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Der Graf von Monte Christo

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»Der Held, dessen Geschichte wir hören werden, ist also erst zweiundzwanzig Jahre alt?« fragte Franz sich an den Wirth wendend.

»Kaum, wie ich zu bemerken die Ehre gehabt habe.«

»Ist er groß oder klein?«

»Von mittlerem Wachse, ungefähr wie Seine Exzellenz,« sprach der Wirth aus Albert deutend.

»Ich danke für die Vergleichung,« sagte dieser sich verbeugend.

»Immer Vorwärts,« rief Franz, über die Empfindlichkeit seines Freundes lächelnd. »Und welcher Klasse der Gesellschaft gehörte er an?«

»Er war ein einfacher Hirtenknabe auf dem Gute des Grafen San Felice, das zwischen Palestrina und dem Gabri-See liegt, in Pampinara geboren, trat er in einem Alter von fünf Jahren in den Dienst des Grafen. Sein Vater, selbst ein Hirte, hatte eine eigene kleine Herde und lebte Von der Wolle seiner Hämmel und der Einnahme für die Milch seiner Schafe, welche er in Rom verkaufte. Schon als Kind hatte der kleine Vampa einen seltsamen Charakter. Alls er sieben Jahre alt war, suchte er eines Tags den Pfarrer von Valestrina auf und bat diesen, ihm Unterricht im Lesen zugeben. Das war eine schwierige Sache, denn der junge Hirte konnte seine Herde nicht Verlassen. Doch der gute Pfarrer ging jeden Tag, um die Messe zu lesen in einen armen kleinen Flecken, der zu unbedeutend war, um einen Priester zu bezahlen, und da er nicht einmal einen eigenen Namen hatte, unter dem del Borgo bezeichnet wurde. Er erwiderte Luigi auf seine Bitte, wenn er sich bei seiner Rückkehr auf dem Wege finden würde, so wollte er ihm Unterricht geben, da aber seine Lection kurz wäre, so müßte er sie emsig benützen. Das Kind willigte mit Freuden ein.«

»Jeden Tag führte Luigi seine Herde auf die Weide an die Straße von Palestrina nach dem Borgo; jeden Tag um neun Uhr kam der Pfarrer vorüber: der Priester und das Kind setzten sich an den Rand eines Grabens, und der kleine Hirte nahm seine Lection in dem Brevier des Pfarrers. Nach Verlauf von drei Monaten konnte er lesen. Das war noch nicht Alles, er mußte nun auch schreiben lernen. Der Priester ließ durch einen Professor der Schreibkunst in Rom drei Alphabete machen: ein großes, ein mittleres und ein kleines, und zeigte ihm, wie er, diese Alphabete auf der Schiefertafel verfolgend, mit Hilfe einer eisernen Spitze schreiben lernen könnte.

»An demselben Abend, als die Herde nach Hause getrieben war. lief der kleine Vampa zu dem Schlosser von Palestrina, nahm einen großen Nagel, schmiedete, hämmerte, rundete ihn und machte eine Art von antikem Stilet daraus. Am andern Morgen sammelte er einen Vorrath an Schiefer und ging an das Werk. Nach drei Monaten konnte er schreiben.

»Erstaunt über diesen Verstand, gerührt durch diese Anlagen schenkte ihm der Pfarrer mehrere Hefte Papier, ein Büschel Federn und ein Federmesser. Ein neues Studium mußte vorgenommen werden, doch ein Studium, das im Vergleich zu dem ersten nichts war. Nach acht Tagen handhabte er die Feder so gut als das Stilet. Der Pfarrer erzählte diese Anekdote dem Grafen San Felice; dieser wollte den kleinen Hirten sehen, ließ ihn in seiner Gegenwart lesen und schreiben, befahl seinem Verwalter, denselben mit seiner Dienerschaft speisen zu lassen, und gab ihm zwei Piaster monatlich. Mit diesem Gelde kaufte Luigi Bücher und Bleistifte.

»Er wandte wirklich bei allen Gegenständen die ihm eigenthümliche Nachahmungsgabe an und zeichnete, wie der kleine Giotto, auf Schiefer seine Lämmer, die Bäume, die Häuser. Dann fing er an mit der Spitze seines Federmessers Holz zu schnitzen und ihm alle Arten von Formen zu geben. So hatte auch Pinelli, der volksthümliche Bildhauer, begonnen.«

»Ein Mädchen von sechs bis sieben Jahren, das heißt etwas, jünger als Vampa, hütete ebenfalls seine Schafe auf einem Pachtgute in der Nähe von Palestrina: die Kleine war Waise, in Valmontone geboren, und hieß Teresa. Die zwei Kinder trafen sich, setzten sich neben einander, ließen ihre Herden sich vermischen, plauderten, lachten und spielten; am Abend trennte man die Schafe des Grafen San Felice von denen des Baron von Cervetri, und die Kinder verließen sich, nur nach Hause zu kehren, unter dem gegenseitigen Versprechen, sich am nächsten Morgen wieder aufzusuchen. Am andern Tage hielten sie Wort. und so beständig in Gesellschaft heranwachsend, erreichte Vampa das zwölfte, die kleine Teresa das elfte Jahr. »Ihre natürlichen Instinkte entwickelten sich indessen. Bei seinem feinen Geschmack für die Künste, welchen Luigi so weit getrieben hatte, als dies bei seiner Vereinzelung nur immer sein konnte, war er traurig aus Eigensinn, glühend in plötzlicher Aufwallung, jähzornig aus Laune, stets höhnisch. Keiner von den Knaben von Pampinara, Palestrina oder Valmontone vermochte je einen Einfluß auf ihn zu gewinnen oder sein Kamerad zu werden. Stets geneigt, zu Verlangen, ohne sich je zu einem Nachgeben herbeizulassen zu wollen, entfernte sein eigenwilliges Temperament jede freundschaftliche Bewegung, jede sympathethische Kundgebung von ihm. Teresa allein beherrschte mit einem Worte, mit einem Blick, mit einer Gebärde diesen festen Charakter, der sich unter der Hand einer Frau bog, und unter dem jedes Mannes bis zum Brechen starr geworden wäre. Teresa war im Gegenteil lebhaft, munter, heiter, aber im Übermaß gefallsüchtig; die zwei Piaster, welche der Intendant des Grafen San Felice Luigi gab, der Preis für alle geschnitzten Werke, die er an die Spielwarenhändler in Rom verkaufte, gingen in Ohrgehängen von Perlen, in Halsbändern von Glas, in goldenen Nesteln auf. Die zwei Kinder wuchsen fortwährend heran, brachten alle Tage miteinander zu, und überließen sich ohne Kampf den Instinkten ihrer unverdorbenen Natur; so sah sich Vampa in seinen Gesprächen, in seinen Wünschen, in seinen Träumen stets als Schiffskapitän, als General eines Heeres, als Gouverneur einer Provinz; Teresa wähnte sich reich, in den schönsten Kleidern und von Livréebedienten gefolgt; nachdem sie den ganzen Tag damit zugebracht hatten, daß sie ihre Zukunft mit lachenden, tollen Arabesken stickten, trennten sie sich, um ihre Herden in ihre Ställe zurückzuführen.

»Eines Tags sagte der junge Hirte dem Intendanten des Grafen, er habe einen Wolf aus dem Sabinergebirge hervorkommen und um seine Herde herumschweifen sehen. Der Intendant gab ihm eine Flinte; dies wollte Vampa haben. Diese Flinte hatte zufällig einen vortrefflichen Lauf von Brescia und trug die Kugel wie eine englische Büchse; nur hatte der Graf, als er eines Tags einen verwundeten Fuchs tot schlug, den Schaft zerbrochen, und man hatte das Gewehr zum Ausschuß geworfen. Das war keine Schwierigkeit für einen Bildner wie Luigi. Er untersuchte den ursprünglichen Anschlag, berechnete, was daran zu ändern wäre, damit er sich für ihn eignete, und machte einen neuen Schaft mit so wunderbaren Zierraten, daß er, wenn er in der Stadt nur das Holz allein hätte verkaufen wollen, sicherlich fünfzehn bis zwanzig Piaster daraus gelöst haben würde. Aber er hütete sich wohl, dies zu tun; eine Flinte war lange der Traum des jungen Menschen gewesen. In allen Ländern, wo die Unabhängigkeit die Stelle der Freiheit einnimmt, ist das erste Bedürfnis jedes starken Herzens, jeder mächtigen Organisation eine Waffe, die zugleich den Angriff und die Verteidigung sichert und denjenigen, welcher sie trägt, furchtbar und häufig gefürchtet macht. Von diesem Augenblick widmete Vampa jede Zeit. die ihm blieb, den Übungen im Gebrauch seiner Flinte; er kaufte Pulver und Blei und Alles wurde ihm Zielpunkt: der Stamm eines traurigen, gebrechlichen, grauen Olivenbaums, wie er an den Abhängen des Sabinergebirges wächst; der Fuchs, wenn er am Abend aus seinem Bau heraus schlich um seine nächtliche Jagd zu beginnen, der Adler, den er in der Luft schweben sah. Bald wurde er so geschickt, daß Teresa die Furcht überwand, die sie Anfangs, wenn sie den Knall hörte, empfunden hatte, und mit Vergnügen zusah, wie ihr Gefährte seine Kugel gerade auf den Punkt schoß, wo er sie haben wollte.

»Eines Tags kam ein Wolf verstohlener Weise aus seinem Fichtenwalde hervor, in dessen Nähe die jungen Leute zu verweilen pflegten; der Wolf hatte nicht zehn Schritte in der Ebene gemacht, als er tot war. Stolz auf diesen schönen Schuß, lud ihn Vampa auf seine Schultern und trug ihn nach Hause. Alle diese Umstände verliehen Luigi einen gewissen Ruf in der Gegend; der Mensch von hervorragenden Fähigkeiten erwirbt sich, wo er sich auch finden mag, eine Kundschaft von Bewunderern. Man sprach von dem jungen Hirten als von dem geschicktesten, stärksten, mutigsten Contadino auf zehn Meilen in der Runde, und obgleich Teresa in einem noch weiteren Umkreise für eines der hübschesten Mädchen des Sabinerlandes galt, wagte es doch Niemand, ihr ein Wort von Liebe zu sagen, denn man wußte, dass sie von Vampa geliebt wurde.

»Und doch hatten sich dir jungen Leute nie gesagt, daß sie sich liebten, sie waren neben einander emporgewachsen wie zwei Bäume, welche ihre Wurzeln in der Erde, ihre Zweige in der Luft, ihren Wohlgeruch im Himmel vermengen; nur war ihr Verlangen, sich zu sehen, ein gleiches; dieses Verlangen war ein Bedürfnis geworden, und sie begriffen eher den Tod, als eine Trennung auch nur auf einen Tag. Teresa zählte sechzehn, Vampa siebzehn Jahre.

»Um diese Zeit fing man an, viel von einer Räuberbande zu sprechen, die sich in den Lepinerbergen bildete. Die Räuberei ist in der Nähe von Rom nie ernstlich ausgerottet worden. Es fehlt oft an Anführern, aber wenn sich ein Anführer zeigt, so fehlte es selten an einer Bande. In den Abruzzen umstellt, aus dem Königreiche Neapel, wo er einen wahren Krieg ausgehalten hatte, vertrieben, durchzog Cucumetto das Garigliano wie Manfred und flüchtete sich an das Ufer der Amasina zwischen Sonnino und Juperno. Er wäre es, der sich mit der Bildung einer Bande beschäftigte und auf den Spuren von Decesaris und Gasygroni fortschritt, die er bald zu übertreffen hoffte. Mehre junge Leute von Palestrina, Frascati und Pampinara verschwanden. Anfangs war man in Unruhe über sie, bald aber erfuhr man, daß sie sich mit der Bande den Cucumetto vereinigt hatten. Nach einiger Zeit wurde Cucumetto der Gegenstand allgemeiner Aufmerksamkeit. Man erzählte sich von diesem Banditenanführer Züge von außerordentlicher Kühnheit und von empörender Rohheit.

 

»Eines Tages raubte er ein junges Mädchen: es war die Tochter des Feldmessers von Frosinone. Die Gesetze der Banditen sind bestimmt: ein junges Mädchen gehört zuerst demjenigen, welcher dasselbe raubt, dann ziehen die Andern das Loos, und die Unglückliche dient der ganzen Truppe zum Vergnügen, bis sie von der Bande verlassen wird oder stirbt. Sind die Elternreich genug, um sie loszukaufen, so schickt man einen Boten ab, der um das Lösegeld unterhandelt; der Kopf des Gefangenen haftet für die Sicherheit des Abgesandten. Wird das Lösegeld verweigert, so ist der Gefangene unwiderruflich verurteilt. Das Mädchen hatte seinen Liebhaber in der Bande von Cucumetto; er hieß Carlini; als die Unglückliche den jungen Mann erkannte, streckte sie die Hände nach ihm aus; doch dem armen Carlini brach das Herz bei ihrem Anblick, denn er vermutete das Schicksal, das seiner Geliebten harrte.

»Da er indessen der Liebling von Cucumetto war, mit welchem er seit drei Jahren alle Gefahren geteilt, dem er das Leben gerettet hatte, indem er mit einem Pistolenschuß einen Carabinier niederstreckte, welcher bereits den Säbel über seinem Haupte schwang, hoffte er, Cucumetto würde Mitleid mit ihm haben. Er nahm also den Anführer bei Seite, während das Mädchen an dem Stamme einer hohen Fichte sitzend, welche mitten in einer Lichtung des Waldes emporragte, sich einen Schleier aus dem malerischen Kopfputze der römischen Bäuerinnen machte und sein Gesicht vor den lüsternen Blicken der Banditen verbarg. Hier erzählte er ihm Alles: seine Liebschaft mit der Gefangenen, ihre Treueschwüre, und wie sie jede Nacht, seitdem die Banditen in der Gegend waren, in einer Ruine zusammenkamen.

»Grade an diesem Abend hatte Cucumetto Carlini in ein benachbartes Dorf geschickt, wodurch ihre Zusammenkunft vereitelt wurde, und Cucumetto war, wie er sagte, zufällig an der Ruine vorüber gekommen und hatte das Mädchen entführt.

»Carlini bat seinen Hauptmann, zu seinen Gunsten eine Ausnahme zu machen und Rita zu schonen, wobei er ihm bemerkte, der Vater wäre reich und würde ein gutes Lösegeld bezahlen. Cucumetto schien den Bitten seines Freunden nachzugeben und beauftragte ihn, einen Hirten zu suchen, den man zu dem Vater von Rita nach Frosinone schicken könnte. Da trat Carlini ganz freudig zu seiner Geliebten, sagte ihr, sie wäre gerettet, und forderte sie auf, ihrem Vater einen Brief zu schreiben, ihm mitzuteilen, was ihr begegnet. Und ihm zu sagen, das Lösegeld wäre auf dreihundert Piaster festgestellt. Man gab dem Vater eine Frist von zwölf Stunden, das heißt, bis zum andern Morgen um neun Uhr.

»Sobald der Brief geschrieben war, nahm ihn Carlini und lief in die Ebene, um einen Boten zu suchen. Er fand einen jungen Hirten, der seine Herde einpferchte. Die natürlichen Boten der Banditen sind die Hirten, welche zwischen der Stadt und dem Gebirge, zwischen der civilisirten und der rohen Welt leben. Der junge Hirte entfernte sich sogleich mit dem Versprechen, vor einer Stunde in Frosinone zu sein. Carlini kam ganz heiter zurück, um wieder mit seiner Geliebten zusammenzutreffen und ihr die frohe Kunde mitzuteilen. Er fand die Truppe auf der Lichtung, wo sie lustig die Mundvorräthe verzehrte, welche die Banditen wie einen Tribut von den Bauern erhobene doch vergebens suchte er unter den fröhlichen Gästen Cucumetto und Rita. Er fragte wo sie wären; die Banditen antworteten mit einem schallenden Gelächter. Ein kalter Schweiß lief Carlini über die Stirne, und er fühlte, wie ihn die Angst bei den Haaren faßte. Er erneuerte seine Frage. Einer von den Genossen füllte ein Glas mit Orvietto-Wein, reichte es ihm und sprach: »»Auf die Gesundheit des braven Cucumetto und der schönen Rita!««

»Ja diesem Augenblick glaubte Carlini den Schrei einer Frau zu hören, und er erriet Alles; er nahm das Glas, zerschmetterte es auf dem Gesichte dessen, welcher es ihm reichte, und eilte in der Richtung des Schreie fort. Nachdem er hundert Schritte gelaufen war, fand er an einem Gebüsche Rita ohnmächtig in den Armen von Cucumetto. Als dieser Carlini erblickte, erhob er sich, in jeder Hand eine Pistole haltend. Die zwei Banditen schauten einander einen Augenblick an, der Eine das Lächeln der Unzucht auf den Lippen, der Andere die Blässe des Todes auf der Stirne. Es war, als sollte etwas Furchtbares zwischen diesen beiden Männern vorgehen, aber allmälig spannten sich die Züge den Carlini ab, und seine Hand, die er an eine Pistole in seinem Gürtel gelegt hatte, fiel an der Seite nieder; Rita lag zwischen Beiden. Der Mond beleuchtete diese Szene.

»»Nun!«« sagte Cucumetto, »»hast Du Deinen Auftrag besorgt?««

»»Ja, Kapitän,«« antwortete Carlini; »»morgen vor neun Uhr wird der Vater von Rita mit dem Gelde hier sein.««

»Vortrefflich. Mittlerweile wollen wir die Nacht lustig zubringen. Das Mädchen ist reizend, und Du hast wahrhaftig einen guten Geschmack, Meister Carlini: da ich nicht eigennützig bin, so wollen wir auch zu den Kameraden zurückkehren und das Loos ziehen, wem sie nun gehören soll.««

»»Ihr seid also entschlossen, sie dem gemeinschaftlichen Gesetze zu überantworten?«« fragte Carlini.

»»Warum sollte man bei ihr eine Ausnahme machen?««

»»Ich glaubte auf meine Bitte . . . ««

»»Bist Du etwa mehr, als die Andern?««

»»Das ist richtig.««

»»Doch sei unbesorgt,«« versetzte Cucumetto lachend, »»etwas früher, etwas später kommt die Reihe an Dich. (Die Zähne von Carlini preßten sich zum Zerspringen zusammen.) Nun vorwärts,«« sagte Cucumetto einen Schritte gegen die Genossen machend, »»kommst Du?««

»»Ich folge Euch.««

»Cucumetto entfernte sich, jedoch ohne Carlini aus dem Gesichte zu verlieren, denn er befürchtete ohne Zweifel, er könnte von hinten auf ihn schießen; doch nichts deutete bei dem Banditen eine feindselige Absicht an. Er stand mit gekreuzten Armen bei der immer noch ohnmächtigen Rita. Einen Augenblick dachte Cucumetto, der junge Mann würde sie in seine Arme nehmen und mit ihr fliehen; es war ihm nun wenig mehr daran gelegen, er hatte von Rita, was er haben wolltet und was das Geld betrifft, so waren dreihundert Piaster unter die Bande verteilt eine so armselige Summe, daß er sich wenig darum bekümmerte. Er setzte daher seinen Weg nach der Lichtung fort, doch zu seinem großen Erstaunen kam Carlini beinahe mit ihm hier an. »»Das Loos gezogen! das Loos gezogen!«« riefen die Banditen, als sie ihren Anführer erblickten. Und die Augen aller dieser Menschen glänzten vor Rausch und Lüsternheit, während die Flamme des Herdes über ihre ganze Person einen röthlichen Schimmer ergoß, der ihnen Ähnlichkeit mit Dämonen verlieh.

»Was sie forderten, war gerecht; der Kapitän machte auch mit dem Kopfe ein Zeichen der Einwilligung. Man legte alle Namen, den von Carlini, wie die der Andern, in einen Hut, und der Jüngste der Bande zog ein Zettelchen aus der improvisierten Urne. Auf diesem Zettelchen stand der Name Diavolaccio. Es war derselbe, welchem Carlini, als er ihm die Gesundheit des Anführers vorschlug, das Glas auf dem Gesichte zerschmettert hatte. Aus einer breiten, vom Schlafe bis zum Munde klaffenden Wunde entströmte das Blut in Wellen. Als Diavolaccio sich so vom Glücke begünstigt sah, brach er in ein schallendes Gelächter aus. »»Kapitän,«« sagte er, »»Carlini wollte vorhin nicht auf Eure Gesundheit trinken, schlagt ihm nun vor, auf die meinige ein Glas zu leeren; er zeigt sich Vielleicht gegen Euch nachgiebiger, als gegen mich.««

»Jeder erwartete einen Ausbruch von Seiten Carlinis; aber zum allgemeinen Erstaunen nahm er das Glas mit der einen Hand, einen Fiasko mit der andern, schenkte ein, rief mit vollkommen ruhiger Stimme: »»Auf Deine Gesundheit, Diavolaccio!«« und leerte das Glas, ohne daß seine Hand zitterte. Dann setzte er sich an das Feuer und sprach:

»»Meinen Anteil am Abendbrot; der Gang hat mir Appetit gemacht.««

»»Es lebe Carlini!«« riefen die Räuber.

»»So ist es gut! Das heißt die Dinge als gute Kameraden behandeln.««

»Und sie bildeten wieder einen Kreis um den Herd während Diavolaccio sich entfernte.

»Carlini aß und trank, als ob nichts vorgefallen wäre..

»Die Banditen schauten ihn voll Erstaunen an, denn sie begriffen diese Unempfindlichkeit nicht,« als sie hinter sich den Boden unter einem schweren Tritte erdröhnen hörten. Sie wandten sich um und erblickten Diavolaccio Rita in seinen Armen haltend; ihr Kopf war zurückgeworfen und ihre langen Haaren hingen bis zur Erde herab. Als Diavolaccio mehr in den Kreis des vom Herde aus sich verbreitenden Lichtes trat, gewahrte man die Blässe des Mädchens und die des Banditen. Diese Erscheinung hatte etwas so Seltsames, so Feierliches, daß Alle aufstanden, mit Ausnahme von Carlini, dieser blieb sitzen und fuhr fort zu trinken und zu essen, als ob nichts um ihn her verginge. Diavolaccio näherte sich unter dem tiefsten Stillschweigen immer mehr der Gruppe und legte Rita zu den Füßen des Kapitäns nieder.

»Da vermochte Jedermann die Ursache der Blässe des Mädchens und des Banditen zu erkennen: unter der linken Brust von Rita stak ein Messer bis an das Heft eingebohrt .

»Alle Augen richteten sich auf Carlini; die Scheide hing leer an seinem Gürtel.

»»Ah! Ah!«« rief Cucumetto, »»ich begreife nun warum Carlini zurückgeblieben ist.««

»Jede rohe Natur ist im Stande. eine kräftige Handlung zu würdigen: obgleich vielleicht keiner von den Banditen vollführt hätte, was Carlini vollführte, so begriffen sie doch, was er getan.

»»Nun, »»sagte Carlini, ebenfalls aufstehend und dem Leichname sich nähernd, während er die Hand an den Kolben einer Pistole legte, »»ist vielleicht noch irgend einer hier, der mir diese Frau streitig machen will.««

»»Nein,«« erwiderte der Anführer, »»sie gehört Dir.««

»Carlini nahm sie nun in seine Arme und trug sie aus dem von der Flamme des Herdes erzeugten Lichtkreises.

»Cucumetto stellte wie gewöhnlich seine Wachen auf, und die Banditen legten sich in ihre Mantel gehüllt um das Feuer nieder. Um Mitternacht ließ eine Wache ein Warnung ertönen: in einem Augenblick waren der Kapitän und seine Gefährten auf den Beinen. Es war der Vater von Rita, welcher selbst mit dem Lösegeld für seine Tochter ankam.

»»Hier,«« sagte er zu Cucumetto, indem er ihm einen Sack mit Geld reichte, »»hier sind dreihundert Pistolen, gib mir meine Tochter zurück.««

»Doch statt das Geld zu nehmen, bedeutete ihm der Anführer der Banditen durch ein Zeichen, er möge ihm folgern.

»Der Greis gehorchte; Beide entfernten sich unter den Bäumen, durch deren Zweige die Strahlen des Mondes drangen. Endlich blieb Cucumetto stehen, streckte die Hand aus, zeigte dem Greis zwei am Fuße eines Baumes gruppierte Personen und sprach:

»»Verlange Deine Tochter von Carlini, er wird Dir Rechenschaft über sie geben««

»«Und er wandte sich gegen seine Gefährten um.«

Der Greis blieb unbeweglich, die Augen starr. Er fühlte, daß irgend ein unbekanntes, ungeheures, unerhörtes Unglück über seinem Haupte schwebte. Endlich machte er einige Schritte zu der ungestalten Gruppe, die er sich nicht verdeutlichen konnte. Bei dem Geräusch, das er veranlagte, hob Carlini den Kopf, und die Formen der zwei Personen fingen an deutlicher in den Augen des Greises zu erscheinen. Eine Frau lag auf der Erde, das Haupt auf den Schooß eines sitzenden Mannes gelegt, der sich über sie beugte; indem er sich erhob, entblößte dieser Mann das Antlitz der Frau, welche er an sich gedrückt hielt. Der Greis erkannte seine Tochter und Carlini erkannte den Greis.

»»Ich erwartete Dich!«« sprach der Bandit zu dem Vater von Rita.

»»Elender!»rief der Greis« »»was hast Du getan?««

»Und er schaute voll Schrecken Rita an, welche bleich, unbeweglich, ein blutiges Messer in der Brust, da lag. Ein Mondstrahl fiel auf sie und beleuchtete sie mir seinem bläulichen Schimmer.

»»Cucumetto hatte Deine Tochter geschändet,«« sagte der Bandit, »»und da ich sie liebte, mußte ich, sie töten, denn nach ihm hätte sie der ganzen Bande zum Spielzeug gedient.«« »Der Greis sprach kein Wort« er wurde nur bleich wie ein Gespenst.

»»Räche sie nun« wenn ich Unrecht gehabt habe,«« fügte Carlini bei.

»Und er riß das Messer aus dem Busen des Mädchens und reichte es dem Greise mit der einen Hand, während er mit der andern seine Weste auf die Seite schob und ihm seine nackte Brust darbot.

»»Du hast wohl getan,«« sprach der Greis mit dumpfer Stimme, »»umarme mich, mein Sohn.««

Carlini warf sich schluchzend in die Arme des Vaters seiner Geliebten Es waren die ersten Tränen, welche dieser Blutmensch vergoß.

 

»«Nun hilf mir meine Tochter begraben,«« sagte der Greis zu Carlini.

»Carlini holte zwei Spaten, und der Vater und der Geliebte fingen an, die Erde am Fuße einer Eiche auszugraben, deren Zweige die letzte Ruhestätte des Mädchens bedecken sollten. Als das Grab gegraben war, küsste zuerst der Vater und hierauf der Geliebte die Tote; dann nahm sie der Eine bei den Füßen, der Andere bei den Schultern, und so legten sie Rita in den ausgehöhlten Raum. Dann knieten sie auf beiden Seiten nieder und sprachen Totengebete. Als sie ihre Andacht beendigt hatten, warfen sie, die Erde wieder auf den Leichnam, bis das Grab gefüllt war. Und der Greis reichte Carlini die Hand und sprach:

»»Ich danke Dir, mein Sohn, laß mich nun allein.««

»»Doch wenn . . . «« entgegnete dieser.

»»Laß mich, ich befehle es Dir.««

»Carlini gehorchte, kehrte zu seinen Kameraden zurück, hüllte sich in seinen Mantel und schien bald in einen ebenso tiefen Schlaf versunken zu sein, wie seine Kameraden. Man hatte am Tage vorher beschlossen, das Lager zu verändern. Eine Stunde vor Tag weckte Cucumetto seine Leute, und es wurde Befehl zum Aufbruch gegeben, aber Carlini wollte den Wald nicht verlassen« ohne zu wissen, was aus dem Vater von Rita geworden wäre. Er wandte sich nach der Stelle, wo er den Greis gelassen hatte, und fand denselben an einem von den Zweigen der Eiche aufgehängt, welche das Grab seiner Tochter beschattete. Er that nun auf den Leichnam des Einen und auf das Grab der Andern den Schwur, Beide zu rächen; doch er konnte diesen Schwur nicht halten, denn zwei Tage nachher wurde Carlini in einem Kampfe mit römischen Carabinieren getötet. Man wunderte sich nur, dass er, dem Feinde das Gesicht bietend, eine Kugel zwischen die Schultern bekommen hatte. Das Erstaunen hörte aber auf, als einer von den Banditen gegen seine Kameraden bemerkte, Cucumetto sei zehn Schritte hinter Carlini gestanden, da dieser gefallen.

»Am Morgen des Aufbruchs aus dem Walde von Frosinone war er Carlini gefolgt, hatte dessen Schwur gehört und kam ihm sodann als vorsichtiger Mann zuvor. Man erzählt sich von diesem Räuberhauptmann noch zehn andere nicht minder seltsame Geschichten, es zitterte auch Jedermann von Fondi bis Perugia, wenn man nur den Namen den Cucumetto nannte.

»Diese Geschichten waren oft der Gegenstand der Unterhaltung den Luigi und Teresa. Das Mädchen bebte bei allen solchen Erzählungen: aber Vampa beruhigte sie mit einem Lächeln und schlug an seine Flinte, welche ihre Kugel so schön trug; war sie dann noch nicht völlig beruhigt, so zeigte er ihr auf hundert Schritte einen Raben, der auf einem dürren Aste saß, schlug an, druckte los, und das Tier fiel wohlgetroffen an den Fuß des Baumes nieder. Mittlerweile verlief die Zeit; die jungen Leute hatten beschlossen, sich zu heiraten, wenn Vampa zwanzig und Teresa neunzehn Jahre alt wäre. Sie waren Beide Waisen und hatten nur ihre Herren um Erlaubnis zu bitten: sie baten darum und erhielten auch die Einwilligung.

»Als sie einen Tage von ihren Plänen für die Zukunft sprachen, vernahmen sie ein paar Schüsse, dann trat plötzlich ein Mann aus dem Gehölze hervor, bei welchem die jungen Leute ihre Herden zu weiden pflegten, lief auf sie und rief, sobald er gehört zu werden glaubte:

»»Ich werde verfolgt; könnt Ihr mich verbergen?««

»Die jungen Leute erkannten sogleich. daß der Flüchtige ein Bandit sein mußte; doch zwischen den römischen Bauern und dem römischen Banditen herrscht eine angeborene Sympathie, weshalb der erste immer bereit ist, dem zweiten Dienste zu leisten. Vampa lief, ohne ein Wert zu sagen, nach dem Steine, der den Eingang der Grotte versteckte, entblößte diesen Eingang, indem er den Stein an sich zog, hieß den Flüchtling durch ein Zeichen in diesen Jedermann unbekannte Asyl schlüpfen, stieß den Stein wieder an seine Vorige Stelle, kehrte zu Teresa zurück und setzte sieh neben sie.

Beinahe in demselben Augenblick erschienen vier Carabiniere zu Pferd am Saume des Waldes; drei waren offenbar in Verfolgung des Flüchtigen begriffen, der vierte schleppte einen gefangenen Banditen an der Gurgel. Die drei Carabiniere durchsuchten die Gegend mit einem Blicke, gewahrten die zwei jungen Leute, sprengten im Galopp auf sie zu und befragten dieselben. Sie hatten nichts gesehen.

»»Das ist ärgerlich,«« sagte der Brigadier: »»denn derjenige, welchen wir suchen, ist der Anführer.««

»»Cucumetto?»« riefen unwillkürlich Teresa und Luigi.

»»Ja,«« antwortete der Brigadier, »»und da ein Preis von tausend Thalern auf seinen Kopf gesetzt ist, so wären fünfhundert Euch zugekommen, wenn Ihr mir ihn beifahren geholfen hättet.««

»Die jungen Leute wechselten einen Blick. Der Brigadier hatte eine Minute lang Hoffnung Fünfhundert römische Thaler machen dreitausend Franken, und dreitausend Franken sind ein Vermögen für arme Waisen. welche sich heiraten wollen.

»»Ja, das ist ärgerlich,«« erwiderte Vampa, »»doch wir haben ihn nicht gesehen.«« Die Carabiniere durchstreiften nun die Gegend in verschiedenen Richtungen, aber vergebens, dann verschwanden sie allmälig. Vampa zog den Stein zurück, und Cucumetto trat hervor.

»Er hatte in dem Lichte, welches das Granitthor ließ, die jungen Leute mit den Carabinieren sprechen sehen, den Gegenstand ihres Gespräches vermutet und auf dem Antlitz von Luigi und Teresa den unerschütterlichen Entschluß gelesen, ihn nicht auszuliefern. Der Bandit zog aus seiner Tasche eine Börse voll Gold und bot sie ihnen an. Aber Vampa hob stolz das Haupt empor, während Teresas Augen bei dem Gedanken an alles Das glänzte, was sie sich um dieses Gold an reichen Juwelen und schönen Kleidern kaufen könnte.

»Cucumetto war ein sehr gewandter Satan, nur hatte er die Gestalt eines Banditen, statt der einer Schlange angenommen. Er erhaschte diesen Blick erkannte in Teresa eine würdige Tochter Evas, und kehrte in den Wald zurück, wobei er sich wiederholt unter dem Vorwande, seine Befreier zu grüßen, umdrehte. Es vergingen mehre Tage, ohne daß man Cucumetto wieder sah, ohne daß man von ihm sprechen hörte. Der Carneval nahte heran, und der Graf von San Felice kündigte einen Ball an, wozu die ganze elegante Welt von Rom eingeladen war. Teresa hatte große Lust diesen Ball zu sehen. Luigi bat seinen Beschützer, den Intendanten. um Erlaubnis für sie und für sich, verbergen unter den Dienern des Hauses dem Feste beizuwohnen zu dürfen, und dies ward ihm auch zugestanden.

»Dieser Ball wurde von dem Grafen hauptsächlich gegeben, um seiner Tochter Camela, die er anbetete, ein Vergnügen zu machen. Carmela war gerade von dem Alter und dem Wuchse von Teresa, und Teresa war wenigstens ebenso schön als Carmela. Am Abend des Balles wählte Teresa ihre schönste Toilette, ihre reichsten Nadeln, ihren glänzendsten Glasschmuck. Sie hatte die Tracht der Frauen von Frascati, Luigi die so malerische Kleidung der römischen Bauern an Festtagen. Beide mischten sich, wie man es ihnen erlaubst hatte, unter die Diener und Bauern.

»Das Fest war prachtvoll. Nicht nur die Villa war glänzend beleuchtet, sondern es hingen auch Tausende von farbigen Lampen an den Bäumen im Garten. Bald strömte auch der Palast auf die Terrassen über und von den Terrassen wogte es in die Alleen. An jedem Kreuzweg gab es ein Orchester, Trinktische und Erfrischungen aller Art: die Spaziergänger blieben stehen, es bildeten sich Quadrillen und man tanzte, wo man zu tanzen Lust bekam. Carmela war wie die Frauen von Sonnino gekleidet, sie trug eine mit Perlen gestickte Mütze, die Nadeln in ihren Haaren waren von Gold und Diamanten, ihr Gürtel war von türkischer Seide mit großen brochirten Blumen, ihr Oberrock und ihr Unterrock waren von Kaschemir, ihre Schürze von indischer Mousseline, die Knöpfe ihres Mieders bestanden aus Edelsteinen. Zwei andere Gefährtinnen von ihr hatten die eine die Tracht der Frauen von Nettuno, die andere die der Frauen der Riccia.

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