Aus, Äpfel, Amen (2) Ria, de Kloa 1948 bis 1951

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Aus, Äpfel, Amen (2) Ria, de Kloa 1948 bis 1951
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Mia May-Esch

AUS, ÄPFEL, AMEN!

BUCH 2

Ria, de Kloa


Engelsdorfer Verlag

Leipzig

2016

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Copyright (2016) Engelsdorfer Verlag Leipzig

Alle Rechte bei der Autorin

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

www.engelsdorfer-verlag.de

Vorwort

Eigentlich will ich gar nichts mehr schreiben, weil ich mich so kraftlos finde. Aber Melitta, meine Freundin, bearbeitet mich, und von ihrer Tochter Nina habe ich diesen schönen, gebrauchten Laptop erhalten, mit dem ich jetzt bequem arbeiten kann und der mich dazu verführt, doch noch ein wenig weiterzuschreiben.

Im ersten Teil meiner Niederschrift habe ich meine Erinnerungen bis 1947 aufgeschrieben. Nun will ich die Schreiberei also fortsetzen.

Nochmals, ich will nicht behaupten, dass meine Erinnerungen zeitlich, politisch und örtlich genau richtig liegen, denn es sind Erinnerungen eines Kindes beziehungsweise jetzt einer nicht mehr jungen Frau. Ich spreche auch nicht alle wichtigen Ereignisse der jeweiligen Jahre an, sondern nur Dinge, die in meinem Leben für mich von Bedeutung waren. Vielleicht war vieles damals für mich wichtig, ist aber im Laufe der Jahre in Vergessenheit geraten.

2009
Sommer 2009 … Noch oder wieder krank

Mein 70. Geburtstag liegt nun schon einige Monate zurück. Bei vielen meiner Gratulanten, Bekannten und auch Freunden bin ich in der Zwischenzeit wieder mehr oder weniger in Vergessenheit geraten oder aber zumindest wieder in den Hintergrund getreten. Die rosarote Brille, die ich an und auch noch nach meinem Geburtstag eine Zeit lang trage und die mir alles, auch die dunkelsten Wolken, in zarten Farben erscheinen lässt, lege ich wieder ab.

Kaum habe ich meine Wunderbrille in einer Seelenfalte versteckt, drängen sich geballte dunkle Wolken wieder in mein Gemüt, werfen Schatten darauf und drücken meine Stimmung in eine depressive Phase. Ich muss die rosa Brille doch wieder hervorholen.

In meinem jugendlichen Alter von siebzig Jahren habe ich noch ganz andere Vorstellungen. Greifen meine Finger schon wieder nach der rosaroten Brille? Ja! Ja! Ich weiß! Ich nehme zwar meinen Lieblingsplatz im Bett ein, aber es geht mir überhaupt nicht gut! Wenn ich das Gegenteil behaupten will, ist das einfach gelogen! Werde ich am Telefon gefragt, wie es mir geht, sage ich einfach, es gehe mir gut, weil ich nicht die Kraft habe, meinen wirklichen Zustand zu erklären.

Die Augen fallen mir zu und meine Gedanken wandern zurück in die Kindheit.

Auch dieser Teil meiner Niederschrift handelt von meiner Geschichte. Der Geschichte

der Mia, der (roten) Feder

der Ria, der Kloan (der Kleinen)

Und wie geht es jetzt weiter?

1948
Das Jahr 1948 mit wichtigen Ereignissen

Das Jahr 1947 geht nach den in meinem ersten Buch geschilderten Ereignissen eigentlich gut zu Ende. Das Weihnachtsfest ist nicht so üppig, der Jahreswechsel ruhig; die Familie ist zufrieden. Der Winter dauert nicht so lange und es beginnt früh zu leinen (tauen).

Papa wieder zu Hause

Nach der Entlassung 1947 aus der russischen Kriegsgefangenschaft und seiner Heimkehr findet sich Papa wieder gut zurecht. Er genießt das wiedergewonnene Leben in der Heimat, auch wenn dieses bescheiden verläuft. Einige Male muss er jedoch in die Gemeindekanzlei, die von zwei Kriegsversehrten, dem Herrn Modauer Karl und dem Herrn Meier, verwaltet wird. Der Papa nimmt mich immer mit. Da höre ich, wie sie ihm Fragen stellen. Wo genau er im Krieg gewesen sei, wo in der Gefangenschaft, was er noch alles wisse, welche Männer gefallen und welche noch in der Gefangenschaft seien. Papa gibt zwar gewissenhaft Auskunft, aber ich merke, dass er nicht gerne über diese Zeiten spricht.

So weit es möglich ist, wird er von Mama verwöhnt. Er ist der Herr im Haus; er verdient den Lebensunterhalt oder bekommt im Winter Stempelgeld. Das Bett im Zimmer steht natürlich nur für ihn bereit. Mama schläft auf dem Sofa in dem kleinen Flur. Wenn es schneit, treibt der Wind, wie auch im Dachkammerl bei der Mutti, den Schnee durch die schlecht schließende Tür bis vor das Bett. Beim Aufstehen stehen wir barfuß im Schnee.

Wenn Besuch im Dachkammerl übernachtet, müssen Beate und ich „zu Hause“ schlafen. Für Beate bedeutet dies, dass sie die Nächte in der nassen, kalten und finsteren Wohnung mit den eisigen Wänden bei ihrer Mutti verbringen muss. Ich schlafe zusammen mit Mama auf dem schmalen Sofa im Flur. Ich liege an der Wand; wenn Mama sich umdreht, muss ich das auch tun, denn sonst reicht der Platz überhaupt nicht.

Papa hat wieder seine schlanke Figur. Das Wasser ist weg. Er hat auch schon einen schweren Malarieanfall hinter sich. Jetzt im Winter hat Papa keine Arbeit, er geht zum „Stempeln“. Dazu muss er jeden Montag nach Kösching, um sein Stempelgeld abzuholen. Nun hat er ein altes Herrenfahrrad. Damit kommt er überall gut hin, auch nach Kösching. Das ist sehr wichtig, denn wer nicht kommt, kriegt auch nichts! Ohne Stempel kein Geld!

Und sonst?

Mein kleiner Bruder Ludwig hat immer noch seinen Gschwoilltlkopf (runder Kopf). Nach wie vor hat er keine Lust, viel zu reden. Den Kindergarten besucht er jedoch gerne.

Robert ist seit dem Herbst 47 in der ersten Klasse der Schule. Er ist ein blasser, nervöser Kerl, der manchmal sehr jähzornig ist. Aber gegen uns zwei große Mädchen ist er immer auf verlorenem Posten.

Beate ist in der zweiten Klasse. Sie ist schnell in die Höhe geschossen und mir sogar etwas über den Kopf gewachsen. Ich schätze, zu meinen Gunsten: „I bin net kleaner ois wia du, sondern genauso groß ois wia du (als wie du).“ Wir stellen uns Rücken an Rücken und Beate stellt siegreich fest: „Sigst as, i bin greßer ois wia du.“ (Ich bin größer als wie du – bayrische Grammatik löst alle Probleme von „wie“ und „als“.)

Ich, die Glückliche, bin in der dritten Klasse und gehöre nun, 1948, zu den Kommunionkindern.

Das Hochwasser

Der Winter neigt sich dem Ende zu, das Wetter wird milder, es leint und das eigentlich schnell. Dadurch kommt es, wie fast jedes Jahr, zu Hochwasser. Bei den Meiers, wo die Tante wohnt, stürzt das Wasser die Bergstraße vom Gstockets her, vorbei an Pöschel, Birkner und Nerb herunter. Der schmale Lentinger Manterinbach tritt draußen im Seebach schon über seine Ufer und füllt die breite Senke fast bis zur Kriegsstraße aus. Auch in der Schwemme, wo sonst an Samstagen die Pferde gewaschen und gestriegelt werden, breitet sich der Bach ins Uferlose aus. Die Gerners können das Haus nicht mehr verlassen und in einem Sautrog, der als Boot dient, wird die Frau Gerner an Land ins Trockene gebracht.

Ich in meiner Neugierde – oh, das ist das falsche Wort, denn neugierig bin ich nicht, sondern seh- und wissbegierig – laufe direkt am Rande des Hochwassers entlang. In meinen fast neuen Schnürstiefeln, deren Kauf sich Mama direkt vom Mund abgespart hat, stapfe ich durch die sumpfige Wiese und achte auf nichts. Mit vollkommen verdreckten Schuhen, an denen jetzt auch noch ein Absatz fehlt, komme ich heim. Mama ist entsetzt. Sie fängt wegen des fehlenden Absatzes zu schimpfen an. Mama versteht nicht, dass ich einfach genau sehen musste, ob vielleicht auch ein ganzes Ochsengespann oder eine Frau mit einer Kirm auf dem Rücken vorbeischwimmt, wie es Mamas Mutter früher mal bei einem Donauhochwasser gesehen hat.

Für mich ist das Hochwasser auch interessant, weil dort, wo jetzt der Bach läuft, der Sage nach in ganz, ganz früheren Zeiten ein breiter Fluss gewesen sein soll, der die ganze Breite des Tales ausfüllte. Dieser Fluss wurde von Schiffern mit Booten befahren. Wo das heutige Dorf ist, soll eine Anlegestelle gewesen sein, daher kommt der Name des Dorfes, der damals „Landing“ lautete und später zu Lenting wurde. Oben auf der Höhe, wo heute die Kirche steht, soll eine Kapelle errichtet worden sein, die dem Heiligen Nikolaus, dem Heiligen der Schiffer, geweiht wurde, der auch heute noch der Schutzheilige der Pfarrei ist. Beim Anblick des Hochwassers kann ich mir genau vorstellen, wie das damals ausgesehen hat.

Auch ein Hochwasser kann also trotz dreckiger Schuhe geistige Anregung bringen.

Vorbereitungen für meine Heilige Erstkommunion

Mein neunter Geburtstag verläuft angesichts der bevorstehenden Erstkommunion fast ohne Beachtung. Das große Ereignis der Erstkommunion findet immer am Weißen Sonntag, eine Woche nach Ostern, statt. Dieses Jahr fällt er früh, schon auf den 4. April. Dies ist auch der siebte Geburtstag von Robert, aber auch dem wird es dieses Jahr an Beachtung fehlen. Obwohl Kindergeburtstage generell nicht besonders gefeiert werden.

 

Die Vorbereitungen für mein großes Fest beginnen schon lange vorher. Das Wichtigste ist das Kleid. Mama hat noch diesen wunderbaren Stoff mit den Goldfäden. Eigentlich hat ihr der Papa diesen Stoff 1940 einmal mitgebracht. Es sollte eine elegante Bluse für sie werden. Jetzt ist sie froh, dass sie damit das Kleidproblem lösen kann.

Der Stoff ist für Mama so kostbar, dass sie mein Kleid nicht selbst näht, sondern die Schneiderin Anni den Auftrag bekommt. Die Anni ist eine gute Freundin meiner Tante und erklärt sich bereit, das Kleid zu nähen, obwohl sie gar nicht weiß, wie sie alle Kleider, die sie in Auftrag hat, bis zum Weißen Sonntag fertig haben soll.

Mutti und Tante tragen auch sonst mit allen Mitteln bei, so bekomme ich eine Garnitur gaaaanz neue Unterwäsche, weiße Strümpfe und weiße Handschuhe. Es ist ein Rätsel, wie sie das geschafft haben. Einen weißen Rosenkranz, ein Kettchen mit einem Kreuz und ein Gebetsbuch bekomme ich schon vorher als Geschenk zu meiner Kommunion. Mama näht mir noch ein neues weißes Strapsleiberl, ein weißes Täschchen sowie weiße Schuhe mit einer Spange und Verzierung.

Aber es fehlen doch noch sehr wichtige Dinge, nämlich die Kerze und ein Kränzchen. Natürlich sind meine Leute nicht die Einzigen, die solche Raritäten suchen. Die Eltern von reichen Bauernkindern haben da doch noch ganz andere Möglichkeiten, diese Kostbarkeiten irgendwie einzutauschen. Für mich werden die Lebensmittelkarten geopfert. So treibt man doch noch eine Kerze auf. Aber ein Kranz ist nicht zu finden. Es ist schon die Osterwoche, Mama überlegt, ob sie nicht selbst ein Kränzchen basteln und dieses mit den Asparaguszweigen aus Tantes Blumenstock schmücken könnte.

Da bringt Tante endlich die Nachricht, dass die Frau Herold noch einen Kranz habe. Es ist zwar kein Kränzchen für ein Kommunionkind, sondern ein Brautkranz, und er ist nur gegen viele Zucker- und Fleischmarken zu erhalten, außerdem zwingt der Aufwand sämtliche Vorbereitungspläne für Essen und Backen zu erheblichen Einschränkungen, aber der Kranz wird erworben! Ich bin ausstaffiert und glücklich!

Und wie wichtig wir Kommunionkinder im Dorf sind! Überall merkt man die Vorbereitungen. Ich, mit meinem Goldfadenkleid, werde bestimmt die Schönste!

Wenn ich Mama frage, ob ich schön sei, dann meint sie immer: „Du taugst schon nei (hinein) untern Haufen.“ Nie sagt sie, dass ich schön bin! Noch dazu gehe ich schon die ganze Zeit nicht in die Sonne, damit mich an meiner Kommunion ja keine Sommermirl (Sommersprossen) verunstalten – und die Märzensonne ist sehr gefährlich.

Endlich bin ich einmal wichtig, wo ich doch sonst nur wegen meiner roten Haare und der Sommersprossen auffalle. Sogar die Kinder haben schon hinter mir hergerufen: „Du mit deinen Sommersprossen hast mit dem Teufel Kuhdreck droschen!“ Da hat es Beate gut! Sie hat schöne braune Haare. Ihre Augen sind nie entzündet, kein einziges Sommermirl verunziert ihr Gesicht.

Jetzt aber stehe ich mal mit schönen Dingen im Mittelpunkt! Meine Wichtigkeit macht sich überall bemerkbar. Voller Einbildung und Stolz rausche ich dahin und bringe Mama mal wieder zu einem ihrer Sprüche, mit dem sie mich ein wenig bremst: „Dummheit und Stolz wachsen auf einem Holz.“ Ich und dumm! Und ich bin doch auch nicht stolz, sondern ich gehöre einfach zu den Wichtigen! Ja mei, des is halt so, wenn man wichtig ist, ist man eben wichtig!

Ich habe kaum noch Zeit, um mit Beate zu reden. Ich merke zwar, dass sie genervt ist, aber sie verdreht nur missbilligend die Augen, dreht sich um und läuft davon. Sie denkt bestimmt, der Tag geht doch mal vorbei und ich werde wieder froh um sie sein. Übrigens, nächstes Jahr ist sie Kommunionkind, dann werde ich dumm schauen. Aber mein Denken geht nicht über das Ereignis hinaus.

Ich muss zu den Anproben zur Schneiderin. Meine Haare werden gewaschen und auf Papierwuggerl aufgedreht, damit ich am Weißen Sonntag die schönsten Stopsellocken habe.

Außerdem muss ich in den Pfarrhof zum Kommunionunterricht. Dann kommen die Proben vor und in der Kirche. Wir üben, wie wir uns aufstellen sollen, wer neben wem steht, wie wir reingehen, was wir singen, was wir sagen, wo wir sitzen, wie wir zur Kommunionbank gehen. Wir üben auch das gemeinsame Sprechen der Erneuerung des Taufgelübdes und des Glaubensbekenntnisses: „Ich glaube an Gott, den Vater und den Sohn … Ich glaube an die heilige katholische Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Nachlass der Sünden, Auferstehung des Fleisches und das ewige Leben. Amen.“


Aber um den Nachlass der Sünden zu erreichen, kommt vor der Kommunion noch die Beichte. Da muss ich den Beichtspiegel auswendig lernen, nebenbei mein Gewissen genau erforschen, damit ich ja keine Sünde aus meinem sündhaften Leben vergesse!

Oh je! All meine Verfehlungen soll ich dann unserem Pfarrer beichten. Der kennt mich ja, so wird er dann ganz genau wissen, dass ich gar nicht sooo heilig bin, wie ich immer dreinschaue oder wie ich den Anschein erwecken will. Auch wenn ich bei mir keine Todsünden finde, so hat sich doch schon ein Sündenregister in meinem Leben angesammelt: tägliche Gebete unterlassen, der Mama nicht gefolgt, eingebildet sein, meine kleineren Brüder an den Haaren gezogen, von der Marmelade genascht, neidisch gewesen und, und, und … Ich will noch gar nicht genau darüber nachdenken!

Da hat es der Papa schön, der beichtet in der Stadt oder er kauft sich einen Beichtzettel, damit er beim Pfarrer den Nachweis erbringen kann, dass er die Osterbeichte abgelegt hat.

Aber auch die Beichte werde ich überleben.

Die Osterzeit

Am Palmsonntag stehe ich schnell auf, damit ich ja nicht der Palmesel werde. Das ist dieses Jahr der Papa. Aber der nimmt das nicht tragisch, sondern lacht nur dazu. Im Hochamt lasse ich die bunten gebundenen Palmkätzchen weihen. Diese steckt Mama hernach hinter das Kreuz in der Küche, damit Gottes Segen immer im Haus ist.

Die Karwoche ist ruhig und es gibt weniger zu essen. Am Karfreitag läuten keine Glocken, sondern man hört nur die Karfreitagsratschn. Es heißt, die Glocken sind nach Rom geflogen. Von dort werden sie zu Ostern von den Engeln wieder zurückgebracht.

In der Kirche sind alle Bilder mit violetten Tüchern verhüllt. Vorne an der Kommunionbank liegt ein Kreuz am Boden. Wenn man im Knien dort ankommt und den Leib Christi küsst, erhält man einen Ablass. Wir Kinder sammeln mit Freude einen Ablass nach dem anderen. Wir kommen zur Kirchentüre herein, gehen in die Knie, rutschen den ganzen langen Mittelgang entlang bis vor zum Kreuz, geben unseren Kuss darauf, stehen auf, verlassen die Kirche am vorderen Ausgang, laufen um die Kirche herum und wiederholen unsere Ablassgewinnung. Vor Ostern braucht der Mittelgang bestimmt nicht mehr geputzt zu werden, denn das haben wir mit unseren Strümpfen auf den Knien bestens erledigt.

Die Osterfeiertage sind schön. Ein Stück Geselchtes, das Mama kocht, und Eier, die Mama färbt, bringt Papa aus Stammham mit. Das Osterbrot backt Mama, den Kren (Meerrettich) gibt es direkt vor der Haustüre, den braucht man nur am Pfarrberg auszugraben. Beate und ich tragen dieses Jahr die Speisen zur Weihe. Hernach genießen wir zu Hause alle das gute, geweihte Osterfrühstück.

Natürlich wissen wir zwei Großen, dass es keinen Osterhasen gibt. Trotzdem freuen wir uns über die bunten Eier im Osternest. Das Schönste sind aber die gebackenen Osterbetzl, die mit Puderzucker bestreut sind und eine kleine papierene Osterfahne im Rücken haben. Tante, die Meisterin im Organisieren und Beschaffen, hat dieses Osterwunder vollbracht und uns damit überrascht.

Doch dann sind die Osterfeiertage vorbei. Die bunten Eier sind gegessen, aber mein Osterbätzerl hebe ich bis zur Kommunion auf.

Die Erstbeichte

Einige Tage vor dem Fest ist es so weit. Wir treten zur Erstbeichte an! In der kühlen Kirche knien wir sündigen Kinder in der ersten Reihe. Unser hochwürdiger Herr Pfarrer, der Beichtvater, kommt, schreitet mit strenger Miene an uns vorbei, setzt sich in den Beichtstuhl, zieht den Vorhang zu und ein Kind nach dem anderen geht zur Beichte.

Nun bin ich an der Reihe. Mit wackligen Knien tapse ich zum Beichtstuhl, denn meine gefühlte Sündenlast drückt mich fast zu Boden. Ich knie mich hin und beginne mit zittriger Stimme meine Sünden zu bekennen.

„Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. In Demut und Reue bekenne ich meine Sünden. Erstes Gebot … (Ich muss leiser reden, denn sonst kennt hernach das ganze Dorf meine Sünden …) Ich habe heilige Namen oft leichtsinnig ausgesprochen.“ So geht es durch mein Sündenregister. Natürlich habe ich nicht gegen alle Gebote gesündigt. Auch im sechsten Gebot habe ich keine Verfehlungen.

Mein Beichtvater stellt noch einige Fragen, dann bekomme ich die Absolution. Zur Buße bete ich die auferlegten Gebete und kehre noch ganz in mich gekehrt, aber frei von jeder Sünde heim. Ich schaue in den Spiegel. Der Heiligenschein fehlt mir, außerdem muss ich aufpassen, dass ich nicht noch vor der Heiligen Erstkommunion neue Sünden begehe.

Ich merke, dass es nicht immer ganz einfach ist, ohne Sünden zu leben, besonders, was meine Einbildung betrifft.

Der Weiße Sonntag – Mein Weißer Sonntag

Endlich ist der Weiße Sonntag da! Das Wetter ist schön. Gott sei Dank regnet es nicht, denn ich hätte keinen Mantel, keine Jacke, keinen Umhang. Aber Jesus hat Verständnis für seine Kommunionkinder. Ich muss schon früh aufstehen, damit ich ja rechtzeitig fertig werde. Es gibt kein Frühstück, denn Jesus’ Leib soll in Form einer Hostie vor dem Essen in mich eingehen. „Herr, ich bin nicht würdig, dass Du eingehest unter mein Dach …“

Das Zimmer ist voll, man kann sich kaum umdrehen. Papa liegt noch im Bett. Da ist er wenigstens nicht im Weg. Tante Resi aus Fürth und Tante Kuni aus München sind da, außerdem Mama, Tante, Beate und ich. Gebadet habe ich schon gestern Abend in der Zinkwanne im Wohnzimmer. Jetzt gibt es nur eine normale Morgenwäsche.

Anschließend werde ich eingekleidet. Alles passt wunderbar. Tante Kuni hält schon die Brennschere und Papier bereit. Erst werden die Haare aufgewickelt und die Papierwuggerl entfernt. Am Papier probiert Tante erst aus, ob die Brennschere nicht zu heiß ist und mir die Haare versengt. Nun bringt sie damit meine Stopsellocken in Form.

Es läutet schon zum Hochamt; ich kann endlich gehen. Alle begleiten mich bis zum Hoftürl und schauen mir voller Stolz nach. Mutti eilt herbei, denn sie geht mit mir. Die Tanten wollen in einigen Minuten direkt in die Kirche nachfolgen.

Vor der Schule versammeln sich alle Kommunionkinder und nehmen in Zweierreihen Aufstellung. Die Buben gehen voraus. Alle tragen dunkle Anzüge, die Mädchen gehen in Weiß. Wir bewundern uns gegenseitig, aber jede meint, die Schönste zu sein. Es ist wirklich zu bestaunen, wie es alle Eltern geschafft haben, ihre Kinder so einzukleiden. Eine, die Marianne, hat sogar Seidenstrümpfe und weist alle darauf hin. Natürlich bewundern wir ihre seidenbestrumpften Beine.

Wir werden nochmals zur Aufstellung ermahnt. Unter Glockengeläut ziehen wir in einer feierlichen Prozession in die Kirche ein. Die Eltern, auch alle in Festtagskleidung, frisch onduliert oder mit frischen Wuggerl, stehen in der vordersten Reihe und bewundern ihre heiligen Kinder. Natürlich sind auch alle anderen aus dem Dorf da. Die Kirche kann nicht alle Gläubigen fassen.

Ein feierliches Hochamt wird gehalten, mit einer wunderbaren Predigt, die auf die hohe Bedeutung des heutigen Tages hinweist. Es läutet zur Wandlung. Die Hostie wird zum Leib und der Wein zum Blut des Herrn. Dies ist das Geheimnis des Glaubens!

 

Nun ist endlich der Augenblick gekommen, wir schreiten zum Tisch des Herrn. Ich bin wirklich ganz erfüllt von dem Gedanken, dass Jesus nun bei mir eingekehrt ist.

Nach den Kindern gehen die Eltern und Verwandten zur Kommunion. Mutti geht nicht. Sie darf nicht! Sie ist von den Sakramenten ausgeschlossen, denn sie hat einen geschiedenen Mann geheiratet! Trotzdem steht sie in ihrem einfachen, aber kleidsamen Kostüm mit hocherhobenem Haupt in der Kirchenbank. Nein, sie ist stolz auf ihren Mann. Sie zeigt weder Demut noch Reue.

Es ist fast Mittagszeit, bis wir heimkommen. Mama hat schon ein gutes Frühstück mit Kuchen und Kaffee hergerichtet. Natürlich erhalte ich auch kleine Geschenke. Mama macht mir das schönste Geschenk. Ich bekomme ihren Porzellanengel, der unter einem Glassturz steht. Den hat sie selbst zu ihrer Erstkommunion bekommen. All diese schönen Dinge stehen auf dem Fenstersims, weil sonst kein Platz ist.

Mit heiterer Unterhaltung genießen wir das Frühstück. Anschließend wird bald zum Mittagessen aufgetragen. Was Mama wieder Gutes gekocht hat! Grießnockerlsuppe, Schweinebraten, rohe Klöße und Kartoffelsalat, als Nachspeise Apfelkompott.

Kaum ist das Mittagessen eingenommen, brechen wir wieder auf, um in die Kirche zur Andacht zu gehen. Hernach müssen wir alle noch in den Pfarrhof, um dort unser Gedenkblatt entgegenzunehmen.

Mama ist schon dabei, den Nachmittagskaffee und den Kuchen herzurichten. Es gibt sogar eine Torte. Für eine Cremfüllung hat es nicht mehr gereicht, so hat Mama diese mit Apfelkompott gefüllt.

Tante Resi schaut im Hof mit dem Papa die jungen Hasen im Stall an. Mama meint, ich solle der Tante Resi sagen, sie solle zum Kaffee reinkommen. Ich stehe auf, gehe ans Fenster, klopfe an die Scheibe. Da passiert mir ein Unglück. Ich stoße an den Engel mit dem Glassturz. Er fällt und zerschellt in unzählige Scherben. Alle im Zimmer schauen entsetzt zum Fenster. Ich bin wie gelähmt, die Tränen rinnen mir über das Gesicht. Der Sturz ist kaputt, aber der Engel steht unverletzt da. Daraufhin beruhigen sich alle wieder. Vielleicht kommen ja mal wieder Zeiten, in denen man so einen Glassturz kaufen kann.

Zum Weinen bleibt auch keine Zeit, denn Onkel Hans und Mutti eilen mit mir zum Bahnhof, um den Zug nach Ingolstadt zu erreichen. Wir müssen doch Fotos machen lassen! Im Zug und in der Stadt sieht man überall Kommunionkinder, die alle mit wichtiger Miene hin und her laufen. Es ist ein schönes Stück Weg vom Nordbahnhof in die Milchstraße. Als wir dort beim Foto Scheuerer ankommen, haben wir eine lange Schlange von Wartenden vor uns. Aber endlich sind auch wir an der Reihe. Mutti streicht mir noch schnell die Haare aus dem Gesicht und richtet meine Stopsellocken. Ich will ein ganz heiliges Gesicht machen. So schaue, besser gesagt, starre ich in die Kamera.

In der Stadt wird auch noch Eis verkauft. Da meint Onkel Hans, an so einem Tag solle ich schon ein Eis bekommen. Er nimmt es auf sich, sich in die Warteschlange einzureihen, und kommt letztendlich wirklich mit drei kleinen Kugeln in einer Waffel zurück.

Schon eilen wir wieder zum Nordbahnhof und kommen müde und erschöpft zu Hause an. Natürlich muss ich mein Kleid sofort ausziehen. Mama prüft mit kritischem Blick, ob es noch sauber ist. Wirklich, sie hat nichts auszusetzen.

Die Zuhausegebliebenen haben den Nachmittag gut verbracht. Nun gibt es am Abend noch ein wenig Essen. Ich bin aber so müde, dass ich bald ins Bett auf das kleine Sofa im Flur gehe.

Ein wunderschöner, aber auch anstrengender Tag ist vorbei.

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