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Der Graf von Monte Christo

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»Und wenn Ihr hier anhieltet und die Insel verlassen fandet, trieb Euch die Neugierde nie an, daß Ihr in diesen Zauberpalast zu dringen suchtet?«

»Oh! doch wohl, Exzellenz,« erwiderte der Matrose, »und zwar mehr als einmal, aber unsere Forschungen waren stets vergeblich; wir umwühlten die Grotte von allen Seiten, fanden aber nirgends einen Eingang. Übrigens sagt man, die Thüre öffne sich nicht mit einem Schlüsse, sondern mittelst eines magischen Wortes.«

»Ich bin offenbar in ein Märchen von Tausend und eine Nacht versetzt,« murmelte Franz.

»Seine Exzellenz erwartet Sie,« sprach hinter ihm eine Stimme, in welcher er die der Schildwache erkannte.

Der Vortretende war von zwei Personen von der Mannschaft der Yacht begleitet. Statt jeder Antwort zog Franz ein Sacktuch aus seiner Tasche und reichte es demjenigen, welcher ihn angeredet hatte. Ohne ein Wort zu sprechen, Verband man ihm die Augen mit einer Sorgfalt, woraus hervorging, wie sehr man eine Indiskretion von ihm befürchtete, und ließ ihn sodann schwören, daß er es auf keine Weise versuchen würde, seine Binde abzunehmen, bevor die Einladung hierzu an ihn ergangen wäre.

Die zwei Männer nahmen ihn jeder bei einem Arm, und er entfernte sich von ihnen geleitet und die Schildwache voran. Nach etwa dreißig Schritten fühlte er an der Wärme der Kohlengluth und an dem Appetit erregenden Geruche der jungen Ziege, daß er wieder an dem Bivonac vorüberkam, dann ließ man ihn seinen Weg abermals etwa fünfzig Schritte fortsetzen, wobei man offenbar nach der Seite vorrückte, wo man Gaetano nicht hatte wollen eindringen lassen, ein Verbot, das jetzt leicht erklärlich war. An der Veränderung der Atmosphäre bemerkte Franz bald, daß man in ein unterirdisches Gewölbe eintrat. Nachdem man noch einige Sekunden gegangen war, hörte er ein Krachen, und es kam ihm vor, als hätte die Atmosphäre abermals eine andere Natur und würde lau und wohlriechend; endlich fühlte er, daß seine Füße auf einen dicken, weichen Teppich traten; seine Führer verließen ihn. Nach kurzem Stillschweigen sagte eine Stimme in gutem Französisch, obgleich mit fremdem Accent:

»Sie sind bei mir willkommen, mein Herr, und können Ihre Binde abnehmen.«

Franz ließ sich diese Aufforderung, wie sich leicht denken läßt, nicht zweimal wiederholen; er nahm sein Sacktuch ab und befand sich einem Manne von achtunddreißig bis vierzig Jahren, in tunesischer Tracht, gegenüber; der Unbekannte trug nämlich eine rote Plattmütze mit einer langen Quaste von blauer Seide, eine reich mit Gold gestickte Jacke von schwarzem Tuch, weite bauschige Beinkleider, goldgestickte Gamaschen von derselben Farbe und gelbe Pantoffeln; ein prachtvoller Kaschemir umgürtete seine Hüften und ein kleiner, spitziger, gebogener Kandschar stak in diesem Gürtel. Obgleich beinahe bleifarbig, hatte dieser Mann doch ein merkwürdiges Gesicht; seine Augen waren lebhaft und durchdringend; seine gerade und mit der Stirne beinahe im Niveau stehende Nase deutete den griechischen Typus in seiner ganzen Reinheit an, und seine perlartig weißen Zähne traten auf eine bewunderungswürdige Weise unter dem schwarzen Schnurrbart hervor, der sie umgab. Nur war diese Blässe seltsam; man hätte glauben sollen, er wäre lange im Grabe gelegen, ohne die natürliche Farbe der Lebenden wieder annehmen zu können. Wenn auch nicht hoch gewachsen, war er doch wohlgebaut und hatte, wie die Einwohner des Süden, kleine Hände und Füße. Am meisten aber erstaunte Franz, der die Erzählung von Gaetano für einen Traum gehalten hatte, über die Kostbarkeit der Ausstattung.

Das ganze Zimmer war mit einem, mit goldenen Blumen brochirtem türkischen Stoffe von carmesinroter Farbe austapezirt. In einer Vertiefung stand ein Divan, über welchem man eine Trophäe von arabischen Waffen erblickte, deren Scheiden in Vermeil gearbeitet waren, indes die Griffe von Edelsteinen funkelten; am Plafond hing eine Lampe von venetianischem Glas von reizender Form und Farbe, und die Füße ruhten auf einem türkischen Teppich, in welchen sie sich bis an die Knöcheln vertieften; Vorhänge waren vor der Thüre angebracht, durch die man Franz eingeführt hatte, und ebenso vor einer andern Thüre, welche nach einem zweiten Gemache ging, das glänzend erleuchtet zu sein schien. Der Wirth überließ Franz eine Zeit lang gänzlich seinem Staunen, gab ihm überdies Prüfung durch Prüfung zurück, und hatte beständig seine Augen auf ihn geheftet.

»Mein Herr,« sagte er endlich, »ich bitte Sie tausendmal um Entschuldigung wegen der Vorsichtsmaßregeln, welche man von Ihnen verlangte, ehe Sie hiereingeführt wurden; da aber die Insel meistens öde und verlassen ist, so fände ich, wenn das Geheimnis dieses Aufenthaltsortes bekannt würde, ohne Zweifel bei meiner Rückkehr mein Absteigequartier in schlimmem Zustand; was mir sehr unangenehm wäre, nicht wegen des Verlustes, den es mir verursachen würde, sondern weil ich nicht mehr die Gewißheit hätte, mich, wann es mir beliebt, von der übrigen Welt trennen zu können. Ich will mich nun bemühen, Sie diese kleine Unannehmlichkeit vergessen zu lassen, indem ich Ihnen anbiete, was Sie gewiss hier nicht zu finden hofften, nämlich ein erträgliches Abendbrot und gute Betten.

»Meiner Treue, mein lieber Wirth, Sie brauchen sich deshalb nicht zu entschuldigen. Ich habe immer gesehen, das; man den Leuten, welche in Zauberpaläste drangen, die Augen verband, man darf nur Raoul in den Hugenotten anschauen; auch geziemt es mir nicht, mich zu beklagen, denn das, was Sie mir zeigen, bildet offenbar die Fortsetzung von Tausend und eine Nacht

»Ach! ich möchte Ihnen wie Lucullus sagen, wenn ich gewußt hätte, daß mir die Ehre Ihres Besuches zu Teil würde, so hätte ich mich darauf vorbereitet. Doch ich stelle meine Einsiedelei, so wie sie ist, zu Ihrer Verfügung, mein Abendbrot ist Ihnen angeboten, so mageres auch sein mag. Ali, ist aufgetragen?«

In demselben Augenblick wurde der Thürvorhang aufgehoben, und ein nubischer Neger, so schwarz wie Ebenholz und in einen einfachen weißen Leibrock gekleidet, deutete seinem Herrn durch ein Zeichen an, er könnte sich in den Speisesaal begeben.

»Ich weiß nicht,« sprach der Unbekannte zu Franz, »ich weiß nicht, ob Sie meiner Ansicht sind, aber ich finde nichts unbehaglicher, als zwei bis drei Stunden einander unter vier Augen gegenüber zu bleiben, ohne zu wissen, mit welchem Namen oder welchem Titel man sich trennen soll. »Ich achte indessen zu sehr die Gesetze der Gastfreundschaft, um Sie nach Ihrem Namen oder Ihrem Titel zu fragen, und bitte Sie nur, mir irgend eine Benennung zu bezeichnen, mittelst der ich das Wort an Sie richten kann. Ich sage Ihnen, zu Ihrer Bequemlichkeit, daß man mich gewöhnlich Simbad der Seefahrer nennt.«

»Und ich bemerke Ihnen,« erwiderte Franz, »daß ich, insofern es mir, um in der Lage Aladins zu sein, nur an der berühmten Wunderlampe fehlt, keine Schwierigkeit darin sehe, daß Sie mich für den Augenblick Aladin nennen. Das bringt Sie nicht aus dem Orient, wohin mich, wie ich zu glauben versucht bin, die Macht eines guten Genius versetzt hat.«

»Wohl! edler Herr Aladin,« sprach der fremde Amphitryon, »Sie haben gehört, daß aufgetragen ist, nicht wahr? wollen Sie also die Güte haben, in den Speisesaal einzutreten; »Ihr unterthäniger Diener geht voran, um Ihnen den Weg zu zeigen.«

Bei diesen Worten hob Simbad den Thürvorhang auf und schritt Franz voran.

Franz ging von Zauber zu Zauber über; die Tafel erschien herrlich bestellt. Einmal von diesem wichtigen Punkte überzeugt, schaute er umher. Der Speisesaal war minder glänzend, als das Zimmer, welches er soeben verlassen hatte; er war ganz von Marmor mit antiken Basreliefs vom höchsten Werte, und in den vier Ecken dieses länglichen Saales standen vier prächtige Statuen, welche Körbchen auf ihren Köpfen trugen. Diese Körbchen enthielten Pyramiden von herrlichen Früchten, Ananasse von Sicilien, Granaten von Malaga, Orangen von den balearischen Inseln, Pfirsiche von Frankreich und Datteln von Tunis. Das Abendbrot bestand aus einem gebratenen Fasan, umgeben mit Merlen von Corsica, einer Wildschweinskeule mit Gelèe, einem Ziegenviertel, einem herrlichen Turbot und einer riesigen Langouste. Die Zwischenräume der großen Platten waren mit kleinen Platten ausgefüllt, welche Entremets enthielten. Die Platten waren von Silber, die Teller von japanesischem Porzellan. Franz rieb sich die Augen, um sich zu überzeugen, daß er nicht träumte. Ali allein war zur Bedienung zugelassen und entledigte sich vortrefflich seiner Pflichten. Der Gast sagte seinem Wirthe hierüber ein Kompliment.

»Ja,« sprach dieser, indem er die Honneurs des Abendbrots mit der größten Gewandtheit machte, »es ist ein mir sehr ergebener Bursche, der nach seinen besten Kräften zu Werke geht. Er erinnert sich, daß ich ihm das Leben gerettet habe, und da ihm, wie es scheint, an seinem Kopfe etwas lag, so bewahrt er mir in seinem Innern eine Dankbarkeit für Erhaltung desselben.«

Obgleich Ali nicht Französisch verstand, gewahrte er doch an dem Blicke, von Simbad, daß dieser von ihm sprach; er näherte sich deshalb der Tafel, nahm die Hand seines Herrn und küßte sie.

»Wäre es sehr unbescheiden, edler Herr Simbad,« sprach Franz, »wenn ich Sie fragte, bei welcher Gelegenheit Sie diese schone Tat ausgeführt haben?«

»Oh, mein Gott! das ist ganz einfach,« antwortete Simbad. »Es scheint der Bursche war etwas näher um das Serail des Ben von Tunis herumgeschweift, als sich für einen Menschen von seiner Farbe geziemt, und so sollten ihm in Folge einer Verurteilung des Bey die Zunge, die Hand und der Kopf abgeschnitten werden: die Zunge am ersten Tag, die Hand am zweiten, der Kopf am dritten. Es gelüstete mich immer einen Stummen in meinem Dienste zu haben: ich wartete, bis ihm die Zunge abgeschnitten war, und schlug dem Bey vor mir denselben gegen eine herrliche Doppelflinte zu überlassen, welche Tags zuvor die Begierde Seiner Hoheit erregt hatte. Er schwankte einen Augenblick, so viel war ihm daran gelegen, mit dem armen Teufel ein Ende zu machen. Aber ich fügte der Flinte ein englisches Jagdmesser bei, mit welchem ich den Yatagan Seiner Hoheit durchhackt hatte, woraus der Bey sich entschloß, ihn in Beziehung auf die Hand und den Kopf zu begnadigen, jedoch unter der Bedingung, daß er nie mehr das Gebiet von Tunis betreten würde. Dies anzuempfehlen, war unnötig. Wenn der Unglückliche nur von ferne die Küste von Afrika erblickt, flüchtet er sich in den untersten Raum des Schiffes, und man kann ihn von da nicht mehr herausbringen, bis man den dritten Weltteil aus dem Gesichte verloren hat.«

 

Franz blieb einen Augenblick stumm und nachdenkend; er überlegte sich, was er von der grausamen Gutmüthigkeit deuten sollte, mit der ihm sein Wirth diese Geschichte erzählte.

»Und wie der ehrenwerte Seemann, dessen Namen Sie angenommen haben,« sagte er, das Gespräch ändernd, »bringen Sie Ihr Leben mit Reisen hin?«

»Ja, es ist ein Gelübde, dass ich in einer Zeit getan habe, wo ich es kaum erfüllen zu können glaubte,« sprach der Unbekannte lächelnd; »ich habe einige solche getan, welche, wie ich hoffe, wenn die Reihe an ihnen ist, ebenfalls in Erfüllung gehen werden.«

Obgleich Simbad diese Worte mit der größten Kaltblütigkeit sprach, schleuderten doch seine Augen einen Blick von seltsamer Wildheit.

»Sie haben viel gelitten, mein Herr?« sprach Franz.

Simbad bebte, schaute ihn starr an und erwiderte:

»Woran sehen Sie dies?«

»An Allem: an Ihrer Stirne, an Ihrem Blicke, an Ihrer Blässe und an dem Leben, das Sie führen.«

»Ich! führe das glücklichste Leben, das ich kenne, ein wahres Paschaleben, ich bin der König der Schöpfung: gefalle ich mir an einem Orte, so bleibe .ich; langweile ich mich, so reise ich ab; ich bin frei, wie der Vogel, ich habe Flügel, wie er. Die Leute meiner Umgebung gehorchen mir aus einen Wink; von Zeit zu Zeit belustige ich mich damit, daß ich die menschliche Gerechtigkeit verspotte, indem ich ihr einen Banditen entziehe, den sie sucht, einen Verbrecher, den sie verfolgt. Dann habe ich meine eigene Gerichtsbarkeit, hohe und niedere, ohne Frist und Appellation, eine Gerichtsbarkeit, welche verurteilt und freispricht, während sich Niemand um sie zu bekümmern hat. Ah! Hätten Sie mein Leben gekostet, Sie würden sich kein anderes mehr wünschen, und Sie kehrten nie mehr in die Welt zurück, wenn Sie nicht ein großen Vorhaben in Ausführung zu bringen hätten.«

»Bitte Rache zum Beispiel!« versetzte Franz.

Der Unbekannte heftete auf den jungen Mann einen von jenen Blicken, welche in die tiefste Tiefe den Herzenes und den Geistes eintauchen.

»Und warum eine Rache?« fragte er.

»Weil Sie aussehen, wie ein Mann, der, von der Gesellschaft verfolgt, eine furchtbare Rechnung mit ihr abzuschließen hat.«

»Sie irren sich,« erwiderte Simbad mit einem seltsamen Lachen, wobei sich seine weihen spitzigen Zähne zeigten; »so wie Sie mich sehen, bin ich eine Art von Menschenfreund, und ich gehe vielleicht eines Tages nach Paris, um mit Herrn Appert und dem Mann mit dem blauen Mäntelchen in die Schranken zu treten.«

»Wird es das erste Mal sein, daß Sie diese Reise machen?«

»Oh! mein Gott, ja. Nicht wahr, es hat das Ansehen, als wäre ich sehr wenig neugierig? Doch ich versichere Sie, es ist nicht mein Fehler, daß ich solange gezögert habe; jeden Falls wird es einmal geschehen.«

»Gedenken Sie diese Reise bald zu machen?«

»Ich weiß noch nicht; es hängt von Umständen ab, welche gewissen Combinationen unterworfen sind.«

»Ich wünschte wohl zur Zeit, wo Sie nach Paris kommen, ebenfalls dort zu sein; ich würde mich bemühen, Ihnen, so Viel in meinen Kräften liegt, die Gastfreundschaft zurückzugeben, die Sie mir so reichlich auf Monte Christo angedeihen ließen.«

»Ich würde Ihr Anerbieten mit großem Vergnügen annehmen,« versetzte der Unbekannte; »leider aber wird es, wenn ich dahin gehe, vielleicht inkognito geschehen.«

Das Abendbrot nahm indessen seinen Fortgang; es schien nur für Franz bestimmt zu sein, denn Simbad kostete kaum von ein paar Schüsseln des glänzenden Mahles, dem sein unerwarteter Gast alle Ehre antat. Endlich brachte Ali das Dessert, oder er nahm vielmehr die Körbchen aus den Händen der Statuen und setzte sie auf die Tafel. Zwischen zwei Körbchen stellte er einen Becher von Vermeil, welcher mit einem Deckel von demselben Metalle verschlossen war.

Die Ehrfurcht, mit der Ali diesen Becher herbeibrachte, stachelte die Neugierde von Franz, er hob den Deckel auf und sah eine Art von grünlichem Teig, der dem Zuckerwerk von Engelwurz glich, ihm aber völlig unbekannt war. Er setzte den Deckel wieder auf und wußte eben so wenig als zuvor, was der Becher enthielt; als er seine Augen zu seinem Wirthe aufschlug, sah er, wie dieser über seine Täuschung lächelte.

»Sie können nicht erraten,« sprach der Unbekannte, »welche Art von eßbarem Stoffe diese kleine Vase enthält, und das setzt Sie in Verlegenheit?«

»Ich gestehe es.«

»Nun, diese Sorte von Zuckerwerk ist nichts mehr und nichts weniger, als die Ambrosia, welche Hebe an der Tafel von Jupiter reichte.«

»Aber diese Ambrosia hat ohne Zweifel, durch die Hände der Menschen gehend, ihren himmlischen Namen verloren, um einen menschlichen anzunehmen? Wie nennt man in der gemeinen Sprache diese Speise, für welche ich übrigens keine große Sympathie in mir fühle?«

»Gerade dies ist es, was unsern materiellen Ursprung offenbart, oft gehen wir so an unserem Glücke vorüber, ohne es zu sehen, ohne es anzuschauen, oder wenn wir es gesehen und angeschaut haben, ohne es zu erkennen. Sind Sie ein positiver Mensch, ist das Gold Ihr Gott? kosten Sie hiervon, und die Minen von Peru, Golconda und Guzerate sind Ihnen geöffnet. Sind Sie ein Mann von Phantasie? sind Sie ein Dichter? Kosten Sie abermals hiervon, und die Schranken des Möglichen werden verschwinden, die Gefilde des Unendlichen öffnen sich, und Sie wandeln, frei an Herz, frei an Geist, auf dem grenzenlosen Gebiete des Traumlebens umher. Sind Sie ehrgeizig, jagen Sie der irdischen Größe nach? kosten Sie immerhin hiervon, und in einer Stunde sind Sie König, nicht König eines kleinen, in einem Winkel der Erde verborgenen Reiches, wie Spanien, Frankreich und England, sondern König der Welt, König des Weltalls. Ihr Thron wird auf dem Berge aufgeschlagen sein, auf welchen Satan Jesus führte; und ohne, daß Sie ihm Ihre Huldigung darzubringen, ohne daß Sie ihm die Klauen zu küssen brauchen, sind Sie unumschräncker Herr aller Reiche der Erde. Sprechen Sie, ist es nicht verführerisch, was ich Ihnen da biete, ist es nicht etwas Leichtes, da nur Folgendes zu tun ist? Sehen Sie.«

Bei diesen Worten hob er ebenfalls den Deckel von dem kleinen Becher ab, welcher den so sehr gepriesenen Stoff enthielt, nahm einen Kaffeelöffel von dem magischen Zuckerwerk, führte ihn an den Mund und zog, die Augen halb geschlossen, und den Kopf zurückgelegt, die wunderbare Speise langsam in den Mund. Franz ließ ihm Zeit, sein Lieblingsgericht zu verzehren, als er ihn aber wieder etwas zu sich gekommen sah sagte er zu ihm:

»Was für ein kostbares Gericht ist denn dies?«

»Haben Sie vom Alten vom Berge sprechen hören?»entgegnete sein Wirth, »von dem, welcher Philipp August ermorden lassen wollte?«

»Allerdings.«

»Sie wissen, daß er über ein reiches Thal regierte, das der Berg beherrschte, von welchem er seinen malerischen Namen genommen hatte. In diesem Thale waren herrliche, von Hassan Ben Saba angelegte Gärten, und in diesen Gärten einzeln stehende Pavillons. In diese Pavillons berief er seine Auserwählten, und hier ließ er sie, wie Marco Polo sagt, ein gewisses Kraut essen, welches sie in das Paradies, mitten unter ewig blühende Pflanzen, unter stets reife Früchte und immerwährende Jungfrauen versetzte. Was aber diese seligen jungen Leute für die Wirklichkeit hielten, war ein Traum; doch ein so sanfter, so berauschender, so wollüstiger Traum, daß sie sich mit Leib und Seele an denjenigen verkauften, welcher ihnen denselben verliehen hatte, daß sie, seinen Befehlen wie denen Gottes gehorchend, bis an das Ende der Welt gingen um das bezeichnete Opfer zu schlagen, daß sie unter den gräßlichsten Martern, ohne sich zu beklagen, einzig und allein bei dem Gedanken starben, der Tod. den sie erlitten, wäre nur ein Übergang zu dem köstlichen Leben von welchem ihnen das Kraut, das man ihnen vorgesetzt, einen Vorgeschmack gegeben hatte.«

»Also ist es Haschisch,«7 rief Franz. »Ja, ich kenne dies wenigstens dem Namen nach.«

»Sie haben das richtige Wort gesagt, Herr Aladin, es ist Haschisch, was es Bestes und Reinstes von Haschisch in Alexandrien gibt, vom Haschisch von Abu Gor, dem Einzigen, dem großen Bereiter desselben, dem Manne, welchem man einen Palast mit der Inschrift:»»Dem Glückshändler die dankbare Welt«« bauen sollte.«

»Wissen Sie, daß ich große Lust habe, selbst über die Wahrheit oder Übertreibung Ihrer Lobeserhebungen zu urteilen.«

»Urteilen Sie selbst; mein Gast, urteilen Sie, halten Sie sich aber nicht an eine erste Erfahrung. Man muß, wie bei jeder Sache, die Sinne an einen neuen Eindruck gewöhnen, sei er nun sanft oder heftig, traurig oder freudig. Es findet ein Kampf der Natur gegen diese göttliche Substanz statt, der Natur, welche nicht an die Freude gewöhnt ist und sich an den Schmerz anklammert. Die besiegte Natur muß im Kampfe unterliegen; die Wirklichkeit muß auf den Traum folgen, dann regiert der Traum als unumschränkter Herr, dann wird der Traum zum Leben und das Leben zum Traum; aber welche Verschiedenheit in dieser Umstaltung, das heißt, wenn man die Schmerzen des wirklichen Daseins mit den Genüssen der scheinbaren Existenz vergleicht! Sie werden nie mehr leben und immer nur träumen wollen. Wenn Sie Ihre eigene Welt verlassen, um in die Welt der Anderen zurückzukehren, wird es Ihnen Vorkommen, als gingen Sie aus einem neapolitanischen Frühling in einen lappländischen Winter über. Es wird Ihnen vorkommen, als vertauschten Sie das Paradies mit der Erde, den Himmel mit der Hölle. Kosten Sie von dem Haschisch, mein Freund, kosten Sie davon.«

Franz nahm, ohne zu antworten, einen Löffel voll von dem Wunderteig, nach dem Maße von dem, was sein Wirth genommen hatte, und führte ihn an den Mund.

»Teufel!« rief er, »ich weiß noch nicht, ob das Resultat so angenehm sein wird, als Sie sagen, aber die Sache kommt mir nicht gerade so schmackhaft vor, als ich nach Ihrer Versicherung erwartet hatte.«

»Weil die Wärzchen Ihres Gaumens noch nicht für die Erhabenheit der Substanz geeignet sind, welche Sie verkosten. Sagen Sie mir, haben Sie schon beim ersten Male die Austern, den Thee, die Trüffeln, alle die Dinge, welche Sie später anbeteten, geliebt? Begreifen Sie die Römer, welche die Fasanen mit Assafötida würzten, und die Chinesen, welche Schwalbennester essen? Ei, mein Gott! nein. Ebenso ist es mit dem Haschisch, essen Sie nur acht Tage hinter einander, und nach diesen acht Tagen wird Ihnen kein Nahrungsmittel die Feinheit des Geschmackes zu erreichen scheinen, der Ihnen heute fade und widrig vorkommt. Gehen wir übrigens in das Zimmer neben an, das heißt in Ihr Zimmer, und Ali wird uns Kaffee vorsetzen und Pfeifen bringen.«

Beide standen auf, und während derjenige, welcher sich den Namen Simbad gegeben hatte, seinem Bedienten einige Befehle erteilte, trat Franz in das anstoßende Zimmer. Dieses war einfacher, obwohl nicht minder reich ausgestattet. Es hatte eine runde Form und ein großer Divan herrschte rings umher. Aber Divans, Wände, Decken und Boden waren insgesamt mit prächtigen, weichen, teppichartig füllreihen Häuten überzogen, es fanden sich hier Häute von Löwen vom Atlas mit den mächtigen Mähnen, Häute von Tigern von Bengalen mit den warmen Streifen, lustig gefleckte Häute von Panthern vom Cap, endlich Bärenhäute von Sibirien und Füchse von Norwegen, und alle diese Häute waren verschwenderisch übereinander geworfen, so daß man auf dem dichtesten Rasen und dein seidensten Bette zu ruhen glaubte. Beide legten sich auf Divans, Pfeifen in gehöriger Anzahl, daß man nicht zweimal aus einer rauchen mußte, standen mit Jasminröhren und Bernsteinmundspitzen im Bereiche der Hand. Jeder nahm eine. Ali zündete sie an und ging sodann hinaus, um Kaffee zu holen.

Während Wirth und Gast einen Augenblick schwiegen, überließ sich Simbad Gedanken, die ihn unabläßig, selbst unter dem Gespräch, zu beschäftigen schienen, und Franz gab sich jenen stummen Träumereien hin, in welche man beinahe immer verfällt, wenn man vortrefflichen Tabak raucht, wobei der Rauch alle Schmerzen des Geistes mitzunehmen und dem Raucher alle Träume der Seele dafür zu geben scheint.

 

Ali brachte den Kaffee.

»Wie nehmen Sie ihn?« fragte der Unbekannte, »auf französische oder auf türkische Weise, stark oder schwach, gezuckert oder nicht gezuckert? Ganz nach Ihrem Belieben, es ist auf alle Arten bereitet.«

»Ich werde ihn auf türkische Weise nehmen,« antwortete Franz.

»Und Sie haben Recht!« rief sein Wirth; »dies beweist. daß eine Neigung für das orientalische Leben in Ihnen liegt. Ah! sehen Sie, die Orientalen sind die einzigen Menschen, welche zu leben wissen. Ich für meine Person,« fügte er mit dem seltsamen Lächeln bei, das dem jungen Manne nicht entging, »ich werde, wenn meine Angelegenheiten in Paris beendigt sind, nach dem Orient ziehen, um dort zu sterben, und wenn Sie mich dann wiedersehen wollen, so müssen Sie mich in Kairo, in Bagdad oder in Ispahan aufsuchen.«

»Meiner Treue,« sprach Franz, »nichts kann in der Welt leichter sein, denn ich glaube, es wachsen mir Adlerflügel, und mit diesen Flügeln mache ich in vierundzwanzig Stunden die Reise um die Welt.«

»Ab! ah! der Hashisch wirkte wohl, so öffnen Sie die Flügel und fliegen Sie in überirdische Regionen; fürchten Sie nichts, man wacht über Ihnen, und wenn Ihre Flügel, wie die des Icarus, an der Sonne schmelzen, so sind wir da, um sie aufzufangen.«

Hierauf sagte er einige arabische Worte zu Ali, welcher ein Zeichen des Gehorsams machte und sich zurückzog, jedoch ohne sich zu entfernen. Bei Franz ging eine seltsame Veränderung vor: die ganze körperliche Ermattung in Folge des Tages, die ganze Unruhe des Geistes, welche die Ereignisse des Abends veranlaßt hatten, verschwanden wie in einem ersten Augenblick der Ruhe, wo man noch genug lebt, um den Schlaf kommen zu fühlen. Sein Körper schien eine von der Materie befreite Leichtigkeit zu bekommen, sein Geist erleuchtete sich auf eine unerhörte Weise, seine Sinne schienen ihre Fähigkeiten zu verdoppeln. Der Horizont erweiterte sich immer mehr, aber es war nicht mehr der düstere Horizont, auf welchem eine unbestimmte Bangigkeit schwebte, und den er so oft vor seinem Entschlummern gesehen hatte, sondern ein blauer, durchsichtiger Horizont, mit Allem, was das Meer an Azur, die Sonne an Goldfunkein der Abendwind an Wohlgeruch hat; dann sah er mitten unter dem Gesange seine Matrosen, unter Gesängen so durchsichtig und klar, daß man eine göttliche Harmonie daraus gemacht haben würde, wenn man sie hätte aufzeichnen können, die Insel Monte Christo erscheinen, nicht mehr wie eine über den Wellen drohende Klippe, sondern wie eine in der Wüste verlorene Oase; je näher sodann die Barke kam, desto zahlreicher wurden die Gesänge, denn eine bezaubernde, geheimnisvolle Harmonie stieg von dieser Insel zu Gott auf, als ob irgend eine Fee wie Lurley oder ein Zauberer wie Amphion hätte eine Seele anlocken oder eine Stadt bauen wollen.

Endlich berührte die Barke das Ufer, aber ohne Anstrengung, ohne Erschütterung, wie die Lippen die Lippen berühren, und es kam Franz vor, als träte er in die Grotte, ohne daß die bezaubernde Musik aufhörte. Er stieg hinab, oder es schien ihm vielmehr, als stiege er einige Stufen hinab, eine frische, balsamische Luft einatmend, wie sie, bestehend aus Wohlgerüchen, welche den Geist träumen machen, aus Gluthen, welche die Sinne versengen, um die Grotte von Circe herrschen mußte, und er sah Alles, was er vor seinem Schlummer gesehen hatte, von Simbad, dem phantastischen Wirthe, bis auf Ali, den stummen Diener; dann schien sich Alles unter seinen Augen zu verwischen und zu vermengen, wie die letzten Schatten einer Zauberlaterne, welche man auslöscht, und er fand sich wieder in dem Zimmer mit den Statuen, das nur von einer von jenen antiken, blassen Lampen beleuchtet war, welche mitten in der Nacht den Schlummer der Wollust bewachen.

Es waren wohl dieselben an Formen, Üppigkeit und Poesie reichen Statuen, mit den magnetischen Augen, mit dem verführerischen Lächeln, mit den überreichen Haupthaaren. Es waren Phryne, Cleopatra, Messaline, die drei großen Courtisanen, dann glitt mitten unter diese unzüchtigen Schatten, wie ein reiner Engel, wie ein christlicher Engel mitten im Olymp, eine von den keuschen Gestalten, einer von den ruhigen Schatten, eine von den sanften Visionen, welche seine jungfräuliche Stirne unter allen diesen marmornen Unreinheiten zu verschleiern schienen.

Da kam es ihm vor, als hätten diese drei Statuen ihre dreifache Liebe für einen Menschen vereinigt, und dieser Mensch wäre er; als näherten sie sich dem Bette, wo er einen zweiten Schlaf träumte, die Füße in ihre langen, weißen Tuniken gehüllt, die Haare wie eine Welle sich entrollend, in einer von jenen Stellungen, denen die Heiligen widerstanden, welchen aber die Götter unterliegen, mit einem von jenen unbeugsamen. glühenden Blicken, wie sie die Schlange auf den Vogel heftet, und als gäbe er sich diesen Blicken hin, welche so schmerzlich waren wie ein gewaltiger Druck und zugleich so wollüstig wie ein Kuß.

Franz schien es, als schlöße er die Augen und als gewahrte er durch den letzten Blick, den er umherwarf, die züchtige Statue, welche sich gänzlich verschleierte; als sodann seine Augen für die wirklichen Dinge geschlossen waren, öffneten sich seine Sinne für unmögliche Eindrücke. Dann trat eine Wollust ohne Unterlaß, eine Liebe ohne Rast ein, wie die, welche der Propbet seinen Auserwählten verspricht. Dann belebten sich alle diese steinernen Wände dergestalt, daß für Franz, der zum ersten Male der Herrschaft des Haschisch unterlag, diese Liebe beinahe ein Schmerz, diese Wollust beinahe eine Marter war, als er über seinen behenden Mund die Lippen dieser Statuen, kalt und geschmeidig wie die Ringe einer Schlange, hingeben fühlte. Aber je mehr seine Arme diese unbekannte Liebe zurückzustoßen strebten, desto mehr unterlag er seine Sinne dem Zauber dieses geheimnisvollen Traumes, und nach einem Kampfe, für welchen er seine Seele geopfert hätte, gab er sich ohne Rückhalt hin und fiel endlich keuchend, brennend vor Müdigkeit, unter den Zauber dieses unerhörten Traumes zurück.

7Im Orient, besonders in Ägypten, eine Abkochung von Hanfkörnern und Wurzeln, nach Andern Bilsentkraut mit Butter, gestoßenen Mandeln und Pistacien.
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