Бесплатно

Das Wirthshaus an der Heerstrasse

Текст
iOSAndroidWindows Phone
Куда отправить ссылку на приложение?
Не закрывайте это окно, пока не введёте код в мобильном устройстве
ПовторитьСсылка отправлена

По требованию правообладателя эта книга недоступна для скачивания в виде файла.

Однако вы можете читать её в наших мобильных приложениях (даже без подключения к сети интернет) и онлайн на сайте ЛитРес.

Отметить прочитанной
Шрифт:Меньше АаБольше Аа

VIII

Kirillowna hatte durch ihren Bericht die Herrin beruhigt; allein ihr Gespräch mit Akim war in Wirklichkeit ganz anders gewesen, als jener Bericht. Die Sache verhielt sich so: Sie hatte Akim zu sich in das Mädchenzimmer bescheiden lassen. Anfangs sträubte er sich zu folgen und ließ ihr sagen, daß er nicht gekommen sei, um Kirillowna, sondern um Lisaweta Prochorowna selbst zu sprechen; endlich aber besann er sich anders und ging über die Hintertreppe zu Kirillowna. Er fand sie allein. In’s Zimmer eingetreten blieb er bei der Thüre stehen, lehnte sich an die Wand, öffnete den Mund zum Sprechen . . . aber das Wort versagte ihm.

Kirillowna blickte ihm starr in die Augen.

– Akim Sseménitsch, hub sie an, Sie wünschen die gnädige Frau zu sehen?

Er nickte nur mit dem Kopfe.

– Das geht nicht, Akim Sseménitsch. Und wozu auch? Geschehenes ist nicht zu ändern, und Sie würden die gnädige Frau nur beunruhigen. Sie kann Sie setzt nicht empfangen, Akim Sseménitsch.

– Sie kann nicht? wiederholte er tonlos und schwieg dann wieder.

Nach einer Pause fuhr er fort: So ist denn das Wirthshaus wohl für mich verloren!

– Hören Sie, Akim Sseménitsch. Ich weiß, Sie waren immer ein vernünftiger Mensch. Das Haus hat die gnädige Frau verkauft und daran läßt sich setzt nichts mehr ändern. Was sollen wir darüber noch lange reden, es kommt doch nichts dabei heraus. Hab’ ich recht?

Akim kreuzte die Arme aus dem Rücken. Kirillowna fuhr fort: Sie thäten besser darüber nachzudenken, ob Sie die gnädige Frau nicht bitten sollen . . » Ihnen z. B. Ihre frühere Isba wieder zu überlassen . . .

– So ist denn das Wirthshaus also wirklich für mich verloren! wiederholte Akim mit ebenso tonloser Stimme wie vorher.

– Akim Sseménitsch, ich kann Ihnen unmöglich sagen . . . Sie wissen ja besser als ich . . .

– Ja. Wenigstens . . . wie theuer ist es denn verkauft . . . das Wirthshaus?

– Das weiß ich nicht, Akim Sseménitsch, kann’s Ihnen nicht sagen . . . aber warum stehen Sie denn so? fügte sie hinzu. Nehmen Sie doch Platz.

– Unsereins kann schon stehen. Bin ich doch nur ein Bauers danke ergebenst.

– Wie können Sie nur so reden, Akim Sseménitsch? Sie und ein Bauer! Sie sind ein Kaufmann, und keiner unter den Dienstleuten der Herrschaft kann sich mit Ihnen messen. Seien Sie doch nicht so kleinmüthtg. Ist Ihnen nicht ein Glas Thee gefällig?

– Nein, ich danke, bemühen Sie Sich nicht! Also ist Ihnen das Wirthshaus geblieben? fügte er hinzu, die Wand verlassend. Danke auch dafür. Bitte um Verzeihung, verehrte Frau!

Und er kehrte ihr den Rücken zu und ging fort. Kirillowna zupfte ihre Schürze zurecht und eilte zur Herrin.

– So wäre ich denn plötzlich ein Kaufmann geworden! sagte Akim zu sich selbst, in Gedanken vor der Hausthüre stehen bleibend. Ein schöner Kaufmann! Er fuhr verzweifelt mit der Hand durch die Luft, bitter lächelnd. Was thun! Gehen wir nach Hause!

Und Naoum’s Pferd, mit welchem er gekommen war, ganz vergessend, machte er sich zu Fuß auf den Weg nach dem Wirthshause. Er war noch keine Werst gegangen, als er dicht neben sich das Rasseln einer Telega hörte.

– Akim, Akim Sseménitsch! rief eine Stimme. Er erhob die Augen und erblickte einen Bekannten, den Küster Jephrem, dem man den Spitznamen Maulwurf gegeben hatte. Es war das ein kleiner, verkrüppelter Kerl mit spitzer Nase und schielenden Augen. Er saß in einer schmutzigen Telega auf einem Bündel Stroh, sich mit der Brust an das Vorderbrett lehnend.

– Gehst Du nach Hause, fragte er Akim?

– Nach Hause! antwortete dieser.

– Soll ich Dich mitnehmen?

– Ich fahre gern mit.

Jephrem rückte auf die Seite und Akim stieg zu ihm in die Telega. Jephrem, der in sehr heiterer Laune zu sein schien, schlug mit seinen Strickzügeln tapfer auf den alten Gaul los, welcher müde dahin- trottelte, unaufhörlich den zaumlosen Kopf schüttelnd.

So fuhren sie wohl eine Werst, ohne ein Wort mit einander zu reden. Akim saß mit gesenktem Kopfe und Jephrem brummte ein Lied durch die Nase, indem er seinen Gaul bald antrieb, bald zurückhielt.

–– Wohin gingst Du nur so ohne Mütze, Sseménitsch? fragte er plötzlich Akim, und ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr er mit halber Stimme fort: Du hast sie gewiß in der Kneipe gelassen, so wirds wohl sein. Du guckst gern ein Bischen tief in das Glas, und ich liebe Dich deßhalb, weil Du einen guten Zug vertragen kannst; Du bist kein Mörder, kein Raufbold, kein Spitzbube, kein Faulenzer, Du bist ein guter Hauswirth, aber ein Säufer, und was für ein Säufer! Man hätte Dich längst dafür unter Aufsicht stellen sollen, denn das Saufen ist denn doch eigentlich ein Laster . . . Hurrah! schrie er plötzlich aus voller Kehle – hurrah, hurrah!

– Haltet, haltet an! rief plötzlich eine Weiberstimme ganz nah – haltet an! Akim sah sich um.

Ueber das Feld her lief eine Frau auf die Telega zu, so bleich von Gesicht und so zerzaust in der Kleidung, daß er sie nicht gleich erkannte.

– Haltet, haltet an!l rief sie aufs Neue, mit den Armen winkend.

Akim schauderte: er erkannte seine Frau. Er griff nach den Zügeln.

»Warum sollen wir anhalten? Stammelte Jephrem – um einer Frau willen anhalten? Das wäre der Mühe werth!

Aber Akim brachte das Pferd zum Stehen. In demselben Augenblicke hatte Afdotja den Weg erreicht und stürzte nur so mit dem Gesichte in den Staub.

– O mein Väterchen, Akim Sseménitsch! stöhnte sie – er hat auch mich fortgejagt!

Akim sah sie an, ohne eine andere Bewegung zu machen, als die Zügel noch straffer anzuziehen.

– Hurrah! rief Jephrem auf’s Neue.

– So hat er Dich fortgejagt? sagte Akim.

– Fortgejagt, Väterchen, mein Täubchen! antwortete schluchzend Afdotja. – Fortgejagt, Väterchen, hat er mich. Das Haus sagte er, gehört jetzt mir, darum fort mit Dir, hinaus!

– Nicht übel! Er versteht’s, wirklich nicht übel! bemerkte Jephrem.

– Und Du hattest gewiß die Absicht im Hause zu bleiben, sagte mit Bitterkeit Akim, ohne sich von der Telega zu rühren.

– Wie hätt’ ich daran denken sollen zu bleiben! Ach Väterchen, schluchzte Afdotja, welche sich auf die Knie erhoben hatte und wieder mit dem Gesicht zu Boden gefallen war: —Du weißt nicht, was ich . . . – was ich . . . Tödte mich Akim Sseménitsch, tödte mich hier auf der Stelle!

– Warum soll ich Dich schlagen, Arefjewna? " erwiderte traurig Akim . . . Du hast Dir schon selbst genug wehgethan! Was soll ich weiter thun!

–Aber Du glaubst, Akim Sseménitsch . . . Du weißt nicht, daß Dein Geld . . . Dein Geld . . . es ist fort, Dein Geld . . . ich selbst, ich Unglückliche, hab’ es unter dem Fußboden her-vorgezogen und hab’ es dem Bösewicht Naoum gegeben, o ich gottverfluchtes Weib! . . . Warum hast Du mir auch gesagt, wo Du Dein Geld verborgen hieltest! . . . Für Dein eigenes sauer erspartes Geld hat er Dein Haus gekauft . . . der verruchte Bösewicht!

Das Schluchzen erstickte ihre Stimme.

Akim drückte den Kopf zwischen seine beiden Hände.

– Was! rief er endlich: auch alles Geld . . . Geld, Haus und Hof, und durch Dich . . . ha, ha, unter den Dielen hast Du’s weggenommen . . . ja ich werde Dich tödten, tückische Schlange Du!

Und er sprang von der Telega herunter.

– Sseménitsch, Sseménitsch! schlag’ nicht, fang’ keinen Zank an! fiel Jephrem ein, dessen Rausch bei den unerwarteten Vorgängen, deren Zeuge er war, zu schwinden begann.

– Nein, Väterchen, tödte mich, Väterchen tödte mich! Ich bin schuldig; schlag zu, hör nicht auf ihn! rief Afdotja, sich krampfhaft zu Akim’s Füßen windend.

Er blieb erst unbeweglich stehen, die Augen auf sie gerichtet, dann trat er einige Schritte zurück und setzte sich auf den Rasen am Wege. Ein kurzes Schweigen trat ein. Afdotja blickte schüchtern nach ihrem Manne.

– Sseménitsch, Sseménitsch1 sagte Jephrem, sich in der Telega ausrichtend: Laß es gut sein . . .

beruhige Dich . . . das Unglück ist einmal geschehen und Nichts daran zu ändern. Alle Wetter, eine schöne Geschichte! brummte er in den Bart. – Ist das ein verfluchtes Weib . . . geh’ doch zu ihm, Du! fuhr er fort, sich über die Wagenleiter zu Afdotja neigend – siehst Du nicht, daß er den Verstand verloren hat? Afdotja stand auf, näherte sich Akim und fiel ihm aufs Neue zu Füßen.

– Väterchen! hub sie mit schwacher Stimme an . . .

Akim erhob sich und ging wieder aus die Telega zu. Sie faßte ihn am Saume seines Kaftans.

– Fort mit Dir! rief er mit wilder Stimme und stieß sie zurück.

– Aber wohin willst Du denn? fragte Jephrem, bemerkend, daß er wieder entstieg.

– Du wolltest mich ja nach Hause bringen, sagte Akim: so bring’ mich nach Deinem eigenen Hause . . ich habe kein Haus mehr. Du siehst, sie haben es mir verkauft.

– Nun gut, komm mit mir. Aber was soll mit ihr geschehen?

Akim antwortete nichts.

– Was soll aus mir werden, aus mir werden! rief weinend Afdotja: willst Du mich allein zurücklassen . . . wohin soll ich gehen?

– Geh’ zu ihm! rief Akim ohne sich umzuwenden, – geh zu ihm, dem Du mein Geld zugetragen hast . . . vorwärts Jephrem!

Jephrem schlug auf sein Pferd los, die Telega holperte davon. Afdotja blieb in Verzweiflung allein zurück.

IX

Jephrem wohnte etwa eine Werst von Akim’s Gehöft in einem kleinen Häuschen des Kirchdorfes, welches sich um eine Kirche mit fünf Kuppeln hinzog, die vor nicht langer Zeit von den Nachkommen eines reichen Kaufmanns erbaut worden war, in Folge testamentarischer Bestimmung desselben. Jephrem sprach auf dem ganzen Wege kein Wort mit Akim; er schüttelte nur zuweilen den Kopf und murmelte vor sich hin: ach Du mein Gott, sind das Menschen! Akim saß unbeweglich, mit dem Gesichte von Jephrem abgewandt. Endlich kamen sie an. Jephrem sprang zuerst von der Telega. Ein etwa sechsjähriges Mädchen mit einem von einem Gürtel umschlungenen Hemde kam, ihm entgegen gelaufen und rief: Papa, Papa!

 

– Wo ist denn die Mutter? fragte Jephrem.

– Sie schläft im Stalle.

– Nun laß sie schlafen. Akim Sseménitsch, was haben Sie nur? Bitte« treten Sie in’s Zimmer. (Es muß hier bemerkt werden, daß Jephrem nur wenn er betrunken war, Akim duzte, den viel höher stehende Personen mit Sie anredeten.)

Akim trat mit dem Küster in die Isba.

– Bitte hierher« nehmen Sie auf der Bank Platz, sagte Jephrem . . . Fort mit euch, ihr kleinen Schelme! rief er drei andern seiner Kinder zu, welche zugleich mit zwei abgehagerten und mit Asche beschmierten Katzen aus verschiedenen Winkeln des Zimmers hervorgekrochen kamen. – Fort mit euch, marsch! Bitte hierher, Akim Sseménitsch, hierher! fuhr er fort, seinen Gast zum Sitzen nöthigend: Kann ich nicht mit irgend etwas aufwarten?

– Ich will Dir was sagen, Jephrem, hnb endlich Akim an: kann ich ein Glas Branntwein bekommen? Jephrem erwiderte entgegenkommend: Branntwein? versteht sich, im Augenblick. Zu Hause hab’ ich freilich keinen, aber ich werde gleich welchen von meinem Nachbar, dem Popen holen. Ich bin gleich wieder da . . . Und er nahm seine weite Pelzmütze.

– Bring’ nur, so viel Du bekommen kannst; ich werde dafür bezahlen, rief ihm Akim nach. So viel Geld ist mir wohl noch geblieben.

– Im Augenblick« wiederholte Jephrem, durch die Thüre verschwindend.

In der That kam er sehr schnell zurück, unter dem Arm zwei Flaschen tragend, wovon eine schon entkorkt war. Er stellte sie auf den Tisch und holte zwei grüne Gläser herbei, nebst angeschnittenem Brod und Salz.

– So hab’ ich’s gern, sagte er, sich Akim gegenübersetzend. Was nützt alles Jammern? —

Er schenkte sich und seinem Gaste ein und ließ dann seiner Zunge freien Lauf. Die Scene mit Afdotja hatte ihn sehr in Aufregung versetzt. – Das ist wirklich eine wunderbare Geschichte, sagte er, ich möchte nur wissen, wie sie dazu gekommen ist. Gewiß hat er ihr einen Zaubertrank gegeben, um sie an sich zu locken . . . Meinen Sie nicht auch? Da sieht man, wie man einer Frau auf die Finger sehen muß. Man sollte sie mit Igelhandschuhen halten um sie zu hüten. Aber bei alledem würden Sie gut thun, nach Hause zu fahren, wo Sie doch noch viel zurückgelassen haben . . .

– So schwatzte Jephrem in Einem fort, der beim Trinken die Zunge nicht gern feiern ließ.

Zwei Stunden später begab sich in Jephrem’s Hause Folgendes: Akim, der während des Trinkens alle Fragen und Bemerkungen seines geschwätzigen Wirthes unerwidert ließ und stumm vor sich hinbrütend Glas auf Glas herunterschluckte, hatte sich endlich aus den Ofen gelegt und war dort mit glühendem Gesichte in einen schweren und dumpfen Schlaf versunken. Die Kinder starrten ihn verwundert an, und Jephrem . . . ach, Jephrem schlief ebenfalls, aber nur in einem sehr engen und kalten Verschlage, worin ihn seine Frau abgesperrt hatte, ein Weib von kräftigem, männlichen Körperbau. Er war zu ihr in den Stall gegangen und hatte angefangen ihr zu drohen und ihr allerlei vorzuschwatzen, sich aber so unzusammenhängend und unbegreiflich ausgedrückt, daß sie bald merkte, wie es mit ihm stand, ihn beim Kragen packte und in den Verschlag sperrte, wo er sich übrigens eines sehr guten und selbst ruhigen Schlafes erfreute. Was die Gewohnheit nicht Alles macht!

X

Wir wissen, daß Kirillowna ihre Unterhaltung mit Akim ihrer Herrin Lisaweta Prochorowna nicht ganz getreu wiedergegeben hatte. In einem ähnlichen Falle befand sich Afdotja. Naoum hatte sie nicht fortgejagt, wie sie Akim gesagt hatte. Er hatte nicht das Recht, sie fortzujagen; er war verpflichtet, den alten Bewohnern des Hauses einige Zeit zum Wegziehen zu lassen. Zwischen ihm und Afdotja hatte eine Erörterung ganz anderer Art stattgefunden.

Als Akim auf die Straße stürzte und rief, er werde zur Herrin gehen, wandte sich Afdotja zu Raonm« ihn mit großen Augen ansehend und die Hände zusammenschlagend.

–– Um Gottes Willen! hub sie an, Naoum Iwanitsch, was soll das heißen? Sie haben unsern Hof gekauft?

– Nun was weiter? erwiderte er; allerdings habe ich ihn gekauft.

Afdotja schwieg und ein Schauder überlief sie.

– Das also war es, wozu Sie das Geld brauchten?

– Das war es! erwiderte er. – Oho, es scheint, daß Ihr Männchen mit meinem Pferde davongefahren ist, fügte er hinzu, das Rasseln des Wagens hörend . . .

Welch ein Schelm! – Aber das ist ja offener Raub und Diebstahl! rief Afdotja . . . mit unserem Gelde . . . dem Gelde meines Mannes . . . und unser eigenes Haus!

– Bitte um Verzeihung, Afdotja Arefjewna, erwiderte Naoum. Der Hof war nicht Ihr Eigenthum, also wozu das behaupten? Der Hof war auf dem Boden der Gutsherrschaft erbaut und gehörte folglich dieser. Das Geld allerdings gehörte Ihnen, nur waren Sie, wie ich wohl sagen darf, so gütig, mir das Geld zu opfern, wofür ich Ihnen immer sehr dankbar bleiben werde. Wo möglich gebe ich Ihnen das Geld sogar zurück, wenn es die Gelegenheit so mit sich bringt, aber ich sehe gar keinen Grund, warum ich ein armer Schlucker bleiben soll, auch trag’ ich kein Verlangen darnach . . . belieben Sie dieß wohl in Betracht zu ziehen.

Naoum sagte alles dieß sehr ruhig mit seinem gewöhnlichen kalten Lächeln.

– Aber um Gottes Willens rief Afdotja, was richten Sie mir da für ein Unheil an! Was soll das heißen! Wie kann ich es nur wagen, meinem Manne unter die Augen zu treten! O du Bösewicht! fuhr sie fort, mit vor Haß glühenden Augen in das stetige frische Gesicht Naoums blickend, – um Dich habe ich meine Seele zu Grunde gerichtet, um Dich bin ich zur Diebin geworden, und Du willst uns elend in’s Verderben stürzen, nichtswürdiger Bösewicht, der Du bist? Da bleibt mir nichts Anderes übrig, als mir einen Strick um den Hals zu schlingen, Du Bösewicht, Betrüger, schurkischer Verderber meiner . . . Die Thränen stürzten ihr aus den Augen und sie konnte vor Schluchzen nicht weiter sprechen.

– Bitte, beunruhigen Sie sich doch nicht so, Afdotja Arefjewna! sagte Naoum, ich will Ihnen nur dieß Eine bemerken: Jedem ist sein Hemd am nächsten und der Hecht ist deshalb im Fluße, damit die Karausche nicht schlafe.

– Wohin gehen wir jetzt nur, was sollen wir anfangen! schluchzte Afdotja unter Tränen.

– Das kann ich Ihnen in der That nicht sagen.

– Ich werde Dich umbringen, elender Schurke . . . ich bringe Dich um . . .

– Nein, das werden Sie gewiß nicht thun, Afdotja Arefjewna; also wozu so reden? Uebrigens sehe ich, daß ich am besten thun werde, mich ein wenig zurückzuziehen, Sie beunruhigen sich wirklich zu sehr. Also ich empfehle mich für heute und werde morgen jedenfalls wieder das Vergnügen haben . . . Aber Sie werden mir erlauben, Ihnen noch heute meine Arbeitsleute zu schicken, fügte er hinzu, während- Afdotja fortfuhr, unter Thränen zu versichern, daß sie sich und ihn umbringen werde.

Ei sieh’, da kommen meine Leute schont sagte er durch’s Fenster sehend. Es hätte sonst, was Gott verhüten wolle, ein Unglück geschehen können . . . so kann man sich eher beruhigen. Sie haben wohl die Güte, noch heute Ihre Siebensachen zusammenzupacken; meine Leute werden Ihnen gerne dabei zur Hand gehen. Also auf das Vergnügen, Sie wiederzusehen.

Er grüßte, ging hinaus und rief seine Leute zu sich . . .

Afdotja fiel auf eine Bank, dann lehnte sie sich mit der Brust auf den Tisch und rang die Hände, dann sprang sie plötzlich ans und eilte ihrem Manne nach . . . Das Wiedersehen des Ehepaars haben wir bereits geschildert.

Als Akim nach dieser Begegnung mit Jephrem davonfuhr, sie allein im Felde zurücklassend, blieb sie noch lange weinend stehen, ohne an’s Weitergehen zu denken. Endlich ganz erschöpft von schmerzlicher Aufregung, wandte sie ihre Schritte dem Herrenhause zu. Es war ihr bitter um’s Herz, als sie in das Haus eintrat, noch bitterer, als sie sich im Mägdezimmer zeigte. Alle Mädchen kamen ihr mit Theilnahme und Mitleid entgegen. Bei ihrem Anblick brach Afdotja unwillkürlich aufs Neue in Thränen aus, bis ihre Augen vom Weinen ganz roth und geschwollen waren. Unfähig« sich länger aufrecht zu erhalten, sank sie auf einen Stuhl nieder. Man schickte nach Kirillowna, die auch sofort erschien und der Armen viel Freundlichkeit erzeigte, aber ihr nicht gestattete, die Herrin zu sehen, eben so wie sie dieß Akim nicht gestattet hatte. Auch bestand Afdotja durchaus nicht darauf, Lisaweta Prochorowna zu begrüßen; sie war einzig deshalb ins Herrenhaus gekommen, weil sie entschieden nicht wußte, wohin sie ihr Haupt legen sollte.

Kirillowna ließ das Samowar bringen. Afdotja sträubte sich lange, etwas zu sich zu nehmen, gab aber endlich dem Bitten und Drängen aller Mädchen nach, und als sie die erste Tasse Thee getrunken hatte, ließ sie ihre Tasse noch viermal füllen. Sobald Kirillowna bemerkte, daß die Arme anfing, sich wieder ein wenig zu beruhigen und nur noch je zuweilen zitterte und schluchzte, fragte sie, wohin sie mit Akim zu ziehen gedenke und was sie mit ihren Sachen anfangen wolle. Bei dieser Frage brach Afdotja wieder in Weinen aus und versicherte, daß sie nichts wünsche als den Tod; allein Kirillowna, als eine Frau von Verstand, unterbrach sie kurz mit dem Rathe, keine Zeit zu verlieren und ihre Sachen ohne Verzögern in die ehemalige Wohnung Akim’s in das Dorf zu schaffen, wo ihr Oheim wohnte, derselbe Greis, welcher die Heirat Akims nicht gebilligt hatte. Sie fügte hinzu, daß man ihr mit Erlaubniß der Herrin Pferde und Leute zur Verfügung stellen werde, um ihre Sachen fortzuschaffen. »Und was Sie anbelangt, mein Herzchen, sagte Kirillowna, ihre Katzenlippen in einem sauersüßen Lächeln zusammenkneifend, so wird für Sie immer Platz bei uns sein und es wird uns zur Freude gereichen, Ihnen bis zu der Zeit, wo Sie sich wieder einen eigenen Haushalt einrichten können, hier ein Unterkommen zu gewähren. Die Hauptsache ist, den Kopf nicht zu verlieren. Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen und wird wieder für Sie sorgen; Alles geschieht nach seinem Willen. Lisaweta Prochorowna hat sich, natürlich nach reiflicher Ueberlegung, den Umständen fügen und Ihr Haus verkaufen müssen, aber sie wird Sie nicht vergessen und ihre Hand nicht von Ihnen zurückziehen; dasselbe hat sie auch Akim Sseménitsch sagen lassen. Wo ist er jetzt?«

Afdotja erwiderte, daß er ihr begegnet sei, sie sehr beleidigt habe und zu dem Kirchendiener Jephrem gefahren sei.

– Zu dem? rief mit Nachdruck Kirillowna. . . nun, ich begreife, daß es ihm augenblicklich schwer um’s Herz ist; vielleicht würde man ihn heute gar nicht mehr finden, wenn man nach ihm schickte. Was ist zu thun? Wir müssen unsre Maßregeln ergreifen. Malaschka! rief sie, sich zu einem der Mädchen wendend, – ruf Nikanor Iljitsch hierher, wir werden mit ihm die Sache besprechen.

Nikanor Iljitsch, ein Mensch von sehr verkümmertem Aeußern, der eine Art Verwalterrolle spielte, erschien auf der Stelle, hörte mit großer Ehrerbietung an, was ihm Kirillowna sagte, erwiderte: »wird sofort geschehen!« und zog sich zurück, um seinen Auftrag auszuführen, welcher darin bestand, daß Afdotja zu ihrer Verfügung drei Telegas mit drei Bauern erhielt. Zu diesen gesellte sich aus eigenem Antrieb nach ein vierten mit der Bemerkung, daß er die Sache besser anzufassen wisse als die andern. In dieser Gesellschaft fuhr Afdotja nun nach dem Wirthshause, wo sie ihre frühern Leute und auch die alte Fetinja in großer Aufregung und Verwirrung fand . . .

Naoum’s neugemiethete Leute, drei baumstarke Kerle, hatten sich dort seit dem Morgen niedergelassen und schon so aufgeräumt und den Hof so gut bewacht, daß von einer neuen Telega bereits der Eisenbeschlag verschwunden war . . .

Es war ein bitteres Geschäft für die arme Afdotja, ihre Sachen zusammenzupacken. Trotz der Hilfe des geschickten Bauern, der sieh ihr selbst angeboten hatte und der im Grunde nichts that, als mit dem Stock in der Hand wichtig umherzugehen, wurde sie nicht fertig und mußte die Nacht im Gasthofe bleiben, wobei ihr Fetinja auf ihr Bitten Gesellschaft leistete. Sie lag wie im Fieber bis zum Frühroth und die Thränen stoßen ihr noch aus den Augen als sie schon eingeschlafen war.

Купите 3 книги одновременно и выберите четвёртую в подарок!

Чтобы воспользоваться акцией, добавьте нужные книги в корзину. Сделать это можно на странице каждой книги, либо в общем списке:

  1. Нажмите на многоточие
    рядом с книгой
  2. Выберите пункт
    «Добавить в корзину»