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Der Graf von Bragelonne

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X.
Der Schatz

Der französische Edelmann, den Spithead Monk gemeldet hatte, und der so gut in seinen Mantel gehüllt an dem Fischer vorübergeritten war, welcher aus dem Zelt des Generals fünf Minuten, ehe er eintrat, herauskam, der französische Edelmann, sagen wir, zog durch die verschiedenen Posten, ohne im Geringsten umherzuschauen, aus Furcht, indiscret zu sein. Man führte ihn, dem Befehl gemäß, in das Zelt des General Monk. Der Cavalier blieb allein in dem Vorzimmer, das vor dem Zelt kam, und wartete hier auf Monk, der, um zu erscheinen, nur so lange zögerte, als er brauchte, um die Meldung seiner Leute zu hören und durch die leinene Scheidewand das Gesicht desjenigen zu studiren, welcher um eine Unterredung bat.

Ohne Zweifel bestätigte die Meldung der Leute, welche den französischen Cavalier begleitet hatten, die Discretion, mit der er zu Werk gegangen war, denn der erste Eindruck, den auf den Fremden der Empfang machte, der ihm von Seiten des Generals zu Theil wurde, war viel günstiger, als er in einem solchen Augenblick und von einem so argwöhnischen Mann erwartet hatte. Nichtsdestoweniger heftete Monk seiner Gewohnheit gemäß, als er sich dem Fremden gegenüber fand, auf diesen seine durchdringenden Blicke, welche der Fremde, ohne in Verlegenheit zu gerathen oder unruhig zu werden, aushielt. Nach Verlauf von einigen Secunden bedeutete der General durch eine Geberde der Hand und des Kopfes, daß er warte.

»Mylord,« sprach der Cavalier in vortrefflichem Englisch, »ich habe Eure Ehren um eine Unterredung in einer sehr wichtigen Angelegenheit bitten lassen.«

»Mein Herr,« erwiederte Monk französisch, »Ihr sprecht unsere Sprache sehr rein für einen Sohn des Festlands. Ich bitte Euch um Verzeihung, denn ohne Zweifel ist meine Frage unbescheiden, sprecht Ihr das Französische mit derselben Reinheit?«

»Ihr dürft Euch nicht darüber wundern, Mylord, daß ich das Englische ziemlich geläufig spreche; ich habe in meiner Jugend in England gewohnt und seitdem zwei Reisen in diesem Land gemacht.«

Diese Worte wurden französisch gesprochen, und zwar mit einer Sprachreinheit, welche nicht nur einen Franzosen, sondern sogar einen Franzosen aus der Gegend von Tours bezeichnete.

»Und in welchem Theil voit England habt Ihr gewohnt, mein Herr?«

»In meiner Jugend in London, Mylord, sodann um’s Jahr 1635 machte ich eine Vergnügungsreise in Schottland; im Jahr 1648 endlich wohnte ich einige Zeit in Newcastle und besonders in dem Kloster, dessen Gärten von Eurer Armee besetzt sind.«

»Entschuldigt mich, mein Herr, doch von meiner Seite werdet Ihr diese Frage begreifen, nicht wahr?«

»Ich würde mich wundern, Mylord, solltet Ihr dieselbe nicht machen.«

»Sprecht nun, mein Herr, womit kann ich Euch dienlich sein, und was wünscht Ihr von mir?«

»Hört, Mylord; doch sind wir allein?«

»Vollkommen allein, mein Herr, mit Ausnahme des Postens, der uns bewacht.«

Als Monk diese Worte sprach, schob er die Leinwand des Zeltes mit der Hand zurück und zeigte dem Cavalier, daß die Schildwache höchstens zehn Schritte entfernt war, und daß man auf den ersten Ruf in einer Secunde bewaffneten Beistand haben konnte.

»Wenn es so ist, Mylord,« sagte der Fremde mit so ruhigem Tone, als stünde er seit langer Zeit in freundschaftlicher Verbindung mit Monk, »wenn wir allein sind, so bin ich entschlossen, mit Eurer Herrlichkeit zu sprechen, da ich weiß, daß Ihr ein redlicher Mann seid. Die Mittheilung, die ich Euch zu machen habe, wird Euch übrigens beweisen, wie hoch ich Euren Werth schätze.«

Erstaunt über diese Sprache, welche zwischen ihm und dem französischen Edelmann wenigstens die Gleichheit feststellte, heftete Monk sein durchdringendes Auge auf den Fremden und sagte mit einer Ironie, welche nur durch die Biegung der Stimme bemerkbar war, denn es rührte sich nicht eine Muskel seines Gesichtes:

»Ich danke Euch, mein Herr; doch ich bitte, sagt mir vor Allem, wer seid Ihr?«

»Ich habe meinen Namen schon dem Sergenten genannt, Mylord.«

»Entschuldigt, er ist ein Schottländer, und es war ihm schwierig, ihn zu behalten.«

»Ich heiße Graf de la Fère,« sagte Athos sich verbeugend.

»Graf de la Fère?« versetzte Monk, in seinem Gedächtniß suchend. Verzeiht, mein Herr, doch mir scheint, es ist nicht das erste Mal, daß ich diesen Namen höre. Nehmt Ihr einen Posten am französischen Hose ein?«

»Keinen. Ich bin ein einfacher Edelmann.«

»Welche Würde?«

»König Karl I. hat mich zum Ritter vom Hosenbandorden gemacht, und Anna von Oesterreich hat mir das Band des heiligen Geistordens gegeben. Das sind meine einzigen Würden, mein Herr.«

»Das Hosenband! den heiligen Geistorden! Ihr seid Ritter von diesen zwei Orden, mein Herr?«

»Ja.«

»Bei welcher Veranlassung ist Euch eine solche Gunst zu Theil geworden?«

»Für Dienste, die ich Ihren Majestäten geleistet habe.«

Monk schaute voll Erstaunen diesen Mann an, der ihm zugleich so einfach und so groß vorkam. Dann, als hätte er darauf verzichtet, das Geheimniß dieser Einfachheit und dieser Größe zu ergründen, über das ihm der Fremde keine andere Auskunft, als die, welche er schon erhalten, zu geben geneigt zu sein schien, sagte er.

»Ihr seid es wohl, der gestern bei den Vorposten erschienen ist?«

»Und den man zurückgewiesen hat, ja, Mylord.«

»Viele Officiere, mein Herr, gestatten Niemand den Eintritt in ihr Lager, besonders am Vorabend einer wahrscheinlichen Schlacht. Doch ich weiche darin von meinen Collegen ab und liebe es, nichts hinter mir zu lassen. Jede Warnung ist mir gut; jede Gefahr wird mir von Gott geschickt, und ich wäge sie in meiner Hand mit der Energie ab, die er mir gegeben hat. Ihr seid auch gestern nur wegen des Raths, den ich eben hielt, zurückgewiesen wurden. Heute bin ich frei, sprecht.«

»Mylord, Ihr habt um so besser daran gethan, mich zu empfangen, als es sich weder um die Schlacht, die Ihr dem General Lambert zu liefern im Begriff seid, noch um Euer Lager handelt, und zum Beweise mag dienen, daß ich, um Eure Leute nicht zu sehen, den Kopf abgewendet, und um Eure Zelte nicht zu zählen, die Äugen geschlossen habe. Nein, ich komme, um für mich zu sprechen, Mylord.«

»Sprecht also, mein Herr.«

»So eben,« fuhr Athos fort, »so eben hatte ich die Ehre, Eurer Herrlichkeit zu sagen, ich habe lange in Newcastle gewohnt: es war dies zur Zeit von König Karl I., und als der selige König durch die Schottländer Herrn Cromwell ausgeliefert wurde.«

»Ich weiß es.« erwiederte Monk mit kaltem Ton.

»Ich hatte in jenem Augenblick eine starke Summe in Gold, und aus einer Ahnung vielleicht, wie die Dinge am andern Tage gehen müßten, verbarg ich sie in dem Hauptkeller des Klosters von Newcastle, in dem Thurm, dessen Gipfel Ihr von hier aus vom Mond versilbert seht. Mein Schatz ist also dort vergraben worden, und ich komme, um Eure Herrlichkeit zu bitten, Ihr möget mir erlauben, ihn von dort zurückzunehmen, ehe vielleicht, wenn sich die Schlacht nach jener Seite zieht, eine Mine oder irgend ein anderes Kriegsspiel das Gebäude zerstört und mein Gold verzettelt oder so sichtbar macht, daß sich die Soldaten desselben bemächtigen.«

Monk verstand sich auf die Menschen; er sah auf dem Gesichte von diesem jede Energie, jede Vernunft, jede mögliche Klugheit. Er konnte also nur einem hochherzigen Vertrauen, die Offenbarung des französischen Edelmanns zuschreiben, und er zeigte sich tief gerührt dadurch.

»Mein Herr,« sagte er, »Ihr habt Euch in Eurer Meinung über mich in der That nicht getäuscht. Doch ist es die Summe werth, daß Ihr Euch einer Gefahr aussetztet? Glaubt Ihr sogar, daß sie noch an dem Ort ist, wo Ihr sie gelassen habt?«

»Sie ist noch dort, zweifelt nicht daran.«

»Das ist eine Frage; doch die andere . . . Ich fragte Euch, war die Summe so stark, daß Ihr Euch deshalb solchen Gefahren aussetzen mußtet?«

»Sie ist wirklich stark, ja, Mylord, und es ist eine Million, die ich in zwei Tonnen eingeschlossen habe.«

»Ein Million!« rief Monk, den diesmal Athos ebenfalls fest und lang anschaute.

Monk bemerkte es; da regte sich sein Mißtrauen wieder.

»Das ist ein Mensch,« sagte er, »der mir eine Falle stellt. Mein Herr,« fuhr er laut fort, »Ihr möchtet gern diese Summe zurücknehmen, so viel ich begreife?«

»Wenn es Euch beliebt, Mylord.«

»Heute?«

»Noch diesen Abend, und zwar wegen der Umstände, die ich Euch erklärt habe.«

»Aber, mein Herr,« entgegnete Monk, »der General Lambert ist ebenso nahe bei der Abtei, wo Ihr zu thun habt, als ich. Warum habt Ihr Euch nicht an ihn gewendet?«

Mylord, wenn man in wichtigen Verhältnissen handelt, muß man vor Allem mit seinem Instinct zu Rathe gehen: der General Lambert flößt mir aber nicht das vertrauen ein, das Ihr mir einflößt.«

»Es sei, mein Herr, Ich werde machen, daß Ihr Euer Geld wieder auffindet, wenn es überhaupt noch da ist, denn es kann am Ende nicht mehr da sein. Seit 1643 sind zwölf Jahre abgelaufen und viele Ereignisse vorgefallen.«

Monk hob diesen Punkt hervor, um zu sehen, ob der französische Edelmann den Ausweg ergreifen würde, der ihm geöffnet war, aber Athos verzog keine Miene.

»Ich versichere Euch, Mylord,« erwiederte er ruhig, »ich bin hinsichtlich meiner zwei Tonnen fest überzeugt, daß sie weder den Platz, noch den Herrn verändert haben.«

Diese Antwort benahm Monk einen Verdacht, gab ihm aber einen andern ein.

Ohne Zweifel war der Franzose ein Emissär, den man abgesandt hatte, um den Beschützer des Parlaments zu einem Fehler zu verleiten; das Gold war nur ein Köder; mit Hilfe dieses Köders wollte man ohne Zweifel die Habgier des Generals rege machen. Dieses Gold sollte gar nicht bestehen. Es handelte sich für Monk darum, den französischen Cavalier auf einer Lüge und einer List zu ertappen, und gerade aus der Falle, in. der ihn seine Feinde fangen wollten, einen Triumph für seinen Ruf zu ziehen. Sobald sich Monk über das, was zu thun war, entschieden hatte, sagte er zu Athos:

 

»Mein Herr, Ihr werdet mir ohne Zweifel die Ehre erweisen, mein Abendbrod mit mir zu theilen?«

»Ja Mylord.« antwortete Athos sich verbeugend, »denn Ihr erweist mir eine Ehre, der ich mich durch die Neigung, die mich zu Euch hinzieht, würdig fühle.«

»Es ist um so freundlicher von Euch, daß Ihr meine Einladung so bereitwillig annehmt, als meine Köche durchaus nicht zahlreich und geübt, und als meine Proviantmeister diesen Abend mit leeren Händen zurückgekommen sind, so daß, wenn sich nicht ein Fischer Eurer Nation in mein Lager verirrt hätte, der General Monk sich heute ohne Abendbrod niederlegen müßte. Ich habe also frische Fische, wie mir der Verkäufer sagte.«

»Mylord, ich entspreche hauptsächlich Eurer Einladung, um die Ehre zu haben, einige Augenblicke länger in Eurer Gesellschaft zuzubringen.«

Nach diesem Austausch von Höflichkeiten, in dessen Verlauf Monk nichts von seiner Umsicht verlor, wurde das Abendbrod, oder das, was dessen.Stelle einnehmen sollte, auf einen Tisch von Tannenholz aufgetragen.

Monk bedeutete dem Grafen de la Fère durch ein Zeichen, er möge sich an diesen Tisch setzen/und nahm ihm gegenüber Platz: eine einzige Platte mit gesottenem Fisch bedeckt entsprach, den zwei erhabenen Gästen geboten, mehr ausgehungerten Magen, als schmierigen Gaumen.

Während er zu Nacht speiste, nämlich den mit schlechtem Ale besprengten Fisch aß, ließ sich Monk die letzten Ereignisse der Fronde, die Aussöhnung von Herrn von Condé mit dem König, die wahrscheinliche Vermählung Seiner Majestät mit der Infantin Maria Theresia erzählen, doch er vermied, wie es Athos selbst vermied, jede Anspielung auf die politischen Interessen, welche in diesem Augenblick England, Frankreich und Holland einigten, oder vielmehr veruneinigten.

Monk überzeugte sich bei diesem Gespräch von einer Sache, die er schon bei dem Austausch der ersten Worte bemerkte, daß er es nämlich mit einem Mann von hoher Distinction zu thun hatte.

Dieser Mann konnte kein Mörder sein, und es widerstrebte Monk, ihn für einen Spion zu halten, doch an Athos war genug Feinheit und zugleich Festigkeit bemerkbar, daß Monk in ihm einen Verschwörer zu erkennen glaubte.

Als sie vom Tische aufstanden, fragte Monk:

»Ihr glaubt also an Euren Schatz, mein Herr?«

»Ja, Mylord.«

»Im Ernst?«

»In vollem Ernst.«

»Und Ihr glaubt, Ihr werdet den Platz wieder finden, wo er vergraben ist?«

»Bei der ersten Einsicht.«

»Wohl, mein Herr,« sagte Monk, »aus Neugierde werde ich Euch begleiten. Und ich muß Euch um so mehr begleiten, als Ihr die größten Schwierigkeiten finden würdet, wenn Ihr ohne mich oder ohne einen meiner Lieutenants im Lager umhergehen wolltet.«

»General, ich winde es nicht dulden, daß Ihr Euch stören ließet, bedürfte ich nicht in der That Eurer Gesellschaft; doch da ich erkenne, daß diese Gesellschaft nicht nur ehrenvoll, sondern nothwendig für mich ist, so nehme ich Euer Anerbieten an.«

»Wünscht Ihr, daß wir Leute mitnehmen?« sagte Monk.

»General, ich glaube, es ist unnöthig, wenn Ihr es nicht selbst etwa für nothwendig erachtet. Zwei Männer und ein Pferd werden genügen, um die zwei Tonnen auf die Felucke zu schaffen, die mich gebracht hat.«

»Aber man wird hacken, graben, die Erde umwühlen, die Steine spalten müssen, und Ihr gedenkt doch wohl dieses Geschäft nicht allein abzumachen?«

»General, man braucht weder zu hacken, noch die Erde zu umwühlen. Der Schatz ist in der Gruft des Klosters begraben; unter einem Stein, in welchem ein dicker, eiserner Ring eingelöthet ist, öffnet sich eine kleine Staffel von vier Stufen, Dort sind die zwei Tonnen, Ende an Ende und mit Gyps übertüncht, so daß das Ganze die Form eines Sarges hat. Dabei ist eine Inschrift, die mir zu Erkennung des Steines dienen muß, und da ich in einer Angelegenheit von so zarter Natur, bei einer Vertrauenssache kein Geheimniß vor Eurer Herrlichkeit haben will, so nenne ich Euch diese Inschrift:

»Hic jacet venerabilis Petrus Guilelmus Scott. Canon. Honorab. Conventius novi castelli. Obiit quarta et decima die Febr. ann, dom. CIƆIƆCVIII.

»Requiescat in pace.«

Monk verlor kein Wort. Er staunte entweder über die wunderbare Doppelheit dieses Mannes und über die ausgezeichnete Weise, wie er seine Rolle spielte, oder über die Treuherzigkeit, über den guten Glauben, womit er sein Gesuch in einer Lage vorbrachte, wo es sich um eine Million handelte, die gegen einen Dolchstoß mitten unter einer Armee gewagt wurde, welche den Raub wie eine Wiedererstattung betrachtet hätte.

»Es ist gut,« sagte er, »ich begleite Euch, und das Abenteuer kommt mir so wunderbar vor, daß ich selbst die Fackel tragen will.«

Während er diese Worte sprach, schnallte er ein kurzes Schwert um, steckte er eine Pistole in seinen Gürtel und entblößte bei dieser Bewegung, die sein Wamms ein wenig öffnete, die seinen Ringe eines Panzerhemdes, das bestimmt war, ihn vor dem ersten Dolchstoß eines Mörders zu schützen.

Nachdem er dies gethan, nahm er einen schottischen Dirk in seine linke Hand, wandte sich gegen Athos um und sagte:

»Seid Ihr bereit, mein Herr? ich bin es.«

Athos nahm im Gegensatz zu dem, was Monk gethan, seinen Dolch und legte ihn auf den Tisch, schnallte die Kuppel seines Degens los, legte diesen neben seinen Dolch, öffnete ohne Affectation die Agraffen seines Wammses, als wollte er sein Sacktuch suchen, und zeigte unter seinem seinen Batisthemd seine bloße, weder durch Angriffs- noch Vertheidigungswaffen geschützte Brust.

»Das ist in der That ein seltsamer Mann,« sagte Monk, »er ist völlig unbewehrt; er muß also einen Hinterhalt dort gelegt haben.«

»General,« sprach Athos, als hätte er den Gedanken von Monk errathen, »es ist Euer Wille, daß wir allein seien, sehr gut; doch ein großer Feldherr muß sich nie verwegen aussetzen; es ist Nacht, der Weg durch das Moor kann Gefahren bieten, laßt Euch begleiten.«

»Ihr habt Recht.« erwiederte Monk.

Und er rief:

»Digby!«

Der Adjutant erschien.

»Fünfzig Mann mit dem Degen und der Muskete,« befahl er.

Und er schaute Athos an.

»Das ist sehr wenig, wenn eine Gefahr droht,« sagte Athos; »es ist zu viel, wenn keine droht.«

»Ich werde allein gehen,« sprach Monk. »Digby, ich brauche Niemand. Kommt, mein Herr.«

XI.
Das Moor

Athos und Monk durchschritten mit einander auf ihrem Wege vom Lager nach der Tweed denjenigen Theil der Gegend, durch welchen Digby die Fischer geführt hatte, als sie von der Tweed nach dem Lager gingen. Der Anblick dieses Ortes, der Anblick der Veränderungen, welche die Menschen hier bewirkt hatten, war ganz geeignet, den grüßten Eindruck auf eine so zarte und so lebhafte Einbildungskraft wie die von Athos hervorzubringen. Athos schaute nur diese verwüsteten Orte an; Monk schaute nur Athos an, der, die Augen bald zum Himmel aufgeschlagen, bald auf die Erde gerichtet, suchte, dachte, seufzte.

Digby, den der letzte Befehl des Generals und besonders der Ausdruck, mit dem er gegeben worden, beunruhigt hatten, folgte den nächtlichen Wanderern ungefähr zwanzig Schritte; als sich aber der General umwandte, als ob er darüber, daß man seinen Befehlen nicht Folge leistete, erstaunt wäre, begriff der Adjutant, sein Benehmen müßte unbescheiden erscheinen, und kehrte in sein Zelt zurück.

Er vermuthete, der General wolle incognito in seinem Lager eine von jenen von der Wachsamkeit gebotenen Revuen vornehmen, welche jeder erfahrene Feldherr am Vorabend eines entscheidenden Treffens vorzunehmen nicht verfehlt; er erklärte sich für diesen Fall die Gegenwart von Athos, wie sich ein Untergeordneter stets Alles erklärt, was von Seiten des obersten Führers Geheimnißvolles vorgeht, Athos konnte und mußte sogar in den Augen von Digby ein Spion sein, dessen Mittheilungen den General erleuchten sollten.

Nachdem sie ungefähr zehn Minuten durch die Zelte und Posten gegangen waren, die sich in der Umgegend des Hauptquartiers viel näher angeschlossen fanden, gelangte Monk mit seinem Begleiter auf eine kleine Chaussee, welche in drei Zweigen auslief. Der links führte nach dem Fluß, der in der Mitte nach der Abtei Newcastle am Moor, der rechts durchschnitt die ersten Linien des Lagers von Monk, nämlich die Linien zunächst bei der Armee von Lambert. Jenseits des Flusses war ein Vorposten von dem Heere von Monk, der den Feind überwachte: er bestand aus hundert und fünfzig Schottländern, welche über die Tweed geschwommen waren und für den Fall eines Angriffs wieder zurückschwimmen und das Lärmzeichen geben sollten; doch da sich an diesem Ort keine Brücke fand und die Soldaten von Lambert sich nicht so rasch ins Wasser begaben, wie die von Monk, so schien der letztere auf dieser Seite nicht viel zu befürchten.

Diesseits des Flusses, etwa fünfhundert Schritte von der alten Abtei, hatten die Fischer ihre Wohnstätte, mitten unter einem wimmelnden Haufen kleiner Zelte, welche die benachbarten Clans, die ihre Weiber und Kinder mit sich führten, aufgeschlagen hatten.

Dieses ganze Gemenge bot im Mondschein einen ergreifenden Anblick; der Halbschatten adelte jede Einzelheit, und das Licht, dieser Schmeichler, der sich nur der glatten Seite der Dinge anschmiegt, hob auf jeder verrosteten Muskete den noch unberührten Fleck, auf jedem Leinwandfetzen den weißesten und am wenigsten beschmutzten Theil hervor.

Monk kam also mit Athos, diese düstere Landschaft durchschreitend, welche von einem doppelten Schimmer, vom silbernen Schimmer des Mondes und vom röthlichen Schimmer der sterbenden Wachtfeuer, beleuchtet war, nach dem Scheideweg der drei Chausseen. Hier blieb er stehen, wandte sich an feinen Gefährten und fragte ihn:

»Mein Herr, werdet Ihr Euren Weg erkennen?«

»General, wenn ich mich nicht täusche, führt der mittlere Weg gerade nach der Abtei.«

»So ist es; doch wir werden Licht nöthig haben, um in den unterirdischen Gewölben sicher zu gehen.«

Monk wandte sich um.

»Ah! Digby ist uns gefolgt, wie es scheint,« fügte er bei; »desto besser, er wird uns verschaffen, was wir brauchen.«

»Ja, General, es ist in der That dort ein Mensch, der seit einiger Zeit hinter uns geht.«

»Digby?« rief Monk, »Digby? Ich bitte, kommt hierher.«

Doch statt zu gehorchen, machte der Schatten eine Bewegung des Erstaunens, und statt vorzuschreiten, zurückweichend, bückte er sich und verschwand längs dem Hafendamm, indem er sich nach dem Quartier wandte, das den Fischern angewiesen worden war.

»Es scheint, es war nicht Digby,« sagte Monk.

Beide waren mit dem Auge dem Schalten, der auf diese Art verschwand, gefolgt. Doch ein Mensch, der um elf Uhr Abends in einem Lager, das zehn bis zwölftausend Mann inne hatten, umherschweift, ist nichts so Seltenes, daß Athos und Monk über dieses Verschwinden halten in Unruhe gerathen sollen.

»Da wir indessen nothwendig eine Laterne, eine Fackel oder dergleichen haben müssen, um zu sehen, wohin wir unsere Füße setzen, so wollen wir diese Laterne suchen,« sagte Monk.

»General, der erste der beste Soldat wird uns leuchten.«

»Nein,« erwiederte Monk, der beobachten wollte, ob nicht irgend ein Zusammenwirken Mischen dem Grasen de la Fère und den Fischern stattfinde, »nein, einer von den französischen Matrosen, welche diesen Abend Fische an mich verkauft haben, wäre mir lieber. Sie gehen morgen wieder ab, und das Geheimniß wird bei ihnen besser bewahrt sein; während, wenn sich das Gerücht verbreitete, man habe Schätze in der Abtei von Newcastle gefunden, meine Hochländer glauben würden, es liege unter jeder Platte eine Million, und dann ließen sie vom ganzen Gebäude keinen Stein auf dem andern.«

»Macht es, wie Ihr wollt, General,« sagte Athos mit so natürlichem Ton, daß ihm offenbar Alles, Soldat oder Fischer, gleichgültig war, und daß man leicht einsehen konnte, er gebe Niemand einen Vorzug.

Monk näherte sich der Chaussee, hinter welcher derjenige verschwunden war, den der General für Digby gehalten hatte, und begegnete einer Patrouille, welche die Runde durch die Zelte machte und sich nach dem Hauptquartier wandte; er wurde mit seinem Gefährten angehalten, gab das Losungswort und ging weiter.

Durch das Geräusch erweckt, erhob sich ein Soldat in seinem Plaid, um zu sehen, was vorgehe.

»Fragt ihn, wo die Fischer seien,« sagte Monk zu Athos; »wenn ich diese Frage an ihn richtete, würde er mich erkennen.«

Athos näherte sich dem Soldaten, der ihm das Zelt bezeichnete; sogleich wandten sich Monk und Athos nach dieser Seite.

 

Es kam dem General vor, als ob in dem Augenblick, wo er sich näherte, ein Schatten dem ähnlich, welchen er schon gesehen, in das Zelt schlüpfte; als er aber eintrat, erkannte er, daß er sich getäuscht haben mußte, denn Alles schlief durcheinander, und man sah nur verschlungene Arme und Beine.

Athos, der befürchtete, man habe ihn im Verdacht, er siehe in Verbindung mit einem von seinen Landsleuten, blieb vor dem Zelt.

»Halloh!« rief Monk französisch, »aufgewacht!«

Zwei oder drei Schläfer erhoben sich.

»Ich brauche einen Mann, um mir zu leuchten,« fuhr Monk fort.

Alles gerieth in Bewegung, die Einen erhoben sich, die Andern standen völlig auf. Der Anführer war zuerst aufgestanden.

»Eure Herrlichkeit kann sich auf uns verlassen,« sagte er mit einer Stimme, welche Athos beben machte. »Wohin soll es gehen?«

»Ihr werdet es sehen. Rasch eine Laterne!«

»Ja, Eure Herrlichkeit. Beliebt es Eurer Herrlichkeit, daß ich sie begleite?«

»Du oder ein Anderer, das ist mir gleichgültig, wenn mir nur Einer leuchtet.«

»Das ist seltsam,« dachte Athos, »was für eine sonderbare Stimme hat dieser Fischer!«

»Feuer, Ihr Leute!« rief der Fischer, »rasch, beeilt Euch!«

Dann sich an denjenigen wendend, welcher zunächst bei ihm war, sagte er leise:

»Leuchte Du, Menneville, und sei auf Alles gefaßt.«

Einer von den Fischern schlug Feuer und zündete mit Hilfe eines Schwefelhölzchens eine Laterne an.

Sogleich war das Zelt vom Licht überströmt.

»Seid Ihr bereit, mein Herr?« fragte Monk Athos, der sich abwandte, um sein Gesicht nicht der Helle auszusetzen.

»Ja, General,« erwiederte er.

»Ah! der französische Edelmann,« sagte ganz leise der Anführer der Fischer. »Pest! ich habe einen guten Gedanken gehabt, daß ich Dir den Auftrag gegeben, Menneville; er brauchte mich nur zu erkennen! Leuchte, leuchte!«

Dieses Gespräch wurde im Hintergrunde des Zeltes und so leise geführt, daß Monk nicht eine Sylbe hören konnte. Ueberdies plauderte er mit Athos.

Menneville machte sich während dieser Zeit bereit, oder er erhielt vielmehr Befehle von seinem Anführer.

»Nun?« sagte Monk.

»Hier, mein General,« sprach der Fischer.

Monk. Athos und der Fischer verließen das Zelt.

»Es ist unmöglich,« dachte Athos; »welches Hirngespenst machte ich mir da!«

»Gehe voran, folge der mittleren Chaussee und strecke die Beine aus,« sagte Monk zu dem Fischer.

Sie waren nicht zwanzig Schritte gegangen, als derselbe Schatten, der im Zelt zu verschwinden geschienen hatte, wieder herauskam, bis zu den Grundpfählen fortkroch und, beschützt durch diese Brüstung, welche in der Gegend der Chaussee angebracht war, neugierig beobachtete, wohin der General ging.

Alle Drei verschwanden im Nebel. Sie wanderten gegen Newcastle, dessen weiße Steine man schon wie Grabsteine erblickte.

Nachdem sie einige Secunden unter der Vorhalle Halt gemacht hatten, drangen sie in das Innere. Das Thor war mit Arthieben erbrochen. Ein Posten von vier Mann schlief in voller Sicherheit in einer Vertiefung, so gewiß glaubte man sich, der Angriff könnte nicht von dieser Seite kommen.

»Diese Leute werden Euch nicht unangenehm sein?« sagte Monk zu Athos.

»Im Gegentheil, sie werken die Fässer wälzen helfen, wenn es Eure Herrlichkeit erlaubt.«

»Ihr habt Recht.«

Obgleich völlig eingeschlafen, erwachte der Posten doch bei den ersten Tritten der nächtlichen Gäste mitten unter dem Grase und den Brombeerstauden, die sich des Thorwegs bemächtigt hatten, Monk sagte das Losungswort und drang, immer die Laterne voran, in das Innere des Klosters. Er kam zuletzt, die geringste Bewegung von Athos überwachend, seinen Dirk ganz entblößt und bereit, ihn dem Edelmann in die Hüfte zu stoßen, bei der ersten verdächtigen Geberde, die er von ihm sehen würde. Doch Athos ging festen, sicheren Schrittes durch die Säle und Höfe.

Es fand sich keine Thüre, kein Fenster mehr an diesem Gebäude. Die Thüren waren verbrannt worden, einige auf dem Platz, und die Kohlen waren noch durch die Wirkung des Feuers ausgezackt, das ohne Zweifel ohnmächtig, diese durch eiserne Nägel zusammengehaltenen, massigen eichenen Bohlen ganz und gar zu zerstören, von selbst erloschen war. An den Fenstern waren alle Scheiben zerbrochen, und man sah durch die Löcher Nachtvögel entfliehen, welche der Schein der Laterne erschreckte. Zugleich fingen riesige Fledermäuse an, um die zwei Ueberlästigen ihre weiten schweigsamen Kreise zu ziehen, während man in dem Lichte, das an die hohen steinernen Mauern geworfen wurde, ihren Schatten zittern sah. Dieses Schauspiel war beruhigend für Denker. Monk schloß daraus, es befinde sich kein Mensch im Kloster, da die scheuen Thiere noch hier waren und bei seiner Annäherung entflohen.

Nachdem er die Trümmer überschritten und mehr als eine Epheuranke ausgerissen hatte, die gleichsam als ein Wächter der Einsamkeit dastand, gelangte Athos in das Gewölbe, das unter dem großen Saal lag, dessen Eingang aber in die Kapelle führte. Hier blieb er stehen.

»Wir sind an Ort und Stelle, General,« sagte er.

»Hier ist also die Platte?«

»Ja.«

»In der That, ich erkenne den Ring, doch dieser Ring ist flach eingelöthet.«

»Wir brauchen einen Hebel.«

»Das kann man sich leicht verschaffen.«

Umherschauend erblickten Monk und Athos eine kleine Esche von drei Zoll im Durchmesser, welche in einer Ecke der Mauer emporgewachsen war und bis zu einem Fenster reichte, das ihre Zweige verblendet hatten.

»Hast Du ein Messer?« fragte Monk den Fischer.

»Ja, Herr.«

»So schneide diesen Baum ab.«

Der Fischer gehorchte, doch nicht ohne daß sein Messer Scharten bekam.

Als die Esche abgeschnitten und zu einem Hebel geformt war, drangen die drei Männer in das unterirdische Gewölbe.

»Bleibe hier stehen,« sagte Monk, dem Fischer einen Winkel des Gewölbes bezeichnend, »wir haben Sprengpulver bei uns, und Deine Laterne wäre gefährlich.«

Der Mann wich mit einem gewissen Schrecken zurück und blieb pünktlich an dem Posten, den man ihn angewiesen hatte, während Monk und Athos sich um eine Säule wandten, an deren Fuß ein Mondstrahl gerade auf den Stein fiel, welchen zu suchen der Graf de la Fère von so fern her gekommen war.

»Hier ist es,« sagte Athos, auf die lateinische Inschrift deutend.

»Ja,« sprach Monk.

Dann, da er dem Franzosen noch ein Mittel, auszuweichen, bieten wollte, fügte er bei:

»Bemerkt Ihr nicht, daß man schon in diesen Keller gedrungen, ist und daß mehrere Statuen zerbrochen sind?«

»Mylord, Ihr habt ohne Zweifel sagen hören, die religiöse Ehrfurcht Eurer Schottländer gebe gern zur Bewachung den Statuen der Todten die kostbaren Gegenstände, die sie im Leben besessen. So mußten die Soldaten glauben, unter dem Fußgestell der Statuen, welche die Mehrzahl dieser Gräber schmückten, wäre ein Schatz vergraben. Deshalb haben sie Fußgestell und Statue zerbrochen; doch das Grab des ehrwürdigen Stiftsherrn, mit dem wir es zu thun s haben, zeichnet sich nicht durch ein Denkmal aus. Es ist einfach und wurde beschützt durch die abergläubische Furcht, welche Eure Puritaner stets vor einem Kirchenraube gehabt haben; nicht ein Stückchen von dem Mauerwerk dieses Grabes ist zerbröckelt worden.«

»Das ist wahr,« sagte Monk., Athos nahm den Hebel.

»Soll ich Euch helfen?« fragte Monk.

»Ich danke, Mylord. Eure Herrlichkeit soll nicht die Hand an ein Werk legen, dessen Verantwortlichkeit sie vielleicht nicht gern übernähme, wenn sie die wahrscheinlichen Folgen davon kennen würde.«

Monk schaute empor.

»Was wollt Ihr damit sagen?« fragte er.

»Ich will damit sagen . . . Doch dieser Mensch . . . «

»Wartet . . . ich begreife, was Ihr befürchtet, und will es Euch beweisen.«

Monk wandte sich gegen den Fischer um, dessen! Silhouette man durch die Laterne beleuchtet erblickte, und rief ihm in befehlendem Ton zu:

»Come here, friend!«

Der Fischer rührte sich nicht.

»Es ist gut,« fuhr er fort, »er versteht das Englische nicht. Sprecht also Englisch mit mir, wenn es Euch beliebt, mein Herr.«

»Mylord,« erwiederte Athos, »oft sah ich, daß Menschen unter gewissen Umständen die Selbstbeherrschung, besaßen, auf eine Frage nicht zu antworten, die man in einer Sprache, welche sie verstanden, an sie richtete. Der Fischer ist vielleicht gelehrter, als wir glauben. Wollt also die Güte haben, ihn wegzuschicken, Mylord.«

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