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Der Graf von Moret

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III.
Johann Coutet

Johann Coutet war ein junger Mann von 26 Jahren, und von der männlichen Schönheit und Stärke der echten Gebirgsbewohner. Seine breiten Schultern, seine gewölbte Brust, die kräftigen Verhältnisse seiner Arme und Beine verrieten einen nervigen Körper, während seine offenen, freundlichen Gesichtszüge Zeugnis von einem redlichen Herzen gaben.

Er war auf dem Wege mit den statt gehabten Vorgängen bekannt gemacht worden.

Er wusste, dass sein Bruder, von einer Lawine erfasst, das Glück gehabt hatte, sich im Fallen an eine Fichte zu klammern, und dass er dann von einem vorbeikommenden Reisenden gerettet worden war.

Warum aber ließ sein Bruder, der nun außer Gefahr war, ihn holen? Das war es, was er nicht wusste.

Nichtsdestoweniger eilte er, so rasch es ihm möglich war, herbei, was seine Ergebenheit für seinen Bruder in das beste Licht stellte.

Kaum angekommen, begab er sich in das Zimmer Wilhelms, plauderte mit demselben etwa zehn Minuten und ersuchte dann den Wirt, er möge ihnen den Edelmann schicken.

Der Graf von Moret zögerte nicht, der Einladung Folge zu leisten.

»Exzellenz,« sagte Wilhelm, »hier ist mein Bruder Johann, welcher weiß, dass ich Euch das Leben verdanke, und sich Euch, gleich mir, zur Verfügung stellt.«

Der Graf von Moret warf einen raschen Blick auf den jungen Bergbewohner, und glaubte sogleich, sich von seinem Mute und seiner Ehrlichkeit überzeugt halten zu können.

»Euer Name,« sagte er zu ihm, »ist französisch.«

»In der Tat, Exzellenz,« erwiderte Johann Coutet. »sind mein Bruder und ich von französischer Abstammung. Unsere Eltern waren aus Phenioux; sie ließen sich in Gravière nieder und daselbst sind wir geboren worden.«

»Ihr seid also Franzosen geblieben?«

»Dem Herzen wie dem Namen nach.«

»Und doch arbeitet Ihr an den Befestigungen von Susa?«

»Man gibt mir zwölf Sous täglich, damit ich die Erde aufwühle; ich tue dies vom Morgen bis zum Abend und kümmere mich nicht darum, weshalb ich das tue und wem das Stück Erde, das ich aufwühle, gehört.«

»Aber Ihr dient ja gegen Euer Vaterland!«

Der junge Mann zuckte die Achseln.

»Warum,« sagte er, »nimmt mein Vaterland nicht meine Dienste für sich in Anspruch?«

»Wenn ich Euch um Einzelheiten über die Arbeiten frage, die Ihr ausführt, werdet Ihr sie mir geben?«

»Man hat die Geheimhaltung nicht von mir verlangt, ich bin also auch nicht verpflichtet, das Geheimnis zu bewahren.«

»Versteht Ihr etwas von den bei Festungsbauten gebräuchlichen Ausdrücken?«

»Ich höre unsere Ingenieure von Redouten, Lunetten, Laufgräben reden, aber ich weiß nicht, was diese Ausdrücke bedeuten.«

»Könntet Ihr mir vielleicht die Festungswerke von Susa aufzeichnen?«

»Ich kann nicht lesen, nicht schreiben, und, habe nie einen Zeichenstift gehalten.«

»Gestattet man Fremden, in dm Bereich der Arbeit zu kommen?«

»Nein; eine Kette von Schildwachen ist ringsherum ausgestellt.«

»Könnt Ihr mich als Arbeiter mit Euch nehmen? Man hat mir gesagt, dass man allenthalben Arbeiter sucht.«

»Für wie viel Tage?«

»Nur für einen einzigen Tag.«

»Wenn Ihr dann am andern Tage nicht kämt, würde man Verdacht schöpfen.«

»Könntet Ihr Euch für vierundzwanzig Stunden krank stellen?«

Ja«

»Und könnte ich mich dann nicht an Eurer Statt vorstellen?«

»Ohne Zweifel. Mein Bruder wird Euch einen Zettel für den Aufseher der Arbeiter, Johann Miroux, mitgeben; des andern Tags geht es mir besser; ich nehme meine Arbeit wieder auf, und es hat nichts zu sagen.«

»Habt Ihr das verstanden, Wilhelm?«

»Ja, Exzellenz!«

»Um wie viel Uhr beginnen die Arbeiten?«

»Um 7 Uhr des Morgens.«

»Dann ist keine Zeit zu verlieren; lasset Euren Bruder den Zettel schreiben, kehrt nach Gravière zurück und um 7 Uhr des Morgens werde ich an der Arbeit sein.«

»Haben Eure Exzellenz schon an die Kleider gedacht?«

»Habt Ihr mir keine zu leihen?«

»Meine Garderobe ist nicht sehr reichhaltig.«

»Könnte ich nicht bei einem Schneider fertige Kleider bekommen?«

»Sie würden zu neu aussehen.«

»Man könnte sie beschmutzen.«

»Wenn man Eure Exzellenz Einkäufe machen sähe, so würde man Verdacht schöpfen; der Herzog von Savoyen hat überall seine Spione.«

»Da Ihr ungefähr von meiner Größe seid, könntet Ihr die Kleider kaufen; hier ist Geld.«

Der Graf reichte Johann Coutet eine gefüllte Börse,

»Aber das ist ja zu viel.«

»Ihr werdet mir das zurückgeben, was Ihr nicht braucht.«

Nachdem die Sachen beschlossen waren, ging Johann aus, um die Ankäufe zu machen; Wilhelm verlangte Feder und Tinte, um den Zettel für Johann Miroux zu schreiben, und der Graf von Moret begab sich zu Isabella, um ihr seine morgende Abwesenheit anzuzeigen, als deren Grund er angab, er wollte sich mit dem Wege bekannt machen, den man am zweitnächsten Tag zu verfolgen hätte.

Die Annäherungen, welche bei einer gemeinschaftlichen Reise unvermeidlich sind, das doppelte Geständnis! ihrer Liebe, die Eigentümlichkeit ihrer Lage, hatten die beiden jungen Leute in eine ausnahmsweise Stellung zu einander gebracht.

Die offizielle Mission des Grafen von Moret, über seine Verlobte zu wachen, hatte seiner Leidenschaft einen sanften und brüderlichen Charakter verliehen; es gab auch nichts Anziehenderes, als die Stunden der Vertraulichkeit, in welchen die Beiden einander auf den Grund ihres Herzens blickten und auf demselben die Worte lasen: »Ich liebe Dich.«

Isabella, welche unter der Obhut der Frau von Coëtman und Galaors diesseits der französischen Grenze blieb, hatte durchaus nichts zu fürchten. Anders war es mit dem Grafen von Moret, der sich in Feindesland wagte. Die Stunde, welche der Graf von Moret jetzt zu den Füßen seiner Geliebten zubrachte und die er dazu anwendete, die Besorgnisse der Liebenden zu beschwichtigen, war bald verflossen, und Meister Germain kam anzuzeigen, dass Johann Coutet den Grafen mit den von ihm erkauften Kleidern erwarte.

Isabella nahm ihm das Versprechen ab, nicht fortzugehen, bis er ihr Lebewohl gesagt haben würde, was eigentlich überflüssig war, denn er hätte es ohnehin nicht getan, und eine Viertelstunde später stand er vor ihr in der Tracht eines piemontesischen Bauern.

Einige Minuten wurden von dem jungen Mädchen dazu verwendet, Stück für Stück die neuen Kleider zu prüfen, in die sich der Graf gesteckt hatte, und sie fand, dass ihn Alles sehr gute kleidete. Es gibt eine aufsteigende Periode der Liebe, wo Alles, und wäre es auch ein Kleid von Sackleinwand, den geliebten Mann oder die geliebte Frau verschönert; unglücklicherweise aber gibt es auch eine andere Periode, in welcher selbst das kostbarste Kleidungsstück den verlorenen Reiz nicht zu ersetzen vermag.

Man musste scheiden. Es war eben zehn Uhr; zwei Stunden brauchte man, um Gravière zu erreichen, wo man folglich erst um Mitternacht ankommen konnte, und um sieben Uhr des Morgens sollte der Graf schon an der Arbeit sein.

Bevor er wegging, versah er sich mit dem Briefe, der von Wilhelm Coutet geschrieben, und in folgenden Worten abgefasst war:

»Mein lieber Johann Miroux!

»Der, welcher Euch diesen Brief überbringt, wird Euch zugleich meine Rückkunft aus Lyon anzeigen, wohin ich gegangen bin, um Waren einzukaufen; er wird Euch auch mit dem Unfall bekannt machen, der mir zwischen St. Laurent und Chaumont zugestoßen ist. In Folge dessen ist mein Bruder Johann genöthigt, mich zu pflegen. Da er aber nicht will, dass die Arbeit unter seiner Abwesenheit leide, schickt er an seiner Stelle seinen Kameraden Jacquelino. Morgen wird er wieder seinen Dienst eintreten und ich kehre zu meinen Geschäften zurück.

»Es grüßt Euch Euer Vetter

»Wilhelm Coutet.«

Der Graf Moret lächelte, während er den Brief las. Er war so, wie er ihn wollte, obgleich er sich gestehen musste, dass er nicht so ausgefallen wäre, wenn er ihn selbst geschrieben hätte.

Da dieser Brief das Einzige war, worauf er noch gewartet hatte, und das Pferd Meister Germains gesattelt vor der Tür stand, küsste der Graf noch einmal die Hand Isabellas, sprang in den Sattel, lud Johann ein, hinten auf die Croupe des Pferdes zu steigen und sprengte sorglos auf dem Harttraber davon.

Zwei Stunden später waren die beiden jungen Leute in dem Dorfe Gravière und am andern Morgen, pünktlich um sieben Uhr, übergab der Graf von Moret dem Aufseher Miroux den Brief Wilhelms und wurde ohne Widerrede als Stellvertreter Coutet's unter die Arbeiter aufgenommen.

Wie Wilhelm Coutet es vorausgesehen hatte, fragte Johann Miroux nach den näheren Umständen des Unfalles, der seinen Vetter getroffen hatte, und Jacquelino war vollkommen im Stande, ihm diese Mitteilungen zu machen.

IV.
Warum der Graf von Moret an den Befestigungswerken von Susa arbeitete

Wie man wohl erraten haben wird, legte der Graf von Moret nicht zu seiner eigenen Befriedigung für einen Tag die Kleidung eines Schanzarbeiters an und übernahm die Arbeit eines solchen.

In dem Gespräche, welches der Graf vor seiner Abreise mit dem Kardinal von Richelieu gehabt hatte, nannte ihn dieser einen echten Sohn Heinrichs IV. und der Sohn Heinrichs IV. hatte beschlossen, das Vertrauen des Kardinals zu erwerben.

Er nahm sich daher vor, da der Gedanke in ihm aufstieg, er könnte dem Kardinal und seinem Bruder, dem Könige, einen großen Dienst erweisen, selbst auf die Gefahr hin, erkannt und als Spion behandelt zu werden, sich durch den Augenschein ein Bild der im Passe von Susa aufgeführten Befestigungswerke zu verschaffen und hierüber dem Kardinal einen genauen Bericht zu erstatten.

Nachdem er also nach seiner Rückkunft von der Tagarbeit in dem Passe, welche für ihn ohne Unfall ablief, sich kaum Zeit genommen hatte, seiner geliebten Isabella eine gute Nacht zu wünschen, zog er sich auf sein Zimmer zurück und schrieb folgenden Brief an Richelieu:

 

»Monseigneur!

»Erlaubt mir, in dem Augenblicke, wo ich im Begriffe stehe, die Grenze Frankreichs zu überschreiten, Euch anzuzeigen, dass bis jetzt unsere Reise ohne irgend einen bemerkenswerten Vorfall abgelaufen ist.

»Indem ich mich jedoch der Grenze näherte, habe ich Nachrichten vernommen, welche mir für Ew. Eminenz von besonderer Wichtigkeit scheinen, da Ihr Euch zu einem Feldzuge nach Piemont vorbereitet.

»Der Herzog von Savoyen, welcher Zeit zu gewinnen sucht, indem er den Truppen den Durchzug durch sein Land gestattet, lässt gleichwohl den Pass von Susa befestigen. Ich habe mich daher entschlossen, mich persönlich von dem Fortgang und der Art dieser Befestigungsarbeiten zu überzeugen.

»Die Vorsehung hat es zugegeben, dass ich einem Bauer aus Gravière das Leben rettete, dessen Bruder bei diesen Arbeiten beschäftigt ist; ich fand Mittel, dessen Stelle einzunehmen, und habe einen Tag mitten unter den Arbeitern verbracht.

»Bevor ich jedoch Ew. Eminenz mitteile, was ich an diesem Tage gehört und getan habe, will ich einen genauen Bericht über die natürlichen Hindernisse ablegen, welche das Heer auf dem Marsche finden wird, damit Ew. Eminenz sich klar darüber werden können, welche Wege einzuschlagen und welche zu vermeiden sind.

»Chaumont, der Ort, aus welchem ich die Ehre habe, Ew. Eminenz zu schreiben, ist der letzte Flecken auf königlichem Gebiete. Eine Viertelmeile jenseits befindet sich die Grenze, welche die Dauphinée von Piemont trennt. Ein wenig weiter, auf dem Gebiete des Herzogs von Savoyen, befindet sich ein auf allen Seiten steiler Felsen, der nur auf einem einzigen, an tiefen Abgründen hinführenden Pfade zu besteigen ist. Carl Emanuel betrachtet diesen Felsen als ein natürliches Festungswerk gegen den Einmarsch der Franzosen, und hält hier eine Garnison als Besatzung. Dieser Felsen heißt Gelane und wenn man ihn vermeiden will, gelangt man in ein enges Tal, welches sich zwischen den Felsenrücken Montabon und Montmoron hinzieht.

»Dieses Tal ist der Pass von Susa, die einzige Pforte Italiens, und hier werden Befestigungen aufgeführt, von deren Beschaffenheit ich mich überzeugen und darüber an Ew. Eminenz berichten wollte.

»Der Herzog von Savoyen lässt diesen Pass durch eine halbmondförmige Lunette schließen, vor der ein tiefer Graben sich befindet, zu dessen Schutz wieder in der Entfernung von zweihundert Schritten zwei Batterien aufgeworfen sind, deren Feuer sich kreuzt.

»Außerdem werden an den beiden Bergrücken einzelne Forts gebaut, welche Garnisonen von hundert Mann fassen und zahlreiche Redouten, hinter denen zwanzig bis fünfundzwanzig Soldaten ein Musketenfeuer unterhalten können.

»Das Tal ist bei einer Länge von einer Viertelmeile an manchen Stellen achtzehn bis zwanzig Fuß breit und überall von steilen Felswänden begrenzt.

»Als ich am Morgen zur Arbeit kam, hörte ich, dass der Herzog von Savoyen und dessen Sohn im Laufe des Tages von Turin kommen sollten, um die Arbeiten zu beschleunigen; in der Tat kamen sie gegen Mittag an und begaben sich sofort mitten unter die Arbeiter, um dieselben durch Versprechungen höheren Lohnes anzufeuern. Zugleich mit ihnen erschienen Truppen in der Starke von 3000 Mann, und andere 5000 wurden für den zweitnächsten Tag angekündigt.

»Nach dem Abhange des Montmoron hinauf geschickt, um daselbst die Ankunft des Herzogs anzukündigen, sah ich in der Nähe die zweite Redoute, welche mit der des Montabon in Wechselwirkung steht; ihr Anblick hat mich in der Ansicht bestärkt, dass der Pass von Susa nicht forciert werden kann, sondern umgangen werden muss.

»Diese Nacht noch, gegen drei Uhr Morgens, werden wir bei Mondschein aufbrechen, mit dem Manne als Führer, dem ich das Leben gerettet habe, und welcher mir mit seinem Kopfe dafür bürgt, dass er uns auf ihm bekannten Wegen ungefährdet durch das Land des Herzogs von Savoyen bringen wird.

»Sobald ich Fräulein von Lautrec ihrem Vater übergeben habe, verlasse ich Mailand und suche auf dem kürzesten Wege zu Ew. Eminenz zu gelangen, um meinen Platz in den Reihen der Armee, einzunehmen und Ew. Eminenz persönlich meiner vollkommensten Ergebenheit zu versichern.

»Anton von Bourbon. Graf von Moret.«

In der Tat setzte sich die kleine Karawane um drei Uhr des Morgens in Bewegung und verließ Chaumont in derselben Ordnung, in welcher sie dahin gekommen war, mit dem einzigen Unterschiede, dass Wilhelm Coutet diesmal als Führer voran ritt.

Alle fünf Personen ritten auf Maultieren, obwohl Coutet ihnen sagte, dass sie an gewissen Strecken absteigen und zu Fuße gehen müssten.

Man ging gerade auf den Felsen Gelane zu, der sich in der Dunkelheit wie ein gespenstiger Riese vom Horizonte abhob; aber fünfhundert Schritte vor diesem Felsen bog Coutet links in einen kaum bemerkbaren Seitenpfad vom Wege ab. Nachdem man eine Viertelstunde geritten war, hörte man das Brausen eines Bergstromes.

Dieser Bergstrom, einer der tausend Zuflüsse des Po, war durch heftige Regengüsse bedeutend angeschwollen, und bot ein unvorhergesehenes Hindernis.

Coutet hielt am Ufer an, blickte aufwärts und abwärts und schien eine Stelle zu suchen, wo der Übergang leicht zu bewerkstelligen wäre; aber ohne ihm Zeit zur Überlegung zu lassen, lenkte der Graf von Moret mit dem sprudelnden Mute, welcher den Verliebten eigen ist und sie drängt, sich in Gefahren zu stürzen, wenn zwei schöne Augen auf ihnen haften, sein Tier in den Fluss.

Dach Coutet fiel mit der Schnelligkeit des Blitzes dem Tiere in die Zügel und mit jenem befehlenden Tone, welchen gewissenhafte Führer, denen man sich anvertraut, in Augenblicken der Gefahr anzunehmen pflegen, sagte er:

»Bleibt an Eurem Platze; hier ist es meine Sache, den Weg zu zeigen!«

Der Graf gehorchte.

Isabella ritt den Uferabhang hinab, und lenkte ihr Tier an die Seite des Grafen, Frau von Coëtman und Galaor blieben auf der Höhe des Ufers zurück.

Frau von Coëtman, die bei dem Scheine des Mondes noch bleicher aussah, als bei Tageslicht, betrachtete den tosenden Bergstrom mit derselben Gleichgültigkeit, mit welcher sie Tags vorher den Lawinensturz betrachtet hatte, d. h. mit der Gleichgültigkeit einer Person, welche zehn lange Jahre hindurch in der Nachbarschaft des Todes gelebt hatte.

Das Maultier Wilhelms watete nun in gerader Linie in den Strom hinein, und war etwa bis auf ein Drittel der Breite des Bettes vorgedrungen, als die starke Strömung es zwang, von seiner Richtung abzuweichen; einen Augenblick lang verlor das kräftige Tier sogar den Boden unter den Hufen und war gezwungen, zu schwimmen, so dass sein Reiter die Herrschaft über dasselbe verloren hatte; aber Wilhelm Coutet, welcher auf seinen Schmuggelnden schon mehrere ähnliche Abenteuer bestanden hatte, verlor die Geistesgegenwart nicht; er wusste den Kopf seines Tieres über dem Wasser zu erhalten, und dieses, welches noch eine Weile schwamm und gegen die Strömung ankämpfte, fasste endlich festen Fuß und gelangte schnaufend und prustend an das andere Ufer.

Isabella hatte bei diesem Anblicke die Hand des Grafen von Moret erfasst und drückte sie mit einer Kraft, welche geeignet war, den Grad ihrer Angst anzudeuten, und doch war es nicht die Angst wegen der Gefahr, welche der Führer lief, oder welch: ihr selbst bevorstand, wenn sie auf diesem Wege den Fluss durchreiten musste, sondern die Angst, die ihr der Gedanke erpresste, dass der geliebte Mann unrettbar verloren gewesen wäre, wenn er seinen Entschluss ausgeführt und zuerst den Fluss durch ritten hätte.

Auf dem entgegengesetzten Ufer angelangt, machte Wilhelm den Reisenden ein Zeichen, zu warten, ritt dann fünfzig Schritte nach aufwärts und lenkte sein Tier wieder in den Strom; diesmal war er glücklicher; obwohl das Wasser dem Maultier bis an die Hüften ging, war doch ziemlich ebener Boden unter ihm.

Kaum hatte er das diesseitige Ufer erklommen, so rief er die Karawane heran; er wollte den Ort nicht verlassen, aus Furcht, die Richtung zu verlieren und dann auf Untiefen zu stoßen.

Die Anordnungen zum Überschreiten des Stromes wurden folgendermaßen getroffen: Zuerst wollte man das Maultier Isabella's zwischen die Tiere des Grafen und Wilhelms nehmen, damit sie an jeder Seite Jemand habe, der bereit wäre, sie augenblicklich zu unterstützen, im Falle ihr Tier einen Fehltritt tun sollte; dann würde Wilhelm zurückreiten und Frau von Coëtman holen, welche zwischen ihm und Galaor durch das Wasser reiten sollte.

Frau von Coëtman hörte diese Anordnungen mit ihrer gewöhnlichen Teilnahmslosigkeit an, und nickte zum Zeichen des Einverständnisses mit dem Kopfe.

Wilhelm, Isabella und der Graf ritten in der verabredeten Ordnung in den Strom hinein und erreichten ohne irgend einen Unfall das andere Ufer. Aber als sie sich umwandten, sahen sie, dass Frau von Coëtman aus den zurückkehrenden Führer nicht gewartet hatte und sich bereits mitten in der Flut befand; auch Galaor wollte nicht zurückbleiben und ritt wacker neben ihr her.

Der Graf von Moret spürte trotz seiner hohen Lederstiefel die Frische des Wassers an seinem Körper; er, zweifelte nicht, dass Isabella, gleich ihm, durchnässt sei, und er fürchtete für ihre Gesundheit die Folgen einer heftigen Erkältung.

Er fragte daher Wilhelm, ob man in der Nähe eine Herberge und ein Feuer finden könnte. Wilhelm kannte in der Entfernung von etwa einer halben Stunde eine Hütte, in welcher sich gewöhnlich die Schmuggler auf ihren nächtlichen Wanderungen aufhielten; hier musste man nach seiner Ansicht Feuer und Alles, was sonst noch nöthig wäre, finden.

Da der Weg es erlaubte, setzte man die Maultiere in Trab und legte so eine halbe Meile zurück; dann verengte sich der Pfad so, dass man nur einzeln reiten konnte. Wilhelm ritt als Führer voran, dann folgten Isabella, der Graf, Frau von Coëtman und zuletzt der Page Galaor.

Der Regen, welcher den Schnee etwas aufgeweicht hatte, erleichterte übrigens den Maultieren ihren Weg, und zu der von Coutet bezeichneten Stunde langte man an der Tür der Hütte an.

Isabella zögerte, hier einzutreten und verlangte, man solle den Weg weiter fortsetzen. Die halbgeöffnete Tür ließ im Innern eine zahlreiche Gesellschaft sehen, und diese schien eine sehr gemischte zu sein. Aber Wilhelm beruhigte die Dame, indem er ihr einen abgesonderten Winkel versprach, wo sie mit keinem der Männer in Berührung kommen würde, deren Gesichter und Trachten ihr Unruhe einflößten.

Übrigens waren unsere Reisenden gut bewaffnet; Jeder von ihnen hatte außer seinem Jagdmesser in den Halftern seines Maultieres ein Paar jener langen Pistolen mit Radschlössern, wie sie damals gebräuchlich waren. Wilhelm trug in seinem Gürtel ein Dolchmesser und im Bandelier um seine Schulter hing ein schwerfälliges Jagdgewehr.

Man machte vor der Tür halt; Wilhelm stieg ab und trat allein in die Hütte.

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