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Pauline

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Fünf Minuten später trat der Malaie ein und gab mir durch Zeichen zu verstehen, daß das Abendessen bereit stehe. Ich ging hinunter und fand die Tafel in dem ungeheuren Speisesaale gedeckt. Ich kann Ihnen nicht sagen, welches Gefühl von Furcht und Traurigkeit mich anwandelte, als ich mich genötigt sah, so allein in diesem weiten Raume zu speisen, der nur durch zwei Lichter erhellt war, deren Strahlen den Hintergrund des Gemaches nicht erreichten und so die Schatten der Gegenstände, die sie erhellten, die abenteuerlichsten Formen annehmen ließen. Dieses Gefühl wurde mehr durch die Gegenwart des schwarzbraunen Dieners erregt, dem ich meine Wünsche nur durch Zeichen zu verstehen geben konnte. Er gehorchte übrigens mit einer Pünktlichkeit und Einsicht, die diesem Mahle einen noch mehr phantastischen Anstrich gaben. Wiederholt hatte ich Lust, ihn anzureden, obgleich ich wußte, daß er mich nicht verstand, aber es ging mir wie den Kindern, die im Dunkeln nicht zu schreien wagen; ich fürchtete mich vor dem Tone meiner eigenen Stimme. Nachdem er das Dessert aufgetragen hatte, deutete ich ihm durch Zeichen an, daß er in meinem Zimmer ein großes Feuer anmachen möchte. Das Feuer des Kamins ist der beste Gesellschafter für Diejenigen, die keinen andern haben; auch wollte ich mich so spät als möglich zu Bett legen, denn ich empfand eine Furcht, an die ich den Tag über nicht gedacht hatte und die erst mit der Finsternis mich überwältigte.

Diese Furcht wuchs noch, als ich mich in diesem großen Saale allein befand. Es schien mir, als wenn sich die weißen Vorhänge, die vor den Fenstern hingen, wie Leichentücher bewegten. Dennoch war es keine Furcht vor den Toten, welche mich so schreckte; die Mönche und Äbte, deren Gräber ich heute im Vorbeigehen betreten hatte, schliefen ihren seligen Schlaf, die einen im Klostergewölbe, die andern in ihren Gräbern; aber Alles, was ich auf dem Lande gelesen, Alles, was man mir in Caen erzählt hatte, tauchte in meinem Gedächtnisse wieder auf und ich erzitterte beim geringsten Geräusch. Übrigens vernahm ich nichts als das Rascheln der Blätter, das entfernte Rauschen des Meeres und jenes monotone Sausen des Windes, der sich an den Winkeln großer Gebäude bricht und in den Schornsteinen gleich einem umher flatternden Nachtvogel niederstürzt. 10 Minuten lang blieb ich unbeweglich sitzen und wagte weder zur Rechten noch zur Linken zu blicken, dann vernahm ich ein leises Geräusch hinter mir; ich drehte mich um, es war der Malaie. Er kreuzte die Hände über die Brust und verneigte sich. Dies war die Art, wie er anzeigte, daß die erhaltenen Befehle ausgeführt seien. Ich erhob mich: er ergriff die Lichter und schritt mir voran; ich fand mein Zimmer von meiner sonderbaren Kammerfrau ganz für die Nacht eingerichtet, welche die Lichter auf den Tisch setzte und mich dann allein ließ.—

Mein Wunsch war buchstäblich erfüllt. Ein ungeheures Feuer brannte in dem großen, von weißem Marmor erbauten, auf vergoldeten Amoretten ruhenden Kamine. Es erhellte das ganze Zimmer und gab ihm einen heiteren Anstrich, welcher mir meiner nach und nach schwindenden Furcht sehr kontrastierte. Dieses Zimmer war mit rotem, von Blumen durchwirktem, Damast ausgeschlagen, die Decke und die Türen waren mit einer Menge Arabesken und Schnörkeln ausgeschmückt, die einander an Sonderbarkeit übertrafen und Tänze von Faunen und Satyrn darstellten, deren Gesichter beim wiederschein der Flamme von einem goldnen Lächeln erglänzten. Noch fand ich mich jedoch nicht ruhig genug, um mich niederzulegen, auch war es kaum acht Uhr. Ich zog einen Bademantel über mein Kleid und wollte, da ich bemerkte, daß das Wetter sehr schön war, mein Fenster öffnen, um mich durch den Anblick der ruhigen heiteren Natur vollends zu beruhigen, fand aber, daß die Laden aus Vorsicht, die ich den in dieser Gegend um gehenden Gerüchten von Mordanfällen zuschrieb, von innen verschlossen waren. Ich kehrte also zurück, setzte mich an den Tisch neben das Kamin und schickte mich an, in der indischen Reise zu lesen, als ich bemerkte, daß ich statt des ersten Teils den zweiten mitgenommen hatte. Ich erhob mich also, um ihn umzutauschen. An der Tür der Bibliothek erfasste mich die Furcht von Neuem; ich zauderte einen Augenblick. Doch endlich schämte ich mich dieser kindischen Angst, öffnete mutig die Tür und ging nach dem Fache, in welchem die übrigen Bände des Werkes standen.

Indem ich mich nun den übrigen Bänden mit dem Lichte näherte, um die Zahlen auf denselben zu erkennen, drangen meine Augen in den leeren Raum, welcher durch die Wegnahme des Bandes, den ich irrtümlich ergriffen hatte, entstanden war. Ich bemerkte hinter dem Fache einen kupfernen Knopf, wie man ihn an Schlössern findet, welcher durch die auf dem davorstehenden Bücherbrett aufgestellten Bücher verborgen war. Ich hatte schon oft heimliche Türen in Bibliotheken gesehen, die durch Reihen falscher Bände versteckt waren, aber die Richtung, in welcher diese angebracht war, machte die Sache fast unmöglich. Die Fenster der Bibliothek waren die letzten des Gebäudes und dieser Knopf war im Tafelwerk hinter dem zweiten Fenster eingefügt; eine an diesem Orte angebrachte Tür mußte demnach in die Außenwand führen.

Ich zog mich zurück, um mit Hilfe meines Lichtes zu untersuchen, ob nicht irgend wo die Spur einer Öffnung zu finden sei, aber ich konnte untersuchen wie ich wollte, ich fand nichts. Ich legte nun die Hand an den Knopf und versuchte ihn zu drehen, allein er widerstand; ich drückte auf ihn und fühlte, daß er zurückwich, ich drückte stärker und, siehe da, eine Tür sprang durch eine Feder mit Geräusch nach mir zu auf. Diese Tür führte zu einer kleinen Wendeltreppe, die in der dicken Mauer angebracht war.

Sie können leicht denken, daß eine solche Entdeckung wenig geeignet war, meine Furcht zu beruhigen. Ich näherte mich der Treppe mit dem Lichte und bemerkte nun, daß sie ganz perpendicular hinunterging. Einen Augenblick hatte ich die Absicht, hinabzusteigen, ich war sogar schon auf der zweiten Stufe, aber der Mut fehlte; ich trat wieder rückwärts in die Bibliothek und stieß die Tür zu, welche sich so hermetisch schloß, daß ich, obgleich ich Gewissheit von ihrem Dasein hatte, doch keine Spur ihrer Fugen fand. Ich setzte nun den Band wieder an seinen Ort, damit Niemand bemerken sollte, daß ich ihn berührt hatte, denn ich konnte nicht wissen, für wen dieß Geheimnis von Wichtigkeit war. Ich nahm auf gut Glück ein anderes Werk, kehrte in mein Zimmer zurück, verriegelte die Tür, die nach der Bibliothek führte, und setzte mich wieder an's Feuer.

Unerwartete Ereignisse verlieren oder gewinnen an Wichtigkeit je nach der traurigen oder fröhlichen Stimmung des Geistes oder nach der mehr oder weniger kritischen Lage, in welcher man sich befindet. Es ist gewiss nichts Übernatürliches, in einer Bibliothek eine geheime Tür und eine Wendeltreppe zu finden, die in der Vertiefung einer Mauer angebracht ist; wenn man jedoch diese Tür und diese Treppe in der Nacht entdeckt und auf einem einsamen Schlosse, das man allein, ohne Mittel zur Verteidigung bewohnt, wenn dieses Schloß mitten in einer Gegend liegt, die jeden Tag von dem Gerücht eines neuen Raubes oder Mordes widerhallt, wenn man seit einiger Zeit von einem geheimnisvollen Verhängnis umstrickt, und von düsteren Ahnungen befangen ist, wenn man sogar auf einem Balle von einem tödlichen Frost überlaufen wird, so wird Alles, wenn auch nicht Wirklichkeit, doch Gespenst und Phantom und Niemand wird die Erfahrung bestreiten, daß eine unbekannte Gefahr tausend Mal ergreifender und schrecklicher ist, als eine wirkliche, sichtbare.

Jetzt bereute ich die unkluge Entlassung meiner Kammerfrau bitter. Die Furcht fragt so wenig nach Gründen, daß sie ohne erhebliche Veranlassung, entsteht und wieder vergeht, und das schwächste Wesen, ein Hund, der uns schmeichelt, ein Kind, welches uns zulächelt, obgleich weder jener noch dieses uns verteidigen kann, dient doch dem Gemüt zur Beruhigung, wenn auch nicht dem Arme als Waffe. Wenn ich jenes Mädchen bei mir gehabt hätte, die mich seit 5 Jahren niemals verließ, deren Ergebenheit und Freundschaft zu mir ich kannte, so würde gewiss jede Furcht von mir gewichen sein, während ich mich jetzt, wo ich ganz allein war, schon im Voraus für verloren und alle Rettung für unmöglich hielt.

Zwei Stunden blieb ich so unbeweglich sitzen. Der Angstschweiß stand mir vor der Stirn; ich hörte meine Wanduhr 10, dann 11 schlagen, erschrak bei diesem so gewöhnlichen Geräusch jedes Mal und klammerte! mich krampfhaft an den Arm meines Lehnstuhls. Zwischen elf und elf und ein halb Uhr war es mir, als hörte ich in der Ferne den Knall einer Pistole; ich erhob mich zur Hälfte, indem ich mich auf das Gesims des Kamins stützte; da jedoch die vorige Stille wieder eintrat, so fiel ich auf meinen Sitz zurück und lehnte meinen Kopf an die Rücklehne. So blieb ich noch einige Zeit, meine starren Augen nicht von dem Gegenstande, den ich anblickte, zu entfernen wagend, aus Furcht, daß sie, indem sie sich abwendeten, einen Gegenstand treffen möchten, der eine begründete Furcht erregen könne. Doch mitten in dieser gänzlichen Stille schien es mir, als wenn das Gitterthor, welches sich der Treppe gegenüber befand und den Garten vom Parke schied, in seinen Angeln knarrte. Der Gedanke, daß Horaz es sein könne, der eintrat, vertrieb auf einmal alle Furcht. Ich stürzte nach dem Fenster, nicht daran denkend, daß die Laden verschlossen waren, ich wollte die Tür des Korridors öffnen, allein der Malaie hatte sie aus Ungeschicklichkeit oder aus Vorsicht verschlossen. Da fiel mir ein, daß die Fenster der Bibliothek, so wie die meines Zimmers noch die Aussicht nach dem Vorplatz gewährten; ich zog den Riegel zurück und trat, durch eine jener bizarren Regungen getrieben, die oft den größten Mut der größten Schwäche folgen lassen, ohne Licht ein, weil ich glaubte, daß Diejenigen, die zu dieser Stunde durch das Thor kämen, auch Andere als Horaz und seine Freunde sein könnten, und dann würde das Licht sogleich verraten haben, daß dieses Zimmer bewohnt sei,. Die Läden waren hier nur angelehnt; ich entfernte einen und sah beim Scheine des Mondes ganz deutlich einen Mann, der eben einen Flügel des Thors geöffnet hatte und ihn halb offen hielt, während zwei Andere, die Etwas trugen, was ich nicht erkennen konnte, durch passierten; das Thor wurde dann sogleich wieder von ihren Gefährten geschlossen. Diese drei Männer näherten sich jedoch der Treppe, die in's Haus führte nicht, sondern gingen um, das Schloß herum. Da sie sich auf diesem Wege mir näherten, so erkannte ich nach und nach die Form der Last, welche sie trugen; es war ein menschlicher Körper, in einen Mantel eingewickelt. Ohne Zweifel erregte der Anblick eines Hauses, welches bewohnt sein konnte, einige Hoffnung in dem Entführten, denn es entspann sich unter meinem Fenster ein kleiner Kampf. Während desselben entblößte sich ein Arm und dieser war mit dem Ärmel eines Kleides bedeckt; es unterlag keinem Zweifel, dieses Schlachtopfer war ein Weib. . . Alles dieses geschah mit der Schnelligkeit des Blitzes. Der Arm, kräftig von einem der drei Männer ergriffen, verschwand unter dem Mantel und das Ganze nahm wieder das unförmliche Ansehen irgend einer Last an. Dann verschwand Alles an der Ecke des Gebäudes im Schatten einer Kastanien Allee, welche nach dem kleinen verschlossenen Pavillon führte, den ich den Tag vorher in jener dichten Gruppe von Eichen entdeckt hatte.

 

Die Männer selbst hatte ich nicht erkannt; nur so viel hatte ich gesehen, daß sie die Kleidung von Bauern trugen. Wenn sie aber wirklich waren, was sie zu sein schienen, wie kamen sie in das Schloß? Auf welche Weise hatten sie sich einen Schlüssel zu dem Gittertore verschafft? War dieß ein Raub? war es ein Mord? Ich wußte es nicht, aber gewiss war es das Eine oder das Andere. Alles dieß war so unbegreiflich, so befremdend, daß ich mich selbst fragte, ob ich nicht träume. Übrigens hörte ich nicht das geringste Geräusch mehr, die Nacht verfolgte ruhig und still ihren Lauf und ich war am Fenster aufrecht stehen geblieben. Unbeweglich vor Schrecken wagte ich meinen Platz nicht zu verlassen, aus Furcht, daß das Geräusch meiner Schritte die Gefahr, wenn irgend eine da war, erwecken möchte. Plötzlich fiel mir jene verborgene Tür, jene Geheimnisvolle Treppe wieder ein; ich glaubte, an meiner Seite ein dumpfes Geräusch zu vernehmen, ich stürzte in mein Zimmer, schloß und verriegelte die Tür und sank dann erschöpft in meinen Lehnstuhl, ohne zu bemerken, daß eins der beiden Lichter verlöscht war.

diesmal war es keine leere, unbegründete Furcht, die mich bewegte, es war irgend ein wirkliches Verbrechen, welches um mich vorging und dessen Vollbringer ich gesehen hatte. Ich glaubte jeden Augenblick eine geheime Tür sich öffnen oder ein unbemerktes Fach sich auftun zu sehen. Alle jene kleinen Geräusche, welche sich in der Nacht besonders bemerklich machen, wie das Springen eines Meubles, das Auseinandergehen einer Diele, machten mich vor Schrecken zittern und ich hörte mein Herz gleichmäßig mit dem Perpendikel meiner Uhr schlagen. In diesem Augenblicke ergriff die Flamme meines herab gebrannten Lichtes das Papier, welches dieses umgab, eine momentane Helle verbreitete sich im ganzen Zimmer, welche nach und nach wieder schwand, ein Zischen ließ sich einige Sekunden lang hören, dann sank das Docht in die Höhlung des Leuchters hinab, erlosch plötzlich und ließ mich ohne anderes Licht als das des Kamins.

Ich suchte nach Holz, fand aber keins mehr; ich schob die Feuerbrände zusammen und die Flamme erhob sich noch einmal mit neuer Kraft. Aber diese flackernde Flamme gab kein Licht, welches geeignet war, mich zu beruhigen. Alle Gegenstände wurden beweglich, wie der neue Schein, der sie beleuchtete. Die Türen schaukelten hin und her, die Vorhänge schienen sich zu bewegen, lange bewegliche Schatten glitten über die Decke und die Tapeten. Ich fühlte, daß ich schwach wurde, und nur der Schrecken selbst verhinderte eine Ohnmacht; in diesem Augenblicke ließ sich jenes Geräusch an der Uhr vernehmen, welches dem Schlage vorausgeht und es schlug zwölf.

Die ganze Nacht in diesem Lehnstuhle zuzubringen, war nicht möglich, ich fühlte, daß es kalt wurde. Ich fasste den Entschluß, mich angekleidet, wie ich war, niederzulegen und erreichte das Bett, ohne mich umzusehen, schlüpfte unter die Decke und zog mir dieselbe über den Kopf. So brachte ich fast eine Stunde zu, ohne mir an die Möglichkeit des Schlafes zu denken. Dieser Stunde werde ich mich lebenslänglich erinnern. Eine Spinne spannte zwischen dem Getäfel des Alkovens ihr Netz aus, und ich vernahm die ganze Zeit hindurch die ununterbrochene Arbeit dieses nächtlichen Baumeisters. Doch plötzlich hörte sie auf, unterbrochen von einem andern Geräusch; ich glaubte, den leise quiekenden Ton zu hören, welchen der kupferne Knopf an der Tür in der Bibliothek von sich gab, als ich auf ihn stieß. Ich reckte schnell meinen Kopf unter der Decke hervor, streckte den Hals aus, hielt den Atem an und legte die Hand auf das Herz, um das heftige Schlagen desselben zu verhindern; Alles war still, ich zweifelte noch; bald jedoch sollte ich nicht mehr zweifeln.

Ich hatte mich nicht getäuscht; ich hörte die Schritte eines Menschen, die sich näherten, ich hörte, wie ein Stuhl gerückt wurde. Der Ankommende fürchtete jedoch ohne Zweifel, gehört zu werden, denn es trat wieder die tiefste Stille ein, und ich vernahm von Neuem das Arbeiten der Spinne O! alle diese Einzelheiten, alle diese Umstände stehen so deutlich vor meinem Gedächtnisse, als wenn ich jetzt noch dort wäre und vor Angst fast ohnmächtig in jenem Bette läge.

Ich hörte ein neues Geräusch in der Bibliothek, es näherte sich etwas dem Getäfel, an welchem mein Bett stand. Eine Hand drückte an die Zwischenwand und ich war nicht mehr von dem getrennt, der durch die Wand eintrat. Ich glaubte, das Zuklappen eines Feldes in der getäfelten Wand zu hören. . . . ich blieb unbeweglich, als wenn ich schliefe, denn der Schlaf war meine einzige Waffe; der Räuber, wenn es ein solcher war, schonte vielleicht mein Leben und hielt meinen Tod für unnütz, wenn er bemerkte, daß ich ihn weder sähe noch hörte. Mein Gesicht war gegen die Tapete und gegen den Schatten gerichtet und ich konnte also die Augen offen behalten. Ich sah nun, daß sich die Vorhänge meines Bettes bewegten, eine Hand schob sie behutsam zurück, dann erschien durch die rote Draperie ein blasser Kopf: in diesem Augenblicke flackerte das Feuer zum letzten Male auf und beleuchtete diese Erscheinung; ich erkannte den Grafen Horaz und schloß die Augen!. . . .

Als ich sie wieder öffnete, war die Erscheinung verschwunden, obgleich sich die Vorhänge meines Bettes noch bewegten. Ich vernahm ein leichtes Geräusch, mit welchem das Feld in der Wand wieder geschlossen wurde, dann das Tappen sich entfernender Schritte, darauf das Knarren der Tür; endlich wurde Alles wieder still und ruhig. Ich weiß nicht, wie lange ich so gelegen habe, ohne aufzuatmen, ohne mich zu bewegen. Gegen Morgen endlich fiel ich, von dem anstrengenden Wachen geschwächt, in eine dem Schlafe ähnliche Erstarrung.

XII

Ich wurde von dem Malaien geweckt, indem er an die von innen, verschlossene Türe pochte. Ich hatte mich, wie ich Ihnen schon sagte, ganz angekleidet zu Bette gelegt, stand also auf und schob den Riegel zurück; der Diener trat ein, öffnete die Laden und der helle Tage und die Sonne drangen in mein Zimmer. Ich eilte nach dem Fenster.

Es war einer jener schönen Herbstmorgen, wo der Himmel, bevor er sich mit seinem Wolkenschleier bedeckt, der Erde ein letztes Lächeln zuwirft. Alles war im Parke so still, so ruhig, daß ich fast anfing, an mir selbst zu zweifeln; doch hatten die Begebenheiten der Nacht einen zu tiefen Eindruck in meinem Gemüt zurückgelassen. Selbst die Örtlichkeit, die ich mit meinen Augen übersah, rief mir die geringsten Umstände in's Gedächtnis zurück. Ich sah das Gitterthor, welches sich geöffnet hatte, um jenen drei Männern und jener Frau den Durchgang zu verstatten, die Allee, durch welche sie gegangen, selbst die Fußtapfen, die ihre Füße im Sande zurückgelassen hatten und die an dem Orte am sichtbarsten waren, wo das Schlachtopfer sich sträubte, denn dort hatten sich seine Träger mit Gewalt angestemmt, sich seiner zu bemeistern. Diese Spuren folgten der Richtung, die ich Ihnen schon angegeben habe und verschwanden in der Lindenallee. Ich wollte nun, um mich wo möglich von der Wahrheit dessen, was ich beobachtet hatte, besser zu überzeugen, noch mehr Merkmale suchen und ging daher in die Bibliothek. Der Laden war noch halb geöffnet, wie ich ihn gelassen hatte, ich fand mitten im Zimmer einen umgeworfenen Stuhl, den ich hatte fallen hören, ich trat an das Getäfel und fand, indem ich es mit außerordentlicher Aufmerksamkeit betrachtete, den fast unbemerkbaren Falz, wo es eingefügt war, drückte mit der Hand an eine der Leisten und sie wich zurück. In diesem Augenblicke öffnete Jemand die Türe meines Zimmers; ich hatte kaum Zeit das Fach wieder anzudrücken und ein Buch zu ergreifen.

Es war der Malaie, welcher mich suchte, um zu frühstücken. Ich folgte ihm.

Beim Eintritt in den Speisesaal war ich ganz erstaunt. Ich erwartete Horaz da zu finden, er war jedoch nicht allein nicht gegenwärtig, sondern ich sah auch nur ein Couvert aufgelegt.

Ist der Graf noch nicht zurück, rief ich? Der Malaie machte eine verneinende Bewegung. Nicht! murmelte ich ganz betreten. Nein, wiederholte er durch dasselbe Zeichen. Ich warf mich auf einen Stuhl: der Graf war noch nicht zurück!. . . . und doch hatte ich ihn selbst gesehen, er war an mein Bett gekommen, er hatte die Vorhänge zurückgeschlagen eine Stunde nachher, als jene drei Männer. . . . Aber jene drei Männer, waren es nicht der Graf und seine beiden Freunde? Horaz, Max und Heinrich, welche eine Frau wegtrugen! Sie allein konnten den Schlüssel zum Park haben, sie allein konnten so keck eintreten, ohne gesehen, ohne beunruhigt zu werden. Kein Zweifel mehr, es war so. Das also war die Ursache, warum mich der Graf nicht auf das Schloß kommen lassen wollte, warum er mich so kalt empfing, warum er den Vorwand einer Jagdpartie machte. Der Raub dieser Frau war schon vor meiner Ankunft bestimmt und nun ausgeführt. Der Graf liebte mich nicht mehr, er liebte eine Andere und diese war im Schlosse, wahrscheinlich im Pavillon.

Ja, und der Graf war, um sich zu überzeugen, daß ich nichts gesehen, nichts gehört hatte, daß ich ganz ohne Verdacht war, die Treppe herauf in die Bibliothek gestiegen, hatte das Fach in dem Getäfel geöffnet, meine Vorhänge zurückgeschlagen und war, nachdem er sich überzeugt hatte, daß ich schlief, zu seiner Geliebten zurückgekehrt. Alles war mir nun klar und deutlich, als hätte ich es selbst gesehen. In einem Augenblicke hatte meine Eifersucht das Dunkel durchdrungen, die Mauern niedergerissen, nichts blieb mir mehr zu erfahren übrig; ich ging hinaus, denn ich erstickte bald.

Die Spuren der Fußtapfen waren schon vernichtet, der Rechen hatte bereits den Sand wieder geebnet. Ich folgte der Lindenallee und erreichte das Dickicht von Eichen. Ich erblickte den Pavillon und ging um ihn herum: er war verschlossen und schien unbewohnt, wie den Tag vorher. Ich kehrte in das Schloß zurück, ging in mein Zimmer und setzte mich in den Lehnstuhl, in welchem ich die vorige Nacht so schreckliche Stunden zugebracht hatte. Ich wunderte mich jetzt selbst über meinen Schrecken!. . . . es waren die Schatten, die Finsternis oder vielmehr der Mangel einer heftigen Leidenschaft, welche mein Herz so geschwächt hatten.

Ich brachte einen Theil des Tages damit zu, daß ich im Zimmer auf- und abging, die Fenster öffnete und schloß, und erwartete den Abend mit eben so großer Ungeduld, als ich den Tag vorher sein Anbrechen fürchtete. Man kündigte mir an, daß das Mittagsessen bereit sei, ich ging hinunter und fand wie am Morgen ein einziges Couvert, daneben aber einen Brief. Ich erkannte des Grafen Hand und erbrach hastig das Siegel.

Er entschuldigte sich bei mir, daß er mich zwei Tage allein ließe, er habe noch nicht zurückkommen können, da er bereits vor meiner Ankunft sein Wort gegeben habe und es nun halten müsse, so leid es ihm auch thue. Ich drückte den Brief in meiner Hand zusammen, ohne ihn bis zu Ende zu lesen und warf ihn in's Kamin, dann zwang ich mich zum Essen, um beim Malaien keinen Verdacht zu erregen und kehrte in mein Zimmer zurück.

Mein Befehl vom vorigen Abende war nicht vergessen worden; ich fand ein großes Feuer im Kamin, welches ich jedoch heute ohne Furcht ansah. Ich mußte einen Entschluss fassen und setzte mich, um darüber nachzudenken. Die Furcht des vorigen Abends war gänzlich verschwunden.

Der Graf Horaz und seine Freunde waren es jeden Falls, die durch das Gitterthor kamen. Sie hatten jene Frau nach dem Pavillon gebracht, dann war der Graf auf der verborgenen Treppe heraufgestiegen, um sich zu versichern, daß ich schlafe und nichts gesehen und gehört habe. Ich brauchte demnach nur der Treppe zu folgen und machte so denselben Weg wie er, ging dahin, woher er gekommen und war entschlossen, die Treppe hinabzusteigen.

 

Ich sah nach der Uhr; sie zeigte ein Viertel auf Neun. Ich trat an das Fenster, die Laden waren heute nicht verschlossen. Ohne Zweifel gab es diese Nacht nichts zu sehen, weil die Vorsichtsmaßregeln des gestrigen Abends heute nicht angewendet worden waren; ich öffnete das Fenster.

Die Nacht war stürmisch. Ich hörte in der Ferne den Donner rollen, und das Rauschen des Meeres, welches sich an der Küste brach, drang bis zu meinen Ohren. In meinem Innern aber tobte ein noch schrecklicherer Sturm als in der Natur und die Gedanken wogten noch düsterer und schneller in meinem Kopfe, als die Wellen der Ozeans. So verstrichen zwei Stunden, ohne daß ich mich bewegte, ohne daß meine Augen sich von einer kleinen, durch eine Baumgruppe halb versteckten Statue wandten, die ich in der Tat nicht einmal sah.

Endlich glaubte ich, der Augenblick sei, gekommen. Ich vernahm nicht das geringste Geräusch mehr im Schlosse. Der Regen, der Sie nötigte, an demselben Abende, vom 27sten zum 28sten September, Schutz in den Ruinen zu suchen, fing an, in Strömen zu fließen. Ich gab meinen Kopf einen Augenblick dem Wasser des Himmels preis, zog ihn dann zurück und schloß die Fenster und Laden.

Ich trat aus meinem Zimmer und that einige Schritte in den Korridor. Kein Geräusch ließ sich im Schlosse vernehmen; ohne Zweifel schlief der Malaie bereits oder bediente seinen Herrn in einem andern Theile des Gebäudes. Ich kehrte in mein Zimmer zurück und verriegelte die Tür. Es war halb elf Uhr. Man hörte nichts als das Heulen des Sturmes, dessen Geräusch mir als Mittel diente, das zu verbergen, was ich zu unternehmen im Begriff war. Ich nahm ein Licht und ging nach der Türe der Bibliothek. Sie war verschlossen!. . . .

Man hatte mich am Tage dort gesehen und fürchtete wahrscheinlich, daß ich die Treppe finden möchte. Man hatte mir also den Eingang verschlossen. Glücklicher Weise hatte, der Graf selbst mir einen andern gezeigt.

Ich ging hinter mein Bett, drückte an das Gesims, das Getäfel wich und ich befand mich in der Bibliothek.

Darauf eilte ich mit festem Schritt, ohne zu zaudern, auf die verborgene Tür zu, nahm den Band weg, hinter welchem der Knopf verborgen war, drückte an die Feder und die Tür sprang auf.

Ich betrat die Treppe. Sie hatte gerade Raum genug für eine Person; ich stieg drei Etagen hinab und horchte auf jeder, ohne jedoch etwas zu hören.

Am Ende der dritten Etage angelangt, fand ich eine zweite Türe, die nur verriegelt war. Sie öffnete sich beim ersten Versuch, den ich machte.

Ich befand mich in einem Gewölbe, welches sich in gerader Linie steil abwärts senkte. In diesem schritt ich wohl fünf Minuten fort und fand dann eine dritte Tür, die, wie die zweite, mir keinen Widerstand leistete und wieder auf eine Treppe führte, der Bibliothekstreppe ähnlich, aber nur von zwei Etagen. Von dieser schritt man durch eine Gittertür von gekreuzten Eisenstäben, durch deren Zwischenräume ich Stimmen vernahm. Nun löschte ich sogleich mein Licht aus und stellte es auf die letzte Stufe. Dann glitt ich durch die Öffnung, welche durch eine Platte von einem Kamin verschlossen wurde. Ich schob diese leise bei Seite und befand mich nun in einer Art von chemischem Laboratorium. Dieses war sehr schwach erleuchtet, da das Licht aus dem nächsten Zimmer nur durch eine in der Tür angebrachte und mit einem grünen Vorhang verhängte runde Öffnung in dieses Kabinett eindrang. Die Fenster waren so gut verschlossen, daß selbst während des Tages jeder Lichtstrahl von außen abgehalten werden mußte.

Ich hatte mich nicht getäuscht, als ich Stimmen zu vernehmen glaubte. Die Unterhaltung im nächsten Zimmer war lärmend. Ich erkannte die Stimmen des Grafen und seiner Freunde, setzte einen Stuhl an die Tür, stieg auf denselben, erreichte auf diese Weise das Loch in der Tür und meine Blicke übersahen das Zimmer.

Der Graf Horaz, Max und Heinrich saßen bei Tische, doch schien ihr Gelage bald zu Ende zu sein. Der Malaie, hinter seinem Herrn stehend, bediente sie. Jeder von ihnen trug eine blaue Bluse, ein Jagdmesser im Gürtel und hatte ein, Paar Pistolen zur Hand liegen. Horaz erhob sich, als wolle er gehen.

Schon? sagte Max zu ihm.

Was soll ich hier noch machen? erwiderte der Graf.

Trink, sagte Heinrich, sein Glas erhebend.

Ein schönes Vergnügen mit euch zu trinken! sprach der Graf, bei der dritten Bonteille seid ihr betrunken wie Lastträger.

So wollen wir spielen!

Ich bin kein Spitzbube, der euch das Geld abgewinnen will, während ihr nicht im Stande seid, es zu verhüten, sagte der Graf mit den Achseln zuckend und sich halb umdrehend.

Nun, so mache unserer schönen Engländerin den Hof; dein Diener hat Maßregeln getroffen, daß sie nicht sehr spröde sein kann. Auf mein Wort, das ist ein Bursche, der sich darauf versteht. Hier, braver Kerl.

Max gab dem Malaien eine Hand voll Gold.'

Freigebig wie ein Räuber! sagte der Graf.

Geh', geh', das ist keine Antwort, erwiderte Max aufstehend. Willst du die Frau oder willst du sie nicht?

Ich will sie nicht.

Nun, dann nehme ich sie.

Einen Augenblick Geduld, schrie Heinrich und streckte die Hand aus; ich glaube, daß ich hier auch etwas zu sagen und dieselben Rechte habe, wie jeder Andere. Wer hat ihren Mann getödtet?

In der Tat, er hat ein Vorrecht, sagte der Graf lachend.

Bei diesen Worten ließ sich ein Seufzen vernehmen. Ich wendete meine Augen nach der Seite hin, von welcher es kam, und sah eine Frau ausgestreckt auf einem Bett liegen und mit Händen und Füßen an die vier Säulen des Betthimmels gebunden. Meine Aufmerksamkeit war vorher so streng nach einem Punkte gerichtet gewesen, daß ich diese Frau bis jetzt noch gar nicht bemerkt hatte.

Ja, sagte Max, aber wer hat sie zu Havre erwartet? Wer ist in Carriére hierher geritten, um euch zu benachrichtigen?

Zum Teufel! rief der Graf, das ist ein schwieriger Fall und man müßte der König Salomo selbst sein, um entscheiden zu können, wer mehr Rechte hat, der Spion oder der Mörder.

Es muß sich aber doch entscheiden. Du hast mir diese Frau in's Gedächtnis zurückgerufen und ich bin nun in sie verliebt.

Ich ebenfalls, sagte Heinrich, und weil du dich nicht um sie kümmerst, so überlasse sie Einem von uns beiden, welchem du willst.

Damit Einer von euch nach einem Gelage, wo er, wie heute, nicht mehr weiß, was er tut, hingehe und mich anzeige! Nicht wahr? O! mit Nichten, meine Herrn! Ihr seid hübsch, ihr seid jung, ihr seid reich; Ihr habt zehn Minuten Zeit, ihr könnt euch selbst bei ihr empfehlen. Nur zu, ihr Don Juans!

Das ist ein guter Gedanke, rief Heinrich. Sie mag selbst wählen, welcher ihr am besten gefällt.

Ja, es sei, sagte Max, aber sie mag sich beeilen. Erkläre du ihr das, da du ja alle Sprachen sprichst.

Sehr gern, antwortete Horaz und wandte sich zu dem unglücklichen Frauenzimmer. Milady, sprach er im reinsten Englisch zu ihr, hier sind zwei Räuber, meine Freunde, beide von guter Familie, was Ihnen nötigen Falls durch Dokumente bewiesen werden kann, wenn Sie es wünschen. Beide sind nach den Grundsätzen der platonischen Secte erzogen, d. h. nach denjenigen, welche die Teilung der Güter wollen. Sie haben damit angefangen, sich der Ihrigen zu bemächtigen; und weil sie gefunden haben, daß in der menschlichen Gesellschaft Alles schlecht geworden ist, so haben sie den rühmlichen Entschluss gefaßt, sich an den Landstraßen, die sie passiert, in Hinterhalt zu legen, um ihre Irrtümer zu verbessern, ihre Ungerechtigkeiten gut zu machen und ihre Missverhältnisse auszugleichen. Seit fünf Jahren sind sie bereits zum Ruhme der Philosophie und der Polizei mit dieser frommen Sendung beschäftigt, welche ihnen die Mittel darbietet, auf die glänzendste Weise in den Pariser Salons zu erscheinen und sie endlich zu dem Ziele führen wird, welches ich bereits erreicht habe, nämlich zu einer guten Heirat, die sie der Notwendigkeit überhebt, ferner noch den Karl Moor und Johann Sbogar zu spielen. Da es indessen im Schlosse kein Frauenzimmer giebt außer meiner Frau, welch, ich ihnen nicht überlassen will, so werden Sie von ihnen höflichst ersucht, denjenigen zu wählen, der Ihnen am besten gefällt. Außerdem werden sie Beide zugreifen. Habe ich mich gut englisch ausgedrückt, Madame, und haben Sie mich verstanden?. . .

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