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2 Allgemeine Gesetzmäßigkeiten des Trainings und Trainingsprinzipien

Adaptation

Diese Phänomene der Leistungssteigerung durch sportliches Training beschreibt man als Anpassung oder Adaptation. Die Adaptation führt zu einer Steigerung der Funktionstüchtigkeit, Leistungsfähigkeit und Belastungstoleranz (vgl. Hohmann, Lames, Letzelter 2007). Im Sport gibt es vielfältige Anpassungserscheinungen, die in verschiedenen Bereichen auftreten können (Abb. 2.1).

Allgemeine Gesetzmäßigkeiten des Trainings und Trainingsprinzipien als Steuerungsinstrumente

Wenn ein Training effektiv sein soll, so sind zu seiner Realisierung Kenntnisse über die allgemeinen Steuerungsinstrumente, die sog. allgemeinen Gesetzmäßigkeiten des Trainings bzw. Trainingsprinzipien notwendig. Beide haben eine hohe Bedeutung, wenn es um Planung, Steuerung und Gestaltung des sportlichen Trainings geht. Sie bestimmen Inhalt, Methoden und Organisation des Trainings. Gleichzeitig haben sie einen hohen Allgemeinheitsgrad und werden z.B. erst von Trainingsmethoden konkretisiert. Sie alleine genügen nicht, um ein Training zu planen bzw. zu gestalten.

Adaptationsbereiche

Abb. 2.1: Unterschiedliche Parameter der Anpassungserscheinungen durch Sport

Die allgemeinen Gesetzmäßigkeiten des Trainings haben gegenüber den Trainingsprinzipien eine übergeordnete Bedeutung. Die Gesetzmäßigkeiten haben nur in ganz bestimmten Anpassungsbereichen Gültigkeit.

Die folgende Auf- bzw. Einteilung der allgemeinen Gesetzmäßigkeiten des Trainings bzw. der Trainingsprinzipien folgt trainingsmethodischen Überlegungen, die dazu dienen sollen, die unterschiedlichen Prozesse und Wirkungsweisen der Adaptation verständlich zu erklären.

Grundlagen, Erhaltung und Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit durch Training

Training als Adaptationsvorgang

Aus Sicht der Sportbiologie kann Training als ein ständiger Adaptationsvorgang als Folge von Belastung gesehen werden, welche im Organismus zu spezifischen Beanspruchungen führen.

Wie groß die Beanspruchung ist, hängt von der Größe des Störreizes (Trainingsreiz) und dem augenblicklichen Trainingszustand ab (vgl. Hottenrott/​Neumann 2016). Das Zusammenspiel von Belastung und Beanspruchung wird durch eine Vielzahl von Einflussgrößen bestimmt, wie Abbildung 2.2 veranschaulicht.

Abb. 2.2: Die Beziehung zwischen den methodischen Steuergrößen der Trainingsbelastung und deren Einfluss auf beanspruchte Funktionssysteme in Abhängigkeit von Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit (mod. nach Hottenrott/Neumann 2016).

Belastungsnormative

Lauftraining Krafttraining

Die Belastungsnormative (auch genannt: Belastungskomponenten, Belastungsmerkmale, Belastungsfaktoren) bilden methodische Steuergrößen der Belastung und sind für die Planung und Dosierung von Trainingsbelastungen sowie die Beurteilung der Trainingswirkung unverzichtbar. Die Belastungsnormative beeinflussen sich gegenseitig. Es ist z.B. nicht möglich, sowohl Reizumfang als auch Reizintensität beim Laufen maximal hoch anzusetzen. Dies wäre nicht durchführbar. Genau das Gleiche gilt für ein Krafttraining an Gewichten. Diese beiden Belastungsnormative müssen in beiden Beispielen wesentlich exakter aufeinander abgestimmt werden.

Die gezielte Auswahl und exakte Festlegung der Belastungsnormativen ist für das Erreichen des gewünschten Trainingseffekts von größter Bedeutung


BelastungsnormativBedeutung
Belastungsumfang• bezieht sich auf die Zahl und Dauer der Reize pro Trainingseinheit• als zugehörige Maßzahlen gelten je nach Belastungsreiz Distanzangaben (in m, km), Lastangaben (kg, t), Angaben zur Belastungszeit (s, min, h) und zur Anzahl der Wiederholungen (Anzahl der Intervalle, Anzahl der Sätze, Anzahl der Serien) (vgl. Güllich/Krüger 2013).
Belastungsdauer• bezieht sich auf die Dauer der Einwirkung eines Reizes oder einer Serie von Reizen• Dauer einer Ausdauerbelastung, oder eines Krafttrainings, die Zeit eines Spiels/Zweikampfes
Belastungsdichte• bezieht sich auf das zeitliche Verhältnis von Belastung und Erholung• Es geht um den zeitlichen Abstand zwischen den Belastungen (Pause). Die Belastungsdichte im Krafttraining wird z.B. über die Erholungszeit zwischen den Serien und Sätzen beschrieben.
Belastungsintensität• bezieht sich auf die Höhe/Stärke der Belastung• Maße können die Geschwindigkeit, die Größe des Widerstands beim Bewegen von Gewichten, die mechanische Leistung, die Höhe und Weite bei Sprüngen und Würfen und die Ausführungsqualität sein.
Belastungshäufigkeit• bezieht sich auf die Anzahl der Trainingseinheiten (TE) pro Woche (oder eines definierten Zeitraumes)• Breiten- und Gesundheitssport: 2 bis 5 TE/Woche• Spitzensport: z.T. > 20 TE/Woche
Bewegungskomplexität• bezieht sich auf die Zusammensetzung der TE aus verschiedenen Trainingsmethoden oder verschiedenen Ausführungsschwierigkeiten.
Bewegungsausführung• bezieht sich auf die Ausführungsmodalität der Bewegung, z.B. explosiv, schnell, langsam, fließend, rhythmisch, ästhetisch etc.• In den verlaufsorientierten Sportarten ist dies wichtig• Im Krafttraining ist es bei identischen Belastungsnormativen ein Unterschied, ob die Übungen langsam oder explosiv-schnell ausgeführt werden.• auch wichtig bei Schlagfrequenz im TT, Tennis, Schlagfrequenzen im Rudern oder Kanu.

Tab. 2.1: Die Belastungsnormativen und ihre jeweilige Bedeutung im Training (mod. nach Güllich/Krüger 2013)

Die gezielte Auswahl und exakte Festlegung der Belastungsnormativen ist für das Erreichen des gewünschten Trainingseffekts von größter Bedeutung!

Abb. 2.3: Modell der Belastungs-Beanspruchungs-Interaktion im Sport (mod. nach Hottenrott/​Neumann 2016 und Güllich/Krüger 2013).

Wenn ein Sportler trainiert, so wirken auf seinen Organismus eine Vielzahl von Einflussgrößen ein und bedingen so zusätzlich die psycho-physische Beanspruchung des Sportlers. Es gilt im Training weitere sogenannte Modulatoren (Einflussfaktoren) zu beachten, damit Fehlbelastungen (Überbeanspruchungen) vermieden werden können. Die Beanspruchung wird im Training und Wettkampf neben den Belastungsanforderungen von einer Vielzahl endogener und exogener Faktoren moduliert, was Abbildung 2.3 veranschaulicht.

2.1 Allgemeine Gesetzmäßigkeiten des Trainings
2.1.1 Qualitätsgesetz (physiologisches Gesetz)

Qualitätsgesetz

Beim Qualitätsgesetz handelt es sich quasi um ein übergeordnetes biologisches Gesetz, welches für die sportmedizinischen Anpassungsprozesse gilt. Nach dem physiologischen Gesetz sind Form und Funktion wechselseitig aufeinander bezogen. Organe wie z.B. die Muskeln passen sich je nach Beanspruchung in eine ganz bestimmte Richtung an. Ein bestimmter Muskelquerschnitt (= organische Form) erlaubt es dem Sportler, ein bestimmtes Gewicht zu stemmen (= Funktion). Trainiert der Sportler nun systematisch dieses Gewichtestemmen, so nimmt die Kraft des Muskels zu (= organische Form) und ermöglicht es ihm, noch größere Gewichte zu stemmen (= Funktion).

Durch eine längere Trainingsunterbrechung können sich die erworbenen Anpassungserscheinungen auch wieder zurückbilden.

Praxisbeispiele

Praxisbeispiele

Ein Basketballspieler macht viele Sprünge, um seine Sprungkraft zu steigern. Durch lang andauerndes Radfahren, Schwimmen oder Laufen nimmt die Ausdauerleistungsfähigkeit zu. Durch Sprinttraining verbessert der 100-m-Läufer seine Schnelligkeit.

2.1.2 Reizschwellengesetz

Reizschwellengesetz, Reizstufenregel

Dieses Gesetz besagt, dass es für die Trainingswirksamkeit eines Reizes wichtig ist, dass dieser eine bestimmte Schwelle überschreiten muss, wenn er zu Anpassungserscheinungen führen soll. Dabei orientiert sich die Stärke der Belastungsreize an der Reizstufenregel nach Roux. In Tab. 2.2 ist die Reizstufenregel nach Roux dargestellt.


Biologische Anpassung
Unterschwellige Reize (d.h. unter der wirksamen Reizschwelle) Bleiben wirkungslos
Überschwellige, leichte Reize Erhalten das aktuelle Funktionsniveau
Überschwellige, mittlere und starke Reize Lösen physiologische und anatomische Veränderungen aus
Überschwellige, zu starke Reize Können die Funktion beeinträchtigen und den Organismus schädigen

Tab. 2.2: Reizstufenregel nach Roux (mod. nach Steinhöfer 2003)

 

Wie hoch der Schwellenwert bei dem jeweiligen Sportler ist, hängt z.B. von dessen Leistungsstärke ab. Weniger gut Trainierte bzw. sportliche Anfänger benötigen im Vergleich nur relativ niedrige und unspezifische Reize. Im Bereich des Spitzensports gilt das Modell als eher umstritten.

Für die automatisierten Leistungen sowie die physiologische Leistungsbereitschaft benötigt der Sportler nur relativ geringe Willensanstrengung. Der Bereich, welcher in Abb. 2.4 mit „gewöhnliche Einsatzreserven“ bezeichnet wird, ist der trainingseffektive Bereich, der nur über stärkere Willenskraft zu erreichen ist. An den Bereich „autonom geschützte Reserven“ kommt man z.B. nur durch Todesangst oder Doping heran. Getrennt werden beide Bereiche durch die sog. Mobilisationsschwelle. Durch entsprechendes Training lässt sich bei Leistungssportlern die Mobilisationsschwelle nach oben verschieben.

Abb. 2.4: Schema der Leistungsbereiche (Weineck 2019)

Praxisbeispiel

Praxisbeispiel zur Reizstufenregel

Ein Krafttraining muss individuell auf die Bedürfnisse des jeweiligen Sportlers ausgerichtet sein. Das gleiche Training kann für einen relativ untrainierten Freizeitsportler zu positiven Anpassungserscheinungen führen, während es einem Leistungssportler nicht einmal zum Erhalt seiner Form genügt. Der Belastungsreiz ist für den Leistungssportler zu gering. Durch Training kann die Mobilisationsschwelle von ca. 60 % bei Untrainierten auf ca. 90 % bei Hochtrainierten angehoben werden.

2.1.3 Gesetz der Anpassungsfestigkeit

Gesetz der Anpassungsfestigkeit

Ein schnell erarbeitetes Leistungsniveau ist weniger stabil und recht störanfällig. Über einen längeren Zeitraum hinweg erzielte Anpassungserscheinungen sind durch eine wesentlich höhere Stabilität (Trainingsfestigkeit) und eine geringere Störanfälligkeit gekennzeichnet.

Abb. 2.5 zeigt, dass ein 30-wöchiges einmaliges Krafttraining pro Tag nach Beendigung fast genauso schnell wieder verschwunden ist, wie es aufgebaut wurde (Kurve A). Bei den beiden anderen Trainingsgruppen (Kurve B und C) wurde die Form langsamer aufgebaut. Nach Trainingsende baute sich die Form entsprechend langsam wieder ab.

Abb. 2.5: Schnelligkeit des Kraftanstiegs in Abhängigkeit von der Trainingshäufigkeit bzw. das Verhalten der Kraft nach Trainingsende (mod. nach Weineck 2019)

Die konditionellen Fähigkeiten bilden sich zeitlich unterschiedlich schnell zurück. Relativ schnell bildet sich die Schnelligkeit zurück. Die Kraftausdauer und die anaerobe Ausdauer sind etwas stabiler. Die längsten Resteffekte zeigen die Maximalkraft und die Grundlagenausdauer.

Praxisbeispiele

Praxisbeispiele

Kurve A in Abb. 2.5 kann z.B. für eine dreiwöchige Skigymnastik vor einer Skiausfahrt dienen. Diese Form kann nicht gehalten werden und wird sehr schnell nach Beendigung der Skiausfahrt wieder verschwunden sein. Kurve C kann man auf den über Jahre hinweg trainierenden Sportler übertragen. Selbst nach einer mehrwöchigen Verletzungs- oder auch Trainingspause ist seine sportliche Form dann nicht völlig verschwunden; sie erweist sich als stabiler oder „fester“.

Demnach scheint es geboten, so zu trainieren, dass durch einen länger dauernden Zeitraum der Formaufbau betrieben wird. Ein solches Leistungsniveau ist grundsätzlich stabiler als ein kurzfristig erworbenes.

2.1.4 Gesetz der Homöostase und Superkompensation

Homöostase

Die Anpassungsvorgänge im menschlichen Organismus verlaufen in bestimmten zeitlichen Phasen. Nach einer intensiven Belastung kommt es zu einer Auslenkung von Parametern, welche sich nach einer gewissen Zeit wieder auf ihr Ausgangsniveau einpendeln, wenn keine weitere Belastung erfolgt. Der menschliche Organismus befindet sich vor einer körperlichen Belastung in einer Art Fließgleichgewicht, der sog. Homöostase. Nach dem sog. Roux-Prinzip versucht der Organismus, Störungen der Funktion (Heterostase) aktiv zu kompensieren, um den Ausgangszustand wiederherzustellen (Abb. 2.6).

Superkompensation

Bei der Glykogenspeicherung, dem Verhältnis von Proteinabbau und -neuaufbau sowie Enzymreaktionen des aeroben und anaeroben Stoffwechsels konnte die Superkompensation ca. 2–3 Tage nach einer isolierten und standardisierten Trainingsbelastung nachgewiesen werden. Die Superkompensation wurde von Jakowlew (1977) als überschießende Anpassungsreaktion der Glykogenvorräte beschrieben.

Abb. 2.6: Modell des Adaptationsprozesses (mod. nach Steinhöfer 2003)

Kein linearer Formanstieg im Sport

Definition Superkompensation:

Bei der Superkompensation geht man davon aus, dass Training vor allem durch den Abbau der Energiespeicher, insbesondere dem Glykogen, zur Ermüdung führt und danach eine Erholung bzw. eine Wiederauffüllung der Speicher einsetzt, welche letztendlich den Organismus in einen „belastbareren“ Zustand als zuvor führt. Die Konsequenz ist eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit. Ein linearer Formanstieg ist nach heutigen Erkenntnissen damit jedoch nicht verbunden.

Superkompensation der Glykogenvorräte

Grenzen der Superkompensation

Dem Phänomen der Superkompensation liegt die biologische Gesetzmäßigkeit zugrunde, dass die Funktionen des Organismus, nachdem sie aus dem Gleichgewicht gebracht wurden, dorthin zurückkehren und dabei eine Phase der überschießenden Wiederherstellung ihres Potenzials durchlaufen. Der Begründer der Superkompensation, Jakowlew, hat in seinen Arbeiten zur Muskeltätigkeit (1974) die Grenzen der Superkompensation im Sport durch die biochemischen Veränderungen ausschließlich bei den energieliefernden Substraten eng gezogen. Sein Schema galt ausschließlich für die Stimulation des Prozesses der stabilen Zunahme bestimmter Stoffe im Muskel, gemeint waren die Vorräte an energiereichen Phosphaten und Glykogen. Mehrere Sportwissenschaftler haben die Möglichkeiten einer beschränkten Anwendung der Superkompensation in grundlegenden Arbeiten dargestellt (vgl. Harre 1971; Matvejev 1977; Platonov 2004, Hottenrott/Neumann 2010).

Probleme des Modells

Bedauerlicherweise wurde die Möglichkeiten der Superkompensation in den Jahren nach Jakowlews Beschreibung in der Theorie und Methodik des Trainings stark erweitert.

Superkompensation – ein fiktives Modell

Für eine solche Erweiterung des Geltungsbereiches gibt es keine wissenschaftliche Begründung: Es handelt sich quasi um ein fiktives Modell. Es wurde mit nicht korrekten Verweisen auf seine Arbeiten zu einem der Grundprinzipien erhoben, das der Vervollkommnung quasi aller Seiten des Trainingszustandes von Sportlern zugrunde liege. In Wirklichkeit dürfen jedoch die von der Analyse der Muskelenergiespeicher abgeleiteten Modellvorstellungen nicht verallgemeinert werden. Man kann dies nicht auf die vielen unterschiedlichen Vorgänge der Trainingsanpassung im Körper übertragen (vgl. Tschiene 2014).

Trainingsanpassung wurde generell mit der Superkompensation erklärt, die simple Erklärung lautete und lautet teilweise heute noch immer: Durch sportliche Belastung ermüdet man, danach erholt man sich nicht nur bis zu seinem ursprünglichen Niveau, sondern es kommt zu einem Formanstieg, über das Ausgangsniveau hinaus. Nach einer bestimmten Zeit nimmt dieses Niveau wieder ab. Wenn man aber die darauffolgenden Trainingseinheiten in der Phase der Superkompensation durchführt, sei eine Leistungssteigerung erreichbar – so die Theorie.

Häufig fehlt den Modellen, die dieser Denkweise folgen, jeglicher zeitliche Bezug zur Anpassung, und auch zur Höhe des wirksamen Belastungsreizes werden keinerlei Aussagen gemacht. Mit dem Hinweis, dass eine bestimmte Reizstärke vorausgesetzt wird, kommt man z.B. im Bereich der Technik oder Psychologie nicht weiter. Wie sollte hier die Reizstärke bestimmt werden? Die Behauptung, dass jede Art von Belastung eine Ermüdung bewirke, stimmt so nicht. In einem Training finden unterschiedliche Belastungen statt, und nicht jede führt bei einem Sportler automatisch zu einer Ermüdung. Dennoch soll man danach Ableitungen für die Trainingsplanung und Belastungssteuerung machen können (vgl. Platonov 2008).

Grenzen und Schwächen des Modells:

• Die unterschiedlichen Energiebereitstellungssysteme unterscheiden sich deutlich in der Regenerationszeit: Kreatinphosphat (KP) in ca. 3 Minuten, Kohlenhydratvorräte je nach Intensität und Dauer der Belastung mehrere Tage, Zellstrukturen des Muskels nach einem Marathon mehrere Wochen.

• Die Erhöhung des Ausgangsniveaus nach erschöpfenden Belastungen gilt nicht für das Zentralnervensystem.

• Die Regenerationsprozesse laufen bei Trainierten und Untrainierten unterschiedlich schnell ab.

• Das Modell differenziert nicht zwischen einzelnen konditionellen Fähigkeiten.

• Auch ähnlich gut trainierte Sportler haben zum Teil unterschiedlich schnelle Regenerationszeiten.

• Das Modell berücksichtigt keine Altersunterschiede sowie keine geschlechtsspezifischen Unterschiede.

Hottenrott geht sogar so weit, zu sagen, dass bei einer ausschließlichen Orientierung des Trainings am Modell der Glykogensuperkompensation und einem dadurch linear geplanten Leistungsanstieg der Misserfolg vorprogrammiert sei. Außerdem ist eine exakte zeitliche Planung, wie es manche Modelle suggerieren, in der Realität nicht möglich. Profis mit 2 Trainingseinheiten könnten danach unmöglich trainieren. Eine in Dauer und Höhe unendlich fortsetzbare Anpassungsmöglichkeit kann es ebenfalls nicht geben.

Nicht alle Funktionsgrößen, wie z.B. Muskelprotein, Mitochondrien oder die Kapillaren gehen durch eine Trainingsbelastung zurück. Nach einer vierstündigen Ausdauerbelastung kommt es im Rahmen der Ermüdung zu einem mehrere Tage anhaltenden Überschwingen mehrerer Funktionssysteme (z.B. Fettsäuren, CK, cP, Cortisol), wobei vor allem die Körpermasse und das Muskelglykogen abnehmen.

Keine Gültigkeit des Modells bei folgenden Leistungsfaktoren

Die Superkompensation gilt somit nicht für das Training folgender sportlicher Leistungsfaktoren:

• Koordinationstraining

• Techniktraining

• psychologisches Training

• Schnelligkeitstraining

• taktisches Training

Beispiele: Wenn ein Trainer einem Tischtennisspieler eine neue Technik beibringt, muss dieser dazu nicht ermüdet werden. Gleiches gilt für eine Spieltaktik, die durch den Trainer vermittelt wird. Hierzu ist ebenfalls keine Ermüdung im Nachgang notwendig. Auch psychologisches Training setzt für eine positive Anpassung keine Ermüdung voraus.

Fazit

Was letztendlich bleibt, ist nicht viel. Das Modell der Superkompensation stammt aus der Muskelphysiologie und hat für leistungsbestimmende Faktoren aus Psychologie, Taktik und Technik keine Aussagekraft. Es kann jedoch eine isolierte Erhöhung der Glykogenvorräte nach dem Superkompensationsmodell erzielt werden.

 

Carboloading

Dazu sollte der Anteil der Kohlenhydrate in der Nahrung in den ersten 3 Wochentagen nur zu etwa 30–40 % aus Kohlenhydraten (KH) bestehen. Durch das weiterlaufende Training werden die KH-Speicher zunehmend entleert. Im zweiten Teil der Woche, wird das Training reduziert und die Kohlenhydratzufuhr auf 60–70 % erhöht, man spricht vom Carboloading. Dadurch steigen die Glykogenspeicher in Muskeln und Leber stark an. Steigen sie über das Normalmaß an, spricht man von der Superkompensation der Glykogenspeicher. Man kann dadurch bei zeitintensiven Ausdauerwettkämpfen länger auf seine Kohlenhydratspeicher zurückgreifen und eine höhere Laufgeschwindigkeit durchhalten. Durch diese Erhöhung ist eine Verbesserung der persönlichen Leistung möglich. Dies gilt insbesondere für Ausdauersportarten- bzw. -disziplinen (vgl. Hottenrott und Neumann 2010).

Erläuterungen zur Superkompensation

Wie Abb. 2.7 zeigt, gibt es stark unterschiedliche Resyntheseraten im menschlichen Organismus. Daher wäre die Aussage, dass Anpassungserscheinungen durch die Superkompensation generell nach 2–3 Tagen eintreten, nicht korrekt. Im Ausdauerbereich hat z.B. Neumann (2002) aufgezeigt, dass ca. 6 Wochen vergehen, bis man von einer vollzogenen Anpassung im Organismus sprechen kann. Berücksichtigt werden müssen für die individuelle Regeneration z.B. folgende Parameter: Leistungsniveau, Trainingszustand, Alter, Ernährung, regenerative Maßnahmen oder Saisonabschnitt des Wettkampfjahres.

Wenn die zeitliche Aneinanderreihung von Belastungen optimal realisiert wird, kann eine positive Anpassung erfolgen. Dazu darf zum einen der zeitliche Abstand zwischen zwei Trainingseinheiten nicht zu groß sein; der Trainingseffekt würde dadurch ausbleiben. Führt man andererseits mehrere Tage hintereinander ein stark ermüdendes Training durch, so kann dadurch die sportliche Form negativ beeinflusst werden. Ob das Gesetz der Homöostase und Superkompensation erfolgreich umgesetzt werden konnte, kann nur durch objektive Leistungsdiagnosen (z.B. Trainingsanalyse, Spielanalyse, Tests) überprüft werden.

Folgerungen für die Trainingspraxis

Gültigkeitsbereiche der Superkompensation

Unter praktischen Gesichtspunkten hat sich im Konditionstraining eine zwei- bis dreimalige Belastung pro Woche bewährt. Am ehesten trifft das Gesetz der Superkompensation auf die Glykogenvorräte in der Muskulatur und in der Leber sowie auf Kraft- und Ausdauertraining zu. Glykogen ist die Speicherform des Zuckers im Organismus und Ausgangsstoff für die Energiebereitstellung des Muskels. Dies gilt nicht im Bereich des Schnelligkeitstrainings, des Beweglichkeitstrainings, des Techniktrainings, des Koordinationstrainings oder etwa im kognitiven Bereich (vgl. Friedrich u. Moeller 1999, Steinhöfer 2003, Weineck 2005).

Abb. 2.7: Gesetz der Superkompensation als Verlauf der Leistungsentwicklung (oben) sowie in Bezug auf verschiedene Anpassungsreaktionen im Organismus (unten; mod. nach Hohmann et al. [2003]). Mitochondrienproteine sind im Zitratzyklus sowie in der Atmungskette am aeroben Stoffwechsel beteiligt (vgl. Kap. 3).

Mitochondrien sind ovale Zellorganellen, deren Hauptaufgabe in der Herstellung des für die Muskelkontraktion wichtigen Adenosintriphosphats (ATP) besteht. Der Skelettmuskel benötigt sehr viel ATP für die Kontraktion, entsprechend reich ist das Gewebe an Mitochondrien (vgl. Kap. 3).

Das Signaltransduktionsmodell

Das Modell der Superkompensation hat in der Trainingslehre nur eine sehr stark begrenzte Aussagefähigkeit. Von Superkompensation sollte zukünftig primär im Zusammenhang mit dem Glykogenstoffwechsel gesprochen werden. Dafür sollte als Mechanismus der Anpassung das Modell der Signaltransduktion verwendet werden, da dieses mittlerweile experimentell gut belegt ist. Viele experimentelle Studien, die seit den 1980er Jahren gemacht wurden, belegen, dass Anpassung durch Signaltransduktion in mehreren Schritten erfolgt (vgl. www.sg.tum.de).

Auf molekularer Ebene gibt es Signalproteine, die Belastungssignale wie z.B. Ausdauer- oder Kraftreize aufnehmen, weiterleiten, verstärken und integrieren und damit die jeweiligen organbezogenen Anpassungen auslösen und regulieren (vgl. Weineck 2019).

3 Schritte der Signaltransduktion

Die Trainingsreize werden dabei vom Organismus nicht sofort, sondern mit einer zeitlichen Verzögerung von Tagen und Wochen verarbeitet. Bestimmte Signaltransduktionswege regulieren die Anpassung an sportliches Training, wie molekularbiologische Studien ergeben haben, in mehreren Schritten:

1. Im ersten Schritt messen die Sensormoleküle (SE) (Calmodulin, Adenosinmonophosphatkinase, Insulinrezeptor) spezifische Signale (z.B. Kalzium, AMP, Glykogen, Sauerstoff, mechanische Muskelspannung und Hormonkonzentrationen). Die sportlichen Belastungen verändern in den beanspruchten Muskeln die Signalstärke und starten die Regulation der Anpassung. Die Sensormoleküle sind so etwas wie die Augen und Ohren der menschlichen Zelle.

2. Im zweiten Schritt werden weitere Signaltransduktionsmoleküle (SM) aktiv, leiten Informationen weiter, verstärken und analysieren diese. Die Informationsübertragung geschieht dadurch, dass sich Signaltransduktionsmoleküle verbinden. Sie sind so etwas wie ein zelluläres Gehirn.

3. Im dritten Schritt aktivieren die Signaltransduktionsmoleküle die Signaltransduktionswege und damit die Anpassungsregulation. Diese können Gene an- oder ausschalten, die Proteinsynthese erhöhen und so das Zellwachstum anregen oder eine Zellteilung bewirken. Die molekularen Anpassungen sind in der Summe die Anpassung des Körpers an körperliches Training (vgl. Hottenrott/Neumann 2016).

Die hier aufgeführten Veränderungen auf molekularer Ebene lösen in ihrer Gesamtheit die durch Training beabsichtigten muskulären Anpassungen aus.

Bei sportlichen Belastungen verändert sich in der Arbeitsmuskulatur, in Abhängigkeit vom Trainingsreiz, die Intensität und Zeitdauer der Signale und dies führt zu Anpassungen (vgl. Weineck 2019).

Krafttraining

Beim Krafttraining erfolgt das Dickenwachstum des Muskels vor allem durch die Aktivierung der Proteinsynthese durch Translation.

Abb. 2.8: Schema der Signaltransduktion an Kraft- und Ausdauerreize. Sensormoleküle messen Signale aus dem Krafttraining oder Ausdauertraining und übertragen diese auf die Signaltransduktionsmoleküle. Die Signale werden weitergeleitet an Adaptationsregulatoren. Diese Anpassungsregulatoren regulieren oder aktivieren die Gentranskription, d.h. An- und Ausschalten von Genen, die Translation oder die Proteinsynthese, den Proteinabbau oder andere Prozesse (mod. nach Hohmann, Lames, Letzelter und Pfeiffer 2020).

Ausdauertraining

Beim Ausdauertraining erfolgt die muskuläre Anpassung über die Regulation der Transkription (An- und Abschalten belastungsspezifischer Gene).

Trainingskonsequenzen

Ausdauer- und Krafttraining sollten nicht unmittelbar miteinander kombiniert werden, sondern zeitlich deutlich getrennt voneinander (Splitting der Trainingsinhalte). Die entscheidende Voraussetzung für die erhöhte Belastbarkeit eines Sportlers ist die durch das Training erreichte Adaptation, welche anhand des Vier-Stufen-Modells dargestellt wird.

4-Stufen-Modell des Ausdauertrainings

1. Anpassungsstufe: Es kommt zu Verbesserungen im Bewegungsprogramm, zu einer verbesserten neuronalen (zentralen) Muskelansteuerung.

• Ständiges Entleeren von Muskelglykogen durch Lauftraining erhöht in der Folge das Muskel- und Leberglykogen. Diese Anpassungsstufe dauert etwa sieben bis zehn Tage.

2. Anpassungsstufe: Es kommt zu einer Vergrößerung der Energiespeicher von Substraten und zum Muskelumbau.

• z.B. Zunahme des CP (Creatinphosphat) sowie des Glykogens (aerob und anaerob verwertbar)

• Aerobes und aerob-anaerobes Ausdauertraining führt zu einem Anstieg des Muskelglykogengehalts

• Nach einem Krafttraining steigt die Proteinsynthese im trainierten Muskel bis zu 72 Stunden lang an.

3. Anpassungsstufe: Funktionsoptimierung geregelter Systeme und Strukturen

• Hier kommt es zu einer Optimierung zwischen den neu gebildeten Muskelstrukturen und den sportartspezifischen Anforderungen

• Nach einem Krafttraining hypertrophiert der Muskel und steigert seine Kraftproduktion

• Zwischen der dritten und vierten Woche ist die Funktionsoptimierung leicht störbar. Man sollte daher hier die Gesamttrainingsbelastung reduzieren. Hingegen sind kürzere intensive Belastungen mit längeren Regenerationszeiten möglich.

4. Anpassungsstufe: Es kommt zu einer Koordinierung leistungsbeeinflussender Systeme. Es erfolgt eine Regulation des vegetativen Nervensystems, ZNS, des kardiopulmonalen Systems, des Elektrolythaushaltes, des Energiestoffwechsels, des Hormonsystems und des Immunsystems. Für eine Anpassung ist eine Autoregulation dieser Steuersysteme notwendig.

Erst wenn die neuen Strukturen in der sportartspezifischen Muskulatur mit den leistungsbeeinflussenden Systemen abgestimmt funktionieren, gilt die Adaptation an die Trainingsbelastungen als abgeschlossen: Dieser Prozess dauert zwischen 30 und 40 Tage.

Das hier vorgestellte vierstufige Modell ist für Ausdauertraining zutreffend. Bei einem Krafttraining geht man von ca. 50 Trainingstagen aus, um den Muskel in seiner Struktur vollständig zu verändern.

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