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Salvator

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»Wie ist das?« fragten Mina, Justin und Frau van Slyper zu gleicher Zeit, erschrocken über diese plötzliche Abreise, »Sie wollen so rasch wieder von hier fort?«

»ich? Nein!« antwortete der General, »ich will einige Zeit bei Ihnen zubringen! Aber dieser brave Freund, der mich nie verlassen,« fügte er hinzu, indem er sich nach Herrn Sarranti hinwandte und ihm die Hand bot, »und der mich begleiten wollte, bis ich meine Tochter wieder gefunden, will nach Paris zurückkehren, um seinen Sohn aufzusuchen, den seine kindliche Liebe ins Gefängniß brachte.«

Die Brauen des Herrn Sarranti zog mehr der Zorn als der Kummer zusammen. Die Wolken, welche den großen Stürmen vorangehen, haben kein drohenderes Ansehen.

Die Umstehenden verbeugten sich respectvoll vor diesem großen und stummen Unglücklichen.

Er ging am andern Tage nach Frankreich zurück, während er seinen Freund glücklich bei seiner Tochter und seinem Bräutigam zurückließ.I

Die Tage, welche der General, Justin und Mina mit einander in Amsterdam zubrachten, waren unendlich heitere, gesegnete Tage; nach so vielen Widerwärtigkeiten, so viel Jahren des Unglücks kosteten sie ihr Glück mit derselben Wollust, wie der Reisende, der, -nachdem er in der Sonnenhitze den ganzen Tag einen hohen Berg hinaufgestiegen, auf der Höhe angekommen, die frische Luft und den Duft athmet, der vorn Thale aufsteigt.

Unglücklicherweise – denn es steht geschrieben, daß das Glück des Einen das Unglück des Andern ist – rief die Freude dieses Trios von Glücklichen den Schmerz der Vorsteherin der Pension hervor.

Sie dachte mit Schrecken an den Augenblick, wo Justin und Mina, das heißt ein Lehrer und eine Lehrerin, sie verlassen würden, um dem General nach Paris zu folgen.

Der General ahnte ihren Kummer, und suchte ihn zu mildern, indem er ihr versprach, daß er, sobald sie nach Frankreich zurück seien, ihr auf die Prüfung Justins hin, die beiden besten Lehrerinnen von Paris schicken werde.

Eine Morgens erhielt der General einen Brief von Salvator und zog die Brauen traurig zusammen, als er ihn gelesen.«

»Was haben Sie, mein Vater?« riefen die beiden jungen Leute erschrocken.

»Lest,« sagte der General und bot Justin den Brief hin.

Sie lasen zu gleicher Zeit den kurzen Brief:

»General, damit nichts das Glück störe, das der Besitz Ihrer Tochter Ihnen bereiten muß, beeile ich mich, Ihnen anzuzeigen, daß Herr Lorédan von Valgeneuse, ihr Räuber, gestern in meiner Gegenwart von Herrn von Marande im Duell getödtet wurde.

»Ich gratuliere Ihnen bei dieser Gelegenheit,daß Sie nicht die Mühe hatten, Ihr nützliches Leben der Gefahr auszusetzen, um einen Elenden dieser Art zu strafen.

»Meine herzlichsten Grüße an die beiden Verlobten, und Ihnen, General, die Versicherung meiner aufrichtigsten Freundschaft.

Conrad von Valgeneuse.«

»Nun, mein Vater?« fragte Mina.

»Was enthält der Brief, was Ihnen Kummer bereiten könnte, General?« sagte Justin.

»Es war meine Sache, diesen Elenden zu strafen,« sagte der General; »ich bedaure, daß ein Anderer sich diese Mühe genommen.«

»Mein Vater,« sagte Mina traurig, »Sie bedauern also, mich wieder gefunden zu haben, weil Sie bedauern, nicht Gefahr gelaufen zu, sein, mich zu verlieren?«

»Liebes Kindl« rief Herr Lebastard de Premont, indem er seine Tochter küßte, deren Gesicht wieder seine gewöhnliche Heiterkeit annahm.

Es war jetzt nur noch die Frage über die Wahl des Tages der Abreise. Man setzte ihn auf den nächsten Samstag, das heißt den übernächsten Tag fest; und am Samstag Morgen, nachdem Mina die Vorsteherin der Pension und alle Pensionnaires zärtlich umarmt, welche zu gleicher Zeit ihre Zöglinge und ihre Freundinnen waren, begab sie sich am Arme ihres Vaters, gefolgt von ihrem Bräutigam, nicht ohne hundert Male auf dem Wege sich umgewandt zu haben, um mit Thränen der Dankbarkeit in den Augen nach dieser gastfreundlichen Stadt zurückzublicken, welche ihr wie ihre Vaterstadt erschien, da sie hier zum ersten Male ihren Vater kennengelernt.

Am Tage der Abreise den Generals übergab man Frau van Slyper einen Brief mit einem Wechsel von drei tausend Franken nach Sicht auf einen Banquier von Amsterdam. Dieser Wechsel bildete eine Stiftung für den Freitisch von sechs jungen vermögenslosen Mädchen, von welchen Frau van Slyper drei, drei der Bürgermeister zu wählen hatte. Unter dieser zarten Form machte der General der Vorsteherin der Pension ein Geschenk der Dankbarkeit.

CXI
Die würdiges Schwester des verstorbenen Herrn Lorédan

Kehren wir zu Herrn Lorédan von Valgeneuse zurück, den wir tödtlich verwundet auf dem Grase des Bois de Boulogne zurückließen.

Die beiden Zeugen hörten seinen letzten Seufzer, kurze Zeit, nachdem Salvator, Herr von Marande und die beiden Generale weggegangen waren.

Es ist eine ernste Sache, eine feierliche Minute, der Augenblick, wo der Freund, den Du lachend lebensfroh, die Verachtung auf den Lippen hierhergebracht, in Deinen Armen stirbt, mit verzogenem Munde, starren Gliedern, verstörten und verdrehten Augen.

Die Gemüthsbewegung ist freilich je nachdem Menschen, der stirbt, und denen, die ihn sterben sehen, eine sehr verschiedene.

Die Vorsehung wollte, daß die Freundschaft dieser fleckenlose Diamant, wenn auch nicht die Mitgift reiner Herzen, – wer kann sich der Reinheit seines Herzens rühmen – wenigstens die guter Herzen sei.


Frivole lasterhafte Menschen kennen die heilige Göttin dem Namen nach, und lachen übers sie, wie über jene ehrbaren Frauen, welche die Leichtsinnigen verspotten, weil sie sie nicht schlecht machen können.

Wir dürfen nun deßhalb den Schmerz nicht übertreiben, welchen die beiden – wir können nicht sagen Freunde – die beiden Begleiter des Herrn von Valgeneuse empfanden, als es für sie zur Gewißheit wurde, daß sich Salvator in seinem Ausspruch nicht getäuscht, und daß Lorédan den letzten Seufzer ausstieß.

Sie waren sehr verdrießlich über diesen Tod, das ist das Wort, das für die Situation paßt, aber vielleicht noch mehr verlegen, was sie mit der Leiche anfangen sollten. Mit dem Todten nach Paris geben, das hatte seine Schwierigkeit. Die Gesetze des Duells, welche zu jenen Zeiten sehr streng waren, bestraften die Sekundanten weit härter als den überlebenden Gegner, welcher als einer, der sein Leben vertheidigt hatte, angesehen wurde; auch mußten sie an der Barriere ohne Zweifel; wegen des Eingangs der Leiche alle Arten von unangenehmen Formalitäten abmachen; kurz, sagen wir es mit einem Worte, das Duell hatte etwas lange gedauert und die beiden Freunde hatten Hunger.

Dieses realistische Geständniß, das wir zu machen uns gezwungen sehen, gibt genau das Maaß ihres Schmerzes.

Sie waren alle drei in dem Wagen des Herrn Lorédan gekommen; man beschloß, daß der Wagen und-die beiden Diener die Leiche nach Paris zurückbringen sollten; Camille und sein Begleiter wollten auf einem andern Wege heimgehen.

Man ließ den Wagen näher kommen; die beiden Diener saßen ruhig auf dem Bock, als wenn es sich um eine Morgenpromenade handelte. Camille rief sie.

Sie hatten die beiden Schüsse gehört; sie hatten Salvator, Herrn von Marande und seine beiden Sekundanten sich entfernen sehen; aber alles das hatte ihnen nichts Entscheidendes über den Ausgang des Duells gesagt.

Man kann sich jedoch über die Aufregung der beiden Diener bei dem Anblick der Leiche ihres Herrn beruhigen. Lorédan, ein harten heftiger, brutaler Mensch, war von seinen Dienern nicht sonderlich geliebt. Man gehorchte ihm pünktlich, weil er streng war und zur Stunde bezahlte. Das war aber auch Alles.

Und das ist auch wirklich genug für die, welche, dem, was ihnen näher tritt, keine Liebe zu schenken haben, und es deßhalb auch von andern nicht verlangen, was sie ihnen doch nicht geben würden.

Die beiden Diener begnügten sich deßhalb mit einigen Ausrufungen mehr der Ueberraschung, als der Theilnahme; worauf sie, gegen den Todten sich für quitt haltend, den jungen Männern die Leiche in den Wagen schaffen halfen.

Camille befahl ihnen, langsam zurückzufahren. Er brauchte Zeit, sich ein Cabriolet zu verschaffen und Susanne auf den Schlag vorzubereiten, der sie erwartete.

An der Porte Maillot fanden die beiden jungen Männer seinen Fiaker, der von Neuilly zurückkam; sie hielten ihn an und ließen sich nach der Barriere de l’Etoile fahren.

Dort schieden sie; Camille beauftragte seinen Begleiter, im Vorübergehen bei seiner Frau vorzusprechen, ihr das Ereigniß mitzutheilen und seine verzögerte Zurückkunft zu erklären. Sicher, daß sein Auftrag besorgt werde, begab sich Camille nach der Rue du Bac.

Es konnte zehn ein halb Morgens sein.

Das Hotel Valgeneuse hatte seine gewöhnliche Physiognomie; der Schweizer scherzte im Hofe mit der Wäscherin; Fräulein Nathalie, die wieder in Diensten genommene Kammerfrau, coquettirte im Vorzimmer mit dem jungen Groom, der erst seit einigen Tagen in Lorédans Dienste getreten war.

Als Camille die Thüre öffnete, lachte Nathalie aus voller Seele über die Bonmots des neuen Kammerdieners.

Er machte Nathalie ein Zeichen, und fragte sie, nachdem sie ihm entgegen geeilt, ob er Susanne sprechen könne.

»Mein gnädiges Fräulein schläft noch, Herr von Rozan,« antwortete die Kammerfrau; »ist das, was Sie ihr zu sagen haben, von Wichtigkeit?«

Es versteht sich von selbst, daß Mademoiselle Nathalie diese Frage, die zum mindesten indiskret war, mit dem impertinentesten Lächeln begleitete.

»Von der größten Wichtigkeit,« antwortete Camille ernst.

»In diesem Falle und wenn der Herr es wünscht, werde ich meine Herrin wecken.«

»Thun Sie es und so bald als möglich! Ich werde im Salon warten.«

 

Und Camille trat, während die Kammerfrau durch den Gang ging, der nach dem Zimmer Susannens führte, in den Salon.

Die Kammerfrau näherte sich dem Bette ihrer Herrin, der die warme Luft des Zimmers gestattete, die Arme und die Brust außerhalb des Bettes zu haben; ihre schmerzen Haare waren aufgelöst; ihr Kopf mit dem matten Teint hob sich vor der schwarzen Masse ab und ihre Brust wogte von einem süßen Traume bewegt.

»Gnädiges Fräulein,« murmelte Nathalie ins Ohr des jungen Mädchens, »gnädiges Fräulein . . . «

»Camille! . . . lieber Camille! . . . « stammelte Susanne.

»Nun, ja, er ist da,« fuhr Nathalie fort, indem sie leise an ihrer Herrin rüttelte; »er erwartet Sie.«

»Er?« fragte Susanne, die Augen öffnend und sich umschauend, »wo ist er?«

»Im Salon.«

»Er soll kommen! oder vielmehr nein,«.sagte sie »Ist mein Bruder zurück.?«

»Nein, noch nicht.«.

»Lasse Camille ins Boudoir treten und sich dort einschließen.«

Die Kammerfrau wollte gehen.

»Warte, warte,« sagte Susanne.

Nathalie wartete.

»Komm,« sagte das junge Mädchen.

Die Kammerfrau gehorchte.

Fräulein von Valgeneuse streckte die Hand aus, nahm einen Handspiegel von feiner Schnitzarbeit, der auf dem Nachttisch lag, besah sich darin und sagte, ohne die Augen nach ihrer Kammerfrau umzuwenden, mit der mattesten Stimme von der Welt:

»Wie findest Du mich diesen Morgen, Nathalie?«

»Schön wie gestern, wie vorgestern, wie immer,« antwortete diese.

»Sei offen gegen mich, Nathalie, findest Du mich nicht etwas matt?«

»Etwas blaß in der That; aber die Lilien sind auch blaß und Niemand kam bis jetzt auf den Gedanken, ihre Blässe ihnen vorzuwerfen.«

»So,« sagte dass junge Mädchen.

Und nach einem von nächtlicher Wollust durchhauchten Seufzer fügte sie hinzu:

»Nun, da Du mich nicht zu häßlich findest, so lasse Camille, wie ich Dir sagte, in’s Boudoir treten.«

Nathalie ging.

Hinter ihr stand Susanne langsam auf, zog Strümpfe von Rosaseide an, schob ihre Füße in Pantoffeln von blauem mit Gold gesticktem Atlas,warf sich in eine große Robe von Caschmir, die durch eine Kordel um die Hüfte festgehalten wurde; band ihre langen Haare oben auf ihrem Kopfe zusammen, warf einen zweiten Blick in eine Psyche, um sich des Ensemble zu versichern, wie sie ihr Gesicht seither betrachtet hatte, und trat dann in das Boudoir, dessen Helle Nathalie, als erfahrene Kammerfrau dadurch gedämpft hatte, daß sie die dreifachen Vorhänge von Gas, Mussellin und Rosataffet zusammenzog.

»Camille!« rief sie, indem sie Camilla de Rozan mehr mit dem Blicke ihres Herzens, als mit den Augen ihres Körpers unterschied. Er saß in einer Causeuse im Hintergrund des Boudoirs.

»Ja, liebe Susanne,« antwortete Camille, indem er aufstand und ihr entgegen ging.

Er umarmte sie.

»Du küssest mich nicht?« sagte sie, indem sie ihn mit ihren beiden bloßen Armen umschlang.

»Verzeihe mir,« antwortete Camilla, indem er mit seinen Lippen, die matten Augen des jungen Mädchens küßte, »aber ich habe Dir eine traurige Nachricht zu bringen, Susanne.«

»Deine Frau»weiß Alles? rief das junge Mädchen.

»Nein,« antwortete Camille, »im Gegentheil, ich glaube, sie ist hundert Meilen daran, irgend etwas zu ahnen.«

»Da liebst mich nicht nicht mehr?« fuhr das junge Mädchen lächelnd fort.

Diesmal war ein Kuß die einzige Antwort.

»Dann willst Du gewiß fortreisen,« sagte Fräulein von Valgeneuse, »Du willst nach Amerika aus irgend einem Grunde zurückkehren; kurz, Du bist gezwungen, mich zu verlassen, zu scheiden nicht wahr?«

»Nein, Susanne, nein, das ist es nicht.«

»Nun, weßhalb sagst Du denn, Du bringst mir eine schlimme Nachricht, da Du mich noch immer liebst und wir uns nicht zu trennen brauchen?«

»Es ist eine sehr traurige Nachricht, Susanne.« sagte der junge Mann mit einem Seufzer.

»Ah! jetzt weiß ich’s,« rief das junge Mädchen, »Du bist ruiniert; was thut das, mein geliebter Freund; bin ich nicht reich für zwei, für drei, für vier?«

»Das ist es immer nach nicht, Susanne,« antwortete Camille.

Es entstand eine Pause, während welcher Susanne, indem sie ihren Geliebten nach dem Fenster zog, einen der Vorhänge rasch hob.

Das Licht von Außen drang in das Zimmer und beleuchtete den jungen Mann.

Susanne tauchte ihren Blick in den von Camille und las wirklich in den Augen ihres Geliebten einen tiefen Ausdruck von Unruhe.

Aber all das sagte ihr nichts Bestimmtes.

»Nun,« sagte sie, »sehr mir in’s Gesicht; was ist Dir für ein Unglück begegnet?«

»Mir persönlich keines!« sagte Camille.

»Also mir?«

Der Creole zögerte einen Augenblick; dann sagte er:

»Ja.«

»Nun, wenn es mich betrifft, so kannst Du ruhig sprechen, Camille, ich verachte alles Unglück dieser Welt, weil ich Deine Liebe besitze!«

»Aber wir sind nicht allein auf der Welt, Susanne.«

»Außer uns, Camille,« sagte das junge Mädchen in leidenschaftlichem Tone, »habe ich Dir schon oft versichert, kann mich nichts berühren.«

»Nicht mal der Tod eines Freundes?«

»Hab ich denn Freunde?« antwortete Susanne.

»Ich glaubte, Lorédan seie Dir, Susanne, nicht nur ein Bruder, sondern auch ein Freund.«

»Lorédan!«, rief Susanne, »willst Du von ihm sprechen?«

»Ja,« machte Camille mit einem bestätigenden Zeichen des Kopfes, und als ob sich sein Mund weigerte, in weitere Erklärungen sich einzulassen.«

»Ah!« sagte sie, »ich weiß alles, es handelt sich um das Duell Lorédan’s; ich weiß alles.«

»Wie! Du weißt alles?« fragte der junge Mann bestürzt.

»Ja, ich weiß, daß er Herrn von Marande in der Pairskammer beleidigt hat und daß er sich heute oder morgen schlagen muß. Aber,« fügte sie mit einem Lächeln hinzu, »ich bedaure Herrn von Marande.«

»Susanne,« sagte der Creole mit gedämpfter Stimme, »weißt Du nur das?«

»Ja.«

»Dann weißt Du nicht Alles.«

Das junge Mädchen sah ihren Geliebten mit einem unruhigen Blicke an.

»Sie haben sich geschlagen,« fügte Camille hinzu.

»Schon?«

»Ja.«

»Nun?«

»Nun, Lorédan . . . «

Camille hielt inne, er wagte nicht zu Ende zu sprechen.

»Lorédan ist verwundet?« rief sie.

Rozan antwortete nicht.

»Getödtet?« fragte das junge Mädchen.

»Leider! . . . «

»Unmöglich!«

Camille senkte den Kopf zum Zeichen der Bestätigung.

Susanne stieß einen Schrei aus; in dem mehr Wuth als Schmerz lag, und sank auf die Causeuse.

Camille läutete nach Nathalie, und nach Verfluß von einigen Secunden war es ihren vereinigten Bemühungen gelungen, Susanne wieder zu sich zu bringen.

Das junge Mädchen schickte Nathalie fort und weinte, in Camille’s Arme sinkend, aus vollem Herzen.

Kurze Zeit später pochte der Kammerdiener.

Von dem Kutscher in Kenntniß gesetzt, eilte er herbei, um den Creolen zu benachrichtigen, daß die Leiche Lorédans so eben in das Hotel hereinfahre.

In diesem Augenblicke erschien Nathalie wieder an der Thüre von Susannens Schlafzimmer.

Camille legte das junge Mädchen auf die Causeuse, ging auf Nathalie zu und gab ihr leise einen Befehl.

»Was. haben Sie so leise gesagt, Camille?«

»Einen Augenblick meine liebe Susanne! . . . »sagte Camille.

»Ich will ihn sehen!»rief Susanne, indem sie sich aufrichtete.

»Ich habe den Befehl gegeben, daß man ihn in sein Schlafzimmer bringe.«

Susanne ließ einen Seufzer hören; nicht eine Thräne war über ihre Augen getreten.

Nathalie erschien ehestens wieder.

Bei dem Geräusch, daß sie machte, wandte sich Susanne um.

»Ist er auf sein Bett gebracht?« fragte das junge Mädchen.

»Ja, gnädiges Fräulein,« antwortete die Kammerfrau.

»Nun gut, ich habe Ihnen gesagt, daß ich ihn sehen wolle.«

»Gut, so wollen wir gehen.« sagte Camille.

Und Susanne den Arm gebend,« suchte er sich zu fassen, nur das Schauspiel, das er seiner Begleiterin bereiten mußte, ruhig ertragen zu können.

Susanne öffnete die Thüre des Boudoirs die in den Salon führte, schritt durch diesen, und ging mit festem Schritte nach dem Schlafzimmer ihres Bruders.

Ehe sie in das Schlafzimmer kamen, mußte man durch ein kleines Zimmer gehen, das mit indischen Matten ausgeschlagen war, welche von Bambus eingefaßt wurden.

Das war das Rauchzimmer Lorédans.

Bis zwei-Uhr Morgens hatten die drei jungen Leute hier geraucht und getrunken.

Alles in diesem kleinen Zimmer, dessen Atmosphäre von dem dreifachen Geruche des Tabaks, des Alcohols und des Eisenkrautes geschwängert war, stand noch gerade so, wie es die jungen Leute verlassen hatten. Cigarrenenden lagen auf dem Teppich; kleine, halbvolle Liqueurgläser, halbleere Theetassen, ein bis zwei auf dem Boden liegende Flaschen deuteten an, daß die jungen Leute, statt wie Jarnack an Gott und ernste Sachen zu denken, wie die Chateigneraie nur an frivole Dinge gedacht.

Susanne schauerte, als sie eine Blutspur sah, die über das ganze Zimmer von einer Thüre bis zur andern ging.

Sie zeigte, ohne etwas zu sagen, Camille diese Blutspur.

Und einen Seufzer unterdrückend, barg sie den Kopf an der Brust des jungen Mannes, indem sie ihre Schritte beschleunigte und von dem geraden Wege abwich, da sie sonst hätte auf dem Blute ihres Bruders gehen müssen.

Camille fühlte beim Anblick dieser Unordnung unwillkürlich das Blut in seine Stirne steigen.

Eine Stimme sagte ihm leise, daß dies eine abscheuliche Art sei, sich auf einen so ernsten Act, wie ein Duell, vorzubereiten, indem man unter tollen Scherzen rauchte und trank.

Es war ihm, als wenn er nicht mehr bloß Zeuge, sondern Mitschuldiger am Morde Lorédans wäre.

Mit diesen Gefühlen trat er in das Schlafzimmer, wo die Leiche lag.

Das Schlafzimmer bot die Summe jenes Contrastes, welchen in gewissen Augenblicken die leblosen Dinge in ihrer Berührung mit den Lebensereigsnissen vor Augen stellen.

Es war mehr das Zimmer einer Coquette, als eines Mannes.

Es war mit Lyoner Stoff von zartem Azurblau, mit großen Blumenbouquets in den natürlichen Farben, mit silbernen Bändern gebunden, tapeziert.

Der Plafont, die Fenstervorhänge und die Bettvorhänge waren vom gleichen Stoffe, die Möbel von Rosenholz.

Die Teppiche, von einem matten Tone, welken Blumen ähnlich, ließen die Farbe der Möbel und Tapeten in’s volle Licht treten.

Ein Spiegel im Hintergrunde des Bettes, welcher die üppigsten Bilder widerzustrahlen bestimmt war, zeigte eine Leiche in ihrer ganzen Blässe und Starrheit.

Susanne warf sich auf das Bett und den Kopf erhebend, rief sie mit einem Tone, in welchem sich die Thränen Luft machten:

»Mein Bruders mein Bruder!«

Camille, welcher bei der Thüre stand, die Arme auf der Brust gekreuzt, den Kopf etwas gesenkt, in der Stellung der Sammlung, betrachtete diese Scene mit einer Rührung, deren er sich selbst nicht für fähig gehalten.

Freilich wurde diese Rührung mehr durch das Schluchzen und Jammern seiner Geliebten, als durch den Anblick der marmornen Leiche seines Freundes hervorgerufen.

Camille ließ das junge Mädchen ihren Schmerz austoben; erst als sich der stürmische Ausbruch desselben etwas gelegt, näherte er sich ihr und sagte mit theilnehmendem Tone:

»Susanne! meine liebe Susanne!«

Das junge Mädchen stieß einen Seufzer aus, alle Nerven zitterten; und sie sank auf die Kniee.

Camille nahm sie an der Hand; dann hob er sie, indem er einen Arm unter ihre Schulter hielt, auf, zog sie nach der Thüre, und führte sie durch das Rauchzimmer nach dem Salon.

Beide kehrten düster in das Boudoir zurück.

Camille welcher noch immer Susanne in seinen Armen hielt, sank mit ihr auf ein Canape.

Einen Augenblick war es in dem Gemache, wo sich die beiden Lebenden befanden, so still, wie in dem Todtenzimmer, wo sich die Leiche befand, die sie so eben verlassen.

Susanne unterbrach zuerst das Schweigen.

»So bin ich denn allein auf der Welt, sagte sie mit düsterem Tone, »allein ohne Familie, ohne Verwandte, ohne Freunde.«

»Du vergissest, daß ich da bin, Susanne!« sagte der junge Mann, indem er das letzte Wort auf den Lippen des jungen Mädchens mit einem Kusse erstickte.

»Du,« sagte sie, »Du, freilich, Du bleibst mir, Du liebst mich, Du sagst es wenigstens.«

»Gib mir Gelegenheit, es Dir zu beweisen.«

»Sprichst Du wahr?« rief das junge Mädchen.

»So wahr, als ich, bis ich Dich kennen lernte, kein Weib wahrhaft geliebt,« sagte der Creole.«

»So wahr,« versetzte Susanne, »daß wenn in meinem Unglück selbst eine Gelegenheit sich böte, mir Deine Liebe zu beweisen, Du nicht zögern würdest?«

 

»Ich würde sie mit Begierde ergreifen, dankbar glücklich sein!«

»Nun denn, so höre!«

Camille schauerte unwillkürlich.

Es war ihm, als ob mit diesen Worten eine Art von Ahnung ihn mit ihrem Todtenflügel berührte; aber er hatte die Kraft, dies Gefühl zu verbergen, das nichts rechtfertigte und mit einem Lächeln auf seinen Lippen, antwortete er:

»Sprich!«

»Mein Bruder ist. todt, ich hänge von Niemanden mehr ab, ich habe auf Niemanden mehr Rücksicht zu nehmen, keine Furcht, kein Respekt vor irgend wem oder irgend was tritt mir mehr hindernd in den Weg. Ich bin frei, ich hänge nur von mir ab, ich kann mit mir machen, was ich will.«

»Gewiß, Susanne; aber wo willst Du damit hinaus?«

»Ich will damit sagen, daß ich von heute an ganz Dein bin, daß ich Dir mit Leib und Seele angehöre.«

»Nun?«

»Nun wir werden Eins für das Andere leben.« Ich verlasse Dich keine Stunde mehr!«

»Ist das Dein Ernst, Susanne?« rief der junge Mann; »vergissest Du? . . . «

»Daß Du verheirathet bist? Nein; aber was thut das mir?«

Camille fuhr mit seinem Taschentuch über seine mit Schweiß bedeckte Stirne.

»Höre, Camille,« fuhr die junge Frau fort, »antworte mir, wie Du Gott antworten würdest: liebst Du sie oder mich?«

Der junge Mann zögerte.

»O! antworte,« sagte sie, »denn mein ganzes Leben hängt vielleicht von den Worten ab, die aus Deinem Munde kommen; für wen von uns beiden lebst Du; mit wem von uns beiden willst Du leben?«

»Susanne! meine liebe Susanne!« rief der Creole, indem er sie in seine Arme schloß.

Aber die junge Frau stieß ihn sanft zurück.

»Ein Kuß ist meine Antwort,« sagte sie mit eiskaltem Tone.

»So ist wahrhaftig Deine Frage auch keine Frage,« antwortete der Creole.

»Ich begreife Dich nicht.«

»O!« machte der junge Mann, die Hände faltend, »Du zweifelst an mir?«

»Du liebst also mich?« sagte sie und zog ihn an ihre Brust.

»Ja, ja, Dich allein,« antwortete der Creole mit erstickter Stimme, »Dich allein, niemand als Dich!«

»Nun gut.« sagte Susanne, »wir verlassen Paris in acht Tagen: wir gehen nach Havre, nach Marseille, nach Bordeaux, nach Brest, wohin Du willst; dort nehmen wir Plätze auf dem nächsten Schiffe, das nach Amerika, Indien, Oceanien geht. Wenn ein Land uns mißfällt, gehen wir in ein anderes; wenn ein Welttheil uns langweilt, gehen wir in einen andern. Wir geben, so lange uns die Wellen tragen, so lange der Wind uns treibt; wir suchen ein Paradies und wo wir dies Paradies gefunden, da bleiben wir.«

»Aber Susanne,« rief der junge Mann, »bedenkst Du auch, welch ein Vermögen dazu gehört?«

»Kümmere Dich nicht darum.«

»Meine Freundin, mein Vermögen kommt zum größten Theil von meiner Frau . . . « sagte Camille.

»Du lässest ihr Alles; wir realisieren das meinige; wir verkaufen dies Hotel und haben dann ungefähr zwei Millionen: hundert tausend Livres Rente. Mit hundert tausend Livres Rente verfügt man über die Zukunft.«

»Aber diese beiden Millionen.« fragte Camille, »bist Du auch sicher, sie wirklich zu besitzen?«

Susanne zitterte; ein furchtbarer Gedanke durchbebte sie, als sie diese Worte hörte.

Sie schauerte von Kopf bis zu den Füßen; ihre Hände, ihre Wangen, ihre Stirne wurden weiß und kalt wie Marmor.

»Ah!« sagte sie, »hast auch Du davon sprechen hören?«

»Wovon?«

»Von nichts, von Niemand,« sagte Susanne,indem sie mit der Hand über die Stirne fuhr, als wollte sie sich aus einem schlimmen Traume aufwecken.

»Susanne, Susanne, Deine Hände sind eiskalt,« sagte der junge Mann.

»Ja, das ist wahr, ich friere, Camille.«

»Geh.« nach Deinem Zimmer, mein liebes Kind! Diese Aufregungen werden Dir das Herz brechen.«

»O Camille,« rief Susanne mit einem furchbaren Tone, »wir sind auf ewig geschieden.«

»Susanne,« sagte der junge Mann, wirklich gerührt, »komm zu Dir, der Schmerz verwirrt Dich; ich bin’s, Camille; ich bin bei Dir, ich küsse Dich, ich liebe Dich!«

»Nein! Du weißt wohl, daß ich wahr spreche; auch Du hast von ihm sprechen hören.«

»So ist es also wahr, was man gesagt hat?« fragte Camille.

»Was sagt man?«

»Die Testamentsgeschichte, von der in der Welt die Rede ist, wäre wahr?«

»Du siehst wohl! Ja, sie ist wahr; ja, wenn dieser Mensch will, bin ich ärmer, als das Kind das in die Welt kommt, weil das Kind einen Vater und eine Mutter hat, während ich Niemanden habe.«

»So existiert also ein anderer Erbe?«

»Ja, Camille ja; ich hatte ihn vergessen; es existiert ein berechtigter Erbe; mein Bruder wollte realisieren, wollte verkaufen, wollte . . . Der arme Unglückliche machte Pläne, aber er eilte nicht, sie auszuführen; der Tod hat um so mehr geeilt.«

»Und dieser Erbe heißt? . . . «

»Für uns Conrad von Valgeneuse – wir hielten ihn für todt – für die Welt Salvator.«

»Salvator! der geheimnißvolle Commissionär, der seltsame Mensch,« rief der Amerikaner. »Dann geht alles gut, Susanne,« sagte Camille. »Dieser Mensch hat such meinen Lebensweg durchkreuzt, er hat um roher Hand an meine Ehre gerührt. Ich habe eine Rechnung mit ihm abzumachen, mit diesem Herrn Conrad von Valgeneuse.«

»Was wirst Du thun?« fragte Susanne, vor Furcht und Hoffnung zitternd.

»Ich werde ihn tödten.« antwortete der Creole entschlossen.

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