Bomba bei den Pygmäen

Текст
Автор:
Из серии: Bomba der Dschungelboy #11
0
Отзывы
Читать фрагмент
Отметить прочитанной
Как читать книгу после покупки
Шрифт:Меньше АаБольше Аа

4 Ein kurzer Kampf

„Die Trommel bedeutet Krieg und Tod“, erklärte Azande düster. „Die Schwarzhaarigen sind im Anmarsch, die Feinde unseres Stammes.“

„Sind die Schwarzhaarigen auch Pygmäen?“, fragte Wafi.

„Ja, es sind Pygmäen“, erwiderte der Häuptling. „Sie sind größer als wir Rothaarigen, aber nicht so stark. Sie sind auch nicht so schnell und können sich nicht wie Schatten hinter Bäumen und Büschen verbergen. Oft genug schon haben wir sie zurückgetrieben, aber noch immer machen sie mit ihren Trommeln Lärm im Dschungel. Diese Trommeln sprechen von Krieg und Tod — von spitzen Speeren und Pfeilen, die schnell wie Vögel durch die Luft gleiten. Horcht!“ Azande hob die Hand. „Das ist unsere Antwort auf die Drohung der Schwarzhaarigen.“

Dicht bei der Stelle, an der Gibo und Wafi standen, wurde jetzt eine Trommel geschlagen. Zuerst war der Klang leise, aber er schwoll stärker und immer stärker an, bis er als drohende, dumpfe Herausforderung in den Dschungel drang.

Besorgt lauschten Gibo und Wafi auf das dumpfe Streitgespräch zwischen der nahen und der fernen Trommel. Sie mussten immer daran denken, was im Falle eines Kampfes aus Bomba wurde, der noch hilflos und krank auf seinem Lager ruhte. Wafi äußerte seine Befürchtungen Azande gegenüber, doch dieser erklärte:

„Wir werden für Bomba kämpfen. Du brauchst keine Furcht zu haben. Bomba wird kein Leid geschehen, solange noch ein einziger roter Pygmäe am Leben ist.“

Diese Worte beruhigten die beiden, aber sie beschlossen doch, Bomba unablässig zu bewachen, bis jede Gefahr vorüber war. Inzwischen hatte der Häuptling sich seinen Männern zugewandt.

„Bald werden wir zum Angriff aufbrechen!“, rief er. „Wir werden den Schwarzhaarigen in den Dschungel entgegeneilen; aber Gaku, Iga und Idani, ihr werdet mit meinem Bruder Pongi das Dorf bewachen.“

Die genannten Krieger traten vor, und Pongi, der Vater des kleinen Negongwe setzte sich an ihre Spitze.

„Mein Bruder, wenn uns einer der Schwarzhaarigen entkommt, dann wirst du ihn ohne Gnade erschlagen“, befahl Azande. „Du wirst den weißen Jungen mit deinem eigenen Leben schützen.“

„Bomba wird kein Leid geschehen“, beteuerte Pongi. „Negongwes Vater vergisst nicht so schnell!“

Kaum hatte Pongi die letzten Worte gesprochen, als alle Krieger wie durch einen Zauber plötzlich von der Lichtung verschwunden waren. Nichts war mehr von ihnen zu sehen, und kaum ein leises Knacken und Rauschen im Unterholz verriet, dass mehr als hundert Krieger in den Dschungel aufgebrochen waren.

Als Gibo und Wafi wieder die Hütte betraten, sahen sie, dass der Medizinmann des Stammes an Bombas Lager kauerte. Der Junge war aus seinem tiefen Schlaf erwacht, und der Medizinmann hatte ihn inzwischen mit einem hölzernen Löffel aus der kleinen Schüssel gefüttert, die — mit einem wohlschmeckenden Fruchtbrei gefüllt — neben dem Kranken stand.

Bomba begrüßte die beiden Freunde freudig. Obwohl noch das Fieber in seinen Adern brannte, hatte er die Fähigkeit des klaren Denkens nicht verloren. Während des Essens fragte er, was die Trommeln zu bedeuten hatten, und Gibo erklärte ihm die jüngsten Geschehnisse.

Der Junge lauschte gespannt und stellte hin und wieder interessierte Zwischenfragen. Mitunter verzog er schmerzhaft das Gesicht, wenn er eine heftige Bewegung gemacht hatte, aber er überhörte kein Wort.

Leise und dumpf klang inzwischen immer noch der drohende Trommelrhythmus in die Hütte. Momku hatte sich in eine Ecke zurückgezogen und lauschte mit schräggeneigtem Kopf und besorgter Miene.

„Solange diese Trommel nicht schweigt, haben unsere tapferen Krieger noch nichts ausgerichtet“, erklärte Momku. „Die Schwarzhaarigen sind nicht tapfer, aber sie sind größer als unsere Krieger, und sie kommen immer in mächtigen Scharen.“

„Azandes Krieger sind tapfer“, erwiderte Bomba höflich. „Und sie sind edelmütige Krieger, weil sie mich bei sich aufgenommen haben und sich so dankbar für eine kleine Hilfeleistung zeigen.“

„Es war keine kleine Hilfeleistung, es war eine sehr tapfere Tat“, widersprach der Medizinmann. „Azande hat mir selbst erzählt, wie— “

„Horcht!“, unterbrach ihn Bomba. „Das Schlagen der Trommel hat aufgehört.“

Sie lauschten in den Dschungel hinaus. Tatsächlich — es war nichts mehr zu hören. Eine Weile lang verhielten sich alle sehr ruhig. Als erster schlüpfte dann Momku aus der Hütte, um auf Erkundung auszugehen. Nach einer Weile bewegte sich auch Wafi unruhig.

„Ich werde nachschauen, Herr“, murmelte er. „Ich hoffe, dass ich dir gute Nachrichten bringen kann.“

Er trat ins Freie und näherte sich dem Dorfeingang. Kein Lebewesen war weit und breit zu erblicken. Die Frauen hielten sich ängstlich in ihren Hütten verborgen, und auch von den Kriegern, die das Dorf bewachen sollten, war nichts zu sehen.

Plötzlich verriet jedoch ein Rauschen und Rascheln im Busch die Annäherung vieler Füße, und im nächsten Augenblick umringte Wafi ein Gewimmel von rothaarigen Pygmäen. So schnell und lautlos, wie sie gegangen waren, kehrten die Krieger zurück.

„Ist der große Azande seinen Feinden nicht begegnet?“, fragte Wafi verwundert.

Azande starrte ihn mürrisch an.

„Die Schwarzhaarigen waren zu feige, sich einem Kampf zu stellen. Sie sind geflohen. Du kannst deinem Herrn sagen, dass augenblicklich keine Gefahr droht.“

Als Wafi in die Hütte zurückkroch, lag Bomba immer noch wach da.

„Warum hat es so lange gedauert?“, fragte er.

„Die Roten Pygmäen sind zurückgekehrt“, berichtete Wafi. „Der Häuptling ist schlecht gelaunt, weil die Schwarzhaarigen geflohen sind, ohne dass er sie im Kampf besiegen konnte.“

Bomba lächelte und wollte gerade antworten, als der Häuptling Azande die Hütte betrat.

„Ich möchte mit Bomba allein sprechen!“ verkündete er.

Wafi und Gibo blickten ihren Herrn unruhig an, aber Bomba deutete mit einer freundlichen Geste zum Eingang.

„Geht! Wenn ich euch brauche, dann rufe ich.“

5 Ein wichtiges Palaver

Azande verneigte sich würdevoll und trat näher an Bombas Lager heran.

„Ich bin Azande, der Häuptling der Roten Pygmäen“, stellte er sich vor. „Ich grüße dich, tapferer Bomba.“

„Ich grüße dich, großer Azande“, erwiderte der Junge das Kompliment. „Ich habe gehört, wie du für mich gesorgt hast, als ich hilflos war. Ich danke dir dafür.“

Der Häuptling winkte mit einer Geste ab.

„Wir sind es, die dir Dank schulden. Du hast das Leben des kleinen Negongwe, des Sohnes meines Bruders Pongi gerettet. Man sagt von den Roten Pygmäen, dass sie keine Feindschaft vergessen — aber ebenso verhält es sich mit Taten der Freundschaft. Azande bietet Bomba alle Gastfreundschaft, die er geben kann und solange Bomba sie haben will.“

„Azande ist sehr freundlich“, erwiderte der Junge. „Ich nehme die Freundschaft gern an.“

Der kleine Häuptling lächelte zufrieden und kauerte sich dicht neben Bomba auf den Hüttenboden.

„Wir werden miteinander beraten“, sagte er.

Bomba war froh über die Gelegenheit, mit dem Häuptling sprechen zu können. Vielleicht wusste Azande etwas vom Verbleib seines Vaters. Möglicherweise waren die Pygmäen, die als Nomadenstamm von Ort zu Ort zogen, auf einen weißen Mann gestoßen, der von den Kannibalen als Gefangener mitgeschleppt wurde. Ehe er jedoch eine Frage stellen konnte, sagte Azande:

„Bombas Haut ist so dunkel wie die eines Eingeborenen. Bomba hat eiserne Muskeln und stählerne Sehnen. Er kann den großen Orang-Utan bezwingen, aber er spricht doch die Sprache des weißen Mannes.“

„Ich bin ein Weißer“, erklärte Bomba.

„Und doch wanderst du allein durch den Dschungel?“, fragte der Häuptling verwundert.

„Du vergisst, dass Gibo und Wafi bei mir sind“, erwiderte Bomba. „Es sind die beiden letzten Männer, die von meiner Safari übriggeblieben sind. Alle anderen sind entflohen.“

„Warum sind sie geflohen?“

Der Junge lächelte schwach.

„Vor dir und deinen Männern haben sie sich gefürchtet, Azande. Sie sind vor den Giftpfeilen der Roten Pygmäen geflohen.“

„Und du hast dich nicht gefürchtet?“, fragte der Häuptling.

„Es gibt Dinge, die stärker sind als die Furcht. Audi ich habe mich gefürchtet, aber ich bin weitergegangen und ich werde weitergehen, bis ich meinen Vater gefunden habe.“

In kurzen Worten berichtete der Junge vom Schicksal seines Vaters, und Azande lauschte schweigend und interessiert. Als Bomba berichtet hatte, zögerte er einen Augenblick — und dann fragte er:

„Azande, kannst du mir nichts von meinem Vater sagen?“

Der Häuptling schüttelte langsam den Kopf.

„Ich habe seit vielen Monden keine Weißen mehr gesehen. Sie fürchten Azandes Stamm so wie die großen, schwarzen Krieger des Dschungels. Sie fliehen, wenn wir uns nahen.“

Bomba wusste, dass das nur zu richtig war. Mit einem unglücklichen Seufzer ließ er sich auf sein Lager zurücksinken.

„Ich fürchte, ich werde ihn nie mehr finden. Er kann auch nicht mehr lange am Leben bleiben, denn er ist in den Händen der Kannibalen.“

„In den Händen der Kannibalen?“ rief Azande aus.

Sein Gesicht verzerrte sich in furchtbarer Wut, und in seinem Blick glitzerte ein mordlustiges Glimmen. „Ich kenne sie! Sie sind unsere Feinde. Es wäre gut für unseren Stamm, wenn keiner von ihnen mehr am Leben wäre.“

Bomba war sehr zufrieden, als er von der Feindschaft zwischen den Pygmäen und den Kannibalen hörte. Nichts konnte seinen eigenen Plänen dienlicher sein.

 

„Ich kann deine Gefühle verstehen, Azande“, sagte der Junge. „Du wirst schon viele tapfere Krieger im Kampf gegen diese Männer verloren haben, die unter dem Bannfluch der Götter stehen. Auch ich hasse sie, denn sie haben meinen Vater gefangen. Warum sollten wir uns nicht vereinigen und sie gemeinsam tiefer in den Dschungel treiben — in eine Gegend, wo Azandes Krieger nicht mehr jagen?“

„Das wird nicht genügen“, sagte Azande erregt. „Sie müssten für immer vernichtet werden. Dann erst wird unser Volk in Frieden leben können.“ Der Häuptling runzelte nachdenklich die Stirn. „Aber das wird nicht einfach sein. Die Kannibalen sind zahlreicher als wir, und sie kämpfen manchmal wie die Dämonen.“

„Lass dich dadurch nicht beirren, Azande“, beschwor ihn Bomba. „Sobald ich wieder stark und gesund bin, werde ich mit Gibo und Wafi Seite an Seite mit deinen Kriegern kämpfen. Meine Begleiter sind stark und tapfer wie ich.“

„Das ist wahr“, gab der Häuptling zu. „Aber ein Pfeil vom Bogen eines Kannibalen kann Bombas Herz ebenso treffen wie jeden anderen.“

„Das mag sein, aber ich besitze noch eine andere mächtige Waffe, die Azande nicht kennt: mein Gewehr.“

Er wies auf die Waffe, die neben seinen anderen Ausrüstungsgegenständen in der Hüttenecke lehnte, und der Häuptling warf einen scheuen Blick auf den merkwürdigen Gegenstand.

„Ich habe mich schon gefragt, was dieser lange schwarze Stock mit dem Loch am Ende bedeuten soll. Ist das der Zauber des weißen Mannes?“

„Man kann jedenfalls viel Unheil damit anrichten“, sagte Bomba ausweichend.

Er kannte den primitiven Aberglauben der Eingeborenen und wusste, dass es mitunter eine wertvolle Hilfe sein konnte, wenn man diese Menschen von der Wunderkraft überzeugen konnte, über die man verfügte.

„Mit dieser Waffe kann man einen Feind auf viel weitere Entfernung töten als mit Pfeil und Bogen oder Speer“, erklärte Bomba. „Das Gewehr spricht mit Donnerstimme und sendet einen Flammenblitz aus seiner Mündung. Das allein wird die Kannibalen in Verwirrung bringen. Sobald ich kräftiger bin, werde ich dir zeigen, auf welche Weise diese Waffe den Tod in die Reihen der Feinde trägt.“

„Es ist gut“, sagte Azande und stand auf. „Ich glaube, dass ich meine Krieger überzeugen kann. Sobald ich mit ihnen gesprochen habe, werde ich dir sagen, ob wir dir helfen, deinen Vater aus den Händen der Kannibalen zu befreien.“

Azande grüßte und verließ die Hütte.

6 Das Fabeltier mit den zwei Schwänzen

Als Azande gegangen war, dachte Bomba nach. Er erkannte jetzt, dass der Zwischenfall mit dem Orang-Utan sich vielleicht als ein Segen für ihn erweisen könnte. Zwar schmerzten seine Wunden immer noch, aber schon jetzt spürte er, wie seine Kräfte wiederkehrten.

Er wäre nie zu einem so freundlichen Einvernehmen mit den Pygmäen gelangt, wenn er nicht zufällig den Neffen des Häuptlings aus den Klauen eines Orangs hätte retten können. In diesem Falle hätten sie sich allein bis ins Lager der Kannibalen durchschlagen müssen, und es wäre sehr fraglich gewesen, ob er ohne fremde Hilfe seinen Vater hätte befreien können.

Der Wert der Pygmäen als Kämpfer durfte nicht gering eingeschätzt werden. Bomba hatte das schon am eigenen Leibe erfahren. Sie waren trotz ihrer kleinen Gestalt mutige und geschickte Krieger. Sie konnten vier bis fünf Pfeile mit solcher Schnelligkeit abschießen, dass der erste noch kaum sein Ziel erreicht hatte, wenn der letzte von der Sehne schnellte. Außerdem hatten sie die Blasrohre mit den kleinen, tödlichen Federbolzen. Solche Verbündete waren bestimmt nicht zu verachten.

Gibo und Wafi bemerkten beim Eintreten sofort, dass Bombas Zustand sich gebessert hatte. Sie sahen, dass er lächelte, und fassten das als gutes Zeichen auf.

„Bomba sieht fröhlich aus“, sagte Gibo grinsend. „Hat Azande so gute Worte zu Bomba gesprochen?“

„Ja, es waren gute Worte“, bestätigte der Junge. „Sobald Azande seine Krieger dazu überredet hat, wird er mit uns aufbrechen, um Bombas Vater zu suchen.“

„Die Götter seien gelobt!“, rief Gibo. „Wir haben neue Verbündete!“

„Es ist besser, diese kleinen rothaarigen Männer zu Freunden als zu Feinden zu haben“, erklärte Wafi mit einem Brummen der Befriedigung.

„Wann wirst du wieder stark genug sein, um mit uns aufbrechen zu können, Herr?“, fragte Gibo besorgt.

„Das Fieber ist bereits verschwunden“, sagte der Junge. „Bald werde ich wieder einen Bogen spannen und das Messer schwingen können. Dann brechen wir auf, um meinen Vater zu befreien.“

Gibo und Wafi waren im Innern davon überzeugt, dass Bombas Vater längst nicht mehr lebte. Sie kannten die Grausamkeit der Kannibalenstämme. Aber um nichts in der Welt hätten die treuen Burschen ihrem jungen Herrn solche Gedanken verraten.

*

Die Tage der Genesung gingen schnell dahin. Als Bomba erst wieder vor die Hütte treten konnte und dann zum ersten Male Pfeil und Bogen zur Hand nahm, war er stets von einem Kreis von Bewunderern umgeben. Die Pygmäen hatten sich an ihren jungen Gast gewöhnt und behandelten ihn mit Ehrfurcht und Zuneigung. Als Bomba dann erst Proben seiner unvergleichlichen Schießkunst ablegte, kannte die Bewunderung der kleinen Männer keine Grenzen mehr.

Bomba hatte eine außergewöhnliche Begabung für Sprachen, und so konnte er sich nach einer Woche schon mit den Pygmäen unterhalten, deren Sprache kaum grammatische Schwierigkeiten bot und deren Wortschatz auch äußerst gering war.

Besonders die Eltern des kleinen Negongwe nahmen jeden Anlass war, um Bomba ihre Dankbarkeit zu beweisen. Sie überschütteten ihn geradezu mit Früchten, Nüssen und Beeren, und der kleine Knabe selbst war ein häufiger Gast in Bombas Hütte.

Während Bomba noch sein Krankenlager gehütet hatte, war der Häuptling mit den Vorbereitungen für eine Elefantenjagd beschäftigt gewesen. Seine Späher hatten ihm die Nachricht gebracht, dass eine große Herde etwa einen Tagesmarsch vom derzeitigen Lagerplatz des Stammes entfernt weide. Geräuchertes Elefantenfleisch würde die Nahrungssorgen des Stammes für lange Zeit beheben, und so wollte Azande diese Gelegenheit nicht ungenützt verstreichen lassen.

In einer stillen Stunde hatte Bomba seinem ehemaligen Safariführer Wafi die Geschichte erzählt, wie er mit Gibo zusammen im New Yorker Zoo auf Elefantenjagd gegangen war. Der Zulu ließ sich jetzt die Gelegenheit nicht entgehen, Gibo ein wenig zu hänseln.

„Jetzt wirst du das Tier mit den zwei Schwänzen zu sehen bekommen“, sagte er spöttisch zu Gibo, als sie den Jagdvorbereitungen der Pygmäen zuschauten.

„Oh, darüber bin ich nur froh“, erwiderte Gibo, der über den gutmütigen Spott seines Gefährten keineswegs gekränkt war.

„Vielleicht wirst du nicht allzu froh sein“, sagte Wafi mit einem breiten Grinsen. „Du siehst nun endlich das Tier mit den zwei Schwänzen, aber du musst bedenken, dass es dich ebenfalls erblickt. Und es ist nicht gerade gut, wenn ein wilder Elefantenbulle einen Menschen sieht — nein, das ist für diesen Menschen gar nicht gut.“

„Ich habe genug Pfeile im Köcher“, erklärte Gibo. „Und ein so großes Ziel können meine Pfeile bestimmt nicht verfehlen.“

„Sie werden treffen“, erwiderte Wafi lakonisch, „aber sie werden nicht wirken. Es sei denn, du triffst den Elefanten an ganz bestimmten Stellen.“

„Aber wie bringt man dann einen Elefanten zu Fall?“, fragte Gibo verwirrt.

„Ich habe noch nie erfahren, wie die Pygmäen Elefanten jagen“, sagte Wafi. „Aber ich habe gehört, dass sie nach den Augen der Tiere schießen und sie auf diese Weise blenden. Dann verfolgen sie die Elefanten mit Speeren und Keulen solange, bis die Tiere ermattet zusammenbrechen und sterben.“

Das Leben im Dschungel hatte Gibo ziemlich abgehärtet, aber diese grausame Jagdmethode gefiel ihm nicht.

„Bomba kämpft nicht so“, sagte er stolz. „Er würde dem Elefanten gegenübertreten und offen kämpfen.“

„Bomba ist auch kein Pygmäe“, erwiderte Wafi, und dagegen war schließlich auch nichts zu sagen.

Am nächsten Morgen, als das Grau der Dämmerung noch über der Lichtung hing, trat Azande in die Hütte, in der die drei Gefährten wohnten.

„Ist Bomba bereit?“, fragte er. „Die Jagd soll beginnen.“

Bomba sprang auf und wischte sich den Schlaf aus den Augen.

„Ich bin bereit“, sagte er. „Wir kommen sofort.“

7 Der Hinterhalt

Auf dem Vormittagsmarsch geschah nichts Wichtiges. Sie fanden keine Spuren menschlicher Feinde, und die Raubtiere schliefen noch nach ihrem nächtlichen Beutezug. Nach einer kurzen Mittagsrast setzten sie den Marsch fort, aber erst am späten Nachmittag stießen sie auf die ersten Elefantenspuren.

Mit doppelter Vorsicht marschierten sie weiter, und sie fanden immer mehr Anzeichen für die Anwesenheit einer großen Herde. Nachdem Azande und seine Krieger die Fährten geprüft hatten, erklärte der Häuptling:

„Die Elefanten sind erst vor zwei Stunden hier vorbeigekommen. Wir werden sie schon morgen einholen.“

Sobald die Dunkelheit mit der für afrikanische Verhältnisse typischen Schnelligkeit hereinbrach, wurde das Lager aufgeschlagen. Ein großes Feuer wurde angezündet, das sowohl zur Vertreibung großer Raubtiere als auch zum Wärmen diente. Denn so heiß die Tage auch waren — die Nächte wurden empfindlich kalt.

Am nächsten Morgen brachen sie bald wieder auf. Ausgewählte Scouts wurden zur Erkundung vorgeschickt, während kleine Trupps von Kriegern die Sicherung der Flanken übernahmen.

Stunde um Stunde verstrich, ohne dass die Elefantenherde in Sicht kam. Doch dann stießen sie auf neue Spuren, die nach Azandes Ansicht kaum eine Stunde alt waren. Neue Hoffnung glimmte in den Teilnehmern der Jagdexpedition auf, und der Marsch wurde mit frischer Energie fortgesetzt.

Wenige Minuten später schon blieb Azande stehen und hob schweigend den Arm.

„Horcht!“, rief er leise.

In der Stille war jetzt deutlich das Trompeten eines Elefanten zu hören. Ein zweiter Elefant erhob seine schmetternde Stimme und noch andere fielen in diesen Chor ein. Die Herde musste tatsächlich so groß sein, wie Azande geschätzt hatte.

„Endlich ist es so weit“, murmelte Gibo. „Endlich werde ich das Tier mit den zwei Schwänzen Wiedersehen.“

„Hüte dich vor allen Dingen vor dem Schwanz, der vorn am Kopf ist“, warnte Wafi ihn spöttisch. „Mit diesem Rüssel, den du Schwanz nennst, packt der Elefant sein Opfer. Wie eine Schlange ringelt sich der Rüssel um den Leib, und er ist ebenso schwer zu sprengen wie die Ringe einer Riesenschlange.“

In diesem Augenblick brach einer der Späher durch das Dickicht und verneigte sich tief vor Azande.

„Wir haben die Elefanten gesichtet, großer Häuptling“, berichtete er atemlos. „Wir haben sie erspäht, als sie in einem Tümpel badeten. Es sind sehr viele und sehr große Tiere.“

„Gut, Zagga“, erwiderte der Häuptling. „Führe uns dorthin.“ Er wandte sich an die Krieger. „Haltet eure Pfeile bereit und macht kein unnötiges Geräusch!“

Der Häuptling benetzte den Finger mit Speichel und hob ihn empor. Eine schwache Brise wehte von den Elefanten weg und auf den Jagdtrupp zu. Es bestand also keinerlei Gefahr, dass die riesigen Tiere ihre Feinde witterten. Azande nickte zufrieden und befahl mit einem stummen Wink, den Vormarsch fortzusetzen.

Bald hatten sie einen Buschsaum erreicht, der eine lange, freie Lichtung einfasste. Die Krieger warfen sich zu Boden und spähten durch die schützende Buschwand. In einem großen Tümpel stand die Herde etwa zwei bis drei Fuß tief im Wasser. Offensichtlich genossen die Tiere das kühle Bad. Dann und wann tauchten sie den Rüssel in das Wasser, sogen ihn wie eine Pumpe voll und bespritzten sich selbst den Rücken wie aus einer Brause.

„Es sind tatsächlich sehr viele Tiere“, sagte Gibo in ehrfurchtsvollem Ton zu Wafi. „Wie können Azandes Krieger gegen sie kämpfen?“

„Sie werden nicht versuchen, gegen alle zu kämpfen“, erklärte Wafi. „Sie werden versuchen, ein Tier von der Herde abzusondern und es dann zu jagen. Aber sprich jetzt nicht mehr, Gibo, sonst wird Azande zornig.“

Die Krieger warteten jetzt, bis die Elefanten das Wasser verließen. Aber vorerst machten die Ungetüme keine Anstalten dazu. Geruhsam und träge genossen sie das Bad — ahnungslos, dass ganz in ihrer Nähe viele Augen sie beobachteten.

Endlich, nach einer Zeitspanne, die den Spähenden endlos erschien, bewegte sich ein riesiger Elefant — offenbar der Leitbulle. Er wandte sich träge dem Ufer zu, stapfte aus dem Wasser, stellte sich am Ufer auf und schüttelte sich.

 

Dann trompetete der Leitbulle laut. Das war unverkennbar das Zeichen zum Aufbruch. Die anderen Tiere kamen zögernd aus dem Wasser getrottet und bald darauf bildeten sie eine unregelmäßige Reihe. Die Krieger im Busch hielten den Atem an. In welche Richtung würde die Herde aufbrechen? Auf dieser Bewegung der Herde musste Azande seinen weiteren Angriffsplan aufbauen.

Die Krieger wurden nicht lange im Unklaren gelassen. Der Leitbulle setzte sich in Bewegung, und die Herde folgte ihm. Sie kamen direkt auf die Pygmäen zu.

„In die Büsche!“, befahl Azande leise. „Ich werde das Tier aussuchen, gegen das wir kämpfen wollen. Kein Pfeil fliegt von der Sehne, bevor ich geschossen habe!“

Wie durch Zauberei verschwanden die kleinen Krieger. Jeder suchte sich eine Deckung längs der Marschrichtung, die die Herde eingeschlagen hatte. Bomba, Wafi und Gibo fanden keinen Busch, der für alle drei als Unterschlupf gereicht hätte, und sie wählten daher getrennte Plätze, die jedoch so nahe wie möglich beieinander lagen.

Bomba hielt sein Gewehr schussbereit, aber Azande hatte ihn gebeten, nicht gleich zu schießen, sondern diese Waffe für einen Ernstfall aufzusparen. Wenn wirklich schwere Gefahr drohte, sollte der „Feuerstock“ — wie Azande das Gewehr nannte — mit der Stimme des Donners sprechen.

Bomba hatte der Bitte des Häuptlings nur zögernd zugestimmt. Er selbst fieberte vor Jagdeifer, und es war ungewohnt für ihn, dass er bei einer Jagd nur Zuschauer und nicht tätiger Teilnehmer sein sollte. Allerdings bekam er so Gelegenheit, die Jagdmethoden seiner neuen Freunde zu studieren.

Das Stampfen der gewaltigen Füße wurde lauter. Zweige krachten, und der Boden erbebte vom Schritt der mächtigen Leiber.

Dann erschien der Leitbulle. Seine großen Ohrlappen klappten unruhig hin und her, der Rüssel war erhoben, und die kleinen Augen suchten nach einem Anzeichen von Gefahr.

Gibo stieß einen leisen Laut des Entsetzens aus. Das Riesentier starrte ihm genau in die Augen!

Бесплатный фрагмент закончился. Хотите читать дальше?
Купите 3 книги одновременно и выберите четвёртую в подарок!

Чтобы воспользоваться акцией, добавьте нужные книги в корзину. Сделать это можно на странице каждой книги, либо в общем списке:

  1. Нажмите на многоточие
    рядом с книгой
  2. Выберите пункт
    «Добавить в корзину»