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Das Wirthshaus an der Heerstrasse

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Aber Uljana Fedorowna war nicht gütig gegen ihn, sondern jagte ihn zum Hause hinaus.

XIV

Inzwischen ging Akim mit langsamen Schritten den Weg entlang, der zu Lisaweta Prochorowna’s Landsitze führte. Er war noch nicht recht zu sich selbst gekommen, sein ganzes Innere bebte wie bei einem Menschen, der eben dem sicheren Tode entronnen ist. Er wagte kaum an seine Freiheit zu glauben; mit dumpfem Staunen blickte er auf das Feld, auf den Himmel, die Lerchen, welche sich durch die warnte Luft emporschwangen. Den Abend vorher bei Jephrem hatte er nach dem Essen kein Auge geschlossen, obgleich er unbeweglich auf dem Ofen lag; erst wollte er das unerträgliche Weh der Beleidigung und den Kummer des ohnmächtigen Zornes in Branntwein ertränken; allein der Branntwein konnte ihn nicht überwältigen; sein Herz ging über vor Zorn und Wuth und er begann darüber nachzudenken, wie er sich an dem Bösewicht rächen könne. Er dachte nur an Naoum. Lisaweta Prochorowna kam ihm nicht in den Kopf. Von Afdotja wandte er seine Gedanken gewaltsam ab. Gegen Abend wuchs das Verlangen nach Rache zu einer wahren Wuth an, und dieser sonst so gutmüthige und schwache Mensch erwartete mit fieberhafter Ungeduld die Nacht, und wie ein Wolf auf Raub schleicht, eilte er heimlich mit dem Feuer in der Hand, um sein ehemaliges Haus zu zerstören . . . Da wurde er ergriffen und eingesperrt. Die Nacht brach herein. Was ging ihm nicht alles in dieser fürchterlichen Nacht durch den Kopf! Es läßt sich schwer mit Worten wiedergeben, was in einem Menschen in solchen Augenblicken vorgeht. Alle die Qualen zu schildern, welche er durchzumachen hat, ist um so schwerer, als diese Qualen in dem Menschen selbst wortlos und stumm bleiben . . .

Gegen Morgen vor der Ankunft Jephrem’s bei Naoum war es ihm etwas leichter geworden . . . Alles ist verloren, dachte er . . . Alles in den Wind! . . . und er winkte mit der Hand wie zum Abschied. Wenn er mit einem nicht guten Herzen geboren worden wäre, so hätte er in diesem Augenblicke zum Bösewicht werden können, aber das Böse lag nicht in seiner Natur. Unter dem Schlage des unerwarteten und unverdienten Unglücks, im Zustande der Verzweiflung hatte er die verbrecherische That beschlossen, deren Versuch der Ausführung ihn bis in’s Innerste erschütterte, und ihr Mißlingen ließ in ihm nur eine tiefe Ermattung und Erschöpfung zurück. Im Bewußtsein seiner Schuld wandte er sich von allen irdischen Sorgen ab und begann bitter, aber inbrünstig zu beten. Erst betete er leise, endlich aber . . . vielleicht zufällig . . . rief er mit lauter Stimme: Herr, mein Gott! – und die Thränen stürzten ihm aus den Augen . . . Lange weinte er so und nach und nach wurde es ihm leichter um’s Herz . . . Seine Gedanken würden wahrscheinlich eine andere Richtung genommen haben, wenn er für seinen verbrecherischen Versuch bestraft worden wäre . . . So aber erhielt er plötzlich seine Freiheit und ging ganz erschöpft, mehr todt als lebendig, aber ruhig, um seine Frau wiederzusehen.

Das Haus Lisaweta Prochorowna’s lag anderthalb Werst von ihrem Dorfe entfernt, links von dem Feldwege, auf welchem Akim gekommen war. Als er auf dem Wege angekommen war, welcher zu dem Herrschaftshause führte, blieb er eine Zeitlang schwankend stehen. Endlich entschied er sich, erst in das Dorf zu gehen, wo in seiner früheren Hütte sein alter Oheim wohnte. Die kleine und schon ziemlich alte Isba Akims lag fast am äußersten Ende des Dorfes. Er ging die ganze Straße entlang, ohne einem Menschen zu begegnen; Alles war in der Kirche.

Nur eine alte kranke Bäuerin schob ihr kleines Fenster in die Höhe, um ihm nachzusehen, und ein Mädchen, welches mit leerem Eimer zum Brunnen ging, folgte ihm auch mit den Blicken. Der erste Mensch, auf welchen er stieß, war der alte Oheim, den er suchte. Der Greis hatte den ganzen Morgen auf der Grasbank unter dem Fenster zugebracht, sich an der Sonne wärmend und Tabak schnupfend. Er war nicht in die Kirche gegangen, weil er sich nicht recht wohl fühlte, und hatte eben seinen Sitz verlassen, um einen alten kranken Nachbar zu besuchen, als er Akim erblickte . . . Er blieb stehen, ließ ihn zu sich herankommen und sagte, ihn scharf ansehend:

– Guten Tag, Akimuschka!

– Guten Tag! erwiderte Akim und trat ohne die Augen zu erheben in die Thüre seiner Isba . . . Auf dem Hofe standen seine Pferde, seine Kuh und seine Telega; auch seine Hühner spazierten dort umher . . . Schweigend ging er in die Isba hinein. Der Greis folgte ihm. Akim setzte sich auf eine Bank und stützte sich auf seine geschlossenen Hände. Sein an der Thüre lehnender Oheim sah ihn voll Mitleid an.

– Wo ist meine Frau? fragte Akim.

– Im Herrschaftshause! antwortete der Greis schnell. – Da ist sie. Hierher hat man Dein Vieh gebracht und Deine Kisten und Kasten, sie aber ist dort geblieben. Willst Du zu ihr gehen?

Akim schwieg.

– Geh’, sagte endlich der Greis.

– Ach, Oheim, Oheim! seufzte Akim, während jener seine Mütze vom Nagel nahm: – erinnerst Du Dich noch, was Du mir am Vorabend meiner Hochzeit sagtest?

– Es geschieht Alles nach dem Willen Gottes!

– Erinnerst Du Dich, wie Du mir sagtest, daß ich nun nicht mehr ein Bauer, nicht mehr Euresgleichen sein würde. Welche Zeiten sind jetzt über mich gekommen! Ich bin nackt wie ein Wurm.

– Man kann sich nicht immer vor schlechten Leuten schützen, erwiderte der Alte; – aber wenn Jemand den gewissenlosen Menschen ordentlich in’s Gebet nehmen wollte, wenn die Gutsherrschaft auf Recht und Billigkeit hielte, oder wenn wir Gesetze hätten, die man fürchtete . . . aber wovor soll er sich fürchten? Er ist ein Wolf und weiß zu rauben wie ein Wolf.

Und der Greis nahm seine Mütze, um zu gehen. Afdotja kam gerade aus der Kirche, als man ihr sagte, daß der Oheim ihres Mannes sie suche. Bis dahin hatte sie ihn sehr selten gesehen. Er war fast nie in das Wirthshaus gekommen und galt allgemein für einen Sonderling, der leidenschaftlich dem Tabakschnupfen ergeben war und beinah immer schweigend vor sich hinbrütete. Sie ging zu ihm.

– Was wünschest Du« Petrowitsch? Ist etwas vorgefallen?

–Es ist nichts vorgefallen, Afdotja Arefjewna! Dein Mann fragt nach Dir.

– Ist er zurückgekommen?

– Er ist zurückgekommen!

– Wo ist er denn?

– Nun im Dorfe, in der Isba sitzt er.

Afdotja schrack zusammen.

– Hört Petrowitsch, fragte sie, ihm in’s Auge sehend, – ist er aufgebracht?

– Ich habe nicht bemerkt, daß er aufgebracht ist.

Afdotja senkte den Kopf.

– Nun, so gehen wir! sagte sie, ein großes Tuch umschlagend, und beide machten sich auf den Weg. Schweigend gingen sie bis zum Dorfe. Als sie sich der Hütte näherten, überkam Afdotja ein solcher Schrecken, daß ihr die Knie nur so zitterten.

– Väterchen, Petrowitsch! sagte sie, – geh’ Du voran . . . Sag’ ihm, daß ich auf seinen Befehl gekommen bin.

Petrowitsch ging in die Hütte und fand Akim in tiefes Brüten versunken noch auf demselben Platze sitzend, wo er ihn verlassen hatte.

– Nun? fragte Akim, den Kopf erhebend, ist sie nicht gekommen?

– Sie ist gekommen! erwiderte der Greis. Sie steht vor der Thüre . . .

– So schick’ sie herein!

Der Greis ging hinaus, winkte ihr mit der Hand und hieß sie eintreten, während er sich wieder auf seine Grasbank setzte. Afdotja öffnete zitternd die Thür, überschritt die Schwelle und blieb stehen. Akim richtete die Augen auf sie.

Nun, Arefjewna, sagte er, was fangen wir jetzt zusammen an?

– Ich bin schuldig! murmelte sie.

–– Ach, Arefjewna, wir sind alle Sünder. Was ist darüber weiter zu reden!

– Der Bösewicht hat uns beide iu’s Verderben gestürzt! seufzte Afdotja und die Thränen raunen ihr über die Wangen. Du, Akim Sseménitsch, darfst es nicht dabei bewenden lassen, fordere Dein Geld von ihm zurück. Schone mich nicht. Ich bin bereit zu schwören, daß ich ihm das Geld als Darlehen gegeben habe. Lisaweta Prochorowna hatte das Recht, unsern Hof zu verkaufen, aber warum soll er uns berauben? . . . fordere Dein Geld zurück!

– Ich habe kein Geld mehr von ihm zu fordern! antwortete finster Akim. Wir sind quitt.

–– Wie so? fragte Afdotja staunend.

– Nun so. Weißt Du, fuhr Akim fort, während seine Augen unheimlich leuchteten: weißt Du wo ich die Nacht zugebracht habe? Du weißt es nicht? Bei Naoum im Keller, an Händen und Füßen gebunden wie ein Hammel, so hab ich die Nacht zugebracht. Ich wollte sein Gehöft anzünden, und er hat mich ertappt. Es ist ein gewandtes Bürschchen, dieser Naoum. Und heute Morgen wollte er mich in die Stadt führen, hat sich aber dann zum Mitleid bewegen lassen. Du siehst also, daß ich von ihm kein Geld mehr verlangen kann. Und wie sollte ich es auch von ihm fordern? Wann, würde er sagen, habe ich von Dir Geld geborgt? Sollte ich ihm dann antworten: Meine Frau hat es unter den Dielen des Fußbodens mir weggenommen und Dir gebracht? Sie lügt, Deine Frau! würde er einfach erwidern. Hast Du nicht schon genug Geschwätz unter den Leuten veranlaßt, Arefjewna? Schweig also lieber, sag ich Dir.

– Ich bin schuldig, Sseménitsch, ich bin schuldig! seufzte die erschreckte Afdotja auf’s Neue.

– Davon rede ich nicht, erwiderte Akim nach kurzem Schweigen, aber was sollen wir jetzt zusammen anfangen? Wir haben unser Haus nicht mehr und auch kein Geld.

– Wir werden uns schon durchhelfen, Akim Sseménitsch; wir werden Lisaweta Prochorowna bitten, die wird uns unterstützen; Kirillowna hat mir’s versprochen.

– Nein, Arefjewna, wenn Du willst, kannst Du sie zusammen mit Kirillowna bitten für Dich; Ihr seid beide Früchte desselben Feldes. Höre, was ich Dir zu sagen habe: bleib Du hier mit Gott; ich werde nicht hier bleiben. Zum Glück haben wir keine Kinder, und ich werde vielleicht nicht umkommen. Ein einzelner Kopf ist niemals arm.

– Willst Du wieder fuhrwerken?

Akim lächelte bitter.

 

– Ich würde einen schönen Fuhrmann abgeben, wahrhaftig! einen recht rüstigen Fuhrmann! Nein, Arefjewna, das ist nicht so leicht wie z. B. das Heirathen; zu solchem Geschäfte taugt ein Greis nicht mehr. Ich will nur hier nicht bleiben, siehst Du . . . ich will nicht, daß man mit Fingern auf mich weise . . . verstehst Du mich? Ich gehe, um Gott um Verzeihung meiner Sünden zu bitten, Arefjewna, sieh, darum geh’ ich.

– Aber was hast Du denn für Sünden, Sseménitsch? fragte schüchtern Afdotja.

– Das muß ich schon selbst am besten wissen.

–– Aber in wessen Schutz willst Du mich denn lassen, Sseménitsch? Wie werde ich ohne Mann leben?

– In wessen Schutz ich Dich lassen werde? Ach, Arefjewna, wie Du nur redest! wahrhaftig! Du hast wirklich einen Mann, wie mich, nöthig, der alt und noch dazu ruinirt ist. Du bist seither ohne mich fertig geworden und wirst es auch künftig werden. Das Bischen Hab und Gut, das noch unser ist, überlaß ich Dir; nimm Alles, ich brauche Nichts.

– Wie Du willst, Sseménitsch, entgegnete traurig Afdotja: Du mußt’s am Besten wissen.

– So ist es. Nur glaub’ nicht, daß ich aufgebracht bin gegen Dich, Arefjewna. Nein, wozu jetzt noch zürnen, wenn schon Der . . . ich hätte früher besser aufpassen sollen. Ich bin selbst schuldig – und bestraft (bei. diesen Worten seufzte er tief auf). – Fährst Du gern im Schlitten, mußt Du Dich hineinsetzen. Die Jahre sind über mich gekommen, es ist Zeit, daß ich an das Heil meiner Seele denke. Gott selbst hat mich erleuchtet. Ich alter Narr bildete mir ein, mit einer jungen Frau das Leben in Freuden genießen zu können . . . Nein, alter Bruder! Erst bete, schlage die Erde mit der Stirn, dulde und faste . . . und jetzt, Mütterchen, geh; ich bin sehr müde und möchte ein Bischen ausruhen.

Und Akim streckte sich seufzend auf die Bank.

Afdotja wollte etwas antworten, blieb stehen, sah ihn an, wandte sich um und ging. Sie hatte nicht erwartet, so billig davon zu kommen.

– Nun, hat er Dich nicht geprügelt? fragte sie Petrowitsch, der ganz gebeugt noch auf seiner Grasbank saß, als sie aus der Hütte kam.

Afdotja ging schweigend an ihm vorbei.

– Seh’ mir Einer, er hat sie nicht geprügelt! murmelte der Greis lächelnd, fuhr sich mit der Hand durch den Bart und nahm eine Prise Tabak.

* * *

Akim führte seinen Vorsatz ans. Er besorgte seine Angelegenheiten und wenige Tage nach der obigen Unterhaltung ging er zur Reise gerüstet, um von seiner Frau Abschied zu nehmen, welche in einem Flügel des Herrschaftshauses wohnte. Die Scheidescene dauerte nicht lange . . . Kirillowna, welche hinzukam, rieth Akim, der Herrin seine Aufwartung zu machen; er folgte diesem Rathe. Lisaweta Prochorowna gerieth bei seinem Anblick einigermaßen in Verwirrung. Sie reichte ihm gnädig die Hand zum Kuß und fragte, wohin er zu gehen beabsichtige. Er antwortete« sein nächstes Reiseziel sei Kiew und das Uebrige stelle er Gott anheim. Sie lobte ihn und ließ ihn ziehen. Seit der Zeit erschien er sehr selten wieder im Dorfe, obgleich er niemals vergaß, der Herrin, wenn er sie besuchte, ein geweihtes Brod mitzubringen.

Wo nur immer die frommen Leute Rußlands zusammenströmen, da sah man auch sein abgemagertes und gealtertes, aber ehrwürdiges und wohlgeformtes Gesicht: bald beim Grabe des heiligen Sergius, bald bei den »weißen Ufern,« bald in der Wüste von Optina und im Kloster von Walaam; er war überall zu finden.

Im Laufe des einen Jahres sah man ihn in den Reihen der zahllosen Volksmasse, welche in Procession dem Bilde der heiligen Jungfrau von Kursk nach Korennoi folgte, eine Strecke von dreißig Werst; im Laufe des andern Jahres fand man ihn mit einem Ränzel auf dem Rücken unter andern Pilgern auf den Stufen der Kirche des wunderthätigen Nicolai von Mzensk . . . In Moskau erschien er beinah jeden Frühling. Von einem Lande zum andern wanderte er mit ruhigen und gemessenen Schritten, aber unaufhaltsam – es hieß, daß er sogar in Jerusalem gewesen sei. Er erschien allen vollkommen zufrieden und glücklich, und wenn von ihm die Rede war, so wurde immer seine Frömmigkeit und die Demuth seines Wandels gerühmt . . .

Naoum’s Wirthschaft ging inzwischen ganz vortrefflich. Er führte die Geschäfte lebhaft und geschickt, und es ging mit ihm wie man zu sagen pflegt in die Höhe. Alle Leute in der Nachbarschaft wußten, durch welche Mittel er in Besitz seines Hofes gelangt war, sie wußten ebenfalls, daß Afdotja ihm das Geld ihres Mannes gegeben hatte; Niemand liebte Naoum wegen seines kalten und rauhen Wesens; mit Entrüstung erzählte man sich von ihm, daß einmal Akim als Pilger zu ihm an’s Fenster gekommen, um ihn um ein Almosen zu bitten und daß er ihn mit den Worten abgefertigt: Gott wird Dir schon geben! (wie die Bauern in Süddeutschlaud sagen, wenn sie nichts geben wollen: Helf Gott!) aber alle stimmten darin überein, daß es einen größern Glückspilz als ihn nicht gebe. Das Korn wuchs bei ihm besser als bei den Nachbarn; seine Bienen gaben mehr Honig; selbst feine Hennen legten mehr Eier; seine Kühe waren nie krank und seine Pferde hinkten niemals. Der Pope Fedor selbst war darüber erstaunt . . .

Afdotja konnte lange Zeit seinen Namen nicht hören, (sie hatte den Vorschlag Lisaweta Prochorowna’s angenommen, wieder bei dieser als Obernäherin in Dienst zu treten;) endlich aber minderte sich doch ihr Haß einigermaßen und es hieß sogar, daß sie sich in einer dringenden Verlegenheit an ihn gewendet und hundert Rubel erhalten habe . . . Wir wollen nicht allzu streng über sie richten; die Armuth bändigt wohl ganz andere Leute als Afdotja, und der plötzliche Umschlag in ihrem Leben hatte sie unglaublich gealtert und gedemüthigt; es ist schwer zu schildern in wie kurzer Zeit sie körperlich heruntergekommen und geistig abgestumpft und versimpelt war . . .

Aber wie soll das Alles enden? wird der Leser fragen. Wir wollen ihn nicht lange darüber in Zweifel lassen. Naoum führte seine Wirthschaft fünfzehn Jahre lang mit bestem Erfolg und verkaufte sie dann sehr theuer einem andern Bürger. Er würde sich nie von ihr getrennt haben, wenn ihn nicht ein dem Anschein nach sehr unbedeutender Vorfall dazu veranlaßt hätte. Zwei Morgen hinter einander stieß sein Hund, welcher unter dem Fenster lag, fortwährend klägliche Töne aus; Naoum ging am zweiten Morgen auf die Straße, untersuchte den heulenden Kettenhund aufmerksam, schüttelte den Kopf, fuhr in die Stadt und wurde noch an demselben Tage mit dem Käufer handelseinig, welcher schon seid längerer Zeit um den Hof gefeilscht hatte. Eine Woche später begab er sich nach einem entfernten Orte außerhalb des Gouvernements. Der neue Eigenthümer bezog das Wirthshaus, welches gleich in der ersten Nacht abbrannte, so daß kein Stein auf dem andern blieb und Naoum’s Nachfolger völlig ruinirt wurde.

Der Leser kann sich leicht vorstellen, zu welchen Gesprächen dieß in der Nachbarschaft Anlaß gab. »Er hat sein Glück mit fortgenommen!« sagte man allgemein . . . Es geht von Naoum die Sage, – daß er große Getreidelieferungen für die Regierung übernommen habe und dabei ein steinreicher Mann geworden sei. Ob er das lange bleiben wird? Schon stärkere Säulen sind eingestürzt und der bösen That folgt früh oder spät ein böses Ende.

Ueber Lisaweta Prochorowna ist wenig mehr zu sagen; sie lebt heute noch und hat sich, wie das bei Menschen dieser Art zu gehen pflegt, in Nichts verändert, ja sie ist kaum merklich gealtert, höchstens noch ein bischen bittrer geworden und ihr Geiz hat in erstaunlicher Weise zugenommen, obgleich es schwer zu begreifen ist, für wen sie ihr Geld zusammenscharrt, da sie keine Kinder hat und mit keinem Menschen auf der Welt befreundet ist. Im Gespräch erinnert sie sich oft Akim’s und betheuert, daß sie, seit ihr Gelegenheit geworden, die Eigenschaften des russischen Bauern näher kennen zu lernen, ihn ungemein achte und schätze wegen seiner Hingebung und Unterwürfigkeit. Kirillowna hat sich für eine ansehnliche Summe freigekauft und dann sich aus Liebe mit einem jungen blonden Offizianten verheirathet, der ihr die Ehe sauer genug macht. Afdotja lebt wie früher unter dem weiblichen Gesinde Lisaweta Prochorowna’s, ist aber noch um einige Stufen tiefer gesunken. Sie kleidet sich sehr ärmlich, fast schmutzig und von den Gewohnheiten einer in der Hauptstadt aufgewachsenen modischen Kammerjunger von den Manieren einer wohlhabenden Hofbesitzerin ist keine Spur mehr übrig geblieben. Niemand bemerkt sie und sie ist froh, unbemerkt zu bleiben. Der alte Petrowitsch liegt schon im Grabe, aber Akim pilgert immer noch in der Welt umher; Gott allein weiß, wie lange diese Pilgerschaft noch dauern wird.

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