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Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4

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Diese zwei Männer kannten sich allerdings nicht, doch sie waren Brüder.

Ueberdies trug der Unbekannte wie Billot die Kleidung eines Föderirten; nur bemerkte der Pächter an einem gewissen Unterschiede im Costume, daß derjenige, welcher es trug, am Tage selbst zu der kleinen Gruppe von Fremden gehört haben mußte, welche Anacharsis Cloots folgte und bei dem Feste die Deputation des Menschengeschlechtes vorstellte.

Nachdem dieses Zeichen vom Unbekannten gemacht und von Billot erwiedert war, nahmen Billot und Pitou wieder ihren Platz ein.

Billot neigte sogar den Kopf in Form eines Grußes, während Pitou freundlich lächelte.

Da indessen Beide den Unbekannten mit dem Blicke zu befragen schienen, so war er es, der das Wort nahm.

»Ihr kennt mich nicht, Brüder,« sagte er, »doch ich kenne Euch.«

Billot schaute den Fremden fest an und Pitou, der offenherziger, rief:

»Bah! wahrhaftig, Sie kennen uns?«

»Ich kenne Dich, Kapitän Pitou,« sprach der Fremde; »ich kenne Dich, Pächter Billot.«

138 »So ist es,« sagte Pitou.

»Warum diese düstere Miene, Billot?« fragte der Fremde. »Etwa weil man Dir, dem Sieger der Bastille, in die Du zuerst eingedrungen bist, die Medaille vom 14. Juli an das Knopfloch zu hängen und Dir heute die Ehren zu bezeigen vergessen hat, mit welchen die Herren Maillard, Elie und Hullin überhäuft worden sind?«

Billot lächelte mit einer Miene der Verachtung und sprach:

»Wenn Du mich kennst, Bruder, so mußt Du wissen, daß eine solche Erbärmlichkeit ein Herz wie das meinige nicht zu betrüben vermöchte.«

»Wäre es also, weil Du es, in der Großmuth Deiner Seele, vergebens versucht hast, Dich der Ermordung von de Launay, Foulon und Berthier zu widersetzen?«

»Ich habe gethan, was ich nach Maßgabe meiner Kräfte thun konnte, um es zu verhindern, daß diese Verbrechen begangen würden,« sagte Billot. »Mehr als einmal habe ich in meinen Träumen diejenigen gesehen, welche die Opfer dieser Verbrechen gewesen sind, und nicht Einer derselben hat die Idee gehabt, mich anzuklagen.«

»Ist es, weil Du nach dem 5. und 6. October bei der Rückkehr nach Deinem Pachthofe Deine Speicher leer und Deine Güter brach gefunden hast?«

»Ich bin reich,« erwiderte Billot, »an einer verlorenen Ernte ist mir wenig gelegen!«

»Also,« fragte der Unbekannte, indem er Billot ins Gesicht schaute, »also weil Deine Tochter Catherine  . . . ?«

»Stille! versetzte der Pächter, der den Unbekannten beim Arme faßte, »sprechen wir nicht hiervon.«

»Warum nicht,« sagte der Unbekannte, »wenn ich mit Dir davon spreche, um Dich in Deiner Rache zu unterstützen?«

»Dann ist es etwas Anderes,« erwiderte Billot, zugleich erbleichend und lächelnd, »sprechen wir davon.«

Pitou dachte weder mehr an das Essen, noch an das Trinken; er schaute den Unbekannten an, wie er einen Zauderer angeschaut hätte.

»Und Deine Rache,« sagte der Unbekannte mit einem lächeln, »sprich, wie gedenkst Du dabei zu verfahren? Aus eine ärmliche Art, indem Du einen Menschen zu tödten versuchst, wie Du es hast thun wollen?«

Billot wurde leichenbleich; Pitou fühlte einen Schauer seinen ganzen Leib durchlaufen.

»Oder dadurch, daß Du eine ganze Kaste verfolgst?«

»Dadurch, daß ich eine ganze Kaste verfolge,« erwiderte Billot, »denn das Verbrechen des Einen ist das Verbrechen Aller, und Herr Gilbert, bei dem ich mich beklagt habe, sagte zu mir: »»Armer Billot, was Dir widerfährt, ist schon tausend Vätern widerfahren! Was sollten denn die jungen Adeligen thun, wenn sie nicht die Mädchen aus dem Volke entführten, und die alten, wenn sie nicht das Geld des Königs verzehrten?««

»Ah! Gilbert hat Dir das gesagt?«

»Sie kennen ihn?«

Der Unbekannte lächelte.

»Ich kenne alle Menschen,« erwiderte er, »wie ich Dich, Billot, den Pächter von Pisseleu, kenne; wie ich Pitou, den Kapitän der Nationalgarde von Haramont, kenne; wie ich den Vicomte Isidor von Charny, den Gutsherrn von Boursonnes, kenne, wie ich Catherine kenne.«

»Ich habe Dir schon gesagt, Du sollst diesen Namen nicht aussprechen, Bruder.«

»Und warum nicht?«

»Weil es keine Catherine mehr gibt.«

»Was ist denn aus ihr geworden?«

»Sie ist todt.«

»Nein, sie ist nicht todt, Vater Billot,« rief Pitou, »da  . . . «

Und ohne Zweifel wollte er beifügen: »da ich weiß, wo sie ist, und da ich sie alle Tage sehe,« als Billot mit einer Stimme, welche keine Entgegnung zuließ, wiederholte:

»Sie ist todt!«

Pitou verbeugte sich; er hatte verstanden.

Catherine, welche vielleicht für die Anderen lebte war für ihren Vater todt.

»Ah! ah!« rief der Unbekannte, »wäre ich Diogenes, so würde ich meine Laterne auslöschen: ich glaube, ich habe einen Menschen gefunden.«

Dann stand er auf, bot Billot den Arm und sagte:

»Bruder, komm, mach einen Gang mit mir, während dieser brave Bursche seine Flasche Wein leert und seine Wurst vollends zu sich nimmt.«

»Gern,« erwiderte Billot, »denn ich fange an zu begreifen, was Du mir anbietest.«

Und er nahm den Arm des Unbekannten und sprach zu Pitou.

»Erwarte mich hier, Pitou, ich komme zurück.«

»Ah! Vater Billot,« versetzte Pitou, »wenn Sie lange ausbleiben, so werde ich mich langweilen! Ich habe nur noch ein halbes Glas Wein, ein Stückchen Wurst und ein Schnittchen Brod.«

»Es ist gut, mein wackerer Pitou,« sagte der Unbekannte; »man kennt das Maß Deines Appetits, und man wird Dir hinreichend schicken, daß Du Geduld fassen kannst, während Du uns erwartest.«

Der Unbekannte und Billot waren in der That kaum an der Ecke von einer der grünen Mauern verschwunden, als eine neue Wurst, ein zweiter Laib Brod und eine dritte Flasche Wein den Tisch von Pitou schmückten.

Pitou begriff nichts von Allem dem, was vorgegangen; er war zugleich sehr erstaunt und sehr unruhig.

Doch das Erstaunen und die Unruhe machten, wie die Gemüthsbewegungen im Allgemeinen, Pitou Hunger.

Pitou fühlte also, dergestalt war er erstaunt und unruhig, ein unwiderstehliches Bedürfniß, dem Proviant, den man ihm geschickt hatte, Ehre anzuthun, und er überließ sich diesem Bedürfniß mit seinem uns bekannten Eifer, als Billot allein zurückkam und schweigsam, obgleich die Stirne aufgeklärt von einem Schimmer, der dem der Freude glich, wieder seinen Platz Pitou gegenüber einnahm.

»Nun?« fragte dieser den Pächter, »was gibt es Neues, Vater Billot?«

»Es gibt Neues, daß Du morgen allein abreisen wirst.«

»Und Sie?« versetzte der Kapitän der Nationalgarde.

»Ich? ich bleibe.«

LXXII
Die Loge der Rue Platrière

Wollen unsere Leser, nachdem acht Tage seit den von uns erzählten Ereignissen abgelaufen, einige von den Hauptpersonen unserer Geschichte wiederfinden, Personen, die nicht nur eine Rolle in der Vergangenheit gespielt, sondern auch eine Rolle in der Zukunft zu spielen bestimmt sind, so müssen sie sich mit uns zu jenem Brunnen der Rue Platrière versetzen, wo wir Gilbert als Kind und Gast von Rousseau sein hartes Brod haben ins Wasser tunken sehen. Sind wir einmal hier, so wollen wir einem Manne folgen, der bald vorüberkommen muß, und den wir, nicht mehr an seiner Kleidung als Förderirter, ein Costume, das nach dem Abgange der hunderttausend von Frankreich gesandten Deputirten nicht getragen zu werden vermöchte, ohne aus denjenigen, der es trägt, eine größere Summe von Aufmerksamkeit zu ziehen, als dies unser Mann wünscht, sondern an der einfachen, aber bekannten Tracht eines reichen Pächters aus der Umgegend von Paris erkennen werden.

Ich brauche dem Leser nun nicht zu sagen, daß dieser Mann kein Anderer ist, als Billot, welcher der Rue Saint-Honoré folgt, längs den Gittern des Palais Royal, dem die Rückkehr des mehr als acht Monate lang nach London verbannt gewesenen Herzogs, von Orleans so eben wieder seinen ganzen nächtlichen Glanz verliehen hat, hingeht, seinen Wegs links durch die Rue de Grenelle nimmt und ohne Zögern in die Rue Platière eintritt.

Doch gerade vor dem Brunnen angelangt, wo wir ihn erwarten, bleibt er unschlüssig stehen, nicht als ob es ihm an Herz gemangelt hätte, diejenigen, welche ihn kennen, wissen vollkommen, daß der wackere Pächter, wenn er in die Hölle zu gehen beschlossen, ohne zu erbleichen, dahin gehen würde, sondern ohne Zweifel, weil ihm die Merkmale fehlten.

Und in der That, es ist nicht schwer, zu sehen, besonders für uns, die wir ein Interesse haben, alle seine Schritte zu bespähen, es ist nicht schwer, zu sehen, daß er jede Thüre wie ein Mensch, welcher keinen Irrthum begehen will, studirt und prüfend betrachtet.

Trotz dieser Prüfung ist er indessen zu ungefähr zwei Dritteln der Straße gelangt, ohne gefunden zu haben, was er sucht. Hier aber ist der Durchgang versperrt durch die Bürger, die um eine Gruppe von Musikanten stille stehen, aus deren Mitte sich die Stimme eines Menschen erhebt, welcher Lieder über die Ereignisse des Tags singt; was indessen wahrscheinlich nicht genügen würde, um eine so große Neugierde zu erregen, waren nicht ein paar Strophen von jedem Liede bestimmt, die anderen durch Epigramme über einzelne Menschen zu verstärken.

Es ist besonders ein Lied darunter, betitelt die Reitbahn, welches Freudenschreie in der Menge hervorruft. Da die Nationalversammlung ihren Sitz auf dem alten Platze der Manage hat, so haben nicht nur die verschiedenen Farben der Versammlung die Nuancen des Pferdegeschlechts, die Rappen und die Schimmel, die Fuchsen und die Braunen, angenommen, sondern es haben auch Individuen hiernach Namen von Pferden erhalten: Mirabeau heißt Ungestüm; der Graf von Clermont-Tonnerre, Scheu; der Abbé Maury Bäumer; Thouret Donner; Bailly Glücklich.

Billot bleibt einen Augenblick stehen, um diese Angriffe zu hören, welche mehr saftig, als witzig; dann schlüpft er links gegen die Mauer und verschwindet in den Gruppen.

 

Ohne Zweifel hat er unter dieser Menge gefunden, was er suchte, denn nachdem er auf der einen Seite der Gruppe verschwunden ist, erscheint er auf der andern nicht wieder.

Wir wollen nun hinter Billot in diese Gruppe eindringen und sehen, was sie verbirgt.

Eine niedrige Thüre, über der drei Buchstaben bemerkbar sind, drei mit rother Kreide geschriebene Anfangsbuchstaben, welche, ohne Zweifel Versammlungssymbole für diese Nacht, am andern Morgen verwischt sein werden.

Diese Buchstaben sind ein L., ein D. und ein P.; die niedrige Thüre scheint ein Kellerhals zu sein; man steigt ein paar Stufen hinab, dann folgt man einem finsteren Gange.

Dieses zweite Merkmal bestätigte ohne Zweifel das erste, denn nachdem er aufmerksam die drei Buchstaben, ein für Billot, welcher, wie man sich erinnert, nicht lesen konnte, unzulängliches Erkennungszeichen angeschaut hatte, stieg der Pächter die Stufen hinab, die er während des Hinabsteigens zählte, und als er die achte erreicht hatte, drang er kühn in den Gang ein.

Am linde dieses Ganges zitterte ein bleiches Licht; vor diesem Lichte saß ein Mann und las eine Zeitung oder gab sich wenigstens den Anschein, als läse er.

Bei dem Geräusche der Tritte von Billot stand dieser Mann aus, drückte einen Finger an seine Brust und wartete.

Billot erhob gebogen denselben Finger und drückte ihn wie ein Vorlegeschloß an seinen Mund.

Dies war wahrscheinlich das von dem geheimnißvollen Pförtner erwartete Eintrittszeichen, denn er stieß zu seiner Rechten eine, wenn sie geschlossen war, vollkommen unsichtbare Thüre auf und zeigte Billot eine Treppe mit steilen, schmalen Stufen, die sich unter die Erde versenkte.

Billot trat ein; die Thüre schloß sich wieder hinter ihm rasch, aber geräuschlos.

Der Pächter zählte diesmal siebenzehn Stufen, und auf der siebenzehnten angelangt, sagte er, trotz der Stummheit, zu der er verurtheilt zu sein schien, leise zu sich selbst:

»Gut, ich bin an Ort und Stelle.«

Ein Vorhang schwebte ein paar Schritte von da vor einer Thüre; Billot ging gerade auf diesen Vorhang zu, hob ihn auf und befand sich in einem großen, kreisförmigen Saale, wo etwa fünfzig Personen versammelt waren.

In diesen Saal sind unsere Leser schon vor fünfzehn bis sechzehn Jahren, im Gefolge von Rousseau hinabgestiegen.

Wie zur Zeit von Rousseau waren die Wände mit rothen und weißen Tüchern beschlagen, auf denen man den Compaß, das Winkelmaß und die Bleiwaage in verschlungenen Zeichnungen gewahrte.

Eine einzige am Gewölbe hängende Lampe warf einen bleichen Schein gegen die Mitte des Kreises und verbreitete hier ein gewisses Licht, das aber ungenügend war, um diejenigen zu beleuchten, welche sich, da sie nicht erkannt zu werden wünschten, im Umkreise hielten.

Eine Estrade, zu der man auf vier Stufen hinaufstieg, erwartete die Redner oder die Aufnahmekandidaten, und auf dieser Estrade, auf dem Theile, welcher zunächst bei der Mauer, harrten ein einsamer Schreibtisch und ein leerer Lehnstuhl des Präsidenten.

In einigen Minuten füllte sich der Saal, so daß man nicht mehr darin umhergehen konnte, Menschen von allen Ständen und allen Lebenslagen, vom Bauern bis zum Prinzen, kamen nach einander an, wie Billot angekommen war, und nahmen, ohne sich zu kennen, oder weil sie sich kannten, ihre Plätze auf das Gerathewohl oder nach ihren Sympathien.

Jeder von diesen Männern trug auf seinem Rocke entweder die Maurerschürze, wenn er einfacher Maurer war, oder die Schärpe der Illuminaten, war er zugleich Maurer und Illuminat, das heißt in das große Mysterium aufgenommen.

Nur drei Männer trugen dieses letzte Zeichen nicht und hatten bloß die Maurerschürze.

Der Eine war Billot; der Andere ein junger Mensch von kaum zwanzig Jahren; der Dritte endlich ein Mann von ungefähr zweiundvierzig Jahren, der nach seinen Manieren den höchsten Classen der Gesellschaft anzugehören schien.

Einige Secunden, nachdem der Letztere ebenfalls eingetreten war, ohne daß seine Ankunft mehr Aufsehen erregt hatte, als die Ankunft des Einfachsten der Mitglieder der Verbindung, öffnete sich eine masquirte Thüre und der Präsident erschien, zugleich die Insignien vom Großen Orient und vom Groß Kophta an sich tragend,

Billot gab einen schwachen Schrei des Erstaunens von sich. Dieser Präsident, vor dem sich alle Häupter verneigten, war kein Anderer, als sein Föderirter vom Bastille-Platze.

Er stieg langsam die Estrade hinaus, wandte sich dann gegen die Versammlung um und sprach:

»Meine Brüder, wir haben heute zwei Dinge zu thun; ich, ich habe drei neue Adepten auszunehmen; ich habe Euch Rechenschaft zu geben von meinem Werke, von dem Tage an, wo ich es unternommen, bis auf heute; denn da dieses Werk von Tag zu Tag schwieriger wird, so müßt Ihr wissen, ob ich immer noch würdig bin Eures Vertrauens, und ich muß wissen, ob ich es fortwährend verdiene. Indem ich von Euch das Licht empfange und es Euch zurücksende, kann ich gehen auf dem dunkeln, erschrecklichen Wege, den ich betreten habe. Die Häupter des Ordens mögen also allein in diesem Saale bleiben, damit wir zur Aufnahme oder zur Verwerfung der drei neuen Mitglieder schreiten, welche vor uns erscheinen. Sind diese drei Mitglieder aufgenommen oder verworfen, so wird Jedermann, vom Ersten bis zum Letzten, zur Sitzung zurückkehren, denn in Gegenwart Aller und nicht aller des höchsten Kreises will ich mein Verfahren auseinandersetzen und den Tadel empfangen oder den Dank fordern.«

Bei diesen Worten öffnete sich eine Thüre der gegenüber, welche schon demasquirt worden war. Man erblickte weite gewölbte Tiefen, ähnlich den Grüften einer alten Basilika, und die Menge verlief sich stillschweigend und wie eine Procession von Gespenstern unter den Arkaden, welche kaum stellenweise durch kupferne Lampen erhellt waren, deren Licht gerade genügte, um, wie der Dichter gesagt hat, die Finsterniß sichtbar zu machen.

Nur drei Männer blieben. Das waren die drei Aufzunehmenden.

Der Zufall wollte, daß sie sich an die Wand in ungefähr gleichen Entfernungen von einander angelehnt hatten.

Sie schauten sich alle Drei mit Erstaunen an, denn nun erst erfuhren sie, daß sie die drei Helden der Sitzung waren.

In diesem Augenblick öffnete sich die Thüre wieder, durch welche der Präsident eingetreten war. Es erschienen sechs Verlarvte und stellten sich, drei zur Rechten und drei zur Linken, des Stuhles auf.

»Die Nummern 2 und 3 mögen sich einen Augenblick entfernen,« sprach der Präsident; »nur die obersten Häupter dürfen die Geheimnisse der Aufnahme eines Bruder-Maurers in den Orden der Illuminaten oder seine Verwerfung kennen.«

Der junge Mensch und der Mann mit der aristokratischen Miene zogen sich in den Gang zurück, durch welchen sie eingetreten waren.

Billot blieb allein.

»Nähere Dich.« sprach zu ihm der Präsident nach einem kurzen Stillschweigen, dessen Zweck es gewesen war, den zwei anderen Candidaten Zeit zu lassen, sich zu entfernen.

Billot näherte sich.

»Was ist Dein Name unter den Profanen?« fragte ihn der Präsident.

»François Billot.«

»Was ist Dein Name unter den Auserwählten?«

»Stärke.«

»Wo hast Du das Licht gesehen?«

»In der Loge der Volksfreunde in Soissons.«

»Welches Alter hast Du?«

»Sieben Jahre,« erwiderte Billot.

Und er bedeutete durch ein Zeichen, daß er den Meistergrad im Freimaurerorden einnehme.

»Warum wünschest Du einen Grad zu steigen und unter uns aufgenommen zu werden?«

»Weil man mir gesagt hat, dieser Grad sei ein Schritt mehr zum allgemeinen Lichte.«

»Hast Du Pathen?«

»Ich habe Niemand als denjenigen, welcher mir zuerst und von selbst entgegengekommen ist und sich erboten hat, mich aufnehmen zu lassen.«

Nach diesen Worten schaute Billot den Präsidenten fest an.

»Mit welchem Gefühle wirst Du auf dem Wege gehen, den Du Dir willst öffnen lassen?«

»Mit dem Hasse gegen die Mächtigen, mit der Liebe für die Gleichheit.«

»Wer wird uns für diese Liebe für die Gleichheit und diesen Haß gegen die Mächtigen bürgen?«

»Das Wort eines Mannes, der sein Wort nie gebrochen hat.«

»Was hat Dir diese Liebe für die Gleichheit eingeflößt?«

»Die niedrige Lage, in der ich geboren bin.«

»Was hat Dir diesen Haß gegen die Mächtigen eingeflößt?«

»Das ist mein Geheimniß; dieses Geheimniß, Du kennst es. Warum willst Du mich laut wiederholen lassen, was ich mir selbst leise zu sagen zögere?«

»Wirst Du gehen auf diesem Wege der Gleichheit und machst Du Dich verbindlich, nach Maßgabe Deiner Kraft und Deiner Gewalt Alles, was Dich umgibt, darauf gehen zu machen?«

»Ja.«

»Wirst Du nach Maßgabe Deiner Kraft und Deiner Gewalt jedes Hinderniß niederstürzen, das sich der Freiheit Frankreichs und der Emancipation der Welt widersetzen sollte?«

»Ja.«

»Bist Du frei von jeder früheren Verbindlichkeit, oder bist Du, wenn Du eine Verbindlichkeit übernommen, wäre sie den Versprechungen, die Du geleistet, entgegengesetzt, bereit, sie zu brechen?«

»Ja.«

Der Präsident wandte sich an die sechs verlarvten Häupter und sagte:

»Brüder, dieser Mensch spricht die Wahrheit: ich habe ihn aufgefordert, Einer der Unseren zu sein. Ein großer Schmerz fesselt ihn an unsere Sache durch die Verbrüderung des Hasses. Er hat schon viel gethan für die Revolution und kann noch viel thun. Ich erkläre mich für seinen Pathen und bürge für ihn in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft.«

»Er sei aufgenommen,« sprachen gleichzeitig die sechs Stimmen.

«Du hörst?« rief der Präsident. »Bist Du bereit, den Eid zu schwören?«

»Sage ihn mir vor,« erwiderte Billot, »und ich werde ihn wiederholen.«

Der Präsident erhob die Hand und sprach langsam und mit feierlichem Tone:

»Im Namen des gekreuzigten Sohnes schwöre zu brechen die fleischlichen Bande, welche Dich ketten an Vater, Mutter, Brüder, Schwestern, Frau, Verwandte, Geliebte, Könige, Wohlthäter und jedwedes Wesen, dem Du Treue, Gehorsam, Dankbarkeit oder Dienstbarkeit gelobt hättest.«

Billot wiederholte mit einer Stimme, welche vielleicht noch fester, als die des Präsidenten, die Worte, die ihm dieser vorgesagt hatte.

»Gut.« sprach der Präsident. »Von dieser Stunde an bist Du befreit von dem vorgeblichen Eide, den Du dem Vaterlande und den Gesetzen geleistet. Schwöre also dem neuen Haupte, das Du anerkennst, zu offenbaren, was Du gesehen oder gethan, gelesen oder gehört, erfahren oder errathen haben wirst, und sogar aufzusuchen und zu erspähen, was sich nicht Deinen Augen bieten wird.«

»Ich schwöre!« wiederholte Billot.

»Schwöre,« fuhr der Präsident fort, »zu ehren und zu achten das Gift, das Eisen und das Feuer, als rasche, sichert und nothwendige Mittel, um den Erdball durch den Tod von denjenigen zu reinigen, welche die Wahrheit verächtlich zu machen oder unseren Händen zu entreißen suchen.«

»Ich schwöre.« wiederholte Billot.

»Schwöre, Neapel zu fliehen, Rom zu fliehen, Spanien zu fliehen, jedes verfluchte Land zu fliehen. Schwöre, zu fliehen die Versuchung, etwas zu offenbaren von dem, was Du in unseren Versammlungen sehen und hören kannst, denn der Blitz würde nicht so schnell treffen, als Dich, an welchem Orte Du auch verborgen sein möchtest, das unsichtbare und unvermeidliche Messer träfe.«

»Ich schwöre,« wiederholte Billot.

»Und nun,« sprach der Präsident, »lebe im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes!«

Ein im Schatten verborgener Bruder öffnete die Thüre des Gewölbes, wo, die Beendigung der dreifachen Ausnahme erwartend, die niedrigeren Brüder des Ordens auf- und abgingen. Der Präsident winkte Billot, dieser verbeugte sich und ging zu den Männern, mit welchen ihn so eben der von ihm ausgesprochene entsetzliche Schwur verbunden hatte.

»Die Nummer 2.« sagte laut der Präsident, als die Thüre wieder hinter dem neuen Adepten geschlossen war.

Der die Thüre des Ganges masquirende Vorhang wurde langsam ausgehoben, und der schwarz gekleidete junge Mann trat ein.

Er ließ den Vorhang hinter sich fallen und blieb auf der Schwelle stehen, in Erwartung, daß das Wort an ihn gerichtet würde.

»Nähere Dich,« sprach der Präsident.

Der junge Mann näherte sich.

Es war, wie gesagt, ein junger Mann von kaum zwanzig bis zweiundzwanzig Jahren, der bei seiner weißen und zarten Haut für eine Frau hätte gelten können.

Die ungeheure, fest geschlossene Halsbinde, die er trug, konnte allein zu jener Zeit glauben machen, der Glanz und die Durchsichtigkeit dieser Haut haben zur Hauptsache nicht die Reinheit des Bluts, sondern im Gegentheil eine verborgene Krankheit; trotz seiner hohen Gestalt und dieser hohen Halsbinde war sein Hals verhältnißmäßig kurz; die Stirne war niedrig und der obere Theil des Kopfes schien gedrückt. Hiervon kam es her, daß die Haare, ohne länger zu sein, als man sie gewöhnlich auf der Stirne trug, beinahe die Augen berührten und hinter dem Kopfe bis auf die Schultern fielen. Ueberdies war in seiner ganzen Person eine automatische Steifheit, welche aus diesem jungen Menschen, der kaum auf der Schwelle des Lebens stand, einen Gesandten von einer anderen Welt, einen Abgeordneten des Grabes zu machen schien.

 

Der Präsident schaute ihn einen Augenblick mit Aufmerksamkeit an, ehe er sein Verhör begann.

Doch dieser Blick, eine Mischung von Erstaunen und Neugierde, konnte nicht machen, daß der junge Mann sein starres Auge niederschlug.

Er wartete.

»Was ist Dein Name unter den Profanen?«

»Antoine Saint-Just.«

»Was ist Dein Name unter den Auserwählten?«

»Demuth.«

»Wo hast Du das Licht gesehen?«

»In der Loge der Humanitarier in Laon.«

»Welches Alter hast Du?«

»Fünf Jahre,« erwiderte der Candidat.

Und er bedeutete durch ein Zeichen, er sei Geselle in der Freimaurerei.

»Warum wünschest Du einen Grad zu steigen und unter uns aufgenommen zu werden?«

»Weil es im Wesen des Menschen liegt, nach den Höhen zu streben, und weil auf den Höhen die Luft reiner und das Licht glänzender sind.«

»Hast Du ein Vorbild?«

»Den Philosophen von Genf, den Mann der Natur, den unsterblichen Rousseau,«

»Hast Du Pathen?»

»Ja.«

»Wie viele?«

»Zwei.«

»Wer sind sie?«

»Robespierre der Aeltere und Robespierre der Jüngere.«

»Mit welchem Gefühle gehst Du aus dem Wege, den Du Dir willst öffnen lassen?«

»Mit dem Glauben.«

»Wohin soll dieser Glaube Frankreich und die Welt führen?«

»Frankreich zur Freiheit, die Welt zur Befreiung.«

»Was würdest Du geben, daß Frankreich und die Welt zu diesem Ziele gelangten?«

»Mein Leben; das ist das Einzige, was ich besitze, da ich mein Gut schon hingegeben.«

»So wirst Du also gehen aus diesem Wege der Freiheit und der Befreiung, und machst Dich anheischig nach Maßgabe Deiner Kraft und Deiner Gewalt aus demselben Alles, was Dich umgibt, gehen zu machen?«

»Ich werde aus diesem Wege gehen und Alles, was mich umgibt, darauf gehen machen.«

»So wirst Du also nach Maßgabe Deiner Kraft und Deiner Gewalt jedes Hinderniß, das sich Dir aus Deinem Wege entgegenstellt, niederstürzen?«

»Ich werde es niederstürzen.«

»Bist Du frei von jeder Verbindlichkeit, oder würdest Du, wäre eine von Dir übernommene Verbindlichkeit den Versprechungen, die Du so eben geleistet, entgegengesetzt, dieselbe brechen?«

»Ich bin frei.«

Der Präsident wandte sich wieder an die sechs Verlarvten und fragte:

»Brüder, habt Ihr gehört?«

»Ja,« antworteten gleichzeitig die sechs Mitglieder des höchsten Kreises.

»Hat er die Wahrheit gesprochen?«

»Ja,« antworteten sie abermals.

»Seid Ihr der Ausicht, daß er aufgenommen werden soll?«

»Ja,« sagten sie zum letzten Male.

»Bist Du bereit, den Eid zu schwören?«

»Ich bin bereit,« sprach Saint-Just.

Da wiederholte der Präsident Wort für Wort in seiner dreifachen Periode den Eid, den er schon Billot vorgesagt hatte, und bei jeder Pause des Präsidenten erwiderte Saint-Just mit seiner festen, scharfen Stimme:

»Ich schwöre.«

Als der Eid geschworen war, öffnete sich dieselbe Thüre unter der Hand des unsichtbaren Bruders, und Saint-Just zog sich mit demselben steifen und automatischen Schritte zurück.

Der Präsident wartete, bis die Thüre des Gewölbes sich wieder zu schließen Zeit gehabt hatte, dann sprach er mit lauter Stimme:

»Die Nummer 3.«

Der Vorhang wurde zum zweiten Male ausgehoben, und der dritte Adepte erschien.

Dieser war, wie gesagt, ein Mann von vierzig bis zweiundvierzig Jahren, mit hochgefärbtem, beinahe ausgeschlagenem Gesichte, ein Mann, der trotz dieser Zeichen von Gemeinheit in seiner ganzen Person ein aristokratisches Wesen athmete, mit welchem sich ein mit dem ersten Blicke wahrnehmbarer Duft von Auglomanie verband.

Seine Kleidung hatte, obgleich elegant, ein wenig von jener Strenge, die man in Frankreich zu adoptiren anfing, und deren wahre Quelle in den Verbindungen bestand, welche die Franzosen mit Amerika angeknüpft hatten.

Sein Gang, ohne schwankend zu sein, war weder fest, wie der von Billot, noch steif, wie der von Saint-Just.

Nur erkannte man in seinem Gange, wie in allen seinen Bewegungen, ein gewisses Zaudern, das seine Natur zu sein schien.

»Nähere Dich,« sprach der Präsident.

Der Candidat gehorchte.

»Was war Dein Name unter den Profanen?«

»Louis Philipp Joseph Herzog von Orleans.«

»Was ist Dein Name unter den Auserwählten?«

»Gleichheit.«

»Wo hast Du das Licht gesehen?«

»In der Loge der freien Menschen in Paris.«

»Welches Alter hast Du?«

»Ich habe kein Alter,« erwiderte der Herzog.

Und er bedeutete durch ein Maurerzeichen, daß er mit der Würde des Rosenkreuzers bekleidet sei.

»Warum wünschest Du unter uns ausgenommen zu werden?«

»Weil ich, nachdem ich immer unter den Großen gelebt, endlich unter den Menschen zu leben wünsche; weil ich, nachdem ich immer unter den Feinden gelebt, endlich unter den Brüdern zu leben wünsche.«

»Hast Du Pathen?«

»Ich habe zwei.«

»Wie heißen sie?«

»Der Eine der Haß, der Andere der Ekel.«

»Mit welchem Verlangen wirst Du auf dem Wege gehen, den Du Dir willst öffnen lassen?«

»Mit dem Verlangen, mich zu rächen.«

»An wem?«

»An demjenigen, welcher mich mißkannt, an derjenigen, welche mich gedemüthigt hat.«

»Was würdest Du geben, um zu diesem Ziele zu gelangen?«

»Mein Vermögen, mehr als mein Vermögen, mein Leben; mehr all mein Leben, meine Ehre!«

»Bist Du frei von jeder Verbindlichkeit, oder wenn Du eine Verbindlichkeit übernommen hast, die den Versprechungen, welche Du so eben geleistet, entgegengesetzt wäre, würdest Du sie brechen?«

»Seit gestern sind meine Verbindlichkeiten alle gebrochen.«

»Brüder, Ihr habt gehört?« sagte der Präsident, indem er sich an die Verlarvten wandte.

»Ja.«

»Ihr kennt denjenigen, welcher erscheint, um das Werk mit uns zu vollbringen?«

»Ja.«

»Und da Ihr ihn kennt, seid Ihr der Ansicht, daß er in unsere Reihen ausgenommen werden soll?«

»Ja, doch er schwöre.«

»Kennst Du den Eid, den Du zu schwören hast?« fragte der Präsident den Prinzen.

»Nein, doch sage ihn mir vor, und welcher es auch sein mag, ich werde ihn wiederholen.«

»Er ist entsetzlich, besonders für Dich.«

»Nicht entsetzlicher, als die Beleidigung, die man mir angethan hat.«

»So entsetzlich, daß wir Dich, nachdem Du ihn gehört, für frei erklären, Dich zurückzuziehen, wenn Du bezweifelst, ob Du ihn im gegebenen Augenblicke in seiner ganzen Strenge halten kannst.«

»Sage ihn.«

Der Präsident heftete aus den Candidaten seinen durchdringenden Blick; dann, als hätte er ihn allmälig aus das blutige Versprechen vorbereiten wollen, kehrte er die Ordnung der Paragraphen um, fing mit dem zweiten an, statt mit dem ersten anzufangen, und sprach:

»Schwöre das Eisen, das Gift und das Feuer zu ehren, als sichere, rasche und notwendige Mittel, um den Erdball zu reinigen durch den Tod derjenigen, welche die Wahrheit verächtlich zu machen oder unseren Händen zu entreißen suchen.«

»Ich schwöre!« sagte der Prinz mit fester Stimme.

»Schwöre,« fuhr der Präsident fort, »zu brechen die fleischlichen Bande, die Dich noch ketten an Vater, Mutter, Brüder, Schwestern, Frau, Verwandte, Freunde, Geliebte, Könige, Wohlthäter und an jedwedes Wesen, dem Du Treue, Gehorsam, Dankbarkeit oder Dienstbarkeit gelobt hättest.«

Der Herzog blieb, einen Augenblick stumm, und man konnte einen eisigen Schweiß auf seiner Stirne perlen sehen.

»Ich sagte es Dir wohl!« rief der Präsident.

Doch statt einfach zu antworten:

»Ich schwöre.« wie er ei bei dem anderen Paragraph gethan hatte, wiederholte der Herzog, als hätte er sich jedes Mittels zur Umkehr benehmen wollen, mit düsterem Tone:

»Ich schwöre, zu brechen die fleischlichen Bande, die mich noch ketten an Vater, Mutter, Brüder, Schwestern, Frau, Verwandte, Freunde, Geliebte, Könige, Wohlthäter und jedes andere Wesen, dem ich Treue, Gehorsam, Dankbarkeit oder Dienstbarkeit gelobt hätte.«

Der Präsident wandte sich gegen die Verlarvten, die einander anschauten, und man sah wie Blitze ihre Blicke durch die Oeffnungen ihrer Larven glänzen.

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