Das Dekameron

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Из серии: Literatur (Leinen)
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DRITTE NOVELLE

Drei Jünglinge verschwenden das Ihrige und geraten in Armut. Einer ihrer Neffen, der aus Verzweiflung nach Hause zurückfährt, macht unterwegs mit einem Abt Bekanntschaft, den er hernach für eine Tochter des Königs von England erkennt. Sie vermählt sich mit ihm, ersetzt seinen Oheimen ihren Verlust und verhilft ihnen wieder zum Wohlstand.

Das Abenteuer des Rinaldo d‘Asti ward von den Damen und Herren mit Verwunderung angehört; man lobte seine Andacht und dankte Gott und dem heiligen Julian, die ihm in seiner höchsten Not beigestanden hatten; auch gestand man sich insgeheim, die Dame sei keine Närrin gewesen, indem sie das Gute genossen, das ihr Gott ins Haus geschickt habe. Indem man noch mit Schmunzeln von der guten Nacht sprach, die sie gehabt hatte, überlegte Pampinea, die nächst Filostrato saß und erwartete, dass die Reihe sie treffen würde, was sie erzählen wollte. Wie sie den Befehl der Königin vernahm, fing sie unbefangen und fröhlich folgendermaßen an zu reden:

Liebenswürdige Frauen! Je mehr man von den Wechselfällen des Glücks spricht, desto mehr wird jeder finden, der seine eigenen Umstände nur wohl erwägen will, dass davon immer noch vieles zu sagen übrig bleibt, und darüber wird sich niemand wundern, wenn er vernünftig überlegt, dass alle Dinge, die wir einfältigerweise uns selbst zuschreiben, in die Hände des Schicksals gegeben sind und folglich nach seinem geheimen Ratschluss unaufhörlich von diesem zu jenem, und von jenem zu diesem, sich in einem beständigen Umlaufe befinden, an dem wir weder Ordnung noch Regel wahrzunehmen imstande sind. Obwohl sich nun dies zur Genüge an allen Dingen und an jedem Tage ergibt und uns auch schon in einigen vorhergehenden Erzählungen ist dargestellt worden, so will ich doch, weil es der Wille unserer Königin ist, dass wir alle etwas darüber sagen sollen, vielleicht nicht ohne Nutzen meiner Zuhörer, ein Geschichtchen von meiner Art hinzufügen, das euch hoffentlich nicht missfallen wird.

In Florenz war einst ein Kavalier namens Tedaldo, von dem Geschlechte der Lamberti, wie einige behaupten wollen, obgleich andere behaupten, er habe den Agolanti zugehört, welche letzteren ihre Meinung vielleicht auf das Gewerbe stützten, das in der Folge seine Söhne trieben und das in der Familie der Agolanti Tradition geworden ist. Ohne mich darauf einzulassen, von welchem dieser Häuser er abstammte, wird es genügen, anzumerken, dass er zu seiner Zeit einer der reichsten Edelleute war, und dass er drei Söhne hatte, von denen der älteste Lamberto hieß, der zweite Tedaldo und der dritte Agolante: lauter schöne, muntere Jünglinge, von welchen jedoch der älteste kaum achtzehn Jahre alt war, als der Vater starb und ihnen, als seinen rechtmäßigen Erben, sein bewegliches und unbewegliches Vermögen hinterließ. Die Jünglinge, die einen so beträchtlichen Schatz an barem Gelde und an Grundstücken in die Hände bekamen und damit nach ihrem eigenen Belieben, ohne Einrede und Widerspruch, schalten konnten, fingen an, auf allerlei Art das Ihrige zu vertun, indem sie ein großes Haus, kostbare Pferde, Jagdhunde, Falken, offene Tafel hielten, Geschenke machten, Turniere anstellten und nicht nur lebten, wie es Edelleuten ziemt, sondern wie es ihnen nach ihrem jugendlichen Leichtsinn in den Kopf kam. Diese Lebensart konnte nicht lange dauern, ohne die väterlichen Schätze zu erschöpfen. Als ihre gewöhnlichen Einkünfte nicht zureichten, fingen sie an, ihre Grundstücke eines nach dem anderen zu versetzen und zu verkaufen, und wurden es nicht eher gewahr, wie sie mit ihren Umständen nach und nach auf die Neige gerieten, bis die Armut ihnen die Augen öffnete, die der Reichtum verschlossen hatte. Lamberto berief deswegen eines Tages seine Brüder zusammen und stellte ihnen vor, in welchem Ansehen ihr Vater gelebt hätte und in welche Dürftigkeit sie durch die übermäßige Verschwendung geraten wären. Er gab sich daher alle Mühe, sie zu überreden, ehe ihre armseligen Umstände noch sichtbarer würden, seinem Rat und Beispiel zu folgen, die wenigen Güter zu verkaufen, die ihnen noch übrig geblieben wären, und davonzureisen; was sie auch taten und ohne Abschied und Aufsehen Florenz verließen und geradewegs nach England gingen, ohne irgendwo Station zu machen. In London mieteten sie ein kleines Haus, machten wenig Aufwand und liehen ihr bisschen Geld, das ihnen geblieben, auf Wucherzinsen; hierbei war ihnen das Glück so günstig, dass sie in wenigen Jahren einen ungeheuren Reichtum sammelten. Einer nach dem anderen zogen sie nun wieder nach Florenz, kauften einen großen Teil ihrer vorigen Besitztümer zurück und manches neue dazu, verheirateten sich, und da sie noch immer in England Wucher trieben, so übergaben sie dort einem ihrer Neffen namens Alessandro ihre Geschäfte. Allein uneingedenk des Zustandes, in welchen ihre törichte Verschwendung sie schon einmal versetzt hatte, und ohne Rücksicht darauf, dass sie alle drei jetzt Familienväter geworden waren, fingen sie wieder an, in Florenz mehr Aufwand als je vorher zu treiben, zumal, da sie bei allen Kaufleuten großen Kredit genossen.

Einige Jahre hindurch waren sie imstande, diesen Aufwand fortzusetzen, weil ihnen Alessandro ansehnliche Summen überwies, der in England den Baronen auf ihre Liegenschaften und andere Einkünfte Geld vorstreckte, und dafür ansehnliche Zinsen bezog. Indem aber die drei Brüder fortfuhren zu verschwenden und zu borgen, wenn sie nichts hatten, weil sie immer auf England oder eine Goldquelle rechneten, brach daselbst wider alles Vermuten ein Krieg aus zwischen dem Könige und einem seiner Prinzen. Darüber geriet die ganze Insel in Zwiespalt, indem es der eine mit dem Vater, der andere mit dem Sohne hielt, sodass dem Alessandro die verpfändeten Güter der Barone keine Sicherheit mehr boten und alle seine Hilfsquellen versiegten. Weil man indessen immer noch hoffte, dass zwischen dem Vater und dem Sohne wieder Frieden werden und dass Alessandro alsdann seine Gelder samt den Zinsen erhalten würde, so blieb dieser noch in England, und seine drei Oheime dachten nicht daran, ihre Ausgaben einzuschränken, sodass sie täglich tiefer in Schulden gerieten. Wie sich aber nach einigen Jahren die Hoffnung ganz verlor, dass ihre Erwartungen würden erfüllt werden, ging nicht nur ihr Kredit zu Ende, sondern ihre Gläubiger drangen auch auf Bezahlung, und da ihr Vermögen bei Weitem nicht hinreichte, ihre Schulden zu tilgen, so mussten sie ins Gefängnis wandern, ihre Weiber und Kinder irrten auf den Dörfern und sonst hier und da in armseligen Lumpen umher, und es schien, als ob ihnen nichts anderes als immerdar Not und Elend bevorstände.

Alessandro, der in England verschiedene Jahre vergebens auf den Frieden gewartet hatte und besorgte, dass sein dortiger Aufenthalt ihm ebenso gefährlich werden könnte als er unnütz war, entschloss sich, nach Italien zurückzukehren, und machte sich ganz allein auf den Weg. Wie er nun durch Brügge kam, ward er gewahr, dass ein Abt in weißer Ordenstracht mit ihm zugleich aus der Stadt ritt, den eine Menge Mönche nebst einem zahlreichen Tross begleiteten, und dass ihnen zwei Kavaliere aus altangesehenem Geschlecht, Verwandte des Königs, nachfolgten, mit denen Alessandro, als mit guten Bekannten, ein Gespräch anknüpfte, und von ihnen willig zum Reisegefährten angenommen ward. Unterwegs fragte sie Alessandro im Vertrauen, wer die Mönche wären, die mit so vielem Gepäck voranzögen. Einer von den Kavalieren gab ihm zur Antwort: „Derjenige, der vor uns herzieht, ist ein junger Vetter von uns, der kürzlich zum Abt einer der reichsten Abteien in England ist erwählt worden. Weil er aber noch zu jung ist, um nach den Gesetzen mit dieser Würde bekleidet zu werden, so ziehen wir mit ihm nach Rom, um von dem Heiligen Vater Dispensation wegen seines Alters und die Bestätigung in seiner Würde zu erlangen. Aber hierüber soll mit niemandem gesprochen werden.“

Da nun der junge Abt bald vorn, bald hinten im Zuge ritt, wie vornehme Herren auf Reisen wohl zu tun pflegen, so traf er einmal mit Alessandro zusammen, der ein sehr schöner und wohlgewachsener Jüngling und überaus wohlerzogen, angenehm und gebildet in seinen Sitten war, sodass er ihm auf den ersten Blick außerordentlich gefiel. Er rief ihn zu sich, redete ihn freundlich an und fragte ihn, wer er wäre, woher er käme und wohin er wolle. Alessandro erzählte ihm unbefangen alle seine Umstände, befriedigte seine Neugier und erbot sich zu allen ihm möglichen Diensten. Der Abt, der seine Rede zierlich und wohlgeordnet fand, seine Manieren genau beobachtete und sich überzeugte, er müsse seiner niedrigen Beschäftigung ungeachtet ein Edelmann sein, ward immer mehr und mehr für ihn eingenommen. Da ihn ohnehin seine Schicksalsschläge bereits zum Mitleid bewogen hatten, so tröstete er ihn sehr freundlich und ermahnte ihn, guten Mut zu fassen, weil ihn, wenn er ein braver Mann sei, der Himmel sehr leicht auf eben die Staffel wieder erheben könne, von welcher das Glück ihn hinabgestürzt habe, und vielleicht noch höher. Zugleich bat er ihn, weil er doch nach Toskana ginge, ihn zu begleiten, weil er auch dahin wolle. Alessandro dankte ihm für seine tröstlichen Worte und versicherte, dass er ihm völlig zu Diensten stände.

Indem nun der Abt, bei welchem die Unterredung mit Alessandro allerlei neue unbekannte Empfindungen geweckt hatte, weiterreiste, kamen sie nach einiger Zeit in ein Dorf, das eben nicht reichlich mit Herbergen versehen war. Weil nun der Abt daselbst zu übernachten wünschte, so ließ ihn Alessandro bei einem Wirte absteigen, mit dem er wohlbekannt war, und bestellte ihm ein Nachtlager in dem noch am ehesten geeigneten Zimmer des Hauses. Und weil er als ein gewandter Jüngling bereits des Abtes rechte Hand geworden war, so brachte er die übrige Reisegesellschaft, so gut er konnte, da und dort im Dorfe unter. Als der Abt zu Abend gegessen hatte und es schon gegen die Nacht ging, sodass ein jeder sich zur Ruhe gelegt hatte, fragte Alessandro den Wirt, wo er denn selbst schlafen könne.

 

„Das weiß ich wahrhaftig nicht“, sprach der Wirt. „Du siehst, alles ist vollgepfropft und ich muss selbst mit den Meinigen auf Bänken und Brettern liegen. Doch in der Kammer des Abtes stehen ein paar Kornkisten, worauf ich dir ein Stück Bettzeug legen kann, und damit musst du dich, wenn du willst, für diese Nacht begnügen.“

„Was soll ich in des Abtes Kammer machen?“ sprach Alessandro, „die so klein ist, dass man nicht einmal einen seiner Mönche neben ihn hat betten können? Hätt‘ ich das bedacht, ehe die Vorhänge zugezogen wurden, so hätten meinetwegen die Mönche auf den Kornkisten liegen mögen und ich hätte mich da gebettet, wo sie jetzt übernachten.“

„Die Sache ist aber nun einmal nicht anders“, sprach der Wirt, „und du wirst dich dort so gut befinden wie anderswo. Der Abt schläft, die Vorhänge sind zugezogen, ich lege dir leise eine Matratze hin, und du schläfst wie ein König.“

Da Alessandro fand, dass die Sache sich einrichten ließ, ohne den Abt zu stören, ließ er es sich gefallen und legte sich, so sacht er konnte, zur Ruhe. Der Abt aber, der noch nicht eingeschlafen war, sondern seinen neu geweckten Gedanken leidenschaftlich nachhing, hatte alles gehört, was Alessandro und der Wirt miteinander sprachen, und hatte auch bemerkt, wo sich Alessandro schlafen legte. Er war sehr froh darüber und dachte: Der Himmel hat meine Wünsche begünstigt, und wenn ich mir diese Gelegenheit nicht zunutze mache, so kommt sie vielleicht so bald nicht wieder. Er entschloss sich demnach, sie nicht fahren zu lassen, und wie es ihm schien, dass alles im Hause schon im tiefen Schlummer lag, rief er den Alessandro mit leiser Stimme und befahl ihm, sich neben ihn zu legen, was dieser auch tat und sich – jedoch nicht ohne einigen Widerspruch – entkleidete und neben ihm niederlegte. Der Abt fuhr ihm darauf mit der Hand über die bloße Brust, wie wohl ein liebendes Mädchen seinem Liebhaber zu tun pflegt, worüber Alessandro sich mächtig wunderte und nicht wusste, ob den Abt nicht irgendeine unerlaubte Lust anwandle. Entweder, weil der Abt eine solche Besorgnis bei ihm vermuten musste, oder Alessandro sie wirklich nicht verhehlen konnte, ward sie der Abt bald gewahr und lächelte darüber, nahm die Hand des Alessandro und legte sie auf seine eigene Brust, indem er sagte: „Alessandro, lass deinen unbegründeten Verdacht fahren und erkenne hier, was ich bisher verbarg.“ Alessandro fühlte, indem er seine Hand auf die Brust des Abtes legte, ein Paar runde, zarte, feste Brüste, die aus lebendem Elfenbein schienen und die ihm bald begreiflich machten, dass er neben einem Mädchen läge, und er war schon im Begriff, sie, ohne eine weitere Aufmunterung zu erwarten, in seine Arme zu schließen und zu küssen, wie sie ihm mit diesen Worten zuvorkam: „Ehe du dich mir näherst, höre zuvor, was ich dir sagen will. Du weißt nunmehr, dass ich ein Weib bin und kein Mann. Ich habe als Jungfrau das Haus meines Vaters verlassen, in der Absicht, vom Papst mich vermählen zu lassen. Entweder dein Glück oder mein Unstern hat es so gefügt, dass ich neulich, wie ich dich zuerst sah, mich dergestalt in dich verliebte, wie noch nie eine Frau geliebt hat. Sogleich beschloss ich, dich und keinen anderen zum Gemahl zu wählen. Willst du mich aber nicht zu deinem Weibe, so entferne dich augenblicklich von mir und begib dich zurück auf dein Lager.“

Alessandro, der zwar nicht wusste, wer sie war, der aber Rücksicht nahm auf seine Begleiter und also nicht zweifelte, sie müsse sehr reich und vornehm sein, und der überdies ihre Schönheit kannte, bedachte sich nicht lange, sondern versicherte, dass er sich höchst glücklich schätzen würde, da sie es wünsche, ihr Gemahl zu werden. Darauf richtete sie sich im Bett auf, vor einem Bilde, worauf ein Kruzifix vorgestellt war, gab ihm einen Ring in die Hand und hieß ihm, mit demselben sich feierlich mit ihr zu verloben, worauf sie beide den Überrest der Nacht in zärtlicher und wonnevoller Umarmung miteinander zubrachten. Nachdem sie für die Zukunft ihre Maßregeln verabredet hatten, stand Alessandro zeitig auf, ging aus der Kammer, ohne dass jemand gewahr ward, wo er geschlafen hatte, und machte sich mit unbeschreiblichem Vergnügen mit dem Abt und seinen Begleitern wieder auf den Weg. Nach mancher Tagesreise gelangten sie miteinander endlich nach Rom.

Nachdem sie sich dort einige Tage aufgehalten hatten, begab sich der Abt mit den beiden Kavalieren und Alessandro geradewegs zum Papst, den der Abt, nachdem er ihm seine geziemende Ehrerbietung erwiesen hatte, folgendermaßen anredete: „Heiliger Vater, Ihr wisst besser als irgendein anderer, dass ein jeder, der gut und ehrbar in der Welt zu leben wünscht, jede Gelegenheit vermeiden muss, die ihn zu anderen Wegen verleiten könnte. Ich bin deswegen, um immer unangefochten leben zu können, in der Tracht, in welcher ich vor Euch erscheine, und mit einem großen Teil der Schätze meines Vaters, des Königs von England, heimlich entflohen, weil er mich blutjunges Mädchen mit dem König von Schottland, einem abgetakelten, steinalten Herrn, vermählen wollte. Deswegen machte ich mich auf den Weg, um zu Euch zu kommen, damit Ihr mir einen Gemahl gebt. Mich bewog auch nicht so sehr das Alter des Königs von Schottland zur Flucht, als vielmehr die Besorgnis, es möchte mich die Schwachheit meiner Jugend verlocken, wenn ich mich mit ihm vermählt hätte, etwas zu tun, das den göttlichen Gesetzen und dem königlichen Blute meines Vaters zuwider wäre. Indem ich in dieser Absicht hierher reiste, hat, wie ich glaube, Gott, der am besten weiß, was jedem nottut, mir nach seiner Barmherzigkeit denjenigen zugeführt, den er mir zum Gemahl bestimmte, nämlich diesen Jüngling“ – und sie zeigte auf Alessandro – „der hier neben mir steht und dessen hohe Tugenden und Sitten der einer Königin würdig sind, wenngleich seine Geburt keiner königlichen gleichkommt. Ihn habe ich mir erwählt, und ihn und keinen anderen begehre ich zu meinem Gemahl, was auch die Absicht meines Vaters oder anderer Leute sein mag. Und obwohl jetzt der erste Beweggrund wegfällt, weswegen ich die Reise hierher unternahm, so gefiel es mir doch, sie bis zu Ende fortzusetzen, teils um die heiligen und ehrwürdigen Stätten, von welchen diese Stadt voll ist, und Eure Heiligkeit selbst zu besuchen, teils auch, damit ich meine Vermählung mit Alessandro, die bisher nur im Angesicht Gottes geschlossen war, auch vor Euch und mithin vor der ganzen Welt kundmache. Deswegen bitte ich Euch demütigst, Euch dasjenige gefällig sein zu lassen, was Gott und mir gefallen hat, und uns Euren Segen zu geben, damit wir durch ihn der Zustimmung des da oben, dessen Statthalter Ihr seid, desto mehr versichert zu Gottes und Eurer Ehre miteinander leben und dereinst sterben mögen.“ Alessandro verwunderte sich über die Maßen, wie er hörte, dass seine Gemahlin eine Prinzessin von England sei, doch erfüllte es ihn mit heimlicher Freude. Allein weit mehr verwunderten sich die beiden Kavaliere und waren so außer sich, dass sie Alessandro und vielleicht auch der Prinzessin einen Schimpf angetan hätten, wenn sie sich anderswo als in Gegenwart des Papstes befunden hätten.

Andererseits wunderte sich der Papst ebenfalls über die Kleidung der Prinzessin und über ihre Wahl. Weil er aber sah, dass das Geschehene nicht mehr zu ändern war, entschloss er sich, ihre Bitte zu gewähren. Er besänftigte demnach zuerst die Kavaliere, deren Unwillen er bemerkte, und nachdem er sie mit der Prinzessin und mit Alessandro versöhnt hatte, ordnete er an, was weiter geschehen solle, und an einem gewissen, von ihm bestimmten Tage, an dem er alle Kardinäle und andere vornehme Herren zu einem großen Feste hatte einladen lassen, stellte er ihnen die Prinzessin im königlichen Schmucke vor, in welchem sie so schön und liebenswürdig erschien, dass sie mit Recht von jedermann bewundert ward. Auch Alessandro war prächtig gekleidet und zeigte in seinem Anstande und in seinen Sitten nicht den Jüngling, der sich von Wucher ernährt hatte, sondern vielmehr ein königliches Wesen, sodass ihm die beiden Kavaliere mit Ehrerbietung begegneten, worauf der Papst die Vermählung feierlich begehen ließ und, nachdem die Hochzeit mit vieler Pracht vollzogen war, dem Brautpaar seinen päpstlichen Segen gab und sie entließ.

Es gefiel Alessandro und seiner Gemahlin, wie sie Rom verließen, nach Florenz zu gehen, woselbst die Fama bereits die Nachricht von ihrer Verbindung verbreitet hatte und wo sie von den Einwohnern mit großen Ehrenbezeigungen empfangen wurden. Die Prinzessin ließ die drei Brüder wieder auf freien Fuß stellen, nachdem sie ihre Schulden bezahlt und sie und ihre Gemahlinnen in alle ihre Güter wieder eingesetzt hatte. Alessandro und seine Gemahlin nahmen mit Einwilligung der anderen den Agolante mit sich und verließen Florenz. Bei ihrer Ankunft in Paris wurden sie vom Könige von Frankreich ehrenvoll empfangen. Von dort gingen die beiden Kavaliere voraus nach England und vermochten den König, die Prinzessin wieder zu Gnaden anzunehmen und sie und ihren Gemahl mit großer Feierlichkeit zu empfangen. Er schlug ihn bald darauf mit großem Gepränge zum Ritter und gab ihm die Grafschaft Cornwall zum Geschenk. Dieser aber bewies sein großes Geschick und gab sich erfolgreich Mühe, Vater und Sohn wieder auszusöhnen, welches dem Lande zum großen Heil gereichte und ihm die Herzen aller Untertanen gewann. Agolante erhielt auch alles wieder, was man ihm schuldig war, und kehrte mit bedeutendem Reichtum nach Florenz zurück, nachdem ihn der Graf Alessandro vorher zum Ritter geschlagen hatte. Dieser lebte hernach sehr geehrt und glücklich mit seiner Gemahlin. Der Sage nach eroberte er durch seine Tapferkeit und Klugheit und mit dem Beistande seines Schwiegervaters das Königreich Schottland und ward zum Könige darüber gekrönt.

VIERTE NOVELLE

Landolfo Rufolo verarmt und wird Seeräuber. Die Genueser nehmen ihn gefangen; er erleidet Schiffbruch und rettet sich auf einem Kasten voll Juwelen, wird in Korfu von einer armen Frau beherbergt und kehrt reich nach Hause zurück.

Lauretta, die neben Pampinea saß und sah, dass diese ihre Geschichte rühmlich geendigt hatte, wartete auf keine Aufforderung, sondern begann:

Holde Mädchen! Ich glaube, man kann sich keinen größeren Glückswechsel denken, als wenn jemand aus der äußersten Dürftigkeit in den königlichen Stand erhoben wird, wie Pampinea uns erzählt hat, dass es Alessandro geschehen ist. Und obgleich jeder, der nach ihr etwas über die uns aufgegebene Materie in seiner Erzählung vortragen wird, sich gewiss innerhalb dieser Schranken wird halten müssen, so will ich mich doch nicht schämen, euch eine Geschichte mitzuteilen, die zwar vielleicht größere Unglücksfälle enthält, aber doch kein so glorreiches Ende nimmt. Wenn man darauf Rücksicht nehmen wollte, so würde man vielleicht meiner Erzählung weniger Aufmerksamkeit schenken. Da ich aber nichts Besseres zu geben vermag, so wird man mich entschuldigen. –

Man hält das Meerufer zwischen Reggio und Gaeta für eine der lieblichsten Gegenden Italiens. An diesem Ufer befindet sich in der Nähe von Salerno eine bergige Küstenstrecke, die über das weite Meer hinaussieht und von den Eingeborenen die Küste von Amalfi genannt wird. Sie ist mit einer Menge kleiner Städte und von Quellen bewässerter Gärten bedeckt, die von den reichsten und tätigsten Handelsleuten der Welt bewohnt werden. Unter diesen kleinen Städten ist eine namens Ravello, woselbst es zwar noch heutigen Tages an reichen Leuten nicht fehlt, doch zählte sie einst unter ihren Bürgern einen gewissen Landolfo Rufolo, der über alle Maßen reich war, dem aber seine Reichtümer dennoch nicht genügten, sodass er sie noch zu verdoppeln suchte und darüber in Gefahr geriet, nicht nur sie, sondern auch mit ihnen das Leben zu verlieren.

Nachdem er nach Art der Kaufleute seine Kalkulationen gemacht hatte, kaufte er ein großes Schiff, befrachtete es für seine eigene Rechnung mit Waren und segelte damit nach Zypern. Wie er aber ankam, fand er bereits eine große Anzahl Schiffe vor, die mit eben den Waren beladen waren, sodass er die seinigen, wenn er sie los werden wollte, nicht nur sehr wohlfeil verkaufen, sondern sie fast umsonst verschenken musste, worüber er aus der Haut fahren wollte. Als er nun vor lauter Verzweiflung nicht wusste, was er anfangen sollte, da er aus einem sehr reichen Mann in Kurzem beinahe zum Bettler geworden war, so beschloss er, entweder in den Tod zu gehen, oder sich durch Kaperei von seinem Verlust zu erholen, um nicht arm dahin zurückzukehren, von wo er als ein reicher Mann ausgefahren war. Er verkaufte sein großes Schiff, und mit dem Gelde, das er daraus löste, und mit demjenigen, das er für seine Waren empfangen hatte, kaufte er ein leichtes Fahrzeug zum Kreuzen, das er aufs Beste ausrüstete und mit allem Nötigen versah, das zu einem Piratenzuge nötig war, worauf er anfing, auf alles Jagd zu machen, vorzüglich aber auf die Türken. Das Glück war ihm bei diesem Gewerbe viel günstiger als ehemals bei seinen Handelsunternehmungen, und er nahm in Jahresfrist so viele türkische Fahrzeuge weg, dass er nicht nur alles wiedergewann, was er bei seinen Waren verloren hatte, sondern wohl noch einmal so viel dazu. Weil ihn nun sein erster Verlust gewitzigt hatte und er sah, dass er reich genug war, so glaubte er, um nicht zum zweiten Mal in die Schlinge zu fallen, müsse er sich begnügen. Er entschloss sich also, nach Hause zurückzukehren, und da er von Spekulationen genug hatte, so bekam er keine Lust, sein bares Geld noch einmal in Waren anzulegen, sondern er stach mit demselben Schiff, womit er es gewonnen hatte, in See. Wie er sich schon im Archipel befand, erhob sich ein Südoststurm, der ihm nicht nur entgegen war, sondern auch das Meer so unruhig machte, dass er sich nicht getraute, mit seinem kleinen Schiff die offene See zu halten, sondern in einer Bucht unter dem Schutz einer kleinen Insel vor Anker ging, um besseres Wetter abzuwarten. Wie er hier noch nicht lange gelegen hatte, warfen zwei große genuesische Kauffahrer, die von Konstantinopel kamen und sich mit Mühe gleichfalls dahin retteten, nach ihm Anker. Als diese seiner Nussschale gewahr wurden und erfuhren, dass es Landolfo war, von dessen Reichtümern sie schon gehört hatten, gedachten sie als geldgierige, räuberische Leute, es in ihre Hände zu bekommen. Den Weg nach der See hatten sie ihm bereits verlegt. Sie schickten also noch einen Teil ihrer Mannschaft mit Armbrüsten und anderen Waffen ans Land, um zu verhindern, dass sich jemand lebend von dem Schiffe dahin retten möchte, worauf sie mit ihren Booten, wobei ihnen die Meeresströmung zustatten kam, sich an die Seite des Schiffes bugsieren ließen und es nach einem schwachen Widerstande samt der ganzen Mannschaft wegnahmen, ohne einen einzigen Mann zu verlieren. Landolfo, dem sie nichts als eine armselige Jacke übriggelassen hatten, ließen sie an Bord einer ihrer Brigantinen bringen. Sein Schiff plünderten sie völlig aus und bohrten es dann in Grund. Als am folgenden Tage der Wind günstiger ward, lichteten sie die Anker und segelten nach Westen. Der Wind blieb ihnen auch den ganzen Tag günstig. Allein gegen Abend erhob sich ein Sturm, die See ging hoch, die beiden Schiffe wurden durch den Sturm getrennt, und das Unglück wollte, dass das, auf dem sich Landolfo befand, mit fürchterlicher Gewalt auf einer Sandbank oberhalb der Insel Cefalonia auf den Grund stieß und wie ein gegen eine Mauer geworfenes Glas klirrend und krachend zersprang. Die armen Schiffbrüchigen suchten sich in der finstern Nacht zu retten, so gut sie konnten, auf Waren, Kisten und Brettern, die umhertrieben. Wer schwimmen konnte, schwamm, und die Übrigen klammerten sich an das Erste, was ihnen in den Weg trieb. Unter diesen befand sich auch der arme Landolfo, der am vorigen Tage den Tod oft angerufen hatte, weil er lieber sterben als wie ein Bettler nach Hause zurückkehren wollte. Wie er aber den Tod vor Augen sah, fürchtete er sich doch vor ihm, so gut wie die anderen, und verschmähte es nicht, eine Planke zu ergreifen, in der Hoffnung, dass ihm der Himmel, wenn er sich vor dem Ertrinken retten könnte, doch wohl wieder Hilfe senden möchte. Er klammerte sich demnach mit Armen und Beinen an das Brett und erhielt sich auf ihm bis an den lichten Morgen, indes ihn Sturm und Wellen bald hierhin, bald dorthin schleuderten. Bei Tagesanbruch sah er rings um sich her nichts als Luft und Wasser und eine auf den Wellen treibende Kiste, die ihm oft zu seinem großen Schrecken sehr nahe kam. Denn er fürchtete, sie möchte ihm einen Prellstoß geben, der ihm gefährlich würde. So oft sie ihm zu nahe kam, suchte er sie mit den wenigen Kräften, die ihm übriggeblieben waren, von sich zu stoßen. Allein plötzlich erhob sich ein gefährlicher Windstoß und warf die Kiste mit solcher Gewalt gegen das Brett, dass Landolfo es musste fahren lassen und in den Wellen versank. Wie er wieder auftauchte und ihm die Angst mehr als seine Kräfte half, sich über Wasser zu halten, fand er, dass das Brett zu weit von ihm entfernt war, deswegen er die Arme nach der Kiste streckte, die ihm eben nahe genug trieb, um sie zu erreichen. Er stemmte sich mit der Brust auf den Deckel und steuerte sie mit den Armen so gut er konnte, und so trieb er den Tag und die ganze Nacht bald hierhin, bald dorthin auf den Wogen umher, ohne zu essen, weil er nichts hatte, dagegen er öfter zu trinken bekam, als ihn lüstete, und nichts als offenes Meer um sich sah, ohne zu wissen, wo er sich befand.

 

Am folgenden Tage erbarmte sich der Himmel seiner oder die Windrichtung. Er war schon porös geworden wie ein Schwamm und klammerte sich an die Seiten der Kiste verzweifelt fest, wie ein Ertrinkender in Todesangst. Da trieb er an das Ufer der Insel Korfu, wo von ungefähr ein armes Weib ihre Töpfe mit Sand und Seewasser scheuerte. Wie sie ihn und seine Arche schwimmen sah und keine deutliche Gestalt unterscheiden konnte, fürchtete sie sich und lief schreiend davon. Er selbst hatte nicht die Kraft zu sprechen oder auch nur zu sehen, sodass er ihr nichts sagen konnte. Doch wie ihn die Wogen ans Ufer spülten, ward das Weib erstlich die Kiste gewahr, dann die Arme, die sie umschlangen, hernach das Menschengesicht, und erriet nun endlich das Ganze. Vom Mitleid bewogen, watete sie ein wenig ins Meer hinaus, das sich schon beruhigt hatte, und zog ihn bei den Haaren samt der Kiste ans Land, wo sie mit Mühe seine Arme von ihr losmachte. Die Kiste ließ sie von ihrer Tochter, die bei ihr war, auf dem Kopfe tragen. Sie selbst trug Landolfo wie ein Kind auf ihren Armen nach Hause und brachte ihn in eine Badestube, wo sie ihn so lange rieb und mit warmem Wasser wusch, bis die erloschene Farbe sich auf seinen Wangen wieder einstellte und die verlorenen Kräfte allmählich wiederkamen. Wie sie glaubte, dass es Zeit wäre, nahm sie ihn aus dem Bad und erquickte ihn mit etwas gutem Wein und Backwerk und bewirtete ihn, so gut sie konnte, einige Tage, bis er wieder zu Kräften und völliger Besinnung kam, worauf sie es für Pflicht hielt, ihm seine Kiste, die sie geborgen hatte, wieder zuzustellen und ihm zu sagen, dass er nun wieder für sich selber sorgen könne. Er wusste zwar von keiner Kiste, doch nahm er sie gern an, wie die gute Frau sie ihm darbot, weil er dachte, sie müsste wenig wert sein, wenn sie ihm nicht einmal auf einen Tag zu seiner Zehrung verhelfe. Wie er sie aufhob und sehr leicht befand, verging ihm beinahe diese Hoffnung. Doch einst, wie die gute Frau nicht zu Hause war, erbrach er sie, um zu sehen, was darin wäre, und fand, dass sie eine Menge köstlicher Steine, gefasste und ungefasste, enthielt, von denen er einigermaßen ein Kenner war, und fand, dass sie von großem Werte waren. Er dankte dem Himmel, der ihn noch nicht verlassen hatte, und ward recht guten Muts. Weil ihn aber das Glück nun schon zweimal an der Nase herumgeführt hatte, so traute er ihm das dritte Mal nicht, sondern hielt für nötig, es sehr vorsichtig anzufangen, diese Kostbarkeiten nach Hause zu bringen. Er wickelte sie in alte Lumpen und sagte zu seiner Wirtin, er könnte die Kiste nicht mehr brauchen, sondern bäte sie, ihm lieber einen Sack dafür zu geben, was die gute Frau herzlich gerne tat. Er dankte ihr darauf innig für die Wohltat, die sie ihm erwiesen hatte, nahm seinen Sack auf den Buckel, fuhr in einem Boot hinüber nach Brindisi und wanderte längs der Küste fort bis nach Trani, wo er einige Tuchhändler fand, die seine Landsleute waren, die ihn aus Barmherzigkeit kleideten, nachdem er ihnen alle seine Begebenheiten, die mit der Kiste ausgenommen, erzählt hatte, ihm außerdem ein Pferd liehen und ihn bis nach Ravello geleiteten, wohin er zurückzukehren wünschte. Als er nun hier in Sicherheit zu sein glaubte, dankte er Gott, der ihn zurückgeführt hatte, öffnete sein Bündel und fand bei genauer Untersuchung, dass er so viele und köstliche Steine besaß, dass er, wenn er sie auch unter ihrem Wert verkaufte, doppelt so reich war als damals, da er ausreiste.

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