Erfolg ist ein Mannschaftssport

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Überall Systeme

Setzen Sie bitte für einen Moment gedanklich die »Systembrille« auf und schauen Sie sich in Ihrem Alltag um. Welche Systeme identifizieren Sie? Eventuell arbeiten Sie in einem oder mehreren Teams, die zu Abteilungen gehören. Sie sind in einem Unternehmen angestellt, engagieren sich in einem Verein, haben einen Freundeskreis, eine Familie, Nachbarschaft. Alles soziale Systeme. Am Wochenende gehen Sie im Wald spazieren oder betrachten das Gewitter am Himmel, bevor Sie im Garten das Mobiliar von Spinnweben befreien. Sie agieren in und mit natürlichen Systemen. Dann sind da natürlich auch technische Systeme, die Sie verwenden oder bedienen. Sie fahren Auto, Bahn, nutzen Flugzeuge und sitzen vor Ihrem Rechner. Apropos Rechner, die meisten Organisationen sind längst nicht mehr nur soziale, sondern soziotechnologische Systeme. Rechner führen Prozessschritte autark durch oder bereiten Entscheidungen vor, was vorher den Menschen vorbehalten war. Sie werden viele Systeme entdecken, wenn Sie Ihr Augenmerk darauf richten.

Wir bewegen uns ständig in diversen Systemen, und wir lernen, wie jedes einzelne tickt, und stellen uns darauf ein. Sie stimmen vermutlich meiner Behauptung zu, dass auch Sie sich bei einer feuchtfröhlichen Feier anders verhalten als in der Vorstandssitzung oder in der Sauna. Warum ist das so? In jedem sozialen System gibt es Verabredungen darüber, was geht und was nicht, wie Dinge gehandhabt werden, was belohnt oder sanktioniert wird. Diese Verabredungen sind die Struktur eines Systems. Struktur bestimmt Verhalten! Das ist wohl eine der wesentlichsten Erkenntnisse, wenn Sie durch die »Systembrille« auf die Welt schauen. Gleichzeitig reicht diese eine Erkenntnis nicht, um Systeme zu verstehen. Aus diesem Grund kläre ich mit Ihnen in dem nun folgenden Crashkurs die wichtigsten Aspekte sozialer Systeme.

Wann ist etwas überhaupt ein System? Die kurze Antwort lautet: Sobald es Wechselwirkungen gibt.


Ein Haufen Hundeleckerli ist eine Sammlung; Sie können beliebige Elemente hinzugeben oder entfernen, es bleibt ein Haufen. Der Mensch an sich (hier die Hundebesitzerin) ist ein komplexes System. Der Hund ebenfalls. Beide Körper erfüllen einen übergeordneten Zweck, das Überleben. Sichergestellt wird dieser über die Wechselwirkungen der einzelnen Elemente wie Herz, Gehirn, Muskeln, Knochen, Lunge, Blutkreislauf (ein System im System) und die weiteren Organe und Elemente. Gehen wir mit unserem Blick eine Ebene höher, weg von den Körpern und hin zu dem Mensch-Hund-Gespann, sehen wir auch ein System. Hund und Mensch interagieren und stehen in Wechselwirkung zueinander.

Ein System besteht aus Elementen, die miteinander verknüpft sind. Die so entstehenden Wechselwirkungen sorgen dafür, dass ein bestimmtes Ziel oder ein bestimmter Zweck erreicht wird.

Nachfolgend einige wesentliche Punkte, die Sie über soziale Systeme wissen sollten:

• Die wichtigsten Facetten sind ihre Elemente, ihre Struktur und ihr Zweck.

Elemente können materieller und immaterieller Art sein. Die Struktur (also die Verknüpfungen) lässt sich nur mit guter Beobachtung verstehen.

Der Zweck ist ebenfalls nicht immer gleich offensichtlich und hat mit dem offiziell formulierten nicht unbedingt viel gemein.

»The purpose of a system is what it does.« (Stafford Beer)

• Soziale Systeme sind nicht sicht- oder anfassbar, was es herausfordernd macht, sie zu benennen.

• Durch die Verknüpfungen entsteht Dynamik und damit immer ein Faktor von Zeitdruck. Systeme entwickeln sich stetig weiter und warten auf nichts und niemanden.

• Intransparenz entsteht durch die Menge an Wechselwirkungen. Es ist nicht möglich, ein Team oder eine Organisation vollständig in all ihren Verknüpfungen zu beschreiben. Wir betrachten immer nur Ausschnitte.

• Systeme sind vergangenheits-orientiert. Das, was sich einmal bewährt hat, hat die Tendenz zur Verfestigung.

• Systeme können nicht zentral gesteuert werden. Ihr Regelungsmechanismus ist Feedback. Dabei geht es nicht darum, einem anderen Menschen per Ich-Botschaft eine Meinung kundzutun, sondern Dynamiken im System zu sehen (siehe das nächste Unterkapitel: »Beobachten und beschreiben«).

• Systeme verhalten sich häufig kontraintuitiv und reagieren zeitverzögert.

• Systeme sind operational geschlossen. Das bedeutet, dass ihre Struktur nur durch die eigenen Wechselwirkungen bestimmt ist. Ein »Durchgriff« von außen, der die interne Struktur (nicht zu verwechseln mit der formalen Struktur) ändert, existiert nicht. Systeme sind somit quasi auf Selbstorganisation angewiesen.

• Systeme sind selbstorganisiert. Der grundlegende Aspekt hierbei ist, dass solche Systeme durch die Wechselwirkung ihrer Elemente eine Ordnung entstehen lassen. Diese können sie auch bei Störungen von außen aufrechterhalten. Selbstorganisation kann nicht »gemacht« werden, aber die systeminhärente Selbstorganisation kann durch ein Zuviel an Bürokratie, Vorgaben, Kontrolle oder Prozesse behindert werden.

Beobachten und beschreiben

Sie beobachten, das Team tut es und die Organisation ebenfalls. Vor allem beobachten diese Systeme sich selbst und das, was sie tun. Das ist Beobachtung 1. Ordnung. »Beobachtung« bedeutet, zu unterscheiden und zu benennen; das ist die Operation des Beobachtenden. »Der Unterschied, der einen Unterschied macht« – so der Kybernetiker Gregory Bateson, der damit deutlich macht, dass der Unterschied beim Beobachter liegt. Ob eine Führungskraft, eine Kollegin oder ein externer Berater ein »agiles Team« beobachten, ändert am agilen Team per se nichts. Welche Rückschlüsse die jeweiligen Beobachter aus ihren Betrachtungen ziehen und welches Verhalten sie daraus ableiten, wirkt aber sowohl auf das Team als auch auf den Beobachtenden. Es lässt sich jedoch nie ausmachen, wie gut oder umfassend das Beobachten ist. Es entsteht immer ein blinder Fleck. Ein Team oder eine Organisation beobachten eben auf ihre Weise, systemgegeben. Im Laufe der Zeit etabliert sich ein begrenzter Blick auf die Welt, auf sich selbst und die Umwelt. Das, was beobachtet wird, kann benannt werden. Das, was nicht beobachtet wird, nicht.

»Ich sehe was, was du nicht siehst«

Sie selbst sind just in diesem Moment ein Beobachtender 2. Ordnung, denn Sie lesen die hier aufgeschriebenen Ergebnisse meiner Beobachtungen. Ich schreibe über etwas, das für Ihren Arbeitsalltag relevant ist (sonst hielten Sie vermutlich dieses Buch nicht in den Händen), aber eben aus meiner Perspektive. Sie lesen in diesem Buch über Ihren Alltag mit einem anderen Blick, mit anderen Interpretationen und Schlussfolgerungen. Für Sie als Leser oder Leserin entsteht eine eigene Realität, die sich von Ihrer eigentlichen unterscheidet. Die Realität wird quasi gedoppelt, und das führt dazu, dass Ihre gewohnte infrage gestellt werden kann. Das, was für Sie bisher nicht hinterfragbar war, wird mit der Möglichkeit zur Veränderung versehen, allein dadurch, dass Sie meine Beobachtungen beobachten. Denn Sie werden irritiert und es taucht die Frage nach der »richtigen« Sichtweise auf. Die Irritation rüttelt an Ihren Vorurteilen und Überzeugungen, was zu Erkenntnissen, Aha-Erlebnissen und aktualisierten mentalen Modellen führen kann. Aber eben kann. Eine klare Ursache-Wirkungs-Relation lässt sich natürlich nicht aufmachen. Was Sie, liebe Leserinnen und Leser, als komplexe Systeme, die Sie sind, daraus machen, kann ich nicht vorhersagen. Warum aber ist es wichtig, den Prozess des Beobachtens hier zu erwähnen? Weil er immer stattfindet und enorm wichtig ist, wenn es darum geht, Systeme zu verstehen und passende Interventionen zu finden.


»Das Ideal der zweiwertigen Logik, wonach Aussagen entweder ›wahr‹ oder ›falsch‹ zu sein haben bzw. sind und etwas Drittes nicht möglich ist, ist ein typisches Landkartenphänomen, d. h. ein Merkmal des Zeichensystems, ein Artefakt, das durch den Beobachter produziert wird; die tatsächlich existierende Welt ist immer voller Widersprüche, Antagonismen, Unklarheiten, Vieldeutigkeiten und Oszillationen; daher ist Ambivalenz eigentlich die für Beobachter angemessene Normalverfassung; das macht es für den Beobachter nötig, immer wieder neu zu entscheiden, obwohl es keine sicheren Kriterien für die ›Richtigkeit‹ der Entscheidung gibt; das gilt für Entscheidungen über Beschreibungen von Phänomenen ebenso wie für Entscheidungen über ihre Erklärung und Bewertung und schließlich auch und vor allem für die daraus abzuleitenden Handlungskonsequenzen.« (Fritz B. Simon 2020, S. 116)

Um das Wie der Realitätskonstruktion geht es bei der Beobachtung 2. Ordnung, also bei dem, was Sie gerade tun, während Sie hier lesen. Sie erkennen meine Wirklichkeitskonstruktion und vollziehen meine Interpretationen nach. Es ist die zentrale Beobachterperspektive, wenn wir Organisationen beeinflussen wollen. Ohne Beobachtung (und Benennung) keine Hypothesen. Ohne Hypothesen keine Interventionen. Ohne Interventionen keine Irritation. Beobachten kann jeder, Beobachtete beobachten ebenfalls. Aber niemand hat den vollständigen Blick auf alles, wir betrachten immer nur Ausschnitte. Und dabei, das sei noch einmal deutlich erwähnt, sind alle Beobachtungen bzw. ihre Ergebnisse Konstruktionen. Sie sind unvollständig und subjektiv, also kritisierbar. Dieser Punkt lässt sich nicht auflösen, was aber auch nicht weiter schlimm ist. Lassen sich Beobachtungen so doch hervorragend für einen konstruktiven Diskurs nutzen.

 

Meiner Erfahrung nach können Menschen sehr gut Auskunft über das Was geben. Die Fakten und das Fachliche stehen in der Kommunikation miteinander klar im Vordergrund. Die Reflexion auf das Wie darf gerne noch mehr Übung bekommen. Man beginnt am einfachsten mit der Eigenreflexion als Übung zur Beobachtung.

Mein Tag als Kinofilm


Nehmen Sie sich zehn Minuten Zeit, um den Tag zu reflektieren. Holen Sie eine Situation, in der Sie sich geärgert haben, vor Ihr geistiges Auge. Empfinden Sie den Ärger noch einmal nach und schreiben Sie Ihre Gedanken, Empfindungen und Gefühle auf. Wechseln Sie nun gedanklich in die Position des Beobachters und dissoziieren Sie sich von der Situation. Dazu stellen Sie sich vor, Sie säßen im Kino und schauten die konkrete Situation als einen Kinofilm, der gerade vor Ihnen über die Leinwand flimmert. Was sehen Sie aus der Perspektive des Kinobesuchers? Was ist zu hören? Wie sehen Sie sich agieren? Schreiben Sie auch diese Betrachtung auf. Lesen Sie beide Versionen. Welche Unterschiede gibt es? Was fällt Ihnen auf?

Noch herausfordernder wird Beobachtung im und mit dem Team, denn die Struktur ist etabliert, und »die Menschen ticken so, wie sie eben ticken«. Dazu kommen die blinden Flecken (das, was sie nicht sehen) und die Tabus (das, was sie nicht aussprechen). Meiner Beobachtung nach bleiben deshalb viele Retrospektiven auf der Ebene des Was stecken. Für die Reflexion des Wie finden Sie in Kapitel 2 einige Impulse. Als »Grundlagenkurs« bietet es sich an, immer mal wieder auf die gemeinsame Kommunikation zu schauen.

Beobachtung, Interpretation, Bewertung


Während einer Ihrer üblichen Besprechungen, in der eine Situation oder ein Problem erörtert wird, richten Sie Ihr Augenmerk auf die drei Aspekte Beobachtung, Interpretation und Bewertung. Notieren Sie, wenn nötig, was in Ihrer Diskussion in welche Rubrik fällt. Sprechen Sie häufig direkt in Bewertungen? Liefern Sie zu Ihrer Interpretation die jeweiligen Beobachtungen mit? Wofür ist das gut? Was wäre, wenn Sie anders miteinander sprächen?

Beobachtung 2. Ordnung ist das Argument für externe Beratung, denn andere Beobachtende bringen neue Sichtweisen und Blickwinkel mit und wissen durchaus die blinden Flecken zu benennen. Erlauben Sie mir an dieser Stelle einen Hinweis: So nützlich es für eine Organisation sein kann, die andere Perspektive des Beratenden zu hören, ist oft die Diskrepanz zwischen eigener Realität und fremder Perspektive so groß, dass spontane Abwehrreaktionen von Verstummen über Schulterzucken bis zu spontanem »Das geht bei uns eh nicht« zu erwarten sind. Es kann auch gut sein, dass die Beobachtung gesehen, aber noch nicht besprochen werden kann. Eine gute, mitunter vorsichtige Dosierung hilft hier mehr als das Brecheisen.

Wenn wir beobachten, dann bewerten wir auch, und zwar immer. Beobachtung ohne Bewertung gibt es nicht. Dieser Aspekt ist zentral. Zum einen ist Bewerten häufig negativ konnotiert, weil sofort die Bewertung von Menschen assoziiert ist. Zum anderen braucht es intelligente Bewertungsmuster, um gerade in Selbstorganisation absichtsvoll erfolgreich zu sein. In tradierten Unternehmen ist es eine wesentliche Aufgabe der Führungskräfte, Bewertung vorzuleben und vorzugeben. »Wir machen das jetzt so und so« ist nichts anderes als eine Bewertung. Auch das berühmte »Ich habe das mal vorgedacht« ist aktives Vorschlagen eines Bewertungsmusters, auch wenn der Nachsatz »entscheiden sollt ihr aber selbst« lautet. Fallen diese Vorgaben weg, muss ein Team selbstständig gute Bewertungsmuster finden. Ein Aspekt, der bei dem Ruf nach »mehr Selbstorganisation« gerne übersehen wird. Gleichzeitig ist der Punkt, an dem bewertet wird, die Quelle für Konflikte (siehe Kapitel 5).

Ein Modell sagt mehr als 1000 Worte

Nach dem Beobachten kommt das Beschreiben und erst danach die Veränderung. Um ein System verändern zu können, müssen wir zunächst herausfinden, wie das System es schafft, so zu bleiben, wie es ist. Selbstverständlich können wir einfach über »mehr Selbstorganisation« sprechen und uns die Geschichte des eigentlichen Problems und unserer Lösungsidee erzählen. Dabei entsteht jedoch nur selten ein Systemverständnis, weil die Gedanken auf die vermeintliche Lösung gerichtet sind. Vorher sollten wir das System erkannt haben, zu verstehen versucht haben, wie es tickt.

Seit langer Zeit versuche ich, Menschen für die Arbeit mit Wirkungs- und Flussdiagrammen zu begeistern, weil sich damit vernetzte Systeme in ihrer Dynamik darstellen lassen. Und das Beste an ihnen: Man braucht meist nur einen Ausschnitt des Gesamtsystems zu modellieren, um die wichtigsten Einsichten zu gewinnen. An dieser Stelle werde ich mit Ihnen nun einen Superschnellkurs in der Erstellung von Wirkungsdiagrammen machen, damit Sie die Grammatik kennen.

Literaturtipps zur intensiven Auseinandersetzung mit Wirkungsdiagrammen:

Borgert, Stephanie: Unkompliziert!

Meadows, Donella: Die Grenzen des Denkens

Senge, Peter: Die fünfte Disziplin

Sherwood, Dennis: Einfacher managen

Es geht bei dieser Modellbildung immer darum, die Feedbackschleifen in einem System und seine Dynamiken zu begreifen. Unser Alltag ist voll von diesen Rückkopplungen, wir achten nur meist nicht darauf. Ob wir uns die Schuhe binden, joggen, die Zähne putzen oder ein Butterbrot schmieren, wir bewerkstelligen all das, weil es permanente Feedbackschleifen zwischen unserem Gehirn und den Körperteilen gibt. Feedback ist überall und es sorgt für Regelung. Wir erstellen hier ein simples Modell zum Thema »Kaffeeverbrauch im Büro«. Menschen trinken mitunter enorme Mengen Kaffee im Laufe ihres Arbeitstages. Weil er schmeckt, aber auch, weil er wach macht und die Leistungsfähigkeit steigert. An dieser Stelle widersprechen Sie eventuell und das ist in Ordnung. Es ist ein Modell, nicht die Wahrheit. Nehmen wir für den Moment an, dass es einen (zumindest empfundenen) Zusammenhang zwischen Kaffeekonsum und Leistungsfähigkeit gibt. Die Lesart des entsprechenden Wirkungsdiagramms lautet wie folgt:


Je mehr Kaffeekonsum, desto mehr Leistungsfähigkeit. Der Ursache-Wirkungs-Pfeil zeigt vom Kaffee zur Leistungsfähigkeit. Das Pluszeichen steht für »Je mehr von x, desto mehr y«. Nun stellt sich nach einer Zeit ein Gewöhnungseffekt ein, dem viele Menschen mit »mehr Kaffee« begegnen.


Je mehr Kaffeekonsum, desto mehr Gewöhnung. Je mehr Gewöhnung, desto mehr Kaffeekonsum. Der Doppelstrich auf dem Wirkungspfeil Gewöhnung – Kaffeekonsum steht für eine zeitliche Verzögerung, denn der Körper gewöhnt sich über die Zeit und nicht sofort. Nun ist eine Rückkopplungsschleife oder Feedbackschleife entstanden. Je mehr Kaffeekonsum, desto mehr Gewöhnung. Je mehr Gewöhnung, desto mehr Kaffeekonsum. Sie wirkt eskalierend und das ist eine Dynamik, die Sie alle bestens kennen: Wachstum. Nach diesem kleinen Modell würde es jetzt immer so weitergehen. Das geschieht in der Realität natürlich nicht, es gibt kein unendliches Wachstum.

Betrachten wir also weitere Elemente dieses Systems. Nervosität ist ein Effekt, der bei reichlich Kaffeekonsum häufig auftritt und dafür sorgt, dass der Mensch weniger Kaffee zu sich nimmt.


Je mehr Kaffeekonsum, desto mehr Nervosität (verzögert). Je mehr Nervosität, desto weniger Kaffeekonsum. Das Minuszeichen steht für »Je mehr von x, desto weniger y«. Diese zusätzliche Feedbackschleife wirkt balancierend. Generell gesprochen wirkt sie auf ein Ziel oder einen bestimmten Wert hin. Damit haben wir ein Beispiel für die Arbeit mit Wirkungsdiagrammen konstruiert, das die wichtigsten Erkenntnisse zusammenfasst:

• Unser Alltag ist voll von Feedbackschleifen, wir müssen sie nur erkennen.

• Feedbackschleifen wirken eskalierend oder balancierend, es gibt nur diese zwei Dynamiken.

• Wirkungsdiagramme sind Modelle und nicht die Wahrheit.

Gleichzeitig fehlt ein wichtiger Blickwinkel, denn so betrachten wir das Modell »Kaffeetrinken« rein statisch. Damit entgehen uns wieder wichtige Erkenntnisse über das System. Wollen wir die Dynamiken verstehen, dann brauchen wir den Blick über die Zeit. Wie aber verhält sich das System im zeitlichen Verlauf?

Schauen wir noch einmal auf die erste Feedbackschleife. Um dem Gewöhnungseffekt entgegenzuwirken, wird mehr Kaffee konsumiert. Es entstünde exponentielles Wachstum.


Nun wirkt aber die zweite Rückkopplungsschleife ausgleichend und damit entsteht ein klassisches Systemmuster, Oszillation nämlich.


Gemeinsam ein Modell des Problems oder der Situation zu entwerfen und dabei die wirkenden Rückkopplungsschleifen und das zeitliche Verhalten zu betrachten, ist ein mächtiges Werkzeug zur Analyse. Gleichzeitig haben Wirkungsdiagramme eine nicht unerhebliche Einschränkung. Mit ihnen lassen sich Bestände und Bestandsveränderungen nicht erfassen. Dieser Aspekt ist aber von zentraler Bedeutung, denn viele Problemdiskussionen drehen sich im Organisationsalltag um Mess- und Zählbares. Üblicherweise fokussieren wir auf die entsprechenden Bestände wie Anzahl der Aufträge, gewonnene Kunden, Budget, Mitarbeitende und so weiter. Die Zu- und Abflüsse sind jedoch entscheidend, denn darüber regelt sich der Bestand. Und das wiederum ist eine sehr dynamische Angelegenheit und selten in kurzen Kausalketten zu beschreiben. In Kapitel 8 werden Sie ein solches Stock-Flow-Diagramm zur Erläuterung von nachhaltigen Systemen kennenlernen, weshalb ich hier die wesentlichen Elemente am obigen Kaffeebeispiel kurz darstelle.


Der Kaffeebestand ist hier beispielsweise die Menge Kaffeebohnen in kg. Ein Bestand lässt sich bestimmen, zu jedem beliebigen Zeitpunkt. Bestände sind zeitpunktbezogen. Die Menge Kaffeebohnen verändert sich als Bestand nie direkt, sondern über die Zu- und Abflüsse (siehe Ventilsymbol in der Grafik oben). In diesem Beispiel ist es allein der Kaffeekonsum, der für eine Bestandsverminderung sorgt. Es könnte auch Diebstahl, Nutzung für Coffee Chili oder Ähnliches sein. Zu- und Abflüsse jedoch sind zeitintervallbezogen, denn wie sie auf den Bestand wirken, kann nur über einen Zeitraum gemessen werden. Auch verändert sich die Menge Kaffeebohnen nicht schlagartig, was bedeutet, dass Bestände träge sind und die Effekte von Zu- und Abfluss immer erst zeitverzögert sichtbar werden. Die Arbeit mit Stock-Flow-Diagrammen kann schnell herausfordernd und auch unübersichtlich werden. Spielen Bestände in dem System, das Sie modellieren, eine wichtige Rolle, sind sie trotzdem die erste Wahl.

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