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Detektiv-Geschichten

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X

Am folgenden Morgen klopfte er an die Tür des Zimmers seiner Frau und fragte, wie sie die Nacht verbracht habe.

»Ich habe schlecht geschlafen«, antwortete sie, »und ich muss dich bitten, meine Abwesenheit beim Frühstück zu entschuldigen.«

Sie rief ihm nach, als er sich eben entfernen wollte.

»Denke daran«, sagte sie, »wenn du heute aus der Ausstellung zurückkehrst, dass ich erwarte, dich nicht allein kommen zu sehen!«

Drei Stunden später war er wieder zu Hause. Die junge Dame hatte sich zur Anfertigung der Kopien bereit erklärt; sie war mit ihm zurückgekehrt, um die Zeichnungen zu betrachten. Das Wohnzimmer war leer, als sie eintraten. Er schellte nach der Dienerin seiner Frau und hörte, dass Frau Lismore ausgegangen sei. Da er dies nicht glauben wollte, ging er selbst zu ihrem Zimmer. Sie war nicht zu finden.

Als er nach dem Wohnzimmer zurückkehrte, war es nicht zu verwundern, dass die junge Dame sich verletzt fühlte. Er konnte es wohl entschuldigen, dass sie wegen der Geringschätzung, die ihr zugefügt worden, etwas schlecht gelaunt war; aber er wurde durch die Art – durch die beinahe grobe Art – in der sie sich ausdrückte, ganz außer Fassung gebracht.

»Ich habe mit der Kammerzofe Ihrer Frau gesprochen, während Sie weg waren«, sagte sie; »ich hörte, dass Sie eine alte Dame wegen ihres Geldes geheiratet haben. Sie ist natürlich eifersüchtig auf mich?«

»Ich bitte Sie doch, Ihre Meinung zu ändern«, entgegnete er. »Sie tun meiner Frau unrecht; sie ist eines solchen Gefühls, wie Sie es ihr zuschreiben, unfähig.«

Die junge Dame lachte.

»Sie sind doch ein guter Ehegatte«, sagte sie spöttisch. »Falls Sie die Wahrheit sagen wollten, würden Sie sie nicht lieber haben, wenn sie jung und hübsch wie ich wäre?«

Er war nicht mehr bloß überrascht – er fühlte sich geradezu abgestoßen.

Ihre Schönheit hatte ihn so vollständig bezaubert, als er sie zum ersten Mal sah, dass der Gedanke, irgendeinen Mangel an Bildung und guter Erziehung mit solch einem reizenden Wesen zu verbinden, ihm niemals gekommen wäre. Die Enttäuschung war bei ihm so vollständig, dass er schon durch den Ton ihrer Stimme unangenehm berührt wurde; ebenso unangenehm, wie durch das rücksichtslose Kundgeben ihrer schlechten Laune, die sie zu verbergen sich nicht die geringste Mühe gab.

»Ich gestehe, Sie überraschen mich«, sagte er kalt.

Diese Bemerkung brachte keine Wirkung auf sie hervor. Im Gegenteil, sie wurde nur noch unverschämter.

»Ich habe eine glückliche Idee!« fuhr sie fort, »und Ihre alberne Weise, einen Scherz aufzunehmen, ermutigt mich nur: Gesetzt, Sie könnten Ihre verdrießliche alte Frau, die mich beleidigt hat, in das liebliche junge Wesen, das je lebte, verwandeln, indem Sie nur den Finger in die Höhe heben, würden Sie es nicht tun?«

Jetzt war seine Geduld erschöpft.

»Ich möchte nicht die Rücksicht vergessen«, sagte er, »die man einer Frau schuldig ist. Sie lässt mir nur einen Ausweg.

Er erhob sich, um das Zimmer zu verlassen. Sie eilte zur Tür, als er sprach, und stellte sich ihm in den Weg. Er machte eine Bewegung, an ihr vorüber zu kommen. Plötzlich schlang sie die Arme um seinen Hals, küsste ihn leidenschaftlich und flüsterte, die Lippen an seinem Ohr:

»O Ernst! Vergib mir! Hätte ich dich bitten dürfen, mich wegen meines Geldes zu heiraten, wenn ich nicht Zuflucht zu einer Verkleidung genommen hätte?«

XI

Als er sich wieder etwas gefasst hatte, schob er sie von sich zurück.

»Hat die Täuschung jetzt ein Ende?« fragte er ernst. »Soll ich Ihnen in Ihrer neuen Rolle vertrauen?«

»Sie sollen nicht strenger gegen mich sein, als ich es verdiene«, antwortete sie freundlich. »Hörten Sie von Fräulein Max, der Schauspielerin?«

Er fing an, sie zu verstehen.

»Vergeben Sie mir, wenn ich hart zu Ihnen sprach«, sagte er. »Sie haben mich auf eine harte Probe gestellt.«

Sie brach in Tränen aus. »Liebe«, murmelte sie, »ist meine einzige Entschuldigung.«

Dieses Wort gewann ihr seine Verzeihung. Er nahm ihre Hand und ließ sie an seiner Seite sich niedersetzen.

»Ja«, sagte er, »ich habe von Fräulein Max und von ihrer wunderbaren Gewalt der Darstellung gehört; ich habe stets bedauert, sie niemals auf der Bühne gesehen zu haben.«

»Hörtest du etwas mehr von ihr, Ernst?«

»Ja, ich hörte, dass sie ein Muster von Sittsamkeit sei und dass sie ihren Beruf auf der Höhe ihres Erfolges aufgab, um einen alten Mann zu heiraten.«

»Willst du mit mir auf mein Zimmer kommen?« fragte sie. »Ich habe dort etwas, das ich dir zeigen möchte.«

Es war die Abschrift des Testamentes ihres ersten Gatten.

»Lies die Zeilen oben auf der Seite, Ernst! Lass meinen verstorbenen Gatten für mich sprechen.«

Er las:

»Meine Gründe, Fräulein Max zu heiraten, müssen an dieser Stelle dargetan werden, um ihr, und ich wage hinzuzufügen, mir selbst Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Ich empfand das aufrichtigste Mitgefühl für ihre Lage. Sie stand ohne Vater, Mutter oder Freunde da; eins von den armen verlassenen Kindern, denen die Barmherzigkeit des Findelhauses ein Heim gewährt. Ihr späteres Leben auf der Bühne war das Leben einer tugendhaften Frau: von Verworfenen verfolgt und beschimpft von gemeinen Geschöpfen, die um sie waren, und denen sie ein Gegenstand des Neides wurde. Ich bot ihr ein Heim an und den Schutz eines Vaters – auf die einzig mögliche Weise, die die Welt als unser würdig anerkennen wollte. Meine Erfahrung über sie seit unserer Verheiratung war die unwandelbarer Güte, Liebenswürdigkeit und gesunden Sinnes.

Sie hat die Probe, die ihre Stellung ihr auferlegte, so glänzend bestanden, dass ich wünsche, sie erhalte noch in diesem Leben ihre Belohnung dafür. Ich ersuche sie, einen zweiten Gemahl zu wählen, was nicht eine bloße Form sein würde. Ich bin überzeugt, dass sie gut und verständig wählen wird, dass sie das Glück eines Mannes ausmachen wird, der ihrer würdig ist, dass sie als Gattin und Mutter ein unübertreffliches Muster in der gesellschaftlichen Stellung sein wird, die sie einnimmt.

Zum Beweis der innigen Aufrichtigkeit, mit der ich ihren Tugenden meine Anerkennung zolle, füge ich diesem meinem letzten Willen folgende Klausel bei.«

Diese aber kannte Lismore bereits.

»Willst du jetzt glauben, dass ich niemals liebte, ehe ich dein Gesicht zum ersten Mal sah?« fragte sie ihn. »Ich hatte keine Erfahrung, mich vor der Verblendung – Wahnsinn mögen einige Leute es nennen – zu hüten, die ein Weib ergreift, wenn ihr ganzes Herz einem Manne hingegeben ist. Verachte mich nicht, mein Teurer! Sei dessen eingedenk, dass ich dich von Schande und Verderben zu retten hatte. Außerdem verlockten mich meine alten Bühnenerinnerungen. Ich bin in einem Schauspiel aufgetreten, in dem die Heldin tat, was ich getan habe. Es endigte nicht mit mir, wie es mit ihr im Stücke endete.

Sie konnte sich auf der Bühne an dem Erfolg ihrer Verkleidung erfreuen; ich habe seit unserer Verheiratung manche traurige Stunde des Zweifels und der Scham gehabt.

Als ich es unternahm, dir in meiner wahren Gestalt in der Gemäldeausstellung entgegen zu treten – o, welche Erleichterung, welche Freude fühlte ich, als ich sah, wie du mich bewundertest – war es nicht deshalb, weil ich nicht länger meine Verkleidung hätte tragen können. Ich war ja imstande, mir Stunden der Ruhe von der Aufregung zu verschaffen, nicht allein in der Nacht, sondern auch bei Tage, wenn ich mich, in mein Musikzimmer zurückgezogen, eingeschlossen hatte und meine Kammerfrau vor Entdeckung mich schützte. Nein, mein Herz! Ich eilte zur Enthüllung, weil ich nicht länger den verhassten Triumph meiner eigenen Täuschung ertragen konnte. Ach betrachte dir jenen Zeugen desselben, der mich anklagt. Ich kann ihn nicht einmal mehr sehen!«

Sie verließ ihn plötzlich. Die Schublade, die sie geöffnet hatte, um die Abschrift des Testamentes herauszunehmen, enthielt auch das falsche graue Haar, das sie abgelegt hatte. Sie betrachtete es nur einen Augenblick, dann raffte sie es auf und wandte sich nach dem Kamin.

Lismore nahm es ihr weg, ehe sie ihn erreichen konnte.

»Gib mir es!« sagte er.

»Warum?«

Er zog sie sanft an seine Brust: »Ich darf meine alte Frau nicht vergessen.«

Herr Marmaduke und der Pfarrer.
(Mr. Marmaduke and the Minister)

I

Es scheint schon Winter bei uns, am Rande des schottischen Hochlandes, zu sein.

Als der Abend hereinbrach, sah ich zum Fenster hinaus, ehe ich die Fensterläden schloss und die Vorhänge für die Nacht zuzog. Die Wolken verbargen die Gipfel der Hügel auf jeder Seite unseres Tales. Seltsame Nebel zogen von niedrigeren Abhängen weg und kamen ihnen wieder nahe, je nachdem der wechselnde Wind sie trieb. Die sich verdunstenden Gewässer des Sees vor unserem Fenster schienen die kommende Finsternis im voraus anzunehmen. An den entfernteren Hügeln wurden Gießbäche sichtbar, als die Nebel sich teilten, und schlichen wie Silberfäden über den braunen Boden. Es war ein trauriges Bild. Die allgemeine Stille wurde nur durch das Rauschen unseres kleinen Wasserfalles auf der Rückseite des Hauses unterbrochen. Es tat mir nicht leid, die Fensterläden zu schließen und den Blick auf die vier Wände unseres Wohnzimmers zu beschränken.

Dieser Tag war gerade mein Geburtstag. Ich saß beim Braunkohlenfeuer, indem ich auf die Lampe und den Tee wartete und sozusagen von der ausblickfreien Warte meines fünfundfünfzigsten Lebensjahres herab über mein vergangenes Leben nachdachte. Es gab erstaunlich wenig, worauf ich zurückblicken konnte. Seit beinahe dreißig Jahren hatte es der allweisen Vorsehung gefallen, mein Schicksal an diesen entlegenen schottischen Weiler zu binden und mich zum Pfarrer von Cauldkirk mit einem jährlichen Gehalte von vierundsiebzig Pfund Sterling zu machen. Ich und meine Angehörigen sind zusammen in Ruhe älter und älter geworden. Ich habe meine Frau überlebt; ich habe ein Geschlecht meiner Pfarrkinder begraben, ein anderes verheiratet; ich habe die Abnutzung der Jahre besser ertragen als die Kirche, in welcher ich predige, und das Pfarrhaus, in welchem ich wohne, die beiden jämmerlich baufällig sind und die beide noch auf die frommen Wohltaten reicherer Leute, als ich es bin, rechnen, um die Mittel für eine Baureparatur zu erlangen. Man möge mich nicht missverstehen!

 

Nicht, dass ich mich über die geringe Stellung beklage, die ich einnehme. Ich habe reichliche Segnungen erfahren und ich danke Gott für dieselben. Ich habe mein bisschen Land und meine Kuh. Ich habe auch meine gute Tochter Felicia, die nach ihrer verstorbenen Mutter genannt ist, aber ihre anmutigen Blicke, wie man meint, eher von mir geerbt hat. Auch lasst mich meine ältere Schwester Judith nicht vergessen, eine freundlose, ledige Person, unter meinem Dache geborgen, deren Gemütsart ich etwas weniger geneigt wünschen könnte, Personen und Dinge von der dunklen Seite zu betrachten, aber der Himmel verhüte, dass ich ihre ausgleichenden Tugenden verleugnen sollte. Nein! Ich bin dankbar für das, was mir von oben gegeben worden, und ergeben bei dem, was mir genommen worden ist.

Mit was für schönen Aussichten trat ich ins Leben ein! Entsprossen von einem guten, alten schottischen Stamme, beglückt mit allen Vorteilen der Erziehung, welche die Einrichtungen Schottlands und Englands abwechselnd bieten konnten; mit einer Laufbahn vor mir als Jurist und im Parlament – und alles gleichsam in den Wind geworfen durch die maßlose Verschwendung meines unglücklichen Vaters; Gott vergib ihm!

Ich zweifle, ob ich fünf Pfund in meiner Börse hatte, als das Mitleid meiner Verwandten mütterlicher Seite mir eine Zufluchtsstätte in Cauldkirk eröffnete und mich vor der Welt für den Rest meines Lebens verbarg.

14. September – So weit hatte ich mein Tagebuch am Abend des dreizehnten geführt, als ein meinem Haushalte und mir selbst so völlig unerwartetes Ereignis eintrat, dass mir die Feder, möchte ich sagen, sogleich aus der Hand fiel.

Es war die Zeit, als wir unseren Tee oder unser Abendessen beendigt hatten – ich weiß kaum, wie ich es nennen soll. In der Stille konnten wir hören, wie der Regen sich gegen das Fenster ergoss und der Wind, welcher sich mit der Dunkelheit erhoben hatte, um das Haus heulte.

Meine Schwester Judith, die ihrer Gewohnheit nach die düstere Ansicht vertrat – reichliche Züge guten schwarzen Tees und zwei Vorlagen eines solchen Hammelschenkels, wie nur Schottland ihn hervorbringen kann, hatten nicht die Wirkung, ihre Lebensgeister aufzurichten – meine Schwester, sage ich, bemerkte, dass es diese Nacht auf der See zugrunde gehende Schiffe und ertrinkende Menschen geben würde. Meine Tochter Felicia, das heiterste weibliche Wesen, das ich je gekannt habe, versuchte, den düsteren Prophezeiungen ihrer Tante eine freundlichere Wendung zu geben. »Wenn die Schiffe zugrunde gehen müssen«, sagte sie, »können wir sicherlich hoffen, dass die Menschen gerettet werden.« »Wenn Gott will«, setzte ich hinzu, indem ich damit dem menschenfreundlichen Gefühlsausdruck meiner Tochter den passenden religiösen Ton gab, da war alles, was ihm fehlte – und dann fuhr ich mit meiner Aufzeichnung der Ereignisse und Betrachtungen des Tages fort. Nichts wurde gesprochen. Felicia ergriff ein Buch, Judith ihre Stickerei. – Auf einmal wurde die Stille durch einen Schlag gegen die Haustür unterbrochen. Meine beiden Gesellschafterinnen stießen, wie es die Art der Frauen ist, einen Schrei aus. Ich selbst war bestürzt und wunderte mich, wer draußen in dem Regen und in der Dunkelheit sein könnte. Es musste ein Fremder sein. Mochte es hell oder dunkel sein, jede Person in oder bei Caulskirk, die Einlass wünschte, wusste, wo der Schellengriff an der Seite der Tür zu finden war.

Ich wartete eine Weile, um zu hören, was folgen würde. Der Schlag wurde wiederholt, aber sanfter. Es geziemte mir als Mann und als Geistlicher, ein Beispiel zu geben. Ich ging in den Hausgang hinaus und rief durch die Tür: »Wer ist da?« Die Stimme eines Mannes antwortete – so schwach, dass ich ihn kaum hören konnte: »Ein verirrter Reisender.«

Hierauf drückte sogleich meine freundliche Schwester ihre Ansicht von der Sache durch die offene Tür des Sprechzimmers aus: »Bruder Noah, es ist ein Dieb, lass ihn nicht herein!«

Was würde der barmherzige Samariter an meiner Stelle getan haben? Sicherlich würde er es gewagt und die Tür geöffnet haben. Ich ahmte den barmherzigen Samariter nach.

Ein Mann, der vom Regen troff, wankte, mit einem Ränzchen auf dem Rücken und einem dicken Stock in der Hand, herein und würde, glaube ich, in den Hausgang gefallen sein, wenn ich ihn nicht aufgefangen hätte. Judith guckte aus dem Zimmer und sagte: »Er ist betrunken.« Felicia stand hinter ihr und hielt ein angezündetes Licht in die Höhe, um besser zu sehen, was vorging. »Sieh ihm ins Gesicht, Tante!« sagte sie. »Er ist von Müdigkeit erschöpft, der arme Mann! Bringe ihn herein, Vater, bringe ihn herein!«

Gute Felicia! Ich war stolz auf mein Mädchen. »Er wird den Teppich verderben!« sagte Schwester Judith. Ich entgegnete: »Still! Schäme dich!«, brachte ihn herein und ließ ihn noch triefend in meinem eigenen Lehnstuhl nieder. Würde der barmherzige Samariter an seinen Teppich oder seinen Sessel gedacht haben? Ich dachte an sie, aber ich blieb Sieger. Ach, wir sind ein in Verfall geratenes Geschlecht in unseren Tagen!

»Sei schnell, Vater!« sagte Felicia, »er wird in Ohnmacht fallen, wenn du ihm nicht etwas gibst!«

»Ich nahm einen von unseren kleinen Trinkbechern heraus (unter uns »Quaigh« genannt) während Felicia auf mein Geheiß nach der Rahmkanne in die Küche eilte. Nachdem ich den Becher mit Kornbranntwein und Rahm in gleichen Teilen gefüllt hatte, bot ich ihm denselben an. Er trank ihn aus, als wenn es eben soviel Wasser gewesen wäre. »Anregend und nährend im gleichen Grade, Sie werden's spüren, mein Herr«, bemerkte ich ihm. »Wie fühlen Sie sich jetzt?« »Bereit für einen anderen!« erwiderte er.

Felicia lachte laut auf. Ich gab ihm einen anderen. Als ich mich wendete, um ihm den Trank zu geben, trat Schwester Judith auf mich zu und schnappte die Rahmkanne weg. Niemals war Schwester Judith, auch in ihrer besten Zeit nicht, eine freigebige Person, besonders nicht, wenn es sich um Rahm handelte. Er reichte mir den leeren Becher zurück. »Ich glaube, mein Herr, Sie haben mir das Leben gerettet«, sagte er. »Im Namen der Vorsehung«, setzte ich hinzu. »Aber ich möchte bemerken, wenn ich den Zustand Ihrer Kleider betrachte, dass ich Ihnen noch einen anderen Dienst anzubieten habe, ehe Sie uns erzählen, wie Sie in diesen bejammernswerten Zustand gerieten.«

Mit dieser Erwiderung führte ich ihn die Treppe hinauf, legte die spärlichen Schätze meines Kleiderschrankes vor ihn hin und überließ ihm, dieselben so gut als möglich zu benutzen. Er war ein etwas kleiner Mann, ich habe an die sechs Fuß. Als er in meinen Kleidern zu uns herunter kam, hatten wir den fröhlichsten Abend, dessen ich mich seit Jahren erinnern kann.

Ich dachte, Felicia würde in einen Lachkrampf fallen, und selbst Schwester Judith lachte, so eine komische Figur spielte er im geistlichen Kleide.

Was das Missgeschick betrifft, welches ihn betroffen hatte, so bot es ein Beispiel mehr von der unnatürlichen Eilfertigkeit des englischen Reisenden in Gegenden, die ihm unbekannt sind.

Er befand sich auf einer Fußtour durch Schottland und er hatte sich gerühmt, ohne Führer von einer Stadt zwanzig Meilen zu Fuß quer über das schottische Hochland zu einer anderen Stadt zu gehen.

Einzig ein Wunder war es, dass er seinen Weg nach Cauldkirk fand, anstatt an seinem Wagnis in dem einsamen Hügelland zugrunde zu gehen.

»Wollen Sie heute abend in Ihrem Gebete zum Throne der Gnade Ihren Dank für Ihre Errettung darbringen?« fragte ich ihn. Und er antwortete: »Gewiss will ich dies!«

Wir haben im Pfarrhause ein Zimmer übrig, aber es ist seit mehr als einem Jahre nicht bewohnt worden. Wir machten ihm daher sein Bett für diese Nacht auf dem Sofa des Empfangszimmers und so ließen wir ihn mit dem Feuer an einer Seite seines Lagers und dem Branntwein nud dem Hammelschinken an der anderen für den Fall der Not. Er nannte seinen Namen, als wir ihm gute Nacht wünschten: Marmaduke Felmer von Lonion, Sohn eines jetzt verstorbenen Geistlichen der englischen Staatskirche. Es war klar, will ich hinzufügen, dass wir, ehe er sprach, die Gastfreundschaft des Pfarrhauses einem Manne von seiner Bildung gewährt hatten.

15. September. Ich habe einen besonders angenehmen Tag zu verzeichnen, den wir teils der Rückkehr des schönen Wetters, teils den geselligen Talenten unseres Gastes verdankten.

Wieder in seiner eigenen Kleidung, war er, obschon es ihm an Höhe des Wuchses fehlte, doch ein Mann im schönsten Ebenmaß mit bemerkenswert kleinen Händen und Füßen; er hatte ein geistreiches, ausdrucksvolles Gesicht und große, dunkle Augen von außerordentlicher Mannigfaltigkeit des Blickes. Er war von angenehmem und heiterem Temperament, das sich über Geringfügiges freuen konnte, und in liebenswürdiger Weise bereit, seine Talente uns allen angenehm zu machen.

Zudem konnte eine Person von meiner Erfahrung und Einsicht nicht wohl übersehen, dass er am zufriedensten in Gesellschaft mit Felicia war. Ich habe schon die anmutigen Blicke und die weiblichen Vorzüge meiner Tochter erwähnt. Es war natürlich, dass ein junger Mann, um seinen eigenen Ausdruck zu gebrauchen, welcher vor seinem einunddreißigsten Geburtstag stand, zu einem schönen Mädchen von vierundzwanzig Jahren sich hingezogen fühlte. In derartigen Dingen habe ich immer, meiner eigenen Jugend wohl eingedenk, eine freiere Ansicht vertreten.

Als der Abend hereinbrach, nahm ich mit Bedauern eine gewisse Veränderung an unserem Gaste zum Schlimmern wahr. Er zeigte Müdigkeit, schlief mehrmals auf seinem Stuhle ein, wachte wieder auf und ein Zittern durchlief seinen Körper. Das Reserve–Zimmer war jetzt wohlgelüftet und hatte ein hellloderndes Feuer den ganzen Tag gehabt.

Ich bat ihn, keine Umstände zu machen und sich sogleich zu Bett zu begeben.

Felicia, welche die Zubereitung von ihrer ausgezeichneten Mutter gelernt hatte, machte ihm einen warmen Schlaftrunk von Eiern, Zucker, Muskatnuss und Spirituosen, ebenso köstlich für den Geruch wie für den Geschmack.

Schwester Judith wartete, bis er die Tür hinter sich geschlossen hatte, und erfreute mich dann mit einer ihrer Unglücksweissagungen. »Du wirst den Tag bereuen, Bruder, an dem du ihn in das Haus einließest; er ist nahe daran, in unseren Händen krank zu werden.«

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