Mansfield Park

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Mansfield Park
Mansfield Park
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Читает Benedict Cumberbatch, Cast Full, David Tennant
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Gegen elf Uhr erschienen Edmund und Julia mit strahlenden Gesichtern, von der Nachtluft erfrischt und in bester Stimmung, im Salon, wo sie die drei Damen in der übelsten Laune antrafen; Maria geruhte kaum, die Augen von ihrem Buch aufzuheben,

Lady Bertram schlief schon halb, und sogar Mrs. Norris, die von der Verdrießlichkeit ihrer Nichte angesteckt war, zog sich in ein beleidigtes Stillschweigen zurück, als ihre ersten Fragen nach dem Dinner im Pfarrhaus nicht rasch genug beantwortet wurden. Die Geschwister mußten zuerst einmal ihrer Begeisterung über die herrliche Nacht und den wunderbaren Sternenhimmel Luft machen, sie waren zu erfüllt davon, um an etwas anderes zu denken; doch nach ein paar Minuten sah Edmund sich im Zimmer um und fragte: «Aber wo ist Fanny? Schon schlafen gegangen?»

«Nicht daß ich wüßte», entgegnete Mrs. Norris. «Sie war gerade noch hier.»

Fannys eigene sanfte Stimme erwiderte ihm vom anderen Ende des langen Zimmers – sie sei hier, auf dem Sofa. Mrs. Norris begann sofort zu zanken:

«Fanny, es ist ganz ungehörig, sich den ganzen Abend auf dem Sofa zu räkeln! Warum kannst du dich nicht hersetzen und eine nützliche Beschäftigung zur Hand nehmen wie wir alle? Wenn du keine eigene Arbeit hast, kann ich dich aus dem Armen-Korb versorgen. Der Kattun, den wir vorige Woche gekauft haben, ist überhaupt noch nicht angerührt, obwohl ich mir beim Zuschneiden schier den Rücken gebrochen habe. Du mußt endlich einmal lernen, an andere Menschen zu denken. Ein Unfug ist es, ein unerhörter Unfug, wenn eine junge Person ewig auf dem Sofa herumlungert …»

Bevor sie noch zur Hälfte ihrer Rede gekommen war, war Fanny an ihren Platz am Tisch zurückgekehrt und hatte ihre Arbeit wieder zur Hand genommen. Julia war nach dem angenehm verbrachten Abend so außergewöhnlich gut aufgelegt, daß sie Fanny großmütig in Schutz nahm. «Ich muß sagen, Tante, wenn alle Leute im Haus so selten auf dem Sofa zu finden wären wie Fanny!» rief sie aus.

«Fanny», sagte Edmund, der sie aufmerksam betrachtete, «ich bin sicher, daß du Kopfweh hast.»

Fanny konnte es nicht leugnen, versicherte aber, es sei nicht sehr schlimm.

«Das kann ich dir kaum, glauben, dazu kenne ich dein Gesicht zu gut. Seit wann hast du Schmerzen?»

«Ach – seit Nachmittag. Es ist nur die Hitze.» «Bist du bei dieser Hitze ausgegangen?»

«Ausgegangen! Natürlich ist sie ausgegangen!» rief Mrs. Norris. «Möchtest du etwa, daß sie an einem so schönen Tag zu Hause sitzt? Wart ihr nicht alle draußen? Sogar deine Mutter war heute mehr als eine Stunde an der Luft.»

«Ja wirklich, Edmund», bestätigte Lady Bertram, die durch Mrs. Norris’ lautes Schelten wieder ganz wach geworden war. «Ich war über eine Stunde draußen. Dreiviertel Stunden bin ich im Garten geblieben, während Fanny Rosen geschnitten hat, und es war sehr angenehm, aber furchtbar heiß. In der Laube, wo ich gesessen bin, war es ja schattig, aber es hat mir wahrhaftig vor dem Rückweg gegraut.»

«Und Fanny hat Rosen geschnitten?»

«Ja, ich fürchte, es werden dieses Jahr die letzten sein. Dem armen Kind war auch warm genug, aber die Rosen konnten nicht mehr warten, sie waren schon ganz aufgeblüht.»

«Ja, das mußte sein», stimmte Mrs. Norris in merklich milderem Ton zu. «Aber ich frage mich, Schwester, ob sie sich nicht dabei ihre Kopfschmerzen geholt hat. Nichts macht so leicht Kopfschmerzen, als wenn man gebückt in der prallen Sonne steht. Na, morgen wird es wohl wieder gut sein. Vielleicht könntest du ihr deinen parfümierten Essig geben? Mein Fläschchen vergesse ich immer nachzufüllen.»

«Sie hat ihn schon längst», sagte Lady Bertram. «Sie hat ihn, seit sie zum zweitenmal von deinem Haus zurückgekommen ist.»

«Was!» rief Edmund. «Ist sie außerdem noch so weit gegangen? Den schattenlosen Weg zu Ihrem Haus, Tante, und das zweimal? Kein Wunder, wenn ihr der Kopf wehtut!»

Aber Mrs. Norris unterhielt sich angelegentlich mit Julia und hörte nicht.

«Ich dachte auch, daß es für sie zu anstrengend sein würde», sagte Lady Bertram. «Aber deine Tante wollte die Rosen für sich haben, und du weißt ja, sobald sie geschnitten sind, muß man sie ins Haus bringen.»

«Und es waren so viele Rosen, daß Fanny zweimal gehen mußte?»

«Nein, aber sie mußten im Gastzimmer zum Trocknen ausgebreitet werden, und Fanny hatte leider vergessen, hinterher das Zimmer abzusperren und den Schlüssel zurückzubringen, darum mußte sie zweimal laufen.»

Edmund sprang auf und begann im Zimmer auf und ab zu gehen. «Und außer Fanny war niemand da, den man um den Schlüssel schicken konnte? Verzeihen Sie, Tante, aber das haben Sie nicht gut eingerichtet!»

«Ich weiß nicht, wie man es hätte besser machen können!» rief Mrs. Norris, die nicht länger taub bleiben konnte, «außer wenn ich selber gegangen wäre! Aber ich kann nicht an zwei Orten zugleich sein, nicht wahr? Gerade zu dieser Zeit habe ich mit Mrs. Green über das Milchmädchen gesprochen, auf Wunsch deiner Mutter wohlgemerkt, und dabei hatte ich John Groom versprochen, wegen seines Jungen an Mrs. Jefferies zu schreiben, und der arme Kerl hatte schon eine halbe Stunde lang auf mich gewartet. Ich glaube, mir kann niemand vorwerfen, daß ich an meine eigene Bequemlichkeit denke, aber ich kann wahrhaftig nicht alles auf einmal machen. Und daß Fanny rasch zu meinem Haus hinüberläuft, kaum eine Viertelstunde weit, finde ich nicht so furchtbar. Du meine Güte, wie oft mache ich den Weg auch dreimal täglich, früh und spät, bei jedem Wetter, und verliere kein Wort darüber!»

«Ich wollte, Fanny wäre halb so widerstandsfähig wie Sie, Tante.»

«Wenn Fanny regelmäßig Bewegung machte, würde sie nicht immer gleich zusammenklappen. Jetzt ist sie, wer weiß wie lange, nicht ausgeritten, und wenn sie schon nicht reitet, sollte sie wenigstens gehen. Wenn sie früh ihren Ritt gemacht hätte, hätte ich nicht verlangt, daß sie bis zu meinem Haus geht, aber ich dachte, es würde ihr guttun, nachdem sie sich so lange über die Rosenbeete gebeugt hatte. Nach einer solchen Ermüdung ist nichts erfrischender als ein rascher Gang, und gar so heiß war es auch nicht, nur die Sonne hat stark gebrannt. Unter uns gesagt, Edmund», mit einem vielsagenden Blick auf seine Mutter, «es war das Rosenschneiden und das Herumstehen im Garten, das ihr geschadet hat.»

«Das meine ich auch», sagte die ehrlichere Lady Bertram. «Ich fürchte sehr, sie hat sich das Kopfweh im Garten geholt. Es war zum Sterben heiß, ich konnte es kaum aushalten. Es war fast zuviel für mich, dort zu sitzen und immer wieder nach Mops zu rufen, um ihn von den Blumenbeeten abzuhalten.»

Edmund sagte kein Wort mehr zu den beiden Damen, sondern ging zum Büffet, brachte Fanny ein Glas Madeira und bewog sie, einen großen Teil davon zu trinken. Sie hätte es gern abgelehnt, aber die Tränen, die ihr in den Augen standen, machten das Schlucken leichter als das Sprechen.

Sosehr sich Edmund über seine Mutter und seine Tante ärgerte, zürnte er doch am meisten sich selber. Daß er Fanny vergessen, war schlimmer als alles, was sie verbrochen hatten. Nichts von alledem wäre geschehen, wenn man auf Fanny gebührend Rücksicht genommen hätte. Aber so war sie tagelang ohne Gesellschaft und ohne Reitgelegenheit geblieben und hatte keine Möglichkeit gehabt, sich den Forderungen ihrer unvernünftigen Tanten zu entziehen. Er war tief beschämt, als er sich klarmachte, daß sie vier Tage lang ihr Pferd entbehrt hatte, und gelobte sich ernsthaft, es sollte nie wieder vorkommen – so schwer es ihm auch fiel, Miss Crawford um ihr Vergnügen zu bringen.

Fanny ging mit nicht minder überquellendem Herzen zu Bett als an ihrem allerersten Abend in Mansfield Park. Sicherlich hatte auch ihr Gemütszustand zu ihrem Unwohlsein beigetragen, denn sie hatte sich tatsächlich vernachlässigt gefühlt und kämpfte schon seit Tagen gegen das Gefühl des Gekränktseins und gegen ihre Eifersucht. Als sie auf dem Sofa lehnte, wohin sie sich geflüchtet hatte, damit niemand ihr Gesicht sähe, hatte ihr das Herz viel schlimmer wehgetan als der Kopf; und Edmunds Güte und Freundlichkeit überwältigten sie dermaßen, daß sie sich kaum aufrecht zu halten vermochte.

8. Kapitel

Fanny nahm schon am nächsten Morgen wieder ihre Reitübungen auf, und da es nach der Hitze der letzten Tage angenehm frisch geworden war, durfte Edmund hoffen, die Einbuße an Vergnügen und Wohlbefinden, die sie erlitten, bald wieder gutgemacht zu sehen. Während Fanny aus war, erschien Mr. Rushworth mit seiner Mutter, die eigens mitgekommen war, um höflich zu sein, nämlich darauf zu dringen, daß man den vor zwei Wochen besprochenen Besuch in Sotherton nun auch wirklich abstatten solle. Da sie inzwischen eine kurze Reise gemacht hatte, war der Plan fallengelassen worden, und Mrs. Norris wie ihre Nichten waren sehr erfreut, daß er jetzt wieder aufgenommen wurde. Man setzte gleich einen der nächsten Tage für den Ausflug fest, unter dem Vorbehalt, daß Mister Crawford an diesem Tag frei sei. Auf dieser Bedingung bestanden die jungen Damen, und obwohl Mrs. Norris bereit war, sich für seine Verfügbarkeit zu verbürgen, wollten sie sich weder die Freiheit herausnehmen, über seine Zeit zu bestimmen, noch das Risiko eingehen, daß er verhindert sein könnte. Nach etlichen Andeutungen Miss Bertrams begriff Mr. Rushworth endlich, daß er nichts Schicklicheres tun könnte, als sofort ins Pfarrhaus hinüberzugehen, um Mr. Crawford einen Besuch zu machen und zu fragen, ob ihm der Mittwoch paßte.

Noch bevor er zurückkam, fanden sich Mrs. Grant und Miss Crawford ein, die auf einem anderen Weg von ihrem Spaziergang heimkehrten und ihm darum nicht begegnet waren. Sie glaubten aber versichern zu können, daß Mr. Rushworth ihren Bruder zu Hause finden würde. Natürlich kam das Gespräch gleich wieder auf den geplanten Besuch in Sotherton. Es war kaum möglich, von etwas anderem zu reden, denn Mrs. Norris war voll hochgestimmter Erwartungen, und Mrs. Rushworth, eine wohlmeinende, überhöfliche Dame, die unentwegt hochtrabende Nichtigkeiten äußerte und sich für nichts interessierte, als was sie und ihren Sohn betraf, hatte noch nicht die Hoffnung aufgegeben, Lady Bertram zur Teilnahme an dem Ausflug zu bewegen. Lady Bertram weigerte sich standhaft, doch da sie es in ihrer gewohnten, lässigen Art tat, glaubte Mrs. Rushworth nicht, daß sie es ernst meinte, bis Mrs. Norris sie durch einen größeren Wortschwall und lautere Töne davon überzeugte.

 

«Die Anstrengung wäre für meine Schwester zu groß, meine liebe Mrs. Rushworth, viel zu groß. Zehn Meilen hin und zehn zurück, wissen Sie, das ist zuviel für sie. Sie müssen meine Schwester für diesmal entschuldigen und mit unseren beiden lieben Mädchen und meiner Wenigkeit vorliebnehmen. Sotherton ist der einzige Ort der Welt, der meiner Schwester den Wunsch einflößen könnte, eine so weite Fahrt zu wagen, aber es geht wirklich nicht. Sie wird ja nicht allein sein, Fanny Price bleibt zu ihrer Gesellschaft zu Hause. Edmund ist zwar augenblicklich nicht hier, um selbst für sich zu sprechen, aber ich kann Ihnen in seinem Namen versichern, daß er sich uns mit dem größten Vergnügen anschließen wird, zu Pferd, versteht sich.»

Mrs. Rushworth mußte sich damit abfinden, daß Lady Bertram nicht mitkam, und es blieb ihr nichts übrig, als ihr Bedauern auszudrücken:

«Es tut mir wirklich sehr leid, daß wir auf die Gesellschaft von Lady Bertram verzichten müssen, und es hätte mich auch sehr gefreut, die andere junge Dame, Miss Price, bei mir zu sehen. Sie war ja noch nie in Sotherton. Zu schade, daß sie es nicht kennenlernen soll.»

«Sie sind sehr gütig, Sie sind die Güte selbst, liebe gnädige Frau!» rief Mrs. Norris aus. «Aber Fanny wird noch reichlich Gelegenheit haben, Sotherton zu besuchen, sie hat Zeit genug vor sich. Daß sie diesmal mitkommt, ist ganz ausgeschlossen. Lady Bertram kann sie nicht missen.»

«Ach nein! Ich kann Fanny nicht entbehren.» In der Überzeugung, daß jeder Mensch den Wunsch haben müsse, Sotherton zu sehen, wandte sich Mrs. Rushworth jetzt an Mrs. Grant und Miss Crawford, um auch sie in die Einladung einzubeziehen. Mrs. Grant, die sich bei ihrer Ankunft in der Grafschaft nicht der Mühe unterzogen hatte, Mrs. Rushworth einen Antrittsbesuch zu machen, lehnte für ihre Person höflich ab, freute sich aber über jede Zerstreuung, die sich ihrer Schwester bot, und Mary ließ sich nach einigem schicklichen Zögern gern erweichen, die Einladung anzunehmen. Auch Mister Rushworth kehrte siegreich von seiner Mission im Pfarrhaus zurück. Edmund kam gerade rechtzeitig, um zu vernehmen, was man für den Mittwoch geplant hatte, Mrs. Rushworth zu ihrem Wagen zu geleiten und hierauf die beiden anderen Damen ein Stück durch den Park zu begleiten.

Als er ins Frühstückszimmer zurückkehrte, zerbrach sich Mrs. Norris gerade den Kopf darüber, ob Miss Crawfords Teilnahme an der Partie wünschenswert sei oder nicht, nämlich ob nicht die Kalesche ihres Bruders schon ohne sie voll wäre. Die jungen Damen lachten sie aus: in der Kalesche sei reichlich Platz für vier Personen, ohne den Kutschbock mitzurechnen, wo noch eine fünfte neben Mr. Crawford sitzen könnte.

«Aber warum ist es nötig, Crawfords Wagen oder nur seinen Wagen zu benützen?» fragte Edmund. «Warum nehmt ihr nicht Mamas Chaise? Schon unlängst, wie der Plan erörtert wurde, habe ich nicht verstanden, warum ein Familienbesuch nicht in der Familienkutsche gemacht werden soll.»

«Was!» rief Julia. «Uns bei diesem herrlichen Wetter zu dritt in die Chaise einzuschließen, wenn wir die Möglichkeit haben, in einer Kalesche zu fahren! Nein, mein Lieber, daraus wird nichts!»

«Außerdem», sagte Maria, «weiß ich, daß Mr. Crawford fest darauf rechnet, uns mitzunehmen. Wir haben es so besprochen, und er darf verlangen, daß wir Wort halten.»

«Und weißt du, lieber Edmund», fiel Mrs. Norris ein, «zwei Wagen anzuspannen, wenn einer genügt, das wäre doch wirklich eine Verschwendung. Und ganz unter uns gesagt, ist der Kutscher auf die Straße nach Sotherton nicht gut zu sprechen. Er beklagt sich immer bitterlich, daß die engen Heckenwege ihm den Lack zerkratzen. Wir möchten doch alle nicht, daß unser lieber Sir Thomas bei seiner Heimkehr eine zerkratzte Kutsche vorfindet.»

«Das wäre zwar kein sehr anständiger Grund, um statt dessen Mr. Crawfords Wagen zu benützen», sagte Maria, «aber wahrhaftig, Wilcox ist ein dummer, alter Kerl, der nicht richtig zu fahren versteht. Ich garantiere dafür, daß uns am Mittwoch die engen Heckenwege nicht stören werden.»

«Es ist doch nicht unbequem oder irgendwie unangenehm, auf dem Kutschbock zu sitzen?» fragte Edmund.

«Unangenehm!» rief Maria. «Du lieber Himmel, es ist der beste Sitz im ganzen Wagen! Ich nehme an, daß Miss Crawford ihn sich selber vorbehalten wird.»

«Dann habt ihr also Platz für Fanny, und es spricht nichts dagegen, daß ihr sie mitnehmt.»

«Fanny!» wiederholte Mrs. Norris ganz entsetzt. «Mein lieber Edmund, daran ist nicht zu denken. Sie muß bei deiner Mutter bleiben, das habe ich auch Mrs. Rushworth erklärt. Sie ist gar nicht eingeladen.»

«Sie haben doch sicher nichts dagegen, Mama», sagte Edmund, sich an seine Mutter wendend, «Fanny mitfahren zu lassen, sofern Ihre Bequemlichkeit nicht darunter leidet? Wenn Sie sie entbehren könnten, würden Sie ihr das Vergnügen nicht versagen, nicht wahr?»

«Nein, gewiß nicht – aber ich kann sie eben nicht entbehren.» «Doch, Mama – wenn ich bei Ihnen zu Hause bleibe. Und das ist meine Absicht.»

Ein allgemeiner Aufschrei unterbrach ihn.

«Ja», fuhr Edmund fort, «ich bin bei diesem Ausflug überflüssig und bleibe gern zu Hause. Fanny wünscht sich sehr, Sotherton zu sehen, ich weiß, daß ihr viel daran liegt. Sie genießt nicht oft eine solche Zerstreuung. Und Ihnen, Mama, macht es doch sicher auch Freude, ihr ein so großes Vergnügen zu ermöglichen, nicht wahr?»

«O ja, sehr – falls deine Tante nichts dagegen hat.» Mrs. Norris brachte sofort den einen unwiderleglichen Einwand vor, daß sie Mrs. Rushworth ausdrücklich erklärt hätte, Fanny würde nicht mitkommen – und was für einen Eindruck werde es machen, wenn man sie dann doch mitbrächte! Diese Schwierigkeit schien ihr unüberwindlich. Es müßte einen höchst sonderbaren Eindruck hinterlassen! Eine solche Formlosigkeit grenze geradezu an Mißachtung für Mrs. Rushworth, die selbst so vorbildliche Manieren habe, und sie, Mrs. Norris, bringe so etwas einfach nicht über sich … Mrs. Norris liebte Fanny nicht und war zu keiner Zeit geneigt, ihr eine Freude zu bereiten, aber ihre augenblickliche Opposition gegen Edmund entsprang vor allem ihrer Voreingenommenheit für ihren eigenen Plan, eben weil es ihr Plan war. Sie war ganz überzeugt, alles aufs allerbeste arrangiert zu haben, so daß jede Änderung zum Schlechteren sein müsse. Als Edmund ihr in der ersten Atempause, die sie sich gönnte, erklärte, sie brauche sich Mrs. Rushworths wegen keine Sorgen zu machen, denn er habe auf dem Weg zur Kutsche die Gelegenheit benützt, um von Fannys allfälliger Teilnahme an der Partie zu sprechen, und unverzüglich eine überaus herzliche Einladung für seine Cousine erhalten, konnte Mrs. Norris ihren Ärger kaum verbeißen. «Schön, schön», sagte sie höchst ungnädig. «Tut, was ihr wollt, macht nur alles nach eurem Kopf! Mir liegt wahrhaftig nichts daran.»

«Es sieht aber sehr komisch aus, wenn du an Fannys Stelle zu Hause bleibst», sagte Maria.

«Jedenfalls hat sie allen Grund, dir dankbar zu sein», fügte Julia hinzu und ging rasch aus dem Zimmer – denn sie hatte das deutliche Gefühl, daß eigentlich sie sich erbötig machen sollte, bei ihrer Mutter zu bleiben.

«Fanny wird bestimmt so dankbar sein, wie es dem Anlaß entspricht», antwortete Edmund kurz, und damit war das Gespräch beendet.

Doch als Fanny den Plan vernahm, überwog ihre Dankbarkeit bei weitem ihre Freude. Sie empfand Edmunds Freundlichkeit viel tiefer, als er, der von ihrer zärtlichen Zuneigung nichts ahnte, es vermuten konnte; daß er ihretwegen auf ein Vergnügen verzichten sollte, tat ihr weh, und sie fühlte, daß es ihr gar keine Freude machen würde, Sotherton ohne ihn zu sehen.

Die nächste Zusammenkunft der beiden Familien von Mansfield brachte eine weitere Abänderung des Planes, und zwar eine, die allgemeine Billigung fand. Mrs. Grant selber machte sich erbötig, Lady Bertram anstelle ihres Sohnes den ganzen Tag Gesellschaft zu leisten, und abends sollte Dr. Grant zum Speisen kommen. Lady Bertram war es wohl zufrieden, und die Stimmung der jungen Damen hob sich wieder. Sogar Edmund freute sich über eine Lösung, die ihm gestattete, an der Partie teilzunehmen; und Mrs. Norris fand die Idee vorzüglich und hatte sie schon auf der Zunge gehabt und gerade damit herausrücken wollen, als Mrs. Grant ihr das Wort vom Munde nahm!

Der Mittwoch brach mit schönem Wetter an, und bald nach dem Frühstück fuhr die Kalesche mit Mr. Crawford und seinen Schwestern vor. Da alle schon bereit waren, brauchte Mrs. Grant nur auszusteigen, und die anderen konnten ihre Plätze einnehmen. Der Platz aller Plätze, der begehrteste Sitz, der Ehrenplatz war noch frei. Wer würde die Glückliche sein, der er zufiel? Während jede der Fräulein Bertram heimlich überlegte, wie sie am besten und unter dem glaubwürdigsten Vorwand, einzig an die Bequemlichkeit der anderen zu denken, sich den Platz sichern könnte, traf Mrs. Grant kurzerhand die Entscheidung: «Da Sie fünf sind, wird es bequemer sein, wenn eine sich zu Henry auf den Bock setzt. Sie haben doch unlängst gesagt, Sie möchten gern kutschieren lernen, Julia? Da haben Sie gleich die beste Gelegenheit, eine Lektion zu nehmen.»

Glückliche Julia! Unselige Maria! Die erstere schwang sich im Nu auf den Kutschbock, die letztere nahm tiefgekränkt und mit düsterer Miene ihren Platz im Wagen ein, und die Kalesche fuhr unter den guten Wünschen der beiden zurückbleibenden Damen und dem Gekläff Mopsens in den Armen seiner Herrin davon.

Der Weg ging durch eine liebliche Landschaft, und Fanny, deren Ritte sie niemals sehr weit führten, befand sich bald in unbekanntem Gebiet. Es machte ihr große Freude, alles Neue zu beobachten und alles Hübsche zu bewundern. Sie wurde von den anderen nicht oft in die Unterhaltung gezogen und wünschte sich das gar nicht. Ihre eigenen Gedanken und Betrachtungen waren ihr stets die liebste Gesellschaft. Sie unterhielt sich so gut damit, den Lauf der verschiedenen Straßen, die Verschiedenheit des Bodens, den Stand der Ernte, die Bauernhäuser, Viehherden und spielenden Kinder wahrzunehmen, daß zu ihrem vollkommenen Glück nichts fehlte als die Gegenwart Edmunds, mit dem sie über all das hätte sprechen können.

Der Wunsch nach Edmunds Gesellschaft bildete die einzige Ähnlichkeit zwischen Fanny und ihrer Sitznachbarin; in allen anderen Punkten glich Miss Crawford ihr nicht im geringsten. Sie besaß nichts von Fannys Feingefühl und zartem Empfinden. Die Natur, die unbelebte Natur sagte ihr wenig; ihre ganze Aufmerksamkeit war auf die Menschen, ihre Begabung auf das Glänzende, Lebendige gerichtet. Doch wenn eine gerade Wegstrecke ihnen gestattete, Edmund hinter sich zu erblicken, oder wenn er bei einer Steigung der Straße die Kalesche überholte, fanden sie sich in dem gleichen Gefühl, und mehr als einmal riefen sie wie aus einem Munde: «Da ist er!»

Die ersten sieben Meilen brachten Miss Bertram wenig Trost. Ihre ganze Aussicht bestand aus Mr. Crawford und ihrer Schwester, die nebeneinander auf dem Kutschbock saßen und sich glänzend unterhielten; und sein ausdrucksvolles Profil zu sehen, das sich lächelnd Julia zuwandte, oder Julias lustiges Lachen zu hören, versetzte sie in einen derartig gereizten Zustand, daß selbst ihr ausgeprägtes Schicklichkeitsgefühl ihn kaum zu verbergen vermochte. Wenn Julia sich einmal nach ihnen umsah, strahlte ihr Gesicht vor Vergnügen, und wenn sie zu den Wageninsassen sprach, geschah es in jubelnden Tönen: sie habe hier oben einen so wunderbaren Blick auf die Landschaft, sie wünschte nur, alle könnten ihn genießen! – und so weiter. Doch ihr einziger Vorschlag, mit ihr Platz zu tauschen, als sie nach einer längeren Steigung oben auf einem Hügel ankamen, war an Miss Crawford gerichtet und klang nicht sehr ernst gemeint: «Hier eröffnet sich ein herrlicher Blick! Ich wollte, Sie könnten ihn von meinem Platz aus sehen, aber Sie werden wohl nicht tauschen wollen, wenn ich noch so sehr in Sie dringe …» Miss Crawford hatte kaum Zeit, zu antworten, bevor sie wieder im raschen Trab abwärts fuhren.

 

Sobald sie in den Strahlenkreis von Sotherton eindrangen, wurde es besser für Miss Bertram, die sozusagen zwei Saiten auf ihrem Bogen hatte: sie besaß Rushworth-Gefühle und Crawford-Gefühle, und in der Nähe von Sotherton gewannen die ersteren beträchtlich an Gewicht. Mr. Rushworths Ansehen erhöhte ihr eigenes Ansehen. Wenn sie Miss Crawford erklärte, daß jene Wälder dort schon zu Sotherton gehörten, wenn sie mit scheinbarer Gleichmütigkeit bemerkte, hier sei das Land zu beiden Seiten der Straße Mr. Rushworths Besitz, konnte sie nicht verhindern, daß ihr Herz vor Stolz schwoll. Und das Gefühl ihrer Überlegenheit verstärkte sich, je mehr sie sich dem schloßartigen Herrenhaus, dem Sitz einer alten Adelsfamilie mit allen feudalen Traditionen, näherten.

«Jetzt hört das Holpern auf, Miss Crawford, wir haben das Schlimmste überstanden. Von hier an ist die Straße gut, Mr. Rushworth hat sie ausgebaut, seit er den Besitz übernahm. Hier beginnt das Dorf. Die Hütten dort sind wahrhaftig eine Schande. Der Kirchturm gilt als sehr schön. Ich bin froh, daß die Kirche nicht so nahe beim Herrenhaus liegt, wie es auf diesen alten Landsitzen häufig vorkommt, das Glockengeläute muß einem schrecklich lästig werden. Dies hier ist das Pfarrhaus, ein wohlgepflegtes Haus, nicht wahr? Der Pfarrer und seine Frau sollen sehr nette Leute sein. Die Hüttchen dort bilden das Altersheim, von irgendeinem Vorfahren erbaut. Rechts ist das Haus des Verwalters, er ist ein sehr achtbarer, tüchtiger Mann. Jetzt kommen wir zur Einfahrt, aber wir haben noch fast eine Meile durch den Park zu fahren. Wie Sie sehen, ist er auf dieser Seite nicht häßlich. Die Bäume sind zum Teil prachtvoll, aber das Haus liegt schrecklich ungünstig. Von hier an geht es eine halbe Meile lang ständig abwärts. Es ist sehr schade, denn an sich wäre es kein unschönes Haus, wenn es nur imposanter gelegen wäre.»

Miss Crawford war nicht faul, alles zu bewundern; sie erriet Miss Bertrams Gefühle ziemlich genau und machte es sich zur Ehrenpflicht, sie in ihrem freudigen Stolz zu bestärken. Mrs. Norris hörte nicht auf, ihr Entzücken zu äußern, und selbst Fanny hatte ein Wort der Bewunderung zu sagen und wurde freundlich angehört. Ihre Augen nahmen begierig alles im Umkreis auf; und nachdem sie beim ersten, mit einiger Mühe gewonnenen Anblick des Hauses erklärt hatte, es sei ein Gebäude, das sie nicht ohne Ehrfurcht betrachten könne, fügte sie hinzu: «Aber wo ist die Allee? Das Haus liegt nach Osten, wie ich sehe. Die Allee muß also auf der anderen Seite sein. Mr. Rushworth hat von der Westfront gesprochen.»

«Ja, sie beginnt direkt hinter dem Haus und führt eine gute halbe Meile weit immer ansteigend zum höchsten Punkt des Parks. Von hier aus sieht man ein kleines Stück davon – das entferntere Ende. Es sind lauter uralte Eichbäume.»

Miss Bertram war jetzt in der Lage, mit großer Sachkenntnis über Dinge zu sprechen, von denen sie keine Ahnung gehabt hatte, als Mr. Rushworth sie um ihre Meinung fragte, und da nun der Wagen an der breiten Freitreppe des Hauses hielt, pochte ihr Herz in so glücklicher Erregung, wie Eitelkeit und Stolz sie nur hervorbringen können.

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