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Abenteuer und Drangsale eines Schauspielers

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XVII

Relatives Glück. – Die Rhede Cayarou.– Gustave wirft sich ins Meer und erreicht mit drei Kameraden die Küste. – Sie bringen frische Lebensmittel zurück. – Rückkehr nach Martinique. – Ein Sturm. – Die dreifarbige Fahne. – Die Juli- Revolution. – Die Truppe zerstreut sich. —

Die Operation dauerte eine Stunde und wurde ohne die geringste Schramme vollbracht.

Die baut des armen Sünders war blutroth, aber völlig unversehrt.

»Mit mein lieber Gustave.« sagte er, »das ist das zweite Mal, daß Sie mir das Leben retten.«

Das erste Mal war es, wie man sich erinnert, als die Korallenschlange aus ihrem Poban hervorgeschossen war.

»Ah! mein Gott« fügte er bei, »da fällt mir ein, was ist aus allen meinen Eidechsen und Schlangen geworden?«

»Mein Gott!« rief Melanie für das Leben, »ich fühle etwas, was mir am Beine hinkriecht.«

»Sie sind toll!« erwiederte Verteuil; »die neuste hat neun Tage Weingeist und Tasia.«

»Gleichviel.« entgegnete die Haushälterin, Ein wenig beruhigt durch die chronologische Beweisführung, »ich habe in der Bibel gelesen, die Schlange sei das listigste der Thiere.«

Der Vater Verteuil hatte halb Recht, halb Unrecht: die gläsernen Gefäße waren der Mehrzahl nach zertrümmert, doch Schlangen und Eidechsen lagen ohne Bewegung und Leben.

Nur konnte man das Factum, das der Gegenstand der Besorgniß von Vater Verteuil wurde, sobald sein Bart nicht mehr der Gegenstand seines Schmerzes war, erst nach zehn Tagen constatiren.

So wahr ist es, daß der Mensch nie vollkommen glücklich sein kann!

Nach zehn Tagen hätten unsere Passagiere glücklich sein müssen, wäre das Glück nicht, wie die Philosophen sagen, die Vergleichung eines besseren Zustandes mit einem schlechteren.

Da am Abend des zehnten Tages der Wind sich gelegt, das Meer sich besänftigt hatte, da die Reisenden auf das Verdeck stiegen, statt im Zwischendecke aufgehäuft zu sein, statt die hier herrschende mephitischen Lust einzuathmen, die reine Luft des Ocean athmeten, statt des mit Scorpionen, Kackerlacks und Tausendbeinen bestimmten Bodens als Horizont den unermeßlichen Raum hatten. wo sich die Sonne in Wolken von Purpur und Gold wiegte, so mußten die Passagiere offenbar glücklich sein, – wenigstens relativ.

Da aber der Mensch immer klagen muß, – unter dem Menschen verstehen wir auch die Hälfte, die ihm Gott gegeben, – so beklagten sich die Männer und die Frauen.

Worüber beklagten sie sich?

Daß sie seit fünf Tagen nur Zwieback gegessen, und seit fünf Tagen nur laues Wasser getrunken hatten, das jeder Tag noch lauer und übelriechender machte.

Das Schiff beklagte sich seinerseits auch.

Es beklagte sich, daß eine von seinen Spieren gebrochen war, daß sein Segel zerrissen waren, daß das Wasser durch sein Fugenwerk eindrang.

Man beschloß also, nach der Rhede Cayarou zu steuern und hier vierundzwanzig Stunden anzuhalten, um die Beschädigungen auszubessern.

Die Passagiere sahen mit Entzücken, so wie sie sich dem Lande näherten, auf der Erde einen Blumenkorb heherrscht von einer Kette von waldigen Hügeln, voll Schatten und Kühle, mit klaren laufenden Wassern, hervorkommen, und es war nicht Einer, der nicht ein Bad in diesen Wassern oder einen Schlaf unter diesen Bäumen träumte.

Der Kapitän Lafargue ging eine Viertelmeile vom Ufer vor Anker; so sehr man aber in ihn drang, die Schaluppen auszusetzen, er weigerte sich beharrlich hiergegen.

Warum? man hat es nie erfahren: aus einer Kapitänslaune.

Die Versuchung war indessen zu groß; auf die Gefahr, von den Haifischen oder den Kaimans gefressen zu werden, kleideten sich Gustave und drei von seinen Kameraden heimlich aus und sprangen ins Meer.

Der Eine von ihnen hatte sein Taschentuch um den Leib gebunden und ein paar Thaler hineingesteckt, um die Freigebigkeit der Cayacouten rege zu machen.

Die Frauen stießen zuerst einen Schrei aus, da sie nicht wußten. warum ein Theil der Truppe so ins Wasser sprang; als ihnen aber die Schwimmer sagten, sie haben sich ins Meer geworfen, um ihnen frisches Wasser, frische Lebensmittel und Früchte aller Art zu bringen, da wurden die Aufmunterungen einstimmig.

Die vier Schwimmer erreichten in einiger Entfernung von einander das Ufer; Alle hatten sich nach einer Art von kleinen Schanze gewandt, deren Weiße ihr Auge anzog.

Die Schanze war völlig unbewohnt; man erblickte jedoch vor derselben ein Dorf auf ungefähr eine Viertelmeile.

Man ging auf das Dorf zu.

Die vier Europäer waren schon lange genug auf den Antillen, um sich nichts um das Costume zu bekümmern.

Sie hätten auch Unrecht gehabt, mehr Gewicht auf ihre Nacktheit zu legen, als die männlichen und weiblichen Cayacouten selbst darauf legten.

Die Einkäufe wurden mit der größten Leichtigkeit gemacht; gegen einen halben Dollar bekam man zugleich Bananen, Mangos, Palmkohl und Maniokbrod.

Die Schwierigkeit lag darin, wie man Alles dies transportiren sollte.

Ein kleiner Kahn von Baumrinde unterzog sich diesem Geschäfte; er wurde bis an den Rand mit Früchten aller Art gefüllt; zwei Cayacouten, die ihn zurückbringen sollten, warfen sich mit uns vier Europäern ins Meer und trieben ihn gemeinschaftlich mit uns gegen das Schiff.

Nie wurden Sieger mit einem solchen Freudengeschrei ausgenommen; jeder Mund war vertrocknet, jede Kehle entzündet.

Man schaffte die Ladung vom Kahne auf das Schiff; man setzte sich rings um die Pyramide und griff sie mit einem Feuereifer an, den die Frauen theilten, obgleich Einige von ihnen behaupteten, sie essen nicht.

Sodann holte man die Matratzen aus dem Raume, man schüttelte sie, man klopfte sie, man breitete sie auf dem Verdeck aus, und man brachte eine von den schönen, wollüstigen Nächten zu, wie sie Kleopatra in Kanobos und Sextus Pompejus in Kyrenaika zubrachten.

Am andern Tage ging man bei einem von den schönen Winden ab, welche, ohne das Meer in Aufruhr zu bringen. die Schiffe auf seiner Oberfläche laufen machen.

Vierundzwanzig Stunden nachher war man wieder in Martinique.

Der Hafen bot einen erschrecklichen Anblick.

Wir sagen Hafen, doch wir müßten sagen Rhede; Martinique hat bekanntlich keinen Hafen.

Der Windstoß, – jeder Sturm fängt mit einem Windstoß an. – der Windstoß war so rasch gekommen und so heftig gewesen, daß die Schiffe nicht mehr Zeit gehabt hatten, die offene See zu erreichen.

Zwei Dreimaster und ebenso viele Briggs waren gestrandet und auf die Küste geworfen worden, und ohne daß man eine Person von ihrer Equipage sah, erhob sich ein herzzerreißender Schrei, bei jeder Welle, die sich an ihnen brach.

Das Meer war auf zwei Meilen mit Rahen, Masten. Tonnen, Hühnerkästchen und Schiffstrümmern bedeckt.

Die Garnison war ausgerückt und stand unter den Waffen am Ufer des Meeres.

Die Matrosen und die Neger arbeiteten um die Wette an der Rettung.

Der Kapitän Lafargue wollte nicht zurückbleiben; er legte sich vor Anker, und während man die Schauspieler an das Land transportirte, schickte er seine Mannschaft ab, um seinen Theil zur Hilfe bei dem großen Unglück beizutragen.

Drei Tage lang dachte man nicht daran, das Theater wieder zu eröffnen, denn man scheute sich die Ankündigung eines Vergnügens unter die düsteren Sorgen, welche über der Stadt schwebten, zu werfen.

Es war gleichsam die Stadt, welche selbst Vorstellungen von den Schauspielern verlangte. Während der sechswöchentlichen Abwesenheit der Truppe hatte der Geschmack für das Theater Zeit gehabt, in Martinique wieder Wurzel zu fassen.

Herr Viktor Marest kündigte also an, um der Begeisterung der Martiniquer zu entsprechen, werde die Wiedereröffnung am 10. September 1830 mit der Oper Joseph und dem Schauspiel Brueys und Palaurat stattfinden.

Am Morgen des 10. September, in dem Augenblick, wo die Zettelanschläger die Ankündigung der Oper an die Straßenecken kleben wollten, kam der Gouverneur mit einigen Officieren und einem Trommler voran zur Hafenbatterie, ließ die weiße Fahne abnehmen und die dreifarbige aufstecken.

Man schaute ihm mit tiefem Erstaunen zu.

Niemand wußte, was er that.

Man ließ ihn jedoch, wie man wohl begreift, machen, indem man allen seinen Bewegungen mit einer außerordentlichen Neugierde folgte.

Es verbreitete sich das Gerücht, eine Revolution sei in Paris ausgebrochen, und diese Revolution nenne man die Julirevolution; Karl X. sei vom Throne gestürzt worden, der Herzog von Orleans habe die Regentschaft angenommen und gesagt: »Fortan wird die Verfassung eine Wahrheit sein.«

Die Mulatten ließen Freudenschreie ertönen. Was gewannen sie bei einer im Mutterlande, fünfzehnhnhundert Meilen von ihnen, gemachten Revolution?

Ich will es sagen.

Sie gewannen oder vielmehr sie versuchten es zu gewinnen das Recht des Eintritts ins Parterre und auf die Gallerien, – aristokratische, den Weißen vorbehaltene Plätze, auf welche den Fuß zu sehen den farbigen Menschen nicht erlaubt war.

Bei der Revolution, die im Mutterlande sich ereignet, sind die farbigen Menschen gewohnt, einen Schritt vorwärts zu machen.

Die Revolution von 1848 hat sie durch die Befreiung der Neger, nicht einen Schritt, sondern einen Sprung machen lassen. durch den sie die Weißen nicht nur erreicht, sondern überfangen haben.

Im Jahre 1830 waren sie nicht so weit. Sie verlangten, wie gesagt, ganz einfach Eintritt ins Parterre und auf die Gallerien.

Da sie diese Begünstigung verlangten, indem sie dieselbe zu nehmen drohten, da sie die Stärkeren waren und folglich diese Begünstigung hätten nehmen können, ohne sie zu verlangen, so wurde sie ihnen zugestanden.

Nur gab an demselben Tage, wo die Mulatten dieses Recht eroberten, nach welchem ihr Ehrgeiz seit zweihundert Jahren strebte, der Gouverneur Herr Victor Marest Befehl, mit seinen Vorstellungen aufzuhören.

 

Im Abend, als sie an der Thüre des Theaters zwei Stunden früher als gewöhnlich erschienen, um den Genuß ihres Rechtes nicht um eine Minute zu verschieben, fanden die Farbigen die Thüre geschlossen.

Den Künstlern wurde vom Director eröffnet, er bedürfe ihrer Dienste nicht mehr.

Mehrere wollten hiergegen Klage erheben, Prozesse anfangen, doch man erwiederte ihnen, sie haben sich einer unvermeidlichen Nothwendigkeit zu unterziehen.

Da man fünfzehnhundert Meilen vom Mutterlande entfernt war, so zog Jedermann seinerseits ab, indem er wie bei der hohen und kleinen Bank irgend einen Rummel zu Hilfe rief.

Der Director übernahm ein Kaffeehaus.

Die erste Sängerin wurde Comptoirdame ihres Directors.

Herr Elleviou, Herr Bouzigue und die Dugazou, Madame Paul, welche Ersparnisse gemacht hatten, kehrten nach Frankreich zurück.

Der Bariton, Herr Dupuis, wurde Kirchensänger.

Der Vater Verteuil und sein Sohn reisten nach Point a Pitre ab, wo der Vater Verteuil starb und der Sohn Factor in einer Druckerei wurde.

Herr Valdotvskv wurde Fechtmeister.

Die erste Liebhaberin wurde Gesellschaftsdame des Gouverneur.

Der zärtliche Vater, Herr Sallé, der das Licht gesehen hatte, wurde Portier bei den Freimaurern, seinen Brüdern.

Der tiefe Tenor endlich, Herr Gustave, nachdem er vierundzwanzig Stunden zwischen den verschiedenen Rummeln, die zu seiner Verfügung standen, geschwankt hatte, entschloß sich, Miniaturmaler zu werden.

XVIII

Herr Gustave malt in Miniatur. —Glücklicher Anfang. – Geschichte eines Duells. – Der Vater Jean erhält einen Ballen von Martinique. – Sein Erstaunen. – Ein Brief in einer Tabaksdose.. – Das Portrait in Oel. – Die Leinwand wird auf eine sinnreiche Art ersetzt. – Einfluß der Feuchtigkeit auf die Eselshaut. —

An demselben Tage, an welchem dieser Entschluß gefaßt wurde, ging Herr Gustave zu einem Billardutensilienhändler, kaufte drei Kugeln, begab sich zu einem Ebenisten, ließ jede Kugel in zehn Theile zersägen und besaß so dreißig Täfelchen von verschiedenen Größen.

Zu zwei Dublonen das Portrait waren das viertausend achthundert Franken, welche Herr Gustave in seine Schublade eingeschlossen hatte, ohne eine andere Auslage als fünfzehn Franken für den Ankauf der Kugeln und sechs Franken für das Sägen.

Was die Aquarellfarbenschachtel und die Gouachefläschchen betrifft, so war die Ausgabe hierfür längst gemacht.

Nachdem die ersten Anordnungen getroffen waren, schrieb Herr Gustave folgendes Circulär. das er in den ersten Häusern der Stadt abgehen ließ:

»Herr Gustave, Miniaturmaler, benachrichtigt die Einwohner von Guadeloupe und Martinique, daß er Porträt’s macht, und garantirt für die Aehnlichkeit.«

Man weiß, daß es nur Glück und Unglück auf dieser Welt gibt, und daß meistens Alles von der Art abhängt, wie ein Unternehmen debutirt.

Die Speculation von Herrn Gnstave debutirte auf eine glänzende Weise.

Der erste Liebhaber, der sich zeigte, um sein Portrait ausführen zu lassen, war ein Beamter von Martinique, der ein furchtbares Duell zum Gegenstande aller Gespräche gemacht hatte.

Es war ein Mann von fünf und dreißig bis vierzig Jahren, klein, schmächtig, mit reizender Physiognomie und mit jener weichen creolischen Sprache, die eine Sammetkehle bei denjenigen voraussetzt, welche diese Art von Gesang zwitschern.

Er bekam Streit mit einem Raufer von Profession, oder dieser suchte vielmehr Streit mit ihm.

Da begab er sich zu seinem Gegner und forderte ihn heraus, unter der Bedingung, daß man sich mit einer geladenen und einer ungeladenen Pistole auf die Entfernung eines Schnupftuchs schlage, welches mit der linken Hand gehalten werden sollte, während man mit der Rechten schießen würde.

Der Gegner des Beamten nahm dies an, wollte er es nun nicht ausschlagen, oder konnte er es nicht ausschlagen.

Die zwei Streiter begaben sich in Begleitung ihrer Seligen auf den Kampfplatz.

Das Duell fand unter den genannten Bedingungen statt.

Die Gegner stellten sich drei Schritte voneinander auf und erhielten eine geladene und eine ungeladene Pistole aus der Hand ihrer Zeugen.

Das Schicksal gab dem Beamten die Chance zuerst zu schießen.

Er schoß zuerst; doch nichts brannte, kein Knall wurde hörbar; sein Mißgeschick hatte ihm die ungeladene Pistole gegeben.

Da schoß sein Gegner in die Luft.

Doch er nahm diese Großmuth nicht an; er verlangte, daß die Pistole vor seinen Augen wieder geladen werde, schob mit eigener Hand die Kugel in den Lauf und forderte seinen Gegner auf, zu feuern.

Vor dieser Hartnäckigkeit war der Gegner des Beamten genöthigt, nachzugeben; er schoß, und der Beamte fiel; die Kugel hatte ihm die Brust von einer Seite zur andern durchbohrt, seine Kleider waren vom Pulver verbrannt.

Durch ein Wunder war die Wunde nicht tödtlich, und nach Verlauf von drei Monaten ging der Beamte in den Straßen von Martinique spazieren.

Die Creolen sind sehr beherzt, und wie alle wahrhaft beherzten Menschen hegen sie eine große Verehrung für den Muth.

Der Beamte war der Held des Tages.

Wären die Beamten nicht tugendhafte Leute, und wäre dieser nicht stark unter den Starken gewesen, wie der Weise der heiligen Schrift sagt, so hätte er Gelegenheit gefunden, siebenmal des Tags und sogar mehr zu sündigen.

Das Portrait dieses Mannes machen zu dürfen war also eine unberechenbare Chance.

Ein Glück kommt nicht ohne das andere: das Portrait war gelungen. Man stellte es beim Bilderhändler des Ortes aus, und es erhielt in dessen Magazin einen ungeheuren Succeß.

Von diesem Augenblicke an wurde das Atelier von Herrn Gustave nicht leer.

Alle Nuancen der menschlichen Haut vom Pechschwarz bis zum Hellrosa, vom Neger des Senegal bis zur frischen Engländerin von Plymonth oder Southampton gingen durch seinen Pinsel.

Herr Gustave gab keinen Vorzug, ließ keinen Stolz walten.

Man hat übrigens schon bei seiner Ankunft gesehen, daß, wenn er ein Vorurtheil hatte, dies mehr zu Gunsten der Neger als gegen sie war.

Während nun sein Sohn Etienne unter dem Pseudonymen Gustave. nachdem er die Antillen durch seine Stimme und sein Spiel entzückt hatte, dieselben durch die Aehnlichkeit und die Vollendung seiner Portraits entzückte, – was that der Vater Jean?

Er nahm das größte Interesse an der Ausschmückung der Madeleine und erkundigte sich danach bei Allen denen, welche von Paris kamen; von Zeit zu Zeit wunderte er sich jedoch ein wenig, daß er keinen Brief von seinem Sohne erhielt; allerdings schrieb sein Sohn nicht gern, doch durch irgend eine Gelegenheit hätte Etienne ihm können sagen lassen: »Ich befinde mich wohl,« und ihn fragen: »Wie befinden Sie sich?«

Das hätte dem alten Vater wohl gethan.

Indessen beklagte er sich nicht: es lag nicht in den Gewohnheiten von Jean, sich zu beklagen; er trällerte fortwährend die Marsellaise, wie er es unter dem Kaiserreiche, wie er es unter den Bourbonen gethan, und von Zeit zu Zeit, einmal vielleicht im Monat, ertappte er sich dabei, daß er sagte:

»Es ist nichtsdestoweniger wahr, daß die Kinder undankbar sind.«

Eines Morgens kündigte man ihm einen Ballen von Martinique an.

Von Martinique! . . . Wer Teufels konnte ihm etwas von Martinique schicken? Er kannte Niemand auf den Antillen.

Dieser Ballen enthielt ein Bündel Journale, ein Fäßchen Rhum, ein Paquet von fünfhundert Cigarren, zwei Töpfe Schnupftaback und eine silberne Tabaksdose.

Der Vater Jean öffnete das Bündel Journale und las:

»Haus zu verkaufen . . . Neger zu verkaufen . . . Negerin zu verkaufen . . . Negerknabe zu verkaufen.«

 
Das ging ihn offenbar in keiner Weise an.
Er trieb seine Forschungen weiter und las:
 

Theater von Martinique. – Herr Gustave erwirbt sich von Tag zu Tag neue Rechte auf das Wohlwollen des Publikums, und er scheut keine Anstrengung, um die Gunst, die ihm zu Theil wird, zu verdienen. Er hat gestern im Barbier von Sevilla die Verleumdungsarie mit viel Talent und Verstand gesungen. Seine Manier, zu betonen, hat besonders den Saal elektrisirt . . .

»Das ist es noch nicht,« sagte der Vater Jean, der seinen Sohn nur unter dem Namen Etienne kannte. Er nahm ein anderes Journal und las:

Spanisch Trinidad
Französisches Theater von Martne-Scuare

Mit Erlaubniß des Herrn Gouverueur und des hohen Cabildo,

»Werden die lyrisch-dramatischen Künstler unter der Direktion von Herrn Viktor Marest spielen:

»Mahomet oder der Fanatismus

»Herr Gustave wird die Rolle des Mahomet geben.«

Der zum zweiten Male unterstrichene Name Gustave fiel dem Vater Jean auf.

«Was Teufels will man von mir mit diesem Namen Herr Gustave?« fragte er sich selbst. »Ich kenne keinen Herrn Gnstave.«

Er las weiter:

Das Mittagsmahl von Madelon oder
der Bürger des Marats

Benoist. ein Hagestolz. . . Hr. Verteuil.

Vincent, sein Freund . . . Hr. Sallé.

Ein Corporal . . . . . . . Hr. Victor.

Ein Commissionär. . . . Hr. Gustave.

Madelon. . . . . . . . . . Mlle. Moinet.

»Herr Gustave! Herr Gustave!« wiederholte der Vater Jean. »Ich glaube hierin liegt der Hase.«

Da ihm aber in den zwanzig anderen Journalen nichts etwas Anderes sagte, als was er schon in den zwei ersten gelesen hatte, so ging er von den Zeitungen zu den Zigarren über.

Er zog eine heraus, rauchte und fand sie vortrefflich.

»Ho! Ho!« sagte er, »das macht Lust, eine Prise zu nehmen.«

Und er nahm ein Pfötchen Macuba aus der Flasche mit weitem Halse und schlürfte den Tabak mit einem Vertrauen, das eine an der Cigarre gemachte erste Erfahrung rechtfertigte.

»Vortrefflich, bei Gott! vortrefflich! . . . Füllen wir rasch die Tabaksdose.«

Und er öffnete die Dose: es lag ein Billet darin.

Er entfaltete das Billet und las:

»Ich bin es, Papa. Nach Deinem Wunsche habe ich auf die Komödie, die ich unter dem Namen Gustave verzichtet, und ich bin Miniaturmaler in Martinique.«

»Dein ehrerbietiger Sohn, der viel Geld verdient.

»Etienne.«

Der Vater Jean war niedergeschmettert. Er theilte indessen zwei Personen den Brief oder vielmehr das Billet, das er empfangen, mit:

1. Dem Lieutenant der Douaniers, von dessen Dose sein Sohn seine erste Zeichnung copirt hatte;

2. Herrn Odelli, der ihm seinen ersten Preis zuerkannt.

Eines tröstete ihn übrigens: daß sein Sohn der Komödie entsagt hatte und Maler geworden war.

Mittlerweile hielt Herr Gustave, – eine seltene Erscheinung! – die Versprechungen seines Prospectus. Er hatte die Aehnlichkeit garantirt, und die Aehnlichkeiten fanden sich so groß, daß eines Tages ein reicher Pflanzer so ehrgeizig war, sein Portrait nicht mehr in Miniatur, sondern in Lebensgröße, nicht mehr in Aquarell oder Gouache, sondern in Oel haben zu wollen.

Er suchte Herrn Gustave auf und fragte ihn, ob er Portraits in Oel male.

»Ich mache Alles, was in mein Fach einschlägt,« erwiederte Herr Gustave.

»Sie garantiren die Aehnlichkeit im Großen, wie im Kleinen?«

»Ich garantire sie noch mehr.«

»Und welchen Unterschied wird das im Preise machen?«

»Statt zwei Dublonen vier.«

»Sie sollen vier Dublonen haben! Wir fangen morgen an.«

«Morgen ist es unmöglich; mein ganzer Tag ist in Anspruch genommen.«

»Uebermorgen also.«

»Ich kann erst Montag zu Ihren Diensten sein.«

»Montag also,« sprach der Liebhaber, indem er einen tiefen Seufzer ausstieß, der sein ganzes Bedauern darüber ausdrückte, daß er um vier Tage hinausgeschoben werden sollte.

Und er ging weg, indem er sich von Herrn Gustave noch einmal versprechen ließ, die Sitzung werde am Montag statthaben.

Herr Gnstave hatte feine Gründe« die erste Sitzung auf Montag zu verschieben. Er war in der That in seiner Zeit gedrängt, doch nicht tu einem Grade, um nicht ein paar Stunden den anderen Modellen entziehen zu können.

Was ihn veranlaßt hatte, vier Tage zu verleugnen, das war die Furcht, nicht für die Oelmalerei zubereitete Leinwand zu finden, und die Nothwendigkeit, durch seine Einblldungskraft diesen Mangel an Grundstoff zu ersetzen.

Welche Nachforschungen er auch auf der Insel anstellte, er konnte keine Portrait-Leinwand finden.

Da suchte er ein altes Portrait. das er mit einer Lage Weiß bedecken könnte.

Diese Forschung war so vergeblich als die erste.

 

Die zwei erfolglosen Versuche schlugen seinen Muth nicht nieder. Sobald er dachte, er werde die Leinwand nicht finden, und dennoch sich verbindlich machte, das Portrait zu malen, hatte er in der Tiefe seines Zwerchsackes ein Hilfsmittel verborgen, wie der Fuchs in der Fabel.

Herr Gustave begab sich um Musikdirector der Nationalgarde und suchte unter seinen ausgeschossenen Instrumenten.

Er fand eine große, auf einer Seite gesprungene Trommel.

Das war es gerade, was er suchte.

Er kaufte die unversehrte Eselshaut, nagelte sie auf einen Rahmen von derselben Dimension wie die Trommel und spannte sie an, so gut er konnte.

Dann erwartete er seinen Liebhaber.

Der Liebhaber kam am bestimmten Tage.

Gustave hatte sich verschafft, was er Bestes von Schildmalerfarben gefunden.

Der Liebhaber war Anfangs ein wenig erstaunt, als er sah, daß sich seine Aehnlichkeit auf einer Eselshaut reflectiren sollte; Gustave sagte ihm aber mit einer unstörbaren Ruhe, seine Bekannten in der Chemie haben ihm nachgewiesen, daß wegen der salzigen Luft die Eselshaut aus den Antillen bei Weitem der Leinwand vorzuziehen sei.

Der Liebhaber ergab sich diesem Raisonnement.

Herr Gnstave griff das Oel kühn an, hütete sich aber wohl, seinem Modell zu sagen, er male zum ersten Mal in Oel.

Nur war die Ausführung geräuschvoller, als auf der Leinwand. Jeder Pinselstrich ertönte wie der Schlag eines Stäbchens und brachte seine Symphonie hervor

Der Maler brauchte acht Tage, um sein Portrait zu vollenden, dieses Portrait war aber auch ein Meisterwerk.

Der Liebhaber ging im höchsten Maße erfreut nach Hause und weihte das Portrait in seiner Familie feierlich ein.

Er sagte aber kein Sterbenswörtchen von dem Stoff, auf den das Portrait gemalt war.

Er hätte, wenn er gestanden, es sei auf Eselshaut gemalt, sein Ansehen im Geiste seiner Frau und seiner, Kinder zu verlieren befürchtet.

Doch es bedrohte, ohne daß es Jemand vermuthete, – nicht einmal der Maler – eine große Katastrophe das unglückliche Portrait

Es kam die Wintersaison, das heißt die Zeit der Regen.

Auf die trockene Hitze, welche Alles steif macht folgte die feuchte Wärme, welche abspannt und erweicht.

Das Portrait, so vollkommen es seinem Aeußeren nach war, schien diese Epoche mit großem Widerwillen herannahen zu sehen.

Sein gewöhnlich ernstes Gesicht schien traurig und alt zu werden; es runzelte sich nicht nur horizontal, – was eine bekannte Wirkung der Zeit auf die menschlichen Dinge gewesen wäre, – sondern es runzelte sich auch vertical, was eine bis dahin völlig unbekannte Wirkung war.

Die Familie erschrak, als sie ein Portrait sah, das wie ein Ephemeron lebte, während das Original das Leben der anderen Menschen lebte.

Sie ließ den Maler holen.

Der Maler näherte sich dem Bilde voll Vertrauen, und da sein Gesicht ruhig blieb, so heiterte sich das Gesicht der Familie wieder auf.

»Ah!« sagte er, »zum Glück habe ich es nicht gefirnißt.«

Dann sprach er mit dem Tone eines Arztes, der betrübte Verwandte ermuthigt:

»Es ist nichts; kommen Sie in drei Tagen in mein Hans und sehen Sie es an : es wird nichts mehr zu bemerken sein.«

Herr Gustave hatte mit dem ersten Blicke errathen, daß die Feuchtigkeit die Eselshaut erschlaffen gemacht, und daß, das Portrait einfach von einer Erweichung befallen war.

Diese für den Menschen gewöhnlich tödliche Krankheit, mag sie nun das Gehirn oder das Mark angreifen, ist es nicht für die Portraits.

Herr Gustave stellte das Portrait drei Tage lang in ein auf dreißig Grade geheiztes Zimmer, und nach Verlauf der drei Tage war, wie er gesagt hatte, nichts mehr sichtbar.

Die Familie war entzückt; alle ihre abergläubischen Befürchtungen verschwanden; sie wurde nur davon unterrichtet, dieses Portrait sei von wasserscheuer Constitution und habe vor den andern Gemälden den Vorzug, daß es zugleich als Portrait und als Thermometer dienen könne.

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