geistesgegenwart vor dem tödlichen Schlag eines herabsausenden Astes.

Der Tornado hatte ihn so oft herumgewirbelt, dass es ihm einen Augenblick schwerfiel, die Himmelsrichtungen festzustellen. Doch dann bahnte er sich mit untrüglichem Orientierungssinn seinen Weg zu jener Stelle im Mittelpunkt der Safari, wo er zuletzt seinen Vater gesehen hatte. Das erste, was er sah, war die völlig zerschmetterte Tragbahre, auf der sein Vater getragen worden war. Von seinem Vater selbst war nichts zu sehen.

Auch Gibo und Wafi waren nicht da. Vielleicht waren die drei zusammen entkommen und warteten in der Nähe angsterfüllt das Ende des Sturmes ab. Die Wucht des Sturmes hatte inzwischen soweit nachgelassen, dass Bomba versuchen konnte, die Aufmerksamkeit durch Rufe auf sich zu lenken.

Zuerst bekam er keine Antwort; doch nach einigen Wiederholungen drang das schwache Echo einer Menschenstimme durch das Heulen des Windes an sein Ohr. Es klang so, als habe Gibo gerufen, und Bombas Herz klopfte freudig erregt bei dem Gedanken, dass sein treuer Gefährte noch am Leben war. Vielleicht war auch sein Vater dort, wo Gibo war.

Er rief wieder, und diesmal ertönte die Antwort schon näher. Der Klang der anderen Stimme lenkte die Suchenden immer näher zueinander hin, und kurze Zeit später stand Bomba seinem Gefährten gegenüber.

„Bomba!“, rief Gibo überfroh. „Ich fürchtete schon, dir sei etwas zugestoßen! Mögen die Götter gepriesen sein, dass du noch am Leben bist.“

„Das ist mir aus der Seele gesprochen“, rief Wafi, der dem anderen dicht auf den Fersen gefolgt war.

„Wo ist mein Vater?“, fragte Bomba unruhig.

Seine beiden Gefährten schauten einander vielsagend an.

„Wir haben ihn gesucht und nach ihm gerufen, aber wir konnten ihn nicht finden.“

Ein Gefühl von Furcht krampfte Bombas Herz zusammen. Sollte er seinen Vater, nachdem er ihn endlich gefunden hatte, so schnell wieder verlieren?

„Sucht weiter“, befahl er. „Er muss doch hier in der Nähe sein. Wir müssen ihn finden. Wir —“

Eine unheimliche, krächzende Stimme ganz in der Nähe unterbrach ihn.

„Ihr werdet den weißen Mann nie finden. Der Flussdämon hat ihn zu sich genommen.“

2 Opfer für die Flussdämonen

Einen Augenblick standen die drei wie festgebannt auf der Stelle. Doch im nächsten Moment stürmten sie schon durch die Büsche. Gleich darauf erreichten sie das Ufer eines breiten, düster aussehenden Flusses, der jetzt hoch angeschwollen war und in seinen trüben Wassern das Treibgut des Unwetters mit sich führte.

Auf einem Felsvorsprung seitlich über dem tosenden, lehmgelben Wasser waren mehrere Eingeborene eines Stammes, den Bomba und seine Gefährten bisher noch nie gesehen hatten. Mit ihrer grässlichen Bemalung boten sie einen finsteren, abschreckenden Anblick.

Sie schienen mit einem merkwürdigen Ritus beschäftigt zu sein, und obwohl Bomba und seine Gefährten so kriegerisch durch die Büsche gestürmt waren, zeigten die bemalten Männer keine Feindseligkeit. Sie schienen zu sehr mit sich und ihrer Zeremonie beschäftigt zu sein. Einige wirbelten unaufhörlich in einem verrückten Tanz herum, und dieser Springtanz wurde immer wilder, je mehr Männer daran teilnahmen.

Ein großer, hagerer Eingeborener, den sein besonderer Schmuck als Häuptling kennzeichnete, leitete die Zeremonie. Er bestimmte mit einem schrillen, krächzenden Gesang den Rhythmus des Tanzes, und Bomba wusste, dass es diese Stimme war, die er zuvor gehört hatte.

Er trat rasch vor und machte mit erhobenen Händen und den Handflächen nach außen das Zeichen des Friedens. Der Häuptling rief sofort einen schrillen Befehl, und der Tanz hörte auf. Ohne auf Bomba zu achten, trat der Häuptling aus dem Kreis heraus und gab weitere Anweisungen. Daraufhin schleppten vier Eingeborene einen Körper aus dem nahen Dickicht und trugen ihn zum Ufer hin. „Möge der Flussdämon ihn zu sich nehmen!“, rief der Häuptling und hob seine Hand.

Die Träger machten eine Wendung, und in diesem Augenblick erkannte Bomba mit Schrecken, dass das hilflos gefesselte Menschenbündel sein Vater war.

Es war nur ein Augenblick der Lähmung, und dann handelte er bereits. Er riss blitzschnell den Bogen von der Schulter, legte einen Pfeil auf die Sehne und schnellte ihn ab. Der vorderste Träger stieß einen Schrei aus und sank, vom Pfeil getroffen, zu Boden. Fast noch ehe er die Erde berührte, traf ein weiterer Pfeil den nächsten Träger.

Mit Schreckensrufen ließen die anderen ihre Last fallen und flohen in das Unterholz, das das Flussufer säumte.

Der Häuptling und die Gruppe der Tänzer standen kurze Zeit wie erstarrt da. Bevor sie sich noch von ihrer Verblüffung erholt hatten, sprang Bomba bereits mit seinem Buschmesser in der Hand auf sie zu. Gibo und der riesige Wafi stürmten ihm nach, die großen Speere wurfbereit schwingend.

Dieser Überraschungsangriff erfüllte die Eingeborenen mit panischem Schrecken. Obwohl sie in der Überzahl waren, stoben sie kopflos auseinander und jagten in wilder Flucht davon.

Bomba verschwendete keine Zeit damit, sie zu verfolgen. Im nächsten Augenblick kniete er an der Seite seines Vaters nieder, durchschnitt die Fesseln, hob ihn wie eine leichte Last hoch und wandte sich in den Dschungel zurück.

„Haltet Wache“, keuchte er, als Gibo und Wafi herankamen.

Er bettete den Körper behutsam auf den Boden, öffnete die Jacke seines Vaters und legte die Hand an dessen Herz. Es schlug sehr schwach, doch ein Schauer der Erleichterung rieselte bei dieser Entdeckung durch Bombas Körper.

Mit geschickten Händen tastete er den Oberkörper und die Glieder des Liegenden ab; er stellte fest, dass keine Knochen gebrochen waren.

Er rieb die Handgelenke und Schläfen des Ohnmächtigen warm, doch es gelang ihm nicht, ihn zum Bewusstsein zu bringen. Als er vorsichtig ein Augenlid des Liegenden hob, stellte er fest, dass die Pupille wie unter dem Einfluss einer Droge geweitet war. Er wusste, dass die Eingeborenen ihre für den Götzendienst bestimmten Opfer mit bestimmten Betäubungsmitteln zu behandeln pflegten, und er schauderte noch bei dem Gedanken, dass sein Vater solch einer Opferung nur knapp entronnen war.

Nachdem er den Ohnmächtigen so bequem wie möglich hingelegt hatte, eilte er zu der Stelle zurück, an der Gibo und Wafi Wache hielten. Mit einem schnellen Blick erkannte er, dass die Eingeborenen sich ein Stück flussaufwärts zurückgezogen hatten. Dort glaubten sie vor den tödlichen Pfeilen sicher zu sein, die von dem Bogen des weißen Jungen kamen. Kein normaler Bogenschütze konnte so weit schießen; aber sie wussten nicht, dass Bomba schon oft einen tödlichen Pfeil über noch weitere Entfernungen gesandt hatte.

 

Bomba hatte nicht die Absicht, einen Kampf zu führen, wenn er ihn vermeiden konnte. Nachdem ihm die Rettung seines Vaters gelungen war, hielt er seine Aufgabe für erfüllt. Er tötete nie, wenn es sich vermeiden ließ.

Wenn es jedoch darum ging, zu töten oder selbst getötet zu werden, gehorchte er dem obersten Gesetz der Wildnis — jenem grausamen Gesetz, welches bestimmt, dass nur der Stärkste und Geschickteste überleben darf. Doch Bomba war immer großmütig, wenn er es sein konnte. Trotz seines Mutes und seiner Stärke hatte er das sanfte Herz eines Kindes.

„Sie sammeln sich zu einem neuen Angriff“, erklärte Wafi.

„Nein“, sagte Gibo, als ein langgezogener Klagegesang in die Luft stieg. „Das ist kein Kampfsignal — das ist ihre Todesklage. Ich habe jedenfalls noch nie ein so jammervolles Kampflied gehört.“

Bomba nickte zustimmend. Er hatte die Lage sofort erkannt. Da der Versuch der Eingeborenen, ihr auserwähltes Opfer den Flussdämonen darzubieten, gescheitert war, mussten sie einen der ihren zur Strafe für dieses Vergehen — oder sich selbst opfern. Die Flussdämonen durften nicht betrogen werden.

Von einer Empfindung banger, atemloser Spannung befangen, beobachteten Bomba und seine Gefährten die Vorbereitungen für diesen Mord.

Geisterhaft und unirdisch stieg der Gesang in die Höhe. Noch einmal formten die bemalten Männer jenen wirbelnden Kreis des Tanzes. Schneller und schneller bewegten sie sich, und immer näher und näher drängten sie an das Ufer heran.

Als sie den Felsrand erreicht hatten, warf sich einer nach dem anderen in den rauschenden Strom. Sie machten keinen Versuch, zu schwimmen; sie ließen sich von der reißenden Strömung weitertragen, bis sie lautlos versanken.

Die Flussdämonen hatten ihre Beute!

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