Geschichte Italiens

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Das Papsttum als Störfaktor in der Politik Karls von Anjou

Das Königreich Sizilien sollte für Karl von Anjou nur eine Zwischenstation auf dem Weg zu einer noch höheren Würde sein: einem wiedererrichteten lateinischen Kaiserreich in Byzanz. Dies entsprach zugleich normannisch-staufischer Tradition: Robert Guiskard, Wilhelm II., Heinrich VI. und Manfred wurden nur durch ihren Tod an einer wirksamen antigriechischen Politik gehindert. Deshalb kam es Karl ungelegen, dass 1271 nach über zweieinhalbjähriger Sedisvakanz mit Gregor X. ein Papst gewählt wurde, dessen Hauptanliegen ein neuer Kreuzzug ins Heilige Land war. Gregor erreichte es sogar, dass der byzantinische Kaiser Michael VIII. auf dem zweiten Konzil von Lyon 1274 mit der westlichen Kirche die Kirchenunion einging: Ein Angriff auf den wieder »rechtgläubigen« Kaiser verbot sich damit. Außerdem veranlasste Gregor X. die Wahl Rudolfs von Habsburg zum deutschen König und künftigen Kaiser. Damit schien den angevinischen Ambitionen in Reichsitalien ein Riegel vorgeschoben. Dass eine Kaiserkrönung [105]Rudolfs trotz sechsmaligen Anlaufs nicht zustande kam, war damals nicht vorauszusehen.

Als besonders störend erwies sich auch Nikolaus III. (Giangaetano Orsini). Er betrieb Rudolfs Kaiserkrönung nachdrücklich. Dabei stellte er den Kirchenstaat auf die Rechtsgrundlage, die bis zum Ende des Mittelalters galt, indem er von Rudolf die Anerkennung sowohl der Pippinischen Schenkung als auch der Goldbulle von Eger forderte; dies war gleichbedeutend mit dem Erwerb der Romagna. Karl musste das Reichsvikariat für die Toskana niederlegen und als Senator von Rom zurücktreten. Letztere Würde übernahm Nikolaus selbst, allerdings nicht als Papst, sondern als Privatmann, der sein Amt dann wiederum durch Stellvertreter ausüben ließ, die ebenfalls Senatoren genannt wurden; diese Rechtskonstruktion galt bis zum Ende des Mittelalters.

Die Sizilische Vesper

Nikolaus’ III. Tod am 22. August 1280 und die Wahl seines Nachfolgers Martin IV. im darauffolgenden Frühjahr bedeuteten einen völligen Wechsel der päpstlichen Politik. Martin, der als Legat 1265 die Verhandlungen mit Karl zum Abschluss gebracht hatte, ordnete sich auch als Papst völlig den Wünschen des Königs unter: Er exkommunizierte den byzantinischen Kaiser und unterstützte die Expansionspläne Karls nach Byzanz bedingungslos. Kurz bevor der Kriegszug starten konnte, brach Karls überragende Machtstellung jedoch scheinbar urplötzlich zusammen: durch die Sizilische Vesper.

[106]Äußerer Anlass für diesen Aufstand der Sizilianer gegen die Anjou-Herrschaft war die Belästigung sizilianischer Frauen durch französische Soldaten in Palermo am Abend des Ostermontags, des 30. März 1282. Die Folge war ein Massaker an den Franzosen und ein Aufstand, der sich binnen eines Monats über die ganze Insel ausbreitete (Messina fiel am 28. April). Papst Martin IV., unter dessen Schutz die Aufständischen sich möglicherweise ursprünglich stellen wollten, antwortete im Sinne Karls am 7. Mai mit der Exkommunikation. Während Karl militärisch gegen die Insel vorzugehen versuchte, landete am 30. August in Trapani König Peter III. von Aragón als neuer König des befreiten Sizilien. Ein Parlament in Messina erkannte 1283 seine Rechte (bzw. die seiner Frau Konstanze) als Erben König Manfreds an und beschloss eine Reform des Staates, der wieder auf die Zustände unter Wilhelm II. (dem Guten) zurückgeführt werden sollte.

Außer dem spontanen Volkszorn lassen sich vier Gründe für den Ausbruch und den Erfolg der Revolte ermitteln: 1. Karls Desinteresse an der Insel. Das Zentrum seiner Herrschaft lag auf dem Festland; die Insel hat er überhaupt nur zweimal kurzfristig betreten. Sie diente ihm wohl hauptsächlich als Steuerquelle, wobei unklar ist, wann ihr ökonomisch-ökologischer Niedergang eingesetzt hat. Dieses Desinteresse mag auch zu geringerer Beaufsichtigung und damit größerer Willkür der Amtsträger geführt haben. 2. Aktivitäten der Stauferanhänger. Bekannte Namen sind etwa Roger Lauria, Richard Filangieri, Heinrich von Isernia und Johann von Procida. Ob eine förmliche Verschwörung stattgefunden hat, ist unklar, aber die schnelle Ausbreitung der Revolte lässt vorbereitende Strukturen vermuten. [107]3. Einwirkung Kaiser Michaels VIII. von Byzanz, der als Geldgeber einer Verschwörung in Frage kommt. In seiner Autobiographie schreibt er ausdrücklich, dass Gott durch ihn die Sizilianer befreit habe. Er war der Hauptnutznießer des Aufstandes, der seinen Staat vor dem sicheren Untergang gerettet hat. 4. Die Rolle Peters von Aragón ist komplexer. Das Haus Aragón war mit Karl verfeindet, weil es Erbansprüche auf die Provence erhob. Peter III. selbst wünschte eine Erweiterung seines Herrschaftsgebietes, da er bei der Erbteilung nach dem Tode seines Vaters zu kurz gekommen war. Die Rechte seiner Frau boten einen guten Vorwand, ohne dass sich beweisen lässt, dass die Ehe im Hinblick auf diese Rechte geschlossen wurde. Jedenfalls war seine Landung auf Sizilien keine spontane Hilfeleistung, sondern beruhte auf politischem Kalkül.

Das Parlament von Messina war die Antwort auf Maßnahmen Martins IV. zur Unterstützung Karls, durch welche der lokale süditalienische Konflikt zur europäischen Auseinandersetzung ausgeweitet wurde: Der Papst erklärte Peter III. auch als König von Aragón für abgesetzt und belehnte den zweiten Sohn des französischen Königs, Karl von Valois, mit Aragón. Zur Durchsetzung dieser neuen Ansprüche sollte Frankreich einen Kreuzzug gegen Aragón unternehmen, der aber kläglich scheiterte und am 6. Oktober 1285 zum Tode des französischen Königs führte. Im selben Jahr starben auch Karl von Anjou (am 7. Januar), Papst Martin IV. (am 28. März) und Peter von Aragón (am 2. November).

[108]Der Krieg der Sizilischen Vesper bis zum Frieden von Caltabellotta

Da im Jahr 1285 alle Protagonisten der Sizilischen Vesper gestorben waren, kam nun die zweite Generation zum Zuge. Auf Sizilien folgte Peters III. zweiter Sohn Jakob nach, während in Aragón der Erstgeborene Alfons die Regierung antrat, wodurch teilweise Interessenkonflikte entstanden. Als Papst wurde mit Honorius IV. ein Römer gewählt, der zwar die Anjou uneingeschränkt unterstützte, aber doch eine selbständigere Position einnahm als sein Vorgänger. Besonders schwierig war die Lage Karls II. von Anjou: Er war 1284 bei einer unbedachten Flottenaktion in die Gefangenschaft der Sizilianer geraten. Zwar wurde er nicht, wie einige forderten, als Vergeltung für den Tod Konradins hingerichtet, aber sein oberstes Ziel musste es sein, sich aus seiner misslichen Lage zu befreien.

In den folgenden Jahren gab es eine Serie von Militäraktionen, die immer wieder durch vertragliche Lösungsversuche unterbrochen wurden. Die ersten beiden Vertragsversuche sahen die Freilassung Karls II. als Gegenleistung für die Abtretung Siziliens an Jakob I. vor, wurden aber von der Kurie als Lehnsherrn nicht genehmigt. Durchgeführt wurde der Vertrag von Canfranc von 1288: Karl II. wurde (gegen Vergeiselung dreier Söhne) freigelassen und musste sich verpflichten, binnen drei Jahren einen allseitig anerkannten Friedensvertrag zustande zu bringen, andernfalls in die Haft zurückzukehren. Der Vertrag von Anagni von 1295 – inzwischen war Jakob I. von Sizilien als Nachfolger seines gestorbenen Bruders nach Aragón gewechselt und hatte seinen jüngeren Bruder Friedrich als Stellvertreter auf [109]Sizilien gelassen – sah ein großes Revirement vor: Jakob sollte Sizilien an den Papst zurückgeben, der es an Karl II. weiterzugeben hätte, dessen Tochter Jakob heiraten sollte; Friedrich sollte mit dem (noch zurückzuerobernden) lateinischen Kaiserreich Byzanz entschädigt werden, Jakob mit Sardinien und Korsika: Für Sizilien bedeutete dies praktisch eine Wiederherstellung des Zustandes vor 1282. Der Vertrag, dem auch der Papst zustimmte, löste auf Sizilien eine zweite »nationale« Revolte aus, durch die der Stellvertreter Friedrich 1296 zum König erhoben und Jakob de facto abgesetzt wurde. Erst 1302 brachte der Friede von Caltabellotta eine (wenigstens zeitweise) Lösung: König Friedrich, der eine Tochter Karls II. heiraten sollte, wurde auf Lebenszeit anerkannt; danach sollte Sizilien an die Anjou zurückfallen, eventuelle Kinder aus der Ehe anderweitig entschädigt werden.

Cölestin V. und Bonifaz VIII.

Nach dem Tode Papst Nikolaus’ IV. gelang über zwei Jahre keine Wahl eines Nachfolgers. Kam die lange Sedisvakanz 1268–1271 Karl I. gelegen, indem sie ihm freie Hand für die Vorbereitung seiner Expansionspläne ließ, so hing Karl II. 1292–1294 gewissermaßen in der Luft, da er einen Papst für die lehnsherrliche Bestätigung der auszuhandelnden Verträge brauchte. Dennoch ist nicht erwiesen, dass er seine Hände im Spiel hatte, als am 5. Juli 1294 die Kardinäle überraschend den Einsiedler Peter vom Murrone zum Papst erhoben. Die Person des Gewählten erschien wie die Erfüllung der damals weit verbreiteten Erwartung eines papa [110]angelicus, der die Kirche reformieren und ein vom Mönchtum gekennzeichnetes Zeitalter des Heiligen Geistes heraufführen sollte (gemäß den popularisierten und verflachten Vorstellungen des Joachim von Fiore). Es zeigte sich jedoch schnell, dass Cölestin mit seiner Aufgabe hoffnungslos überfordert war. Er geriet sofort in Abhängigkeit von Karl II., der ihn persönlich in seiner Zelle abholte, zur Krönung nach L’Aquila und anschließend nach Neapel führte; Rom hat er als Papst nie betreten. Sein Unvermögen wurde auch ihm selbst bald bewusst und belastete sein Gewissen, so dass er (nach Einholung juristischen Rates) am 13. Dezember 1294 zurücktrat.

Dass ein Papst zurücktreten könne, war durch das geltende Kirchenrecht eindeutig geklärt. Wenn die Rechtmäßigkeit von Cölestins Abdankung dennoch in Zweifel gezogen wurde, so spiegelte das zum einen die Enttäuschung jener Kreise, die in seiner Wahl die apokalyptischen Vorstellungen ihrer Zeit erfüllt sahen; zum andern lag es im Verhalten seines Nachfolgers begründet: Bonifaz VIII. befürchtete, sein Vorgänger könne zum Werkzeug seiner zahlreichen Feinde werden, und ließ ihn (nach einem gescheiterten Fluchtversuch) in Castel Fumone nahe Anagni internieren, wo er am 19. Mai 1296 eines natürlichen Todes starb. Die Zweifel, durch juristische (Schein-)Gutachten gestützt, waren also politische Propagandamittel, um Bonifaz’ eigene Rechtmäßigkeit als Papst ins Zwielicht zu rücken. Cölestin V. wurde 1313 als Peter vom Murrone heiliggesprochen.

 

Cölestins Nachfolger wurde am 24. Dezember 1294 Bonifaz VIII. (Benedikt Caetani). Er hatte u. a. in Bologna ein juristisches Studium absolviert, dann als Sekretär zweier künftiger Päpste an der Kurie Karriere gemacht und teils in [111]deren Begleitung, teils auf eigenen Legationen Frankreich, England und Deutschland kennengelernt. Insofern war er als Nachfolger seines weltabgewandten Vorgängers hervorragend geeignet. Jedoch wird seine Gestalt durch charakterliche Mängel verdunkelt: Eine Hauptaufgabe seines Pontifikates sah er in der Erhöhung seiner bisher wenig hervorgetretenen Familie in eine fürstliche Stellung; dabei war er schon vor seiner Wahl in wirtschaftliche Streitigkeiten mit den Colonna geraten.

Die Regierungszeit Bonifaz’ VIII. lässt sich in drei Abschnitte gliedern: den Konflikt mit den Colonna (bis 1299), das Heilige Jahr 1300 und die große Auseinandersetzung mit dem französischen König (ab 1301). Auslöser für den ersten Konflikt war ein Gewaltakt der Colonna gegen die Caetani, den der Papst zum Anlass einer Überreaktion mit dem Ziel der Vernichtung der konkurrierenden Familie nahm: Die beiden Kardinäle aus dem Hause Colonna wurden abgesetzt und exkommuniziert, ein förmlicher Kreuzzug gegen die Colonna endete ein Jahr später mit der Eroberung der Hauptorte der Familie. Die beiden Kardinäle und die Häupter der Familie flohen nach Frankreich, von wo aus sie die oben erwähnte Polemik gegen die Rechtmäßigkeit des Papstes betrieben.

Das Heilige Jahr 1300 entstand ohne Zutun der Kurie als Volksbewegung, die, unter Berufung auf ein angebliches Vorbild des Jahres 1200 (wofür es aber keinerlei historische Spuren gibt), für 1300 in Rom besondere Gnadenmittel erhoffte. Bonifaz VIII. stand dem Phänomen zunächst abwartend gegenüber, setzte sich dann aber an die Spitze der Bewegung und gewährte den Rompilgern den vollkommenen Ablass, der bislang nur Kreuzfahrern zugestanden worden [112]war. Politisch spielte das Heilige Jahr keine Rolle; es ist nur dadurch wichtig, dass es das Selbstbewusstsein des Papstes enorm steigerte.

Die große Auseinandersetzung mit dem französischen König Philipp IV. begann 1301 mit einem lokalen Konflikt um einen Abt, steigerte sich aber schnell zu einer grundsätzlichen Auseinandersetzung über die Frage, ob die staatliche Gewalt generell der päpstlichen unterworfen sei (Bulle Unam sanctam vom 18. November 1302, in der der Papst in überzeitlicher, vorwiegend biblisch gestützter Argumentation seine Maximalposition zusammenfasste). Im Gegenzug erhob im Juni 1303 eine Versammlung im Louvre gegen Bonifaz nicht nur den Vorwurf, unrechtmäßig Papst zu sein (wegen der angeblich unzulässigen Abdankung Cölestins V.), sondern auch den der Ketzerei – im Mittelalter die einzige Möglichkeit, einen Papst abzusetzen. Daraufhin kündigte Bonifaz für den 8. September 1303 die Absetzung des Königs an. Dazu kam es aber nicht mehr, da am Tag zuvor der französische Vizekanzler Wilhelm Nogaret und Sciarra Colonna den Papst in Anagni überfielen, gefangen setzten und möglicherweise misshandelten. Infolge der erlittenen Behandlung starb Bonifaz am 11. Oktober 1303 als Märtyrer seiner Vorstellung von der Rolle des Papsttums.

Kaiser Heinrich VII. in Italien

Sieben Jahre nach dem Tode Bonifaz’ VIII. endete die seit dem Tode Friedrichs II. andauernde Vakanz des Kaisertums. Was Rudolf von Habsburg trotz mehrfacher Anläufe nicht geschafft hatte, gelang dem Luxemburger Heinrich VII., [113]nämlich die Kaiserkrönung in Rom. Sein Italienzug zeigte allerdings auch das volle Ausmaß der Veränderungen, die seit dem Ende der Stauferherrschaft in Italien eingetreten waren.

Die Rahmenbedingungen für den Zug waren ungünstig: Die Kommunen bzw. Signorien in Reichsitalien erhofften sich keinen unparteiischen Schiedsrichter, sondern einen Verbündeten in den Auseinandersetzungen mit den Nachbarn; Papst Clemens V., der in Südfrankreich residierte, brach seine Zusage, zur Kaiserkrönung nach Italien zu kommen, und sandte stattdessen zwei Kardinäle (ob darin eine Distanzierung vom Plan der Kaiserkrönung zu sehen ist, ist ungewiss); König Robert von Neapel, der seit 1309 regierende Sohn Karls II., verlangte in einer Denkschrift an den Papst offen die völlige Abschaffung des Kaisertums, wobei er in nationalistischer Polemik insbesondere die Krönung eines deutschen Königs zum Kaiser ablehnte.

In Mailand, wo er am 6. Januar 1311 die lombardisch-italienische Krönung empfing, ergriff Heinrich für die Visconti Partei; dadurch wurde er in die Rivalitäten der »ghibellinischen« und »guelfischen« Städte hineingezogen. Im Folgenden musste er Cremona zwei Wochen, Brescia dreieinhalb Monate lang belagern, ehe er über Genua und Pisa nach Rom gelangen konnte. Dort empfing er am 29. Juni 1312 in der Lateranbasilika die Kaiserkrone (die Peterskirche war in der Hand von Anhängern Roberts von Neapel). Anschließend belagerte er sechs Wochen lang vergeblich Florenz, ehe er im März 1313 wieder in Pisa eintraf. In Pisa eröffnete er einen Prozess gegen Robert von Neapel, den er in seiner Funktion als Kaiser absetzte und zum Tode verurteilte (analog zur Hinrichtung Konradins). Am 8. August [114]brach er nach Süden auf, um den Spruch zu vollstrecken, doch starb er am 24. August 1313 in Buonconvento bei Siena. Er wurde in Pisa begraben.

Heinrichs Italienzug war im Grunde ein großartiger Anachronismus. Politisch gesehen blieb er Episode, und er hat die bestehenden Probleme eher verschärft. Mit ihm endeten alle Versuche der deutschen Könige und Kaiser, auf Süditalien Einfluss zu nehmen. Zu der Minderheit, die sich viel von Heinrichs Kommen erhofft hatte, gehörte Dante Alighieri.

Süditalien nach dem Frieden von Caltabellotta

Das Urteil Kaiser Heinrichs VII. gegen Robert von Neapel war keineswegs eine leere Drohung, denn gleichzeitig nahm auch König Friedrich von Sizilien (unter Bruch des Friedens von Caltabellotta, der nach Roberts Absetzung als hinfällig gelten mochte) den Krieg gegen das festländische Königreich wieder auf. Von einer Rückgabe der Insel an die Anjou nach König Friedrichs Tod war somit keine Rede mehr, vielmehr wurde 1314 Friedrichs Sohn Peter zum Nachfolger erhoben. Es folgten im regulären Erbgang weitere Nachkommen Friedrichs bis zu Maria (seit 1377), durch die die Königswürde auf ihren Ehemann, den aragonesischen Thronfolger, überging: Dies führte schließlich 1409 zur Personalunion Siziliens mit Aragón.

Nach Kaiser Heinrichs Tod ging Robert von Neapel 1314 zum Gegenangriff auf Sizilien über, der zwar schnell ins Stocken kam; aber es folgte eine ganze Serie von weiteren Angriffen auf die Insel (1320, 1325, 1326, 1327, 1333, 1336, 1338, 1339, 1341, 1342), die jeweils von kurzfristigen [115]Waffenstillständen abgelöst wurden, ehe Roberts Tod 1343 und die Probleme der Nachfolgeregelung den Kriegselan Neapels stoppten. Während die Insel unter den ständigen Kriegsereignissen litt, was ihren wirtschaftlichen Niedergang beschleunigte, erlebte das festländische Königreich Neapel unter König Robert eine Epoche des Friedens und der Prosperität; der Hof des wissenschaftlich gebildeten Königs (daher sein Beiname »der Weise«) entwickelte sich zu einem bedeutenden kulturellen Zentrum.

König Robert starb 1343 ohne männlichen Erben. Seine 16-jährige Enkelin Johanna I. folgte ihm zwar auf dem Königsthron nach und wurde auch vom Papst als Lehnherr Neapels anerkannt, jedoch war ihre Stellung von zwei Seiten her gefährdet: durch mögliche ungarische Erbansprüche und durch die Ambitionen ihrer männlichen Verwandten in Italien selbst (den von den jüngeren Brüdern König Roberts abstammenden Herzögen von Tarent und Durazzo). Die ungarischen Ansprüche leiteten sich von Karl Martell, einem älteren Bruder König Roberts, her, der als Erbe seiner Mutter die ungarische Krone für sich reklamiert hatte und dessen Linie sich schließlich in Ungarn hatte durchsetzen können. Um diesen Ansprüchen zuvorzukommen, wurde Johanna mit Andreas, dem jüngeren Bruder König Ludwigs des Großen von Ungarn, verheiratet; jedoch wurde Andreas 1345 ermordet. Dies löste einen Rachefeldzug des ungarischen Königs aus, der 1348 die Macht in Neapel übernahm und gegen die Herzöge von Tarent und besonders Durazzo vorging. Johanna selbst war in die Provence geflohen. Ob sie an dem Mord beteiligt war, ist bis heute ungeklärt, der Papst jedenfalls sprach sie ausdrücklich von diesem Vorwurf frei.

[116][117]Johanna heiratete in zweiter Ehe Herzog Ludwig von Tarent. Diesem gelang es, bis 1352 die Ungarn aus Italien zu vertreiben (wobei ihn die damals grassierende Pestepidemie begünstigte) und dadurch faktischer Herrscher des Königreichs zu werden, neben dem Johanna unbedeutend blieb; erst nach seinem Tode 1362 konnte sie selbständig in die Politik eingreifen. Ludwig von Tarent hatte, nicht ohne Erfolg, den 1343 unterbrochenen Krieg gegen Sizilien erneuert. Johanna I. brachte ihn dagegen im Frieden von Aversa 1373 zum endgültigen Abschluss, indem sie auf alle Ansprüche der Anjou auf die Insel verzichtete.


Die Könige von Neapel

Als 1378 das Schisma ausbrach (vgl. S. 138), war Johannas Stellungnahme als Herrscherin des bedeutendsten Lehnsstaates der Kirche besonders wichtig. Die Königin wechselte jedoch dreimal zwischen der römischen und der avignonesischen Obödienz und wurde schließlich von Urban VI. zugunsten Karls von Durazzo, des ohnehin Nächst-Erbberechtigten nach der kinderlosen Königin, abgesetzt. Sie adoptierte deshalb Ludwig (I.) aus dem sogenannten jüngeren Haus Anjou, einen Sohn König Johanns II. von Frankreich. So entstand im Königreich Neapel ein »Königsschisma«, das sechzig Jahre andauerte. Im Laufe des daraufhin ausbrechenden Bürgerkriegs wurde Johanna I. 1382 ermordet, und da auch ihr Adoptivsohn 1384 starb, konnte sich Karl von Durazzo durchsetzen. Jetzt aber griff der geisteskranke Papst Urban VI. erneut ein und erklärte (möglicherweise aus nepotistischen Gründen) den von ihm selbst auf den Thron gebrachten Karl wieder für abgesetzt, war aber nicht in der Lage, dieses Urteil auch durchzuführen. Karl kam 1386 bei dem Versuch ums Leben, Erbansprüche auf die ungarische Königskrone zu realisieren.

[118]Das »Königsschisma« vererbte sich auf Ludwig II., den Sohn Ludwigs (I. von Anjou), und Ladislaus, den Sohn Karls von Durazzo, und danach auf deren Nachfolger, den minderjährigen Ludwig III. auf der einen und Ladislaus’ Schwester Johanna II. auf der anderen Seite. Nach dem Ende des kirchlichen Schismas versuchte Papst Martin V., eine Kompromisslösung zustande zu bringen, indem er zwar Johanna II. anerkannte, zum Nachfolger der kinderlosen Königin aber Ludwig III. bestimmte. Dies hatte jedoch nur zur Folge, dass Johanna II. (das Vorbild Johannas I. nachahmend) den bereits auf Sizilien regierenden Alfons V. von Aragón adoptierte, der sich nach weiteren Verwicklungen schließlich durchsetzte. Damit war das definitive Ende der Anjou-Herrschaft in Süditalien gekommen; der spätere Versuch König Karls VIII. von Frankreich, gestützt auf seine Verwandtschaft mit dem jüngeren Haus Anjou französische Erbansprüche auf Neapel zu realisieren, blieb Episode.

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