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Denkwürdigkeiten eines Fechtmeisters

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– Ah! Sie sind Fechtmeister, sagte mir nach Verlauf einiger Secunden mein Nachbar, der Bordeauxer; ein hübscher Stand, mein Herr, als ich jung war, und einen wilden, hitzigen Kopf hatte, habe ich auch ein wenig darin gethan.

– Das ist ein wenig cultivierter Zweig der Industrie, der hier nicht fehlen kann zu blühen, sagte der Professor, vor allem durch einen Mann, wie der Herr, gelehrt.

– Ja, ohne Zweifel, begann nun der Lyonner: aber ich rathe dem Herrn, Jacken von Flanell zu. tragen, wenn er seine Stunden gibt, und sich einen Mantel von Pelzwerk machen zu lassen, um sich darin jedes Mal einzuhüllen, wenn er seine Fechtübungen gegeben hat.

– Meiner Treue, mein lieber Landsmann, sagte nun der frisierte junge Mann, welcher während der Zeit seine Unbefangenheit wieder angenommen, indem er sich ein Stück von dem Huhne nahm, das er nicht hatte zerschneiden können, und das sein Nachbar für ihn zerschnitten hatte, meiner Treue, mein lieber Landsmann, denn Sie sind von Paris, wie Sie mir gesagt . . .

– Ja, mein Herr.

– Ich auch. . . . Sie haben da, wie ich glaube, eine vortreffliche Speculation gemacht; denn wir haben nach meiner Meinung hier nur eine Art von schlechtem Vorfechter, einen früheren Figuranten vom Theater de Gaieté, dem es gelungen ist, sich zum Fechtmeister der Garde ernennen zu lassen, indem er die Gefechte auf dem kleinen Theater anordnete. Sie sehen es da, an der Aussicht, und der seinen Schülern die vier Stöße lehrt. Ich hatte ihn kommen lassen, um mit ihm fortzusetzen; aber bei dem ersten Stoße habe ich gesehen, daß ich der Meister, und er der Schüler war, so daß ich ihn wie einen Pinsel fortgeschickt habe, indem ich ihm seine Marke mit der Hälfte von dem bezahlt, was ich für meine Frisur nehme, und der arme Teufel ist noch sehr damit zufrieden gewesen.

– Mein Herr, sagte ich zu ihm, ich kenne den Mann, von dem sie reden. Als Fremder und als Franzose hätten Sie das nicht sagen sollen, was Sie gesagt haben; denn als Fremder sind Sie der Wahl des Kaisers Achtung schuldig, und als Franzose dürfen Sie keinen Landsmann anschwärzen. Das ist eine Lection, je ich Ihnen meinerseits gebe, mein Herr, und die ich Sie nicht bezahlen lasse, selbst nicht einmal mit einer halben Marke, Sie sehen, daß ich großmüthig bin.

Bei diesen Worten stand ich vom Tische auf, denn ich hatte schon genug an der französischen Kolonie, und es drängte mich, sie zu verlassen. Ein junger Mann, der während der ganzen Dauer des Mittagessens kein Wort gesagt hatte, stand auch auf und ging mit mir zu gleicher Zeit hinaus.

– Es scheint, mein Herr, sagte er lächelnd zu mir, daß Sie keiner langen Sitzung bedurft haben, um unsere theuren Landsleute zu beurtheilen.

– Nein, gewiß nicht, und ich muß gestehen, daß das Urtheil ihnen nicht günstig ist.

– Nun denn, erwiederte er die Achseln zuckend, das ist inzwischen ohngefähr die Ansicht, nach welcher man uns in St. Petersburg beurtheilt. Die anderen Nationen senden ins Ausland, was sie bestes haben, wir senden im allgemeinen dasjenige dahin, was wir schlechtestes haben, und dennoch halten wir überall ihrem Einflusse die Wage. Das ist wohl ehrenvoll für Frankreich, aber es ist sehr traurig für die Franzosen.

– Und Sie wohnen in St. Petersburg, mein Herr? fragte ich ihn.

– Seit einem Jahre, aber ich verlasse es heute Abend.

– Wie?

– Ich gehe, um meinen Wagen zu bestellen. Mein Herr, ich habe die Ehre . . .

– Mein Herr, Ihr ergebenster . . .

Bei Gott! sagte ich zu mir selbst, indem ich meine Treppe hinaufstieg, während dem der, welcher mit mir gesprochen, die Thür erreichte, ich habe Unglück, ich begegne zufällig einem Manne, wie er sein muß, und er reiset an demselben Tage fort, an dem ich ankomme.

Ich fand in meinem Zimmer den Aufwärter beschäftigt, mir mein Bett für die Mittagsruhe zurecht zu machen. Zu St. Petersburg schläft man gewöhnlich wie in Madrid nach dem Mittagsessen; weil es in Rußland während zwei Monaten heißer als in Spanien ist.

Diese Ruhe that mir wundervoll gut, mir, der ich noch ganz gerädert von den zwei letzten Tagen war, die ich auf der Reise zugebracht, und der sobald als möglich eine jener schönen Nächte der Newa zu genießen wünschte, die man mir so sehr gepriesen hatte. Ich fragte demnach den Aufwärter, was man thun müsse, um sich eine Gondel zu verschaffen; er antwortete mir, daß das etwas sehr einfaches sey, daß ich nur zu befehlen nöthig habe, und daß mittelst zehn Rubeln, die Besorgung mit bezahlt, er diesen Auftrag übernehmen würde. Ich hatte schon einiges Geld in Papier umgewandelt, ich gab ihm daher ein rothes Billet, und empfahl ihm, mich um neun Uhr zu wecken.

Das rothe Billet hatte seine Wirkung hervorgebracht: um neun Uhr klopfte der Aufwärter an meine Thür, und der Schiffer erwartete mich unten.

Die Nacht war nur eine sanfte und klare Dämmerung, bei der man leicht hätte lesen können, und die erlaubte, in einer beträchtlichen Ferne die Gegenstände in einem köstlichen Dunst und mit selbst unter dem Himmel. Neapels unbekannten Tönen bekleidet zu sehen. Die erstickende Hitze des Tages hatte sich in ein reizendes Lüftchen verwandelt, welches über die Inseln wehend einen vorübergehenden und lieblichen Wohlgeruch von Rosen und Orangen mit sich brachte. Die ganze, am Tage einsame und verlassene Stadt, hatte sich wieder bevölkert, und drängte sich auf ihren Spaziergängen am Meere, wohin ihre Aristokratie auf allen Zweigen der Newa zuströmte. Alle Gondeln reihten sich um eine ungeheure, der Festung gegenüber vor Anker liegende, und mit mehr als sechzig Musikern besetzte Barke. Plötzlich erhob sich eine wundervolle Harmonie, von der ich keine Ahnung gehabt hatte, von dem Flusse, und stieg majestätisch gen Himmel; ich befahl meinen beiden Ruderern mich so viel als möglich in die Nähe dieser riesenhaften und lebenden Orgel zu bringen, von der jeder Musiker so zu sagen eine Pfeife bildet, denn ich hatte jene Horn-Musik erkannt, von der man mir so viel erzählt, und bei der jeder Mitblasende nur eine Note macht, indem er auf ein Zeichen einen Ton von sich gibt, und ihn so lange hält, als der Taktstock des Kapellmeisters nach ihm ausgestreckt ist. Diese für mich so neue Instrumentierung gränzte an das Wundervolle; ich hätte nicht geglaubt, daß man mit Menschen spielen könnte, wie man Piano spielt, und ich wußte nicht, was ich mehr bewundern sollte, ob die Geduld des Anführers, oder die Gelehrsamkeit des Orchesters. Als ich späterhin Bekanntschaft mit dem russischen Volke gemacht, und seine außerordentliche Geschicklichkeit zu allen mechanischen Künsten gesehen hatte, verwunderte ich mich nicht mehr über seine Horn-Conzerte und über seine mit dem Beile gemachten Häuser. Aber für den Augenblick wurde ich, ich gestehe es, wie von Entzücken hingerissen, und der erste Theil des Conzertes war bereits beendigt, als ich noch horchte.

Dieses Conzert dauerte einen Theil der Nacht über. Bis zwei Uhr Morgens hielt ich mich in der Nähe, um zu hören und zu sehen, anstatt wie Jedermann von einem Orte zum andern zu gehen: es schien mir, daß das Conzert für mich allein gegeben wäre, und daß dergleichen Wunder der Harmonie sich nicht alle Abende erneuern könnten. Ich hatte demnach Muße, die Instrumente zu untersuchen, deren sich die Musiker bedienten, es sind nur am Mundstücke umgebogene Tuben, welche sich bis an das Ende hin, wo der Ton hinaus geht, erweitern. Diese Art von Zinken weichen von zwei Fuß bis zu dreißig Fuß Länge von einander ab. Nur vereinigen sich drei Personen, um diese letzteren zu blasen: zwei, welche das Instrument tragen, und eine die bläßt.

Ich kehrte, als der Tag zu scheinen begann, nach Hause zurück, ganz in Verwunderung gesetzt von dieser Nacht, die ich unter diesem byzantinischen Himmel, in Mitte dieser nordischen auf diesem so breiten Flusse, daß er ein See schien, und so rein, daß er wie ein Spiegel alle Sterne des Himmels und alle Lichter der Erde wiederspiegelte, zugebracht. Ich gestehe, daß mir St. Petersburg in diesem Augenblicke über alles das erhaben schien, was man mir von ihm gesagt hatte, und ich erkannte, daß, wenn es nicht das Paradies wäre, es zum mindesten etwas sey, was demselben sehr nahe käme.

Ich konnte nicht schlafen, so sehr verfolgte mich diese äolische Musik überall; obgleich ich mich demnach auch erst nach drei Uhr gelegt hatte, so war ich doch um sechs Uhr morgens schon wieder auf. Ich ordnete einige Empfehlungsbriefe, die man mir gegeben hatte, und die ich nicht eher zu überreichen gedachte, als bis ich eine öffentliche Fechtübung gegeben hätte, damit ich nicht genöthigt wäre, selbst über mich Auskunft zu ertheilen, nur einen einzigen steckte ich zu mir, den einer meiner Freunde mich beauftragt hatte, in eigene Hände zu übergeben. Dieser Brief war von seiner Maitresse, gestehen wir es, einer einfachen Grisette des Quartier latin, und an ihre Schwester adressiert, einer einfachen Modehändlerin, aber es ist nicht meine Schuld, wenn die Ereignisse alle Klassen vermengen, und wenn die Fluth der Revolutionen in unseren Tagen so oft das Volk dem Königthume gegenüber stellt.

Dieser Brief trug die Aufschrift: An Mademoiselle Louise Dupuy, bei Madame Xavier, Modehändlerin, Newskische Perspective, neben der armenischen Kirche, dem Bazar gegenüber.

Das alles mit dieser Schrift und mit dieser Orthographie geschrieben, die Sie kennen.

Nichts desto weniger machte ich mir ein Fest daraus, den Brief selbst zu übergeben. Acht Hundert Stunden weit von Frankreich ist es immer angenehm, eine junge und hübsche Landsmänninn zu sehen, und ich wußte, daß Louise jung und hübsch wäre. Außerdem würde sie, die St. Petersburg kannte, weil sie es seit vier Jahren bewohnte, mir Rathschläge über die Art, mich daselbst zu benehmen, ertheilen.

Da ich mich inzwischen schicklicher Weise nicht um sieben Uhr Morgens bei ihr vorstellen konnte, so entschloß ich mich, eine Tour durch die Stadt zu machen, und zu der Newskischen Perspective erst gegen fünf Uhr zurückzukehren.

 

Ich rief den Aufwärter; dieses Mal war es ein Lohnbedienter, der sich an seiner Statt anbot. Die Lohnbedienten sind zu gleicher Zeit die Bedienten und die Cicerones; sie wichen die Stiefeln, und zeigen die Paläste. Ich nahm ihn an, besonders für die erste dieser Verrichtungen; was die zweite anbelangt, so hatte ich im Voraus mein Sanct Petersburg der Art studiert, um darüber eben so viel, als er zu wissen.

III

Ich hatte mir nicht die Mühe genommen, mich um einen Wagen zu bekümmern, wie ich es am Abende vorher mit einer Barke gemacht; denn, so wenig ich auch noch in den Straßen von St. Petersburg herum gekommen war, so hatte ich doch an allen Querstraßen Kibitken und Droschken halten sehen. Kaum war ich demnach auch über den Admiralitäts-Platz gegangen, um die Alexander-Säule zu erreichen, als ich mich auf das erste gegebene Zeichen von I v o s c h i k s umringt sah, die mir zu herabgesetzten Preisen die verführerischten Anerbietungen machten. Da es keinen Tarif gibt, so wollte ich sehen, wie weit die Ermäßigung gehen würde: sie ging bis auf fünf Rubel; für fünf Rubel schloß ich mit dem Führer einer Droschke für den ganzen Tag ab, und bezeichnete ihm sogleich den Taurischen Palast.

Diese I v o s c h i k s, oder Kutscher sind im Allgemeinen Leibeigene, die mittelst eines gewissen Zinses, den man Abrock nennt, von ihren Herrn die Erlaubniß erkauft haben, nach St. Petersburg zu gehen, um dort für ihre eigne Rechnung. Fortuna aufzusuchen. Das Geschirr, dessen sie sich dieser Göttin nachzurennen bedienen, ist eine Art von Schlitten mit vier Rädern, in welchem der Sitz, anstatt der quere zu sein, der Länge nach angebracht ist, so, daß man darin nicht wie in unseren Tilburys sitzt, sondern zu Pferde, wie auf den Velocipeden.2 deren sich die Kinder in den Elisäischen Feldern bedienen. Diese Maschine ist mit einem nicht minder wilden Pferde, als sein Herr, bespannt, das wie er die heimathlichen Steppen verlassen hat, um die Straßen von St. Petersburg nach allen Richtungen auszumessen. Der Ivoschik hat für sein Pferd eine ganz natürliche Liebe, und anstatt es zu schlagen, wie unsere französischen Kutscher thun, redet er ihm noch liebevoller zu, als die spanischen Maulthiertreiber ihrem Hauptmaulthiere. Es ist ein Vater, sein Oheim, sein Täubchen, er dichtet für dasselbe Gesänge, zu welchen er die Melodie zu gleicher Zeit mit den Worten erfindet, und in welchen er ihm für das andere Leben zum Ersatz der Mühseligkeiten, welche es in diesem erleidet, tausend Glückseligkeiten verspricht, mit denen der ungenügsamste Mensch sich gern zufrieden stellen würde. Demnach geht auch das unglückliche Thier, sey es nun, daß es empfänglich für die Schmeicheleien, oder vertrauungsvoll auf die Versprechungen ist, ohne Unterlaß im starken Trabe, indem es fast niemals ausgespannt wird, und zum Fressen nur an den in allen Straßen zu diesem Zwecke angebrachten Trögen anhält. Das in Bezug auf die Droschke und das Pferd.

Was den Kutscher anbelangt, so hat er einen Zug von Aehnlichkeit mit dem Neapolitanischen Lazaroni, das ist, daß man nicht nöthig hat, seine Sprache zu kennen, um sich ihm verständlich zu machen, so sehr durchdringt sein schlauer Scharfsinn die Gedanken dessen, welcher spricht. Er sitzt auf einem kleinen Bocke zwischen demjenigen, welchen er fährt und feinem Pferde, indem er seine Ordnungsnummer am Halse hängend, und zwischen seinen Schultern herabfallend trägt, damit der Fahrende, der diese Nummer immer vor Augen hat, sie fassen kann, wenn er mit seinem Ivoschik unzufrieden ist; in diesem Falle sendet oder trägt man diese Nummer auf die Polizei, und auf eine Klage wird der Ivoschik fast immer bestraft. Obgleich selten nothwendig, ist nichts destoweniger diese Vorsicht, wie man sehen wird, nicht immer nutzlos, und das Gerücht eines im Winter 1823 in Moskau vorgefallenen Abenteuers, läuft immer noch in den Straßen St. Petersburgs herum.

Eine Französin, Namens Madam L. . . . . ., befand sich außer ihrem Hause und zu einer sehr vorgerückten Stunde der Nacht in Gesellschaft. Da sie nicht zu Fuße nach ihrer Wohnung zurückkehren wollte, obgleich die Leute, bei welchen sie sich befand, ihr anboten, sie durch einen Bedienten begleiten zu lassen, so ließ man einen Wagen holen; unglücklicher Weise befanden sich nur Droschken auf dem Platze; man führte eine herbei, sie stieg hinein, gab ihre Adresse und fuhr ab.

Außer einer goldnen Kette und diamantenen Ohrringen, welche er hatte glänzen sehen, hatte der Kutscher noch bemerkt, daß Madame L . . . . . in einen kostbaren Pelzmantel eingehüllt war. Indem er demnach die Dunkelheit der Nacht, die Einsamkeit der Straßen und die Zerstreuung der Madame L . . . . . benutzte, welche aus Furcht vor der Kälte den Kopf in ihren Mantel gehüllt sich fahren ließ, ohne zu bemerken, welchen Weg ihr Kutscher einschlug, so entfernte er sich von dem Wege und war schon über das einsamste Quartier der Stadt hinaus, als Madame L . . . . ., den ihre Augen bedeckenden Schleier wegnehmend, gewahr wurde, daß sie sich auf dem Felde befand. Sogleich ruft sie, schreiet, da sie aber sieht, daß der Ivoschik anstatt anzuhalten die Schnelligkeit seines Pferdes verdoppelt, so faßt sie ihn an dem Schilde, auf welchem seine Numer befindlich, entreißt ihm das selbe, indem sie ihm drohet, das Schild am anderen Tage auf die Polizei zu tragen, wenn er sie nicht nach Hause führe. Sei es nun, daß der Kutscher an dem Orte angelangt war, den er selbst zu seinem Verbrechen bestimmt hätte, oder sey es, daß er glaubte, daß der Widerstand der Madame L . . . . . ihm nicht länger zu warten gestatten würde, kurz, er springt von seinem Bocke und kommt an die eine Seite der Droschke. Glücklicher Weise ist Madam L . . . . . ., immer mit dem anklagenden Schilde versehen, auf der anderen herausgesprungen, und die Thür eines vor ihr noch offenstehenden Gitters aufstoßend, stürzt sie in einen geschlossenen Raum, den sie an den darin verstreueten hölzernen und eisernen Kreuzen bald einen Kirchhof erkennt.

Aber hinter ihr ist der Kutscher eingetreten, er verfolgt sie mit einem neuen Eifer; dieses Mal ist für ihn nicht mehr die Rede davon sich durch Diebstahl des Pelzes und der Diamanten zu bereichern, es handelt sich darum, sein Leben zu retten, glücklicher Weise hat Madam L. . . . . . einige Schritte vor ihm voraus, und die Nacht ist so finster, daß man sich auf einige Schritte weit aus dem Gesicht verliert. Plötzlich fehlt der Flüchtigen der Boden, es scheint ihr, daß sie versinkt, sie ist in offenes Grab gefallen, das sich am anderen Morgen über einem Leichnam schließen soll. Aber Madame L . . . . . hat eingesehen, daß dieses Grab Zufluchtsstätte wäre, die sie der Verfolgung Mörders entziehen könnte: sie stößt demnach auch keinen Schrei, keine Klage aus. Der Kutscher der sie wie einen Schatten verschwinden sehen, er geht sie immer verfolgend an dem Grabe vorüber. Madame L . . . . . . ist gerettet.

Während eines Theiles der Nacht streifte der Kutscher auf dem Kirchhofe herum, denn er konnte der Hoffnung, diejenige wieder zu finden, nicht entsagen, welche sein Leben in Händen hielt. Bald versuchte er sie durch fürchterliche Drohungen zu erschrecken, bald hoffte er sie durch sein Flehen zu erweichen, indem er bei allen Heiligen auf das feierlichste schwor, daß er sie nach Hause fahren wollte, ohne ihr das geringste Leid anzuthun, wenn sie ihm nur ein Schild wiedergeben wollte; aber Madame L. . . . . ließ sich weder einschüchtern noch verführen, sie blieb auf dem Grunde des Grabes stumm und ohne Bewegung und gleich dem Leichname, dessen Stelle sie einnahm.

Endlich, da die Nacht zu Ende ging, wurde der Ivoschik gezwungen, den Kirchhof zu verlassen und zu entfliehen. Was Madame L . . . . . anbelangt, so blieb sie bis zu Tages Anbruche in dem Grabe verborgen; zwei Stunden nachdem sie es verlassen, war die Klage und das Schild bei der Polizei eingereicht. Drei Tage lang dienten die Moskau umgebenden Wälder dem Mörder zur Zufluchtsstätte. Endlich, von der Kälte und dem Hunger besiegt, kam er, um in einem kleinen Dorfe einen Zufluchtsort zu suchen, aber überall in der Umgegend war eine Nummer und seine Beschreibung gegeben worden: er wurde erkannt, festgenommen, geknutet und in die Bergwerke gesandt.

Inzwischen sind diese Beispiele selten, das russische Volk ist instinktmäßig gut, und es gibt viele leicht keine Hauptstadt, wo die Morde aus Habsucht oder aus Rache seltener sind, als in St. Petersburg. Sogar noch mehr, obgleich sehr zum Diebstahle geneigt, hat der Moujick doch einen Abscheu vor dem Erbrechen, und man darf einem Lohnbedienten oder einem Kutscher ohne Sorge einen verschlossenen Brief voller Bankbillets, wüßte er sogar was er trägt, übergeben, während dem es Unbesonnen wäre, in dem Bereiche dieses Menschen das geringste Geldstück herumfahren zu lassen.

Ich weiß nicht, ob mein Ivoschik ein Dieb war, aber so viel ist gewiß, daß er sehr fürchtete, bestohlen zu werden, denn an dem Gitter des taurischen Palastes angelangt, gab er mir zu verstehen, daß, da der Palast zwei Ausgänge habe, er sehr wünsche, daß ich auf die bedungenen fünf Rubel eine zu der bereits gemachten Fahrt im Verhältniß stehende Abschlagszahlung gäbe. In Paris würde ich dem unverschämten Forderer barsch geantwortet haben, in St. Petersburg lachte ich nur darüber, denn das begegnete Größeren, als ich, die sich nicht darüber beleidigt fühlten. In der That, als zwei Monate zuvor der Kaiser Alexander eines Tages seiner Gewohnheit gemäß zu Fuße spazieren ging, und sich vom Regen bedrohet sah, nahm er eine Mieth-Droschke, und ließ sich nach dem kaiserlichen Palaste fahren; dort angelangt suchte er in seinen Taschen und entdeckte, daß er kein Geld bei sich habe; er sagte nun aus der Droschke steigend zu dem Ivoschik: Warte, ich werde Dir Dein Fuhrlohn senden.

– Ach ja, sagte der Kutscher, ich brauche nur darauf zu warten.

– Wie so? fragte der Kaiser.

– O! ich weiß wohl, was ich sage.

– Nun, laß hören, was sagst Du denn?

– Ich sage, daß ich eben so viele Schuldner habe, die ich nicht wiedersehe, als ich Personen vor ein Haus mit zwei Thüren fahre, die ohne mich zu bezahlen aussteigen.

– Wie? selbst vor dem Palaste des Kaisers?

– Oefter noch als anderswo. Die großen Herren haben sehr wenig Gedächtniß.

– Du mußt Dich beklagen, und die Diebe arretieren lassen, sagte Alexander, den dieses Gespräch belustigte.

– Einen Adeligen arretieren lassen? Eure Excellenz weiß wohl, daß man das vergeblich versuchen würde. Wenn es einer von uns wäre, das lasse ich mir gefallen, das ist leicht, fügte der Kutscher hinzu, indem er auf seinen Bart zeigte, denn man weiß, wo man uns faßt; aber die großen Herrn, die ein glattes Kinn haben, ohnmöglich! Wolle Eure Excellenz darum nur genau in ihren Taschen suchen, und ich bin sicher, daß Sie darin etwas finden werden, um mich zu bezahlen.

– Höre, sagte der Kaiser, hier ist mein Mantel, er ist wohl eine Fahrt werth, nicht wahr? Nun denn, behalte ihn, und gieb ihn dem wieder, der Dir Geld bringt.

– Ah! so ist’s recht, sagte der Ivoschik, Sie sind vernünftig. Einen Augenblick nachher empfing der Kutscher gegen den in Versatz gebliebenen Mantel ein Billet von Hundert Rubel. Der Kaiser hatte zugleich für sich und die, welche zu ihm kamen, bezahlt.

Da ich mich nicht der Laune einer ähnlichen Freigebigkeit hingeben konnte, so begnügte ich mich, meinem Ivoschik die fünf Rubel zu geben, die der Preis seines Tages waren, vergnügt ihm zu beweisen, daß ich mehr Vertrauen in ihn setzte, als er in mich gehabt hatte. Freilich wußte ich seine Nummer, und er meinen Namen nicht.

Der Taurische Palast ist ein Geschenk, welches der Günstling Potemkin, mit seinen prachtvollen feinen Marmorstatuen und feinen Teichen voller Gold- und Azur-Fische, seiner mächtigen und großen Gebieterin, Katharina II. machte, um die Eroberung des Landes zu feiern, dessen Namen er trägt; aber das Erstaunungswürdige dabei ist nicht der Prunk des Gebers, sondern die Gewissenhaftigkeit, mit welcher das Geheimniß bewahrt wurde. Ein Wunder hatte sich in ihrer Hauptstadt erhoben, und Katharina wußte nichts davon, so daß, als sie eines Abends, an welchem sie der Minister zu dem nächtlichen Feste einlud, das er ihr zu geben gedachte, an der Stelle einiger ihr bekannten feuchten Wiesen, einen von Licht strahlenden Palast voller Harmonie und ganz mit lebendigen Blumen geschmückt fand, sie hätte glauben können, daß er von Feen-Händen erbaut sey.

 

Potemkin war auch das Muster für emporgekommene Fürsten, wie Katharina II. das Beispiel für improvisierte Königinnen war; der eine war ein einfacher Unterofficier, die andere eine einfache Prinzessin Deutschlands, und nehme man inzwischen alle Fürsten und alle erblichen Könige dieser Zeit, und man wird finden, daß alle beide groß unter den Großen waren.

Ein außerordentlicher Zufall, oder ein. Berechnung der Vorsehung, hatte sie zusammengeführt. Katharina war dreißig Jahre alt; sie war schön, sie war geliebt durch ihre Wohlthätigkeit und geachtet durch ihre Frömmigkeit, als sie plötzlich erfuhr, daß Peter III. sie verstoßen wolle, um sich mit der Gräfin von Woronzoff zu vermählen, und, um einen Vorwand zur Verstoßung zu haben, die Geburt Paul Petrowitsch für unrechtmäßig zu erklären gedachte. Nun sah sie ein, daß kein Augenblick zu verlieren, sey; sie verläßt am Abend um elf Uhr das Schloß Partei, steigt in den Karren eines Bauern, der nicht weiß, daß er die künftige Czarin fährt, kommt, als der Tag anbricht, nach St. Petersburg, versammelt die Freunde, auf welche sie rechnen zu können glaubt, stellt sich an ihre Spitze, und rückt mit ihnen vor die in St. Petersburg in Besatzung liegenden Regimenter, welche zusammenberufen sind, ohne zu wissen, um was es sich handelt. Vor der Fronte der Linie angelangt, redet sie Katharina an, beschwört ihre Artigkeit als Männer und ihre Treue als Soldaten, dann, den Eindruck benutzend, den ihre Rede hervorgebracht hat, zieht sie einen Degen, von welchem sie die Scheide wegwirft, und verlangt eine Degenquaste, um ihm an ihrem Arme zu befestigen. Ein junger achtzehnjähriger Unterofficier tritt aus seiner Reihe, nähert sich und bietet ihr die seinige an; Katharina nimmt sie mit jenem süßen Lächeln an, wie es diejenigen besitzen, die sich um ein Königreich bewerben. Der junge Unterofficier will sich nun entfernen, um seine Stelle wieder einzunehmen; aber das an die Eskadron gewöhnte Pferd, welches er reitet, verweigert den Gehorsam, bäumt sich, springt, und will halsstarrig an der Seite von dem Pferde der Kaiserin bleiben. Nun betrachtet die Kaiserin den schönen Reiter der sich so an sie schließt; ihr vergeblichen Anstrengungen, sich von dem jungen Manne zu entfernen, scheinen ihr eine Stimme de Vorsehung, welche ihr einen Vertheidiger andeutet Sie macht ihn im Augenblicke selbst zum Officier und acht Tage nachher, als Peter III., ohne Widerstand eingekerkert, die Krone an Katharina abgetreten hat, die er ihr hat nehmen wollen, und als sie wahrhaft Gebieterin war, erinnert sie sich Potemkins, und macht ihn zum Kammerherrn in ihrem Palaste.

Von diesem Tage an war das Glück de Günstlings immer wachsend. Viele griffen ihn an die an ihm sich vernichteten. Ein einziger glaubt gesiegt zu haben, das war ein junger Serbier Namens Zoritsch. Begünstigt durch Potemkin selbst in die Nähe Katharinens durch ihn gestellt, benutzte er seine Abwesenheit, um seinen Sturz durch Verläumdung zu versuchen. Nun langt Potemkin benachrichtigt an, steigt in seiner früheren Wohnung im Palaste ab, und dort erfährt er, daß seine Ungnade vollständig, und daß er verbannt ist. Bei diesem Worte begibt sich Potemkin, ohne den seine Reisekleider bedeckenden Staub abzuschütteln, zu Kaiserin. An der Thüre ihres Zimmers will ihn ein junger Lieutenant der Ehrenwache festnehmen, Potemkin faßt ihn in den Seiten, hebt ihn auf, wirft ihn an die andere Seite des Zimmers, tritt bei der Kaiserin ein, und eine Viertelstunde nachher kommt er wieder hinaus, indem er ein Papier in der Hand hält.

– Nehmen Sie, mein Herr, sagt er zu dem jungen Lieutenant, hier ist die Bestallung zum Hauptmann, die ich so eben von Ihro Majestät für Sie erlangt habe.

Am andern Tage war Zoritsch nach der Stadt Schklow verbannt, welche ein großmüthiger Nebenbuhler zu seiner Herrschaft machen ließ.

Was ihn anbelangt, so träumte er eins um das andere von der Herzogswürde von Kurland und dem Throne von Polen, dann wollte er nichts von alle dem, indem er sich damit begnügte, Königen Feste und Königinnen Paläste zu geben. Welche Krone hätte ihn außerdem mächtiger und glänzender gemacht, als er war? Verehrten ihn die Hofleute nicht wie einen Kaiser? Hatte er nicht an seiner linken Hand, denn seine rechte behielt er bloß, um seinen Säbel besser halten zu können, eben so viel Diamanten, als deren an der Krone waren? Hatte er nicht Couriere, welche von der Wolga Störe, von Astrachan Wasser-Melonen, aus der Krimm Trauben, Sträuße überall her, wo es schöne Blumen gab, holten, und gab er nicht unter andern seiner Gebieterin jedes Neujahr einen Teller Kirschen, der ihm zehn Tausend Rubel kostete?3

Bald Engel, bald Teufel, schuf oder zerstörte er ohne Unterlaß, oder, wenn er weder das eine noch das andere that, verwirrte, aber belebte er alles; nichts war etwas, als bis es nicht mehr da war, und wenn es wieder erschien, so kehrte alles vor ihm in das Nichts zurück. Der Fürst von Leiningen sagte, daß in ihm etwas riesenhaftes, romantisches und barbarisches läge, und der Fürst von Leiningen hatte recht.

Sein Tod wurde sonderbar, wie sein Leben und sein Ende unerwartet, wie sein Anfang. Er hatte ein Jahr lang in Petersburg in Mitte von Festen und Gelagen zugebracht, indem er dachte, daß er für seinen Ruhm und den Elisabeths dadurch genug gethan habe, daß er die Gränzen Rußlands bis über den Kaukasus hinaus ausgedehnt, als er plötzlich erfuhr, daß der alte Repnin, der seine Abwesenheit benutzt, um die Türken zu schlagen und sie zu zwingen um Frieden zu bitten, mehr in zwei Monaten gethan hätte, als er in drei Jahren.

Nun hatte er keine Ruhe mehr: er war freilich krank, aber was liegt daran, er muß abreisen. Was die Krankheit anbelangte, so wird er mit ihr kämpfen und sie wird ihn tödten. Er langt in Jassy, seiner Hauptstadt, an, und geht nach Otschakow, seiner Eroberung, ab. Nachdem er einige Werste gefahren, erstickt ihn die Luft seines Wagens; man breitet seinen Mantel auf dem Boden aus, er steigt aus, legt sich darauf, und verscheidet an dem Rande eines Weges.

Katharina wäre beinahe über seinen Tod gestorben! Alles, selbst das Leben, schien gemeinschaftlich unter diesen beiden großen Herzen, sie wurde drei Mal ohnmächtig, beweinte ihn lange Zeit, und betrauerte ihn immer.

Der Taurische Palast, welchen in dem Augenblicke, wo ich ihn besuchte, der Großfürst Michael inne hatte, diente eine Zeitlang der Königin Louise zur Wohnung, dieser modernen Amazone, die einen Augenblick lang hoffte, ihren Besieger zu besiegen; denn als Napoleon sie das erste Mal erblickte, hatte er zu ihr gesagt: »Madame, ich wußte wohl, daß Sie die schönste Königin wären, aber ich wußte nicht, daß Sie auch die schönste Frau sind.« Unglücklicher Weise war die Galanterie des Korsischen Heros nicht von langer Dauer. Eines Tages spielte die Königin Louise mit einer Rose:

– Geben Sie mir diese Rose, sagte Napoleon.

– Geben Sie mir Magdeburg, antwortete die Königin.

– Ach! meiner Treue! rief der Kaiser aus, das würde zu theuer sein.

Die Königin warf die in ihren Händen befindliche Rose vor Aerger weg, aber sie bekam Magdeburg nicht.

Den Taurischen Palast verlassend, setzte ich meinen Ausflug fort, indem ich über die Brücke von Troitskoi fuhr, um die Hütte Peter 1, dieses plumpe kaiserliche Kleinod zu besuchen, von dem ich am Tage zuvor nur die Hülle gesehen hatte.

Die volksthümliche Ehrfurcht hat dieses Denkmal in seiner ganzen ersten Reinheit bewahrt, und das Speisezimmer, der Salon und das Schlafgemach scheinen noch die Rückkehr des Czar zu erwarten. In dem Hofe steht die kleine Barke, welche ganz von dem Zimmermanne von Saardam erbauet ist, und deren er sich bediente, um sich auf der Newa nach den verschiedenen Punkten der entstehenden Stadt zu fahren, wo seine Gegenwart nothwendig war.

2Draisinen.
3Potemkin hatte in seinem Gefolge einen Officier Namens Faucher, den er immerwährend zu solchen Sendungen verwandte, und der beständig als Courier reitete. Dieser Officier hatte sich in der Ahnung, daß er auf irgend einer seiner Reifen den Hals brechen würde, im voraus folgende Grabschrift gemacht: Ci git Faucher, Hier liegt Faucher, Fouette, Cocher. Klatsche, Kutscher.
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