Geschichte Italiens

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[76]Heinrich VI.: Die unio regni ad imperium

Die eingegangene Verpflichtung, mit dem Königreich Sizilien Frieden zu schließen, erfüllte Barbarossa auf eine ganz andere Weise, als die Kurie sich das vorgestellt hatte: Während des sechsten Italienzuges von 1184–1186 heiratete sein Sohn und Nachfolger, König Heinrich VI., die Tante des sizilischen Königs Wilhelm II., Konstanze. Ob damals bereits abzusehen war, dass Konstanze ihren Neffen beerben würde, ist ungewiss; jedenfalls trat dieser Fall ein, als Wilhelm II. 1189 kinderlos starb. Heinrich erhob sofort Anspruch auf das Königreich, aber nicht nur als Konstanzes Gatte, sondern unter Berufung auf einen grundsätzlichen Anspruch des Kaiserreichs (ex antiquo iure imperii) auf Sizilien; mit dieser Begründung verweigerte er auch die Lehnsnahme vom Papst.

Im Königreich Sizilien selbst wurde Heinrichs und Konstanzes Anspruch übergangen und Tankred von Lecce zum König erhoben. Heinrich musste sein neues Reich also gewaltsam in Besitz nehmen. Gewissermaßen auf dem Weg dorthin wollte er in Rom die Kaiserkrone empfangen (Friedrich I. war 1190 auf dem Kreuzzug ums Leben gekommen), aber der neugewählte Papst Cölestin III. lehnte dies unter dem Vorwand ab, er sei selbst noch nicht zum Bischof geweiht. Erst als sich Heinrich mit den Römern arrangierte, indem er ihnen die kaisertreue Stadt Tusculum preisgab, gab Cölestin nach, empfing selbst am 13. April 1191 die Weihe und krönte Heinrich und Konstanze am folgenden Tag. Es gelang Heinrich aber erst 1194, das Königreich zu erobern (vgl. S. 66). Unmittelbar nach seiner Krönung in Palermo deckte er eine (angebliche?) Verschwörung des [77]einheimischen Adels auf, die grausam unterdrückt wurde. Seine Herrschaft dauerte freilich nur knapp drei Jahre: Schon 1197, mitten in den Vorbereitungen für einen Kreuzzug, starb er.

Heinrich VI. hat in Italien ein schlechtes Andenken hinterlassen. Die von ihm angeordneten barbarischen Bestrafungen (die indes in arabischer und byzantinischer Tradition nichts Ungewöhnliches waren) haben ihm in der älteren italienischen Historiographie den Beinamen il crudele eingebracht. Folgenreicher war jedoch, dass er deutsche Ministeriale auf wichtige Posten in Italien einsetzte, so etwa Markward von Anweiler, die auch nach seinem Tode weiter in die Politik eingriffen. In ihm ist die Vereinigung des Kaiserreichs mit dem Königreich Sizilien – bekannt unter dem Schlagwort der unio regni ad imperium – Wirklichkeit geworden; ihre Bekämpfung war von da an das Hauptanliegen der Päpste bis zum Ende des Staufergeschlechtes, ja sogar noch bis ins 14. Jahrhundert hinein.

Das Zeitalter Friedrichs II.


1196 Wahl Friedrichs II. zum deutschen König.
1198 Krönung Friedrichs II. zum König von Sizilien; Doppelwahl in Deutschland.
1198–1216
1208
1209
1212 Zweite deutsche Königswahl Friedrichs II.
1220 Kaiserkrönung Friedrichs II.
1228/29 Erste Exkommunikation Friedrichs II.; fünfter Kreuzzug.
1231
1237
1239 Zweite Exkommunikation Friedrichs II.
1241
1243–1254
1248
1250 Tod Friedrichs II.
1258–1266
1268

Innozenz III.

Sofort nach dem Tode Kaiser Heinrichs VI. begann Papst Cölestin III. mit der »Rekuperation« des vom Kaiser besetzten Kirchenstaates. Der greise Papst starb aber schon 1198. Aus der Neuwahl ging Lothar von Segni als Papst Innozenz III. hervor; er gilt als der bedeutendste mittelalterliche Papst.

Lothar wurde um 1160/61 in Gavignano bei Segni geboren, war also zum Zeitpunkt seiner Wahl erst 37 oder 38 Jahre alt, was zunächst zum Widerstand gegen seine Erhebung geführt hatte. Väterlicherseits entstammte er dem lokalen Grafengeschlecht, mütterlicherseits dem römischen Stadtadel. In Rom aufgewachsen und ausgebildet, studierte er an den Universitäten von Paris und kurzfristig auch in Bologna. Papst Clemens III. (1187–91) förderte ihn und erhob ihn im September 1189 zum Kardinal. Unter Cölestin III. (1191–98) diente er in juristischen Funktionen an der Kurie und war gleichzeitig schriftstellerisch tätig.


Kirchenstaat gemäß Ottonianum und unter Innozenz III.

(Senkrechte Schraffur: Innozenz III.; waagrechte Schraffur: Pippinische Schenkung)

[79]Als Papst sah sich Innozenz zunächst einer Revolte der Römer ausgesetzt, konnte dann aber die Rekuperation des Kirchenstaates fortsetzen, den er durch die Zusagen der konkurrierenden deutschen Könige auf eine neue juristische Grundlage stellte. Dieser »neue« Kirchenstaat, in dem Innozenz eine straffe Provinzialverwaltung einrichtete, stimmte nicht ganz mit den Gebieten überein, die die Päpste aus der Pippinischen Schenkung beanspruchten.

Neben seiner Einmischung in den deutschen Thronstreit nach der Doppelwahl von 1198 fallen in Innozenz’ Pontifikat der vierte Kreuzzug und der Albigenserkreuzzug. Ersterer wurde von Venedig nach Konstantinopel umgelenkt und führte zur Entstehung des venezianischen Kolonialreiches im östlichen Mittelmeer, Letzterer erlaubte es dem französischen König, in Südfrankreich Fuß zu fassen, und schuf so langfristig die Voraussetzungen für die französische Herrschaft über Süditalien von 1266 an. Wichtigste religiöse Ereignisse in der Regierungszeit des Papstes waren die Bestätigung des Franziskanerordens sowie das vierte Laterankonzil im November 1215.

Otto IV.

Während Innozenz unmittelbar nach seiner Wahl mit der Ordnung der Verhältnisse in Rom und der Fortführung der Rekuperationen beschäftigt war, fielen in Deutschland Entscheidungen, die Rückwirkungen auf Italien haben mussten: Der staufisch-welfische Gegensatz führte nach dem Tode Heinrichs VI. zur zwiespältigen Wahl von 1198. Ursprünglich wollte die staufische Partei (wie auch die [80]Fürsten, die schon auf dem Weg ins Heilige Land waren) an dem 1196 gewählten Friedrich II. festhalten. Als dies unrealistisch wurde, kam es zur Doppelwahl, die zum einen auf Otto (IV.) von Braunschweig, einen Sohn Heinrichs des Löwen, und zum andern auf Philipp von Schwaben, den jüngsten Bruder Kaiser Heinrichs, fiel.

Der Papst verhielt sich zunächst abwartend, neigte aber von Anfang an Otto zu. Erst zur Jahreswende 1200/01 trat er aus der Reserve und verkündete in der deliberatio super tribus electis seine Entscheidung: In scheinbar objektiver scholastischer Argumentation erörterte er die Rechte Friedrichs, Philipps und Ottos, wobei er seine Einmischung in die deutsche Königswahl mit seiner Rolle bei der [81]künftigen Kaiserkrönung begründete. In Wirklichkeit war die Entscheidung bereits aus rein politischen Gründen zugunsten Ottos gefallen, der als Einziger eine Gewähr dafür zu bieten schien, dass es nicht erneut zur unio regni ad imperium kommen würde; die Argumente der deliberatio sind dieser politischen Motivation untergeordnet und nach ihr zurechtgebogen. Otto versprach daraufhin 1201 in Neuß, alle Forderungen des Papstes zu erfüllen (insbesondere die Rekuperationen in vollem Umfang anzuerkennen), jedoch erfolgte dieses Versprechen nur insgeheim und ohne fürstliche Zeugen, also in reichsrechtlich anfechtbarer Form.

 

Trotz der Unterstützung des Papstes konnte sich Otto in Deutschland nicht gegen Philipp durchsetzen. Deshalb verhandelte Innozenz III. auch mit dem Staufer; eine 1207 erzielte Übereinkunft wurde aber hinfällig, als Philipp 1209 ermordet und Otto allgemein als deutscher König anerkannt wurde. Er erneuerte jetzt zwar das Neußer Versprechen, aber wiederum nicht in rechtlich unanfechtbarer Weise. Im Herbst zog er nach Italien; Innozenz krönte ihn zum Kaiser, obwohl Otto über die Erfüllung seiner Zusagen nicht einmal verhandeln wollte. Auf dem Rückweg nach Deutschland kehrte er in Pisa plötzlich um und zog nach Süden, um das Königreich Sizilien zu erobern und Friedrich II. auch dort zu entthronen. Während Otto im Winter 1211/12 auf die pisanischen Schiffe für die Überfahrt auf die Insel wartete, erhielt er die Nachricht, dass in Deutschland Friedrich II. zum Gegenkönig gegen ihn gewählt worden sei. Daraufhin brach er den Feldzug ab und kehrte überstürzt nach Deutschland zurück.

[82]Die Jugend Friedrichs II. in Palermo

Friedrich II. wurde am 26. Dezember 1194 in Jesi in den Marken geboren, während sein Vater Heinrich VI. in Palermo die sizilische Königskrone empfing. Im Dezember 1196 erfolgte seine Wahl zum deutschen König; die vorgesehene Krönung in Aachen kam aber nicht mehr zustande, da Heinrich VI. 1197 starb. Deshalb wurde Friedrich nicht nach Deutschland, sondern nach Sizilien gebracht und 1198 in Palermo zum sizilischen König gekrönt.

Er stand zunächst unter der Vormundschaft seiner Mutter, der Kaiserin(witwe) Konstanze, die, anders als Heinrich VI., die Lehenshoheit des Papstes anerkannte und die Zugeständnisse König Tankreds erneuerte. Nach dem Tode der Kaiserin Ende 1198 war der Papst formal Friedrichs Vormund und versuchte durch Legaten seine und des Kindes Rechte zu wahren. Die tatsächliche Regierung (in einer immer instabiler werdenden Lage) übte das sogenannte Familiarenkolleg unter der Leitung des Kanzlers Bischof Walter von Palearia aus. Jedoch waren eine ganze Reihe der deutschen Vasallen Heinrichs VI. im Lande geblieben. In einer Art Staatsstreich entmachtete Markward von Anweiler im November 1201 den Kanzler, in ähnlicher Weise gefolgt von Wilhelm Capparone, dann von Diepold von Schweinspeunt, ehe Anfang 1207 wieder die kirchliche Partei unter Walter von Palearia die Oberhand gewann.

Wie es Friedrich II. in dieser Zeit erging, ist weitgehend unbekannt. Dass er mit den Palermitaner Gassenjungen durch die Straßen der Stadt gezogen sei, ist unwahrscheinlich, bildete er doch ein wichtiges Faustpfand für die jeweiligen Machthaber; schon eher zutreffen dürfte die [83]Nachricht, dass die Lebensmittelversorgung des Hofes häufig von der Hilfsbereitschaft der Bürger abhing. Wo und von wem Friedrich seine später so berühmte Bildung empfing, ist völlig ungewiss. Auf päpstliche Bemühungen ging die 1208 geschlossene Ehe mit Konstanze von Aragón zurück, die, als Witwe König Emmerichs von Ungarn, über erhebliche politische Erfahrung verfügte und auch menschlichen Einfluss auf Friedrich erlangte.

Als Friedrich nach seiner Volljährigkeit am 26. Dezember 1208 selbst zu regieren begann, sah er sich sofort Aufständen gegenüber. Die schwerste Bedrohung seiner Herrschaft bildete aber der Versuch Kaiser Ottos IV., ihn zu entthronen. In diese Situation fiel die zweite Wahl Friedrichs zum deutschen König im September 1211, die Otto zum Rückzug nach Deutschland veranlasste.

Königswahl und Kaiserkrönung

Dass Papst Innozenz III. die erneute Wahl Friedrichs II. zum deutschen König veranlasst hat, muss bezweifelt werden. So willkommen ihm die Tatsache der Wahl gewesen sein musste (und es ist denkbar, dass er zu einer Wahl aufgefordert hat), so unwillkommen war ihm zweifellos die Person, denn in Friedrich erneuerte sich die unio regni ad imperium. Nach der Wahl musste er den Kandidaten allerdings unterstützen, als dieser im April 1212 auf genuesischen Schiffen nach Rom aufbrach, nachdem sein einjähriger Sohn Heinrich vorsichtshalber zum Mitkönig von Sizilien gekrönt worden war. Von Rom aus, wo er dem Papst die weitestgehenden Zusagen machte, fuhr er zunächst [84]nach Genua, durchquerte dann auf dem Landweg die Lombardei, wobei er beinahe den Mailändern in die Hände gefallen wäre (das berühmte »Bad im Lambro«: Er entkam schwimmend seinen Verfolgern). Schließlich überschritt er im Herbst die Alpen und erreichte Konstanz, wo er angeblich wenige Stunden vor Otto IV. eintraf. Nun setzte eine breite (durch erhebliche Geldzahlungen geförderte) Bewegung zugunsten Friedrichs ein, die am 5. Dezember 1212 eine dritte Königswahl und am 9. Dezember die Königskrönung in Mainz ermöglichte. Den Ausschlag gab allerdings 1214 die Niederlage von Ottos Verbündetem König Johann Ohneland von England in der Schlacht von Bouvines gegen Frankreich; ein letzter Versuch der Mailänder, auf dem vierten Laterankonzil zugunsten Ottos zu intervenieren, blieb erfolglos.

Nun stand auch der Weg nach Aachen offen, wo am 23. Juli 1215 eine erneute, »bessere« Königskrönung erfolgte. Bei dieser Krönung gelobte Friedrich überraschend den Kreuzzug ins Heilige Land. Zuvor hatte er im Juli 1213 durch die Goldbulle von Eger dem Papst in reichsrechtlich verbindlicher Form alle Zusagen Ottos bezüglich des Kirchenstaates erneuert.

Um die Folgen der erneuten unio regni ad imperium abzufangen, verlangte Innozenz III. von Friedrich den Verzicht auf die sizilische Krone zugunsten seines Sohnes Heinrich nach der Kaiserkrönung. Friedrich gestand dies am 1. Juli 1216 zu, entwertete seine Zusage aber dadurch, dass er Heinrich nach Deutschland holte und im April 1220, noch vor seiner Kaiserkrönung, zum deutschen König wählen ließ. Die Kaiserkrönung selbst folgte am 22. November 1220; der Papst, nunmehr Honorius III., konnte nur noch [85]den Verzicht auf eine Realunion zwischen dem Reich und Sizilien erreichen. Anlässlich der Kaiserkrönung erließ Friedrich ein Gesetz, durch das die Ketzerei mit dem Feuertod bestraft wurde; dieses Gesetz wurde, wie seinerzeit Friedrich Barbarossas Authentica »Habita«, als Novelle dem Corpus Iuris Civilis angefügt.

Neuordnung Siziliens

In der Zeit von 1220 bis 1239 schuf Friedrich II. den vielbewunderten »Modellstaat« Sizilien. Auch wenn sich dieser Staat aus der Sicht der Untertanen weitaus weniger erfreulich ausnahm als aus der Sicht moderner Beobachter, auch wenn das meiste bereits in normannischer Zeit angelegt war und aus der Gesetzgebung Rogers II. übernommen wurde, auch wenn man sich fragen muss, ob der spätere Niedergang des Mezzogiorno nicht bereits hier seine Wurzeln hatte, bleibt die Leistung des Kaisers dennoch staunenswert.

Zunächst musste Friedrich sein Königreich, das er vor mehr als acht Jahren in nahezu aussichtsloser Situation verlassen hatte, überhaupt erst zurückgewinnen. Er tat dies in einer Art »Salamitaktik«, indem er einzelnen Rebellen Verzeihung gewährte gegen die Verpflichtung, die aufständischen Nachbarn zu bekämpfen. Der Glanz des Kaisertums und seine offenkundige Begünstigung durch die überirdischen Mächte, die sich in seinem geradezu wunderbaren Aufstieg gezeigt hatte, und wohl auch ein persönliches Charisma taten ein Übriges. Auf einem programmatischen Hoftag (Assisen von Capua) wurden 1220 die Verhältnisse [86]zu Ende der Regierung Wilhelms II. (des Guten) als Richtschnur festgelegt; dieses Normaljahr 1189 erklärte also sowohl die verhasste Regierung Heinrichs VI. als auch die Usurpation Tankreds und die erzwungenen Handlungen der eigenen Minderjährigkeitsperiode für illegal. Die Gesetzgebung gipfelte 1231 in den Konstitutionen von Melfi (später Liber Augustalis genannt).

An der Spitze der Staatsverwaltung stand weiterhin die magna curia des Königs bzw. Kaisers, meist irreführend mit »Großhof« übersetzt. Zu ihr gehörten u. a. ein »Großhofrichter« und ein »Großhofjustitiar« als Oberinstanz der entsprechenden Funktionen in den Provinzen, vor allem aber die sehr leistungsfähige Kanzlei. An der Spitze der Provinzen stand jeweils ein Justitiar, weiteres Personal waren Richter, Kastellane, Baiuli in den Städten und die Mitglieder der Finanzverwaltung. Diese Personen wurden nicht in derjenigen Provinz eingesetzt, der sie selbst entstammten, und sie durften auch sonst keine engeren persönlichen Beziehungen zu den Untertanen eingehen – eine Vorbeugemaßnahme gegen Bestechlichkeit, die, wie etliche Skandale zeigten, mehr als geboten war. Die Inhaber der großen Lehen wurden systematisch aus der Staatsverwaltung in ihrer Heimat verdrängt; sie konnten aber eine Funktion in einer anderen Provinz übernehmen, wodurch eine Art baronaler Beamtenadel entstand.

Das Königreich bildete ein einheitliches Zollgebiet ohne Binnengrenzen. Die Zölle wurden an der Grenze (d. h. vor allem in den Häfen) erhoben. Für die eingeführten Waren bestand Stapelpflicht; die Fondachi der auswärtigen Kaufleute waren staatlicher Aufsicht unterworfen. Privilegien einzelner Handelspartner wurden rigoros abgeschafft; auch [87]die Genuesen, die eigentlich auf die Dankbarkeit des Kaisers wegen ihrer Hilfe im Jahre 1212 rechneten, genossen keine Sonderstellung mehr. Daneben trat auch der Staat selbst als Großhändler auf, wobei er, durch Zollfreiheit ohnehin begünstigt, auch Spekulationsgewinne nicht verschmähte und rücksichtslos über die Interessen der Privatleute hinwegging. Bestimmte Erzeugnisse (Salz, Stahl, Eisen, Hanf, Pech, Färberei, Seide) unterlagen einem Staatsmonopol. Überhaupt wäre es falsch, von einer bewussten Wirtschaftspolitik zu sprechen: Oberstes Ziel war die Sicherung und Erhöhung der staatlichen Einnahmen.

Problematisch war die Stellung der Kirche. Konstanze hatte auf die Sonderrechte, die ihre normannischen Vorfahren einst besaßen, weitgehend verzichten müssen; Friedrichs Versuche, de facto wieder den alten Zustand zu erlangen, führten zu Konflikten mit dem Papsttum. Dauernder Streitpunkt war die Besetzung der überaus zahlreichen Bistümer (21 Kirchenprovinzen mit insgesamt 145 Diözesen). Das Konkordat sah Wahl durch die Domkapitel und päpstliche Bestätigung vor, die allerdings ein kaiserfreundlicher Kandidat in der Regel nicht erlangte. Blieb ein Bischofsstuhl deshalb länger als sechs Monate unbesetzt, nahm die Kurie das vom vierten Laterankonzil kodifizierte Devolutionsrecht in Anspruch und ernannte einen Bischof, der dann allerdings keine Chance hatte, gegen den Willen des Kaisers sein Amt anzutreten und den weltlichen Besitz der Kirche zu gebrauchen. Diese Streitigkeiten bildeten einen regelmäßigen Beschwerdepunkt der Kurie gegen den Kaiser.

[88]Der fünfte Kreuzzug

Unmittelbar nach der (2.) Krönung in Aachen im Juli 1215 hatte Friedrich II. das Kreuz genommen; wohl weniger in der Hochstimmung des Krönungsfestes, wie vermutet wurde, als um nach dem Vorbild seines Vaters und Großvaters den kaiserlichen Anspruch auf die führende Rolle in der Christenheit zu behaupten. Das päpstliche Unternehmen von 1204 war zwar blamabel gescheitert, aber das bevorstehende Laterankonzil sollte sich erneut mit dieser Frage befassen und die weltlichen Mächte wiederum in den Hintergrund drängen.

Freilich führte die Selbstbindung Friedrichs zum ersten großen Konflikt mit dem Papsttum. Honorius III. drängte auf die Einlösung des Versprechens, musste aber auch zugestehen, dass die Ordnung der Verhältnisse in Sizilien zunächst vordringlich war. 1225 verpflichtete sich der Kaiser vertraglich, bis spätestens August 1227 tatsächlich aufzubrechen, andernfalls der Papst das Recht haben sollte, ihn zu exkommunizieren. Hinter dieser energischeren Haltung stand wohl schon der Kardinalbischof Hugolin von Ostia, der Honorius am 19. März 1227 als Gregor IX. auf dem Papstthron folgte. Gregor hatte keine Skrupel, den Vertrag im strengsten Sinne auszulegen: Friedrich stach zwar fristgemäß von Brindisi aus in See, musste aber nach wenigen Tagen umkehren, weil im Kreuzfahrerheer Seuchen ausbrachen, an denen ein Fürst starb und der Kaiser selbst erkrankte. Formal war damit der Vertrag gebrochen. Der Papst verhängte sofort die Exkommunikation, ohne die (in der Sache berechtigte) Entschuldigung des Kaisers anzunehmen. Auch wenn die zeitgenössischen Auffassungen [89]von Schuld und Vorsatz andere waren als heute, ist doch der Verdacht nicht von der Hand zu weisen, dass Gregor die Gelegenheit nur allzu gern ergriff, um Friedrich politisch zu erpressen: In den anschließenden Verhandlungen stellte er Forderungen, die mit dem Kreuzzug nichts zu tun hatten und die Lossprechung absichtlich immer weiter hinausschoben.

 

Schließlich brach Friedrich Ende Juni 1228, ohne das Ende der Verhandlungen abzuwarten, als Gebannter erneut ins Heilige Land auf, wo er im September eintraf. Quasi zur Vorbereitung hatte er 1225 Isabella von Brienne, die Erbin des Königreichs Jerusalem, geheiratet, die allerdings 1228 bei der Geburt Konrads IV. starb; aus dieser Ehe leitete der Kaiser (im Grunde unrechtmäßig) für sich den Titel »König von Jerusalem« ab. Der Kreuzzug war ferner diplomatisch durch Verhandlungen mit Sultan al-Kamil vorbereitet. Deshalb gelang es Friedrich, für die Christen auf dem Verhandlungswege die Rückgabe Jerusalems zu erreichen, wo er am 18. März 1229 in der Grabeskirche die Krone trug. (Es handelte sich um ein bloßes Kronetragen; die frühere These einer Selbstkrönung ist von der Forschung widerlegt.)

Inzwischen versuchte der Papst, das Königreich Sizilien militärisch zu besetzen und die Bewohner zur Rebellion aufzustacheln. Der Versuch scheiterte aber kläglich, als Friedrich am 10. Juni 1229 wieder in Brindisi eintraf. Schließlich wurde unter Vermittlung der deutschen Fürsten im Juli 1230 eine formale Aussöhnung zwischen Kaiser und Papst erreicht, ohne dass die tieferen Ursachen des Konflikts beseitigt wurden.

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