HEINRICH IV.

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HEINRICH IV.
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© 2014 Gustav Kiepenheuer Bühnenvertriebs-GmbH

Schweinfurthstraße 60, 14195 Berlin

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

Sämtliche Rechte der öffentlichen Wiedergabe (u. a. Aufführungsrecht, Vortragsrecht, Recht der öffentlichen Zugänglichmachung und Senderecht) können ausschließlich von der Gustav Kiepenheuer Bühnenvertriebs-GmbH erworben werden und bedürfen der ausdrücklichen vorherigen schriftlichen Zustimmung. Nicht genehmigte Verwertungen verletzen das Urheberrecht und können zivilrechtliche und ggf. auch strafrechtliche Folgen nach sich ziehen.

ISBN 978-3-7375-0055-5

Personen

Heinrich IV.

Marchesa Matilde Spina

Frida, ihre Tochter

Der junge Marchese Carlo di Nolli

Baron Tito Belcredi

Doktor Dionisio Genoni

Die vier angeblichen "Geheimen Räte des Kaisers":

Landolf (Lolo)

Harald (Franco)

Ordulf (Momo)

Bertold (Fino)

Der alte Kammerdiener Giovanni

Zwei Diener in historischen Kostümen

Ort

Ein einsames Landhaus in Umbrien

Zeit

Heute

Uraufführung

Mailand, 24. Februar 1922

Eine kurze Stelle im ersten Akt ist in [zwei] Klammern gesetzt. Sie sollte bei der Aufführung gestrichen werden, um den notwendigen schnellen Fortgang der Handlung zu erreichen.

ERSTER AKT

Großer Saal eines Landhauses, der stilecht so ausgestattet ist, dass er den Thronsaal Heinrichs IV. in der Kaiserpfalz zu Goslar darstellen könnte. Aber inmitten der antiken Einrichtung fallen zwei moderne lebensgroße Ölbilder an der hinteren Wand auf, die in geringer Höhe über dem Boden auf einem Sockel aus geschnitztem Holz stehen, der an der ganzen Wand entlangläuft und so breit ist, dass man sich wie auf eine Bank daraufsetzen kann. Ein Bild steht rechts, das andere links vom Thron, der in der Mitte der Wand mit seinem Kaisersitz und seinem niedrigen Baldachin den Sockel unterbricht.

Die beiden Porträts stellen einen jungen Mann und eine junge Frau in Karnevalskostümen dar, ihn als Heinrich IV. und sie als Markgräfin Mathilde von Toscana. – Türen rechts und links.

Wenn der Vorhang aufgeht, springen zwei Diener, die ausgestreckt auf dem Sockel gelegen haben, wie ertappt auf und stellen sich mit ihren Hellebarden rechts und links zu Füßen des Thrones wie Statuen auf. Gleich darauf treten durch die zweite Tür rechts Harald, Landolf, Ordulf und Bertold ein. Diese vier jungen Leute sind vom Marchese Carlo di Nolli engagiert, um die Rollen von "Geheimen Räten", Vasallen aus dem niederen Adel, am Hofe Heinrichs IV. zu spielen. Sie sind daher wie deutsche Ritter aus dem 11. Jahrhundert gekleidet. Der letzte, Bertold (der eigentlich Fino heißt), ist heute zum ersten Mal im Dienst. Die drei anderen machen sich einen Spaß daraus, ihn richtig "einzuweisen". Die ganze Szene muss sehr lebendig gespielt werden.

LANDOLF zu Bertold, als ob er eine Erklärung fortsetzte Und das ist der Thronsaal!

HARALD Zu Goslar!

ORDULF Oder auch, wenn du willst, auf der Harzburg!

HARALD Oder in Worms.

LANDOLF Je nach dem Ereignis, das wir gerade darstellen, springt er mit uns bald hierhin, bald dorthin.

ORDULF Nach Sachsen!

HARALD In die Lombardei!

LANDOLF An den Rhein!

ERSTER DIENER ohne eine Miene zu verziehen, bewegt kaum die Lippen Sst! Sst!

HARALD wendet sich zu ihm Was ist denn?

ERSTER DIENER reglos wie eine Statue, leise Kommt er, oder kommt er nicht? spielt auf Heinrich IV. an

ORDULF Nein, nein, er schläft. Macht's euch nur bequem.

ZWEITER DIENER während beide aufatmend zum Holzsockel gehen, um sich wieder auszustrecken Mein Gott, das hätten Sie uns doch sagen können!

ERSTER DIENER geht auf Harald zu Verzeihung, haben Sie ein Streichholz?

LANDOLF Oho! Nix Pfeife hier drinnen!

ERSTER DIENER während Harald ihm ein brennendes Streichholz reicht Ich rauche ja Zigarette. zündet die Zigarette an und streckt sich rauchend auf dem Sockel aus

BERTOLD hat in einer Mischung von Erstaunen und Ratlosigkeit dies alles beobachtet, sich im Saal umgesehen und schaut dann auf sein Kostüm und das seiner Kameraden Aber, verzeiht... dieser Saal... diese Kostüme... Was für ein Heinrich IV.? Ich werde nicht schlau draus. Das ist doch der von Frankreich – oder?

Bei dieser Frage brechen Landolf, Harald und Ordulf in schallendes Gelächter aus.

LANDOLF zeigt lachend auf Bertold und animiert seine immer noch lachenden Kameraden, sich weiter über ihn lustig zu machen Der von Frankreich, sagt er!

ORDULF wie oben Er hat gedacht, der von Frankreich!

HARALD Der deutsche Heinrich IV., mein Lieber! Aus dem Hause der Salier.

ORDULF Der große und unglückliche Kaiser!

LANDOLF Der von Canossa! Tag für Tag führen wir hier den ganz entsetzlichen Krieg zwischen Reich und Kirche weiter. Ha!

ORDULF Das Kaiserreich gegen das Papsttum! Ha!

HARALD Gegenpäpste gegen die Päpste!

LANDOLF Könige gegen die Gegenkönige!

ORDULF Und Krieg gegen die Sachsen!

HARALD Und gegen all die aufständischen Fürsten!

LANDOLF Gegen die eigenen Söhne des Kaisers!

BERTOLD fasst sich unter diesem Schwall von Informationen mit beiden Händen an den Kopf Ich hab verstanden! Ich hab verstanden! Zurechtgefunden hab ich mich nur nicht, als ich in meiner Aufmachung hier in diesen Saal kam! Ich hab doch gleich gesagt – das ist nicht die Tracht des sechzehnten Jahrhunderts.

HARALD Aber wieso denn sechzehntes Jahrhundert!

ORDULF Hier sind wir zwischen tausend und elfhundert!

LANDOLF Du kannst es dir ausrechnen: wenn wir am 25. Januar des Jahres 1077 vor Canossa sind...

BERTOLD immer verwirrter Du lieber Gott! Das ist vielleicht ein Reinfall!

ORDULF Das kann man wohl sagen! Wenn er glaubte, er sei am Hofe von Frankreich!

BERTOLD Meine ganze historische Vorbereitung...

LANDOLF Ja, mein Lieber, das liegt alles vierhundert Jahre früher! Gegen uns bist du noch ein Knäblein!

BERTOLD wird wütend Aber das hätte man mir doch sagen können, Donnerwetter, dass es sich um den von Deutschland handelt, und nicht um Heinrich IV. von Frankreich. Was für einen Berg von Büchern habe ich gewälzt in den vierzehn Tagen, die man mir zugestanden hat zur Vorbereitung!

HARALD Na, hör mal, wusstest du denn nicht, dass der arme Tito hier der Adalbert von Bremen war?

BERTOLD Was heißt Adalbert! Einen Dreck hab ich gewusst!

LANDOLF Also pass auf: Als Tito gestorben war, hat der junge Marchese di Nolli...

BERTOLD Eben, der junge Marchese! Hätte der mir's nicht sagen können?

HARALD Vielleicht hat er gedacht, du wüsstest es?

LANDOLF Der wollte ja zuerst keinen Ersatz für Tito haben. Er fand, wir drei Übriggebliebenen wären genug. Aber er dort fing an zu toben: "Sie haben Adalbert verjagt!" Denn, verstehst du: er glaubte nicht, dass der arme Tito gestorben wäre, sondern, dass die Bischöfe von Köln und Mainz, seine Rivalen, ihn, also den Bischof Adalbert, vom Hofe vertrieben hätten.

BERTOLD fasst sich mit beiden Händen an den Kopf Ich habe nicht die leiseste Ahnung von der ganzen Geschichte.

ORDULF Na, dann bist du ja schön reingerasselt, mein Lieber!

HARALD Das Schlimmste ist, dass auch wir nicht wissen, wer du bist.

BERTOLD Auch ihr nicht? Ihr wisst nicht, wen ich hier vorstellen soll?

ORDULF Hm – "Bertold"!

BERTOLD Was heißt Bertold? Warum Bertold?

LANDOLF "Sie haben mir Adalbert fortgejagt! Dann will ich Bertold haben! Bertold will ich!"... hat er angefangen zu schreien.

HARALD Wir drei haben uns angeschaut. Wer mochte wohl dieser Bertold sein!

ORDULF Und nun bist du hier Bertold, mein Lieber.

LANDOLF Du wirst eine blendende Figur machen.

BERTOLD empört, will fort Ich denke gar nicht daran! Vielen Dank! Ich gehe! Ich verschwinde.

HARALD hält ihn gemeinsam mit Ordulf lachend zurück Aber nein, beruhige dich! Reg dich nicht auf!

ORDULF Der Kreuzfahrer-Berthold aus der Legende wirst du ja wohl nicht sein!

LANDOLF Du kannst dich übrigens damit trösten, dass auch wir nicht wissen, wer wir sind. Er Harald, – er Ordulf, – ich Landolf... so nennt er uns. Wir sind jetzt daran gewöhnt. Aber wer sind wir? Namen aus jener Zeit. Und so ein Name wird auch deiner sein: Bertold. Nur einer von uns, der arme Tito, hatte eine richtige, schöne Rolle, nach einem historischen Vorbild: die des Bischofs von Bremen. Er hatte auch wirklich was Bischöfliches – oh, herrlich war er, der arme Tito!

 

HARALD Klar – wenn er so viele Bücher über sich hat lesen können!

LANDOLF Und er beherrschte auch Seine Majestät: er setzte sich durch, er leitete ihn, wie eine Art Beschützer und Ratgeber. Auch wir drei sind "geheime Räte", aber nur so der Zahl wegen. Denn in den Geschichtsbüchern steht, Heinrich IV. sei beim hohen Adel verhasst gewesen, weil er sich am Hofe mit jungen Leuten aus dem niederen Adel umgeben hatte.

ORDULF Das wären also wir.

LANDOLF Ja, kleine königliche Vasallen, ihm ergeben, ein bisschen liederlich, ausgelassen...

BERTOLD Muss ich auch ausgelassen sein?

HARALD Was denn sonst! Genau wie wir.

ORDULF Das ist gar nicht so leicht, weißt du.

LANDOLF Es ist ein Jammer – denn wie du siehst, hier wäre die ganze Ausstattung vorhanden, unsere Kostüme wären wie geschaffen für ein wunderschönes Auftreten in einem historischen Stück, wie sie heute im Theater so beliebt sind. Stoff, oh ja, Stoff, um daraus nicht eine, sondern mehrere Tragödien zu machen, bietet die Geschichte Heinrichs IV. genug. Aber wir vier und diese beiden armen Teufel da, zeigt auf die Diener wenn sie stocksteif vor dem Thron aufgepflanzt stehen, wir sind... wir sind einfach nur da, und niemand macht sich daran und gibt uns eine Szene aufzuführen. Da ist – wie soll ich sagen? – eine Form, und es fehlt der Inhalt. – Wir sind schlimmer dran als die wirklichen Geheimen Räte Heinrichs IV., denn auch ihnen hatte natürlich niemand eine Rolle zugeteilt, aber sie wussten wenigstens nicht, dass sie eine spielen sollten, sie spielten sie, weil sie sie halt spielten, schließlich war es keine Rolle, es war ihr Leben. Sie verfolgten ihre Interessen zum Schaden der anderen, sie verkauften Ämter und was weiß ich noch alles. Wir dagegen, wir sind hier, in diesen Kleidern, an diesem wunderschönen Hof – und was tun wir? Nichts. Wie sechs Kasperlepuppen, die an der Wand hängen und darauf warten, dass irgend jemand sie herunternimmt und sie so oder so bewegt und sie ein paar Worte sagen lässt.

HARALD O nein, mein Lieber, entschuldige! Wir müssen doch auf seinen Ton eingehen können! Wir müssen wissen, in welchem Ton wir zu antworten haben! Wehe, wenn er mit dir spricht und du bist nicht imstande, so zu antworten, wie er es haben will!

LANDOLF Ja, das stimmt allerdings, das ist wahr.

BERTOLD Und du hast gesagt, nichts! Wie soll ich ihm denn richtig antworten, wenn ich mich auf Heinrich IV. von Frankreich vorbereitet habe, und jetzt taucht hier ein Heinrich IV. aus Deutschland auf! Landolf, Harald und Ordulf lachen wieder.

HARALD Das musst du aber schleunigst korrigieren!

ORDULF Lass nur, wir helfen dir.

HARALD Wir haben hier so viele Bücher! Zunächst brauchst du nur mal alles zu überfliegen.

ORDULF In großen Zügen wirst du ja Bescheid wissen.

HARALD dreht ihn um und zeigt ihm an der Rückwand das Bild der Markgräfin Mathilde Wer ist zum Beispiel die da?

BERTOLD schaut hin Die da? Vor allem scheint mir das – Verzeihung! – ein ganz schöner Stilbruch zu sein: zwei moderne Gemälde mitten in diesem ehrwürdigen alten Ambiente.

HARALD Du hast recht. Früher waren die auch gar nicht da. Hinter den Gemälden dort sind zwei Nischen, da sollten eigentlich zwei Statuen im Stil der Zeit hinein. Da sie leer geblieben sind, hat man sie mit den beiden Gemälden verdeckt.

LANDOLF unterbricht ihn Sicher wären die ein Stilbruch, wenn es wirklich Gemälde wären.

BERTOLD Und was sind es? Keine Gemälde ?

LANDOLF Doch, wenn du sie berührst, sind es Gemälde. Aber für ihn zeigt geheimnisvoll nach rechts und meint Heinrich IV.... der sie nicht berührt...

BERTOLD Nein? Und was sind sie dann für ihn?

LANDOLF Ach, ich kann es nur interpretieren, aber ich glaube schon, dass es im Grunde so ist: Bilder sind es. Abbilder, wie... nun ja, wie sie etwa ein Spiegel wiedergeben könnte, verstehst du? Das dort zeigt auf das Porträt Heinrich IV. stellt ihn dar, lebendig wie er ist, in diesem Thronsaal, der auch so ist, wie er sein muss, im Stil der Zeit. Worüber wunderst du dich denn? Wenn man dir einen Spiegel vorhält – siehst du dich vielleicht nicht lebendig, so wie du heute bist, im Gewand von damals? Es ist so, als ob dort zwei Spiegel lebendige Bilder mitten in eine Welt zurückwerfen, die – keine Sorge – du wirst sehen, wenn du hier mit uns lebst, – du wirst sehen, wie auch sie wieder ganz lebendig wird.

BERTOLD Hm! Hört mal, ich möchte hier nicht den Verstand verlieren.

HARALD Wieso den Verstand verlieren? Du wirst deinen Spaß daran haben.

BERTOLD Ich frage mich nur, wie kommt es, dass ihr alle so gescheit geworden seid!

LANDOLF Mein Lieber – man geht nicht achthundert Jahre in die Geschichte zurück, ohne dabei ein wenig Erfahrung zu sammeln.

HARALD Komm nur, komm nur. Du wirst sehen, wir werden dich in kurzer Zeit mit in die Geschichte hineingezogen haben.

ORDULF Und in dieser Schule wirst auch du gescheit werden.

BERTOLD Ja, um Himmelswillen, dann helft mir aber gleich! Gebt mir wenigstens die wichtigsten Informationen.

HARALD Lass uns nur machen. Mal der eine, mal der andere...

LANDOLF Wir werden dir schon die Drähte einziehen und dich in Gang bringen wie die fügsamste und perfekteste Marionette. Gehen wir! Gehen wir! fasst ihn unter und will mit ihm abgehen

BERTOLD bleibt stehen und schaut auf das Bild an der Wand Einen Augenblick! Ihr habt mir nicht gesagt, wer die da ist. Die Frau des Kaisers?

HARALD Nein. Die Frau des Kaisers ist Berta von Susa, die Schwester von Amadeus dem Zweiten von Savoyen.

ORDULF Und der Kaiser, der mit uns jung sein möchte, kann sie nicht ausstehen und spielt mit dem Gedanken, sie zu verstoßen.

LANDOLF Die dort ist seine grimmigste Feindin: Mathilde, Markgräfin von Toscana.

BERTOLD Ah, ich weiß – die damals den Papst bei sich aufgenommen hat.

LANDOLF Ja, genau, in Canossa.

ORDULF Papst Gregor VII.

HARALD Unseren Buhmann. Aber kommt, gehen wir.

Alle vier gehen zur rechten Tür, durch die sie hereingekommen sind, da stürzt plötzlich durch die linke Tür Giovanni, der alte Kammerdiener herein. Er ist im Frack.

GIOVANNI hastig, aufgeregt Hallo! Sst! Franco! Lolo!

HARALD bleibt stehen und dreht sich um Was willst du denn?

BERTOLD wundert sich, ihn im Frack in den Thronsaal kommen zu sehen Oh! Wieso denn das? Was macht der hier drinnen?

LANDOLF Ein Mensch aus dem zwanzigsten Jahrhundert! Raus! läuft, scherzhaft drohend, mit den beiden anderen auf ihn zu, um ihn hinauszujagen

ORDULF Den schickt Gregor VII.! Raus mit ihm!

HARALD Raus! Raus!

GIOVANNI verteidigt sich, verdrießlich Hört doch auf damit!

ORDULF Nein! Hier darfst du nicht herein!

HARALD Raus! Raus!

LANDOLF zu Bertold Das ist Zauberei, weißt du! Ein böser Geist, den der Hexenmeister aus Rom schickt! Heraus mit dem Degen! Er will den Degen ziehen.

GIOVANNI schreit Hört doch auf damit! Spielt nicht verrückt mit mir! Der Marchese ist angekommen! Mit Begleitung!

LANDOLF reibt sich die Hände Ah! Wunderbar! Mit Damenbegleitung?

ORDULF ebenso Alte? Junge?

GIOVANNI Es sind zwei Herren dabei.

HARALD Aber die Damen? Wer sind die Damen?

GIOVANNI Die Marchesa mit ihrer Tochter.

LANDOLF verwundert Oh? Wieso denn das?

ORDULF ebenso Die Marchesa, sagst du?

GIOVANNI Die Marchesa! Die Marchesa!

HARALD Und wer sind die Herren?

GIOVANNI Das weiß ich nicht.

HARALD zu Bertold Die kommen, um uns den Inhalt zu liefern, verstehst du?

ORDULF Alle von Gregor VII. geschickt. Das wird ein Spaß!

GIOVANNI Lasst ihr mich endlich ausreden?

HARALD Rede doch! Rede!

GIOVANNI Einer der beiden Herren scheint ein Arzt zu sein.

LANDOLF Aha! Das kennen wir schon, einer der üblichen Ärzte.

HARALD Bravo, Bertold! Du bringst uns Glück!

LANDOLF Pass nur auf, wie wir den zur Schnecke machen, den Herrn Doktor!

BERTOLD Ich seh schon, da komm ich gleich schön in die Klemme!

GIOVANNI Hört doch zu! Sie wollen hier in den Saal herein.

LANDOLF erstaunt und bestürzt Was? Sie? Die Marchesa? Hierher?

HARALD Na also, da hätten wir ja unseren Inhalt.

LANDOLF Das gibt wirklich eine Tragödie!

BERTOLD neugierig Wieso? Warum denn?

ORDULF zeigt auf das Bild Das ist doch die da, verstehst du nicht?

LANDOLF Die Tochter ist die Verlobte des Marchese.

HARALD Aber was wollen sie hier? Darf man das vielleicht wissen?

ORDULF Wenn er sie sieht, dann gute Nacht!

LANDOLF Vielleicht erkennt er sie jetzt gar nicht mehr wieder.

GIOVANNI Wenn er aufwacht, müsst ihr ihn drüben festhalten.

ORDULF So? Na, du machst mir Spaß! Wie denn?

HARALD Du weißt doch genau, wie er ist.

GIOVANNI Zum Teufel, meinethalben mit Gewalt. – Wenn sie mir das doch aufgetragen haben! Nun geht schon! Geht!

HARALD Ja, ja, um diese Zeit wird er vielleicht schon aufgewacht sein.

ORDULF Also kommt jetzt, gehen wir!

LANDOLF mit den anderen im Gehen, zu Giovanni Aber nachher musst du uns alles erklären!

GIOVANNI ruft ihnen nach Schließt dort ab und versteckt den Schlüssel! Auch die andere Tür! Zeigt auf die andere Tür rechts. Landolf, Harald, Ordulf und Bertold ab durch die zweite Tür rechts

GIOVANNI zu den zwei Dienern Und ihr macht auch, dass ihr fortkommt! Los, dort hinein! zeigt auf die erste Tür rechts Schließt die Tür wieder und zieht den Schlüssel ab! Die beiden Diener ab durch die erste Tür rechts. Giovanni geht zur Tür links, öffnet sie und lässt den Marchese di Nolli eintreten.

DI NOLLI Hast du meine Anordnungen weitergegeben?

GIOVANNI Ja, Marchese. Sie können beruhigt sein.

Di Nolli geht noch einmal für einen Augenblick hinaus, um die anderen hereinzuholen. Zuerst kommen Baron Tito Belcredi und der Arzt Dionisio Genoni, dann Donna Matilde Spina und die Marchesina Frida. Giovanni verbeugt sich und geht ab. Donna Matilde Spina ist ungefähr fünfundvierzig Jahre alt, noch schön, mit guter Figur. Allerdings versucht sie den unvermeidlichen Spuren des Alters durch ein starkes, wenn auch gekonntes Makeup abzuhelfen, das ihr ein stolzes Walkürenhaupt verleiht. Die Art, in der sie sich zurechtmacht, ist um so bemerkenswerter, als sie in schroffem und beunruhigendem Gegensatz steht zu ihrem schönen und melancholischen Mund. Sie ist seit vielen Jahren Witwe und mit dem Baron Tito Belcredi befreundet, den – so scheint es wenigstens – weder sie noch die anderen je ernst genommen haben. Was Tito Belcredi im Grunde für sie bedeutet, weiß nur er genau, und daher kann er lachen, wenn seine Freundin das Bedürfnis hat, so zu tun, als ob sie es nicht wüsste; stets lachen als Antwort auf das Gelächter der anderen, wenn die Marchesa sich über ihn lustig macht. Er ist schmächtig, vorzeitig ergraut, etwas jünger als sie und hat einen merkwürdigen Vogelkopf. Er könnte sehr lebhaft sein, wenn seine geschmeidige Beweglichkeit (die ihn zu einem höchst gefürchteten Degenfechter macht) nicht von einer schläfrigen arabischen Trägheit überdeckt würde, die sich in seinem merkwürdigen nasalen und schleppenden Tonfall offenbart. – Frida, die Tochter der Marchesa, ist neunzehn Jahre alt. Sie ist im Schatten ihrer herrischen und allzu auffallenden Mutter verkümmert und leidet unter deren selbstverschuldetem zweifelhaftem Ruf, der ihr mehr als der Mutter selbst schadet. Glücklicherweise ist sie jedoch bereits mit dem Marchese Carlo di Nolli verlobt, einem etwas steifen jungen Mann, der anderen gegenüber sehr tolerant, aber in dem wenigen, was er sein und in der Welt darstellen zu können glaubt, unbeugsam und unnachgiebig ist, sowenig er vielleicht im Grunde selbst genau weiß, was das sein soll. Jedenfalls trägt er schwer an den großen Verantwortungen, die er auf sich lasten fühlt. Die anderen, die Glücklichen, die können reden, die können sich amüsieren – er nicht. Aber nicht etwa, weil er nicht möchte, sondern weil er wirklich nicht kann. Er trägt tiefe Trauer, weil seine Mutter vor kurzem gestorben ist. – Doktor Dionisio Genoni hat ein schönes, spitzbübisches, rotes Faunsgesicht, mit hervortretenden Augen und einem kurzen, silbrigen Spitzbart, gute Manieren und ist fast kahl. Sie kommen beklommen, fast furchtsam herein, schauen sich – außer Nolli – neugierig im Saal um und sprechen zunächst sehr leise.

 

BELCREDI Ah! Wundervoll! Wundervoll!

DOKTOR Höchst interessant! Auch hier in den Gegenständen zeigt sich deutlich der Wahnsinn: Wundervoll, ja, ja, wundervoll!

DONNA MATILDE hat ihr Bild überall gesucht, entdeckt es und geht darauf zu Ah, da ist es ja! betrachtet es aus der richtigen Entfernung, mit gemischten Gefühlen Ja, ja... sieh nur... mein Gott... ruft ihre Tochter Frida, Frida... schau her...

FRIDA Ah – dein Bild?

DONNA MATILDE Aber nein! Sieh nur: das bin nicht ich, das bist du!

DI NOLLI Ja, nicht wahr? Ich habe es Ihnen ja gesagt.

DONNA MATILDE Aber so sehr, das hätte ich nie geglaubt! schüttelt sich, als liefe ihr ein Schauder den Rücken herunter Mein Gott, was für ein Gefühl! sieht die Tochter an Ja, wie denn, Frida?! legt einen Arm um ihre Hüfte und zieht sie an sich Komm! Erkennst du dich nicht in mir wieder, da oben?

FRIDA Ach!... Ich, ehrlich gesagt...

DONNA MATILDE Findest du nicht? ... Wieso nicht? wendet sich an Belcredi Schauen Sie mal, Tito! Sagen Sie...

BELCREDI ohne hinzublicken Ah nein, ich sehe gar nicht erst hin! Ich sage a priori nein!

DONNA MATILDE So ein Idiot! Denkt, er macht mir ein Kompliment! wendet sich an Dr. Genoni Sagen Sie etwas, Doktor! Der Doktor tritt näher.

BELCREDI halb umgewendet, tut so, als wolle er ihn heimlich davon abhalten Pst! Nicht, Doktor! Um Himmels willen, geben Sie sich nicht dazu her!

DOKTOR lächelt verlegen Und warum sollte ich nicht?

DONNA MATILDE Achten Sie nicht auf ihn. Kommen Sie. Er ist unausstehlich.

FRIDA Er spielt bei jeder Gelegenheit den Dummen, wissen Sie das nicht?

BELCREDI zum Doktor, der weitergeht Geben Sie acht auf Ihre Füße, geben Sie acht auf Ihre Füße, Doktor! Auf Ihre Füße!

DOKTOR wie oben Auf die Füße? Warum?

BELCREDI Sie haben Eisen an den Schuhen.

DOKTOR Ich?

BELCREDI Ja, mein Herr! Und damit stiefeln Sie auf vier gläserne Füßchen zu!

DOKTOR lacht laut Aber nein! Schließlich ist es doch nicht weiter verwunderlich, wenn eine Tochter ihrer Mutter ähnlich sieht.

BELCREDI Krachbumm! Schon passiert!

DONNA MATILDE geht übertrieben zornig auf Belcredi zu Wieso krachbumm? Was soll das heißen? Was hat er denn gesagt?

DOKTOR naiv Stimmt das etwa nicht?

BELCREDI antwortet der Marchesa Er hat gesagt, das sei nicht weiter verwunderlich. Aber Sie haben sich darüber sehr gewundert. Und warum, verzeihen Sie, wenn es Ihnen jetzt ganz natürlich erscheint?

DONNA MATILDE noch zorniger Trottel! Sie Trottel! Eben weil es so natürlich ist! Denn das ist ja gar nicht meine Tochter zeigt auf das Bild... das ist ein Bild von mir! Und darin meine Tochter zu finden und nicht m i c h , darüber war ich verwundert, und meine Verwunderung, das bitte ich Sie, mir zu glauben, war echt – und ich verbiete Ihnen, daran zu zweifeln!

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