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Aus zwei Welttheilen. Zweiter Band.

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Ein voller Monat verging so, ohne daß in Boonville irgend etwas Wichtiges vorgefallen wäre. Wenn aber auch die Matrone in dem Glück, ihr Kind wiedergefunden zu haben, die ersten Wochen wie neu geboren und Schwäche und Krankheit gänzlich zu vergessen schien, so kehrte doch bald die natürliche Erschöpfung zurück, die solcher Aufregung auch selbst bei gesundem Zustand hätte folgen müssen, und sie wurde von Tag zu Tag schwächer und hinfälliger.

Was John betraf (denn den Namen »der weiße Hirsch« hatte er gleich von Anfang an abgelegt), so fand sich der in das civilisirte Leben der »Städter« besser und leichter, als man es wohl hätte erwarten können; er trug wenigstens die Kleider, die man ihm angelegt – ja, nach einiger Zeit selbst Schuhe und einen Hut, aß mit am Tische und mit Gabel und Löffel und schien sich besonders bei seiner Mutter wohl zu fühlen, bei der er oft stundenlang, am liebsten, wenn sie schlief, neben dem Bette saß und ihr still und ernst in das bleiche Antlitz schaute. Sonst war aber kein ganz gutes Auskommen mit ihm; er war wild und herrisch, wie er das als Krieger seit seiner Mannbarkeit ja auch nicht anders gewohnt gewesen, und es jetzt nur schwer und ungern ablegen mochte.

Am besten kam noch Rosy mit ihm aus; das liebe sanfte Kind übte den größten Einfluß auf das rauhe Wesen des jungen Mannes, und wo er einmal in Kleidung, Sitte oder Sprache – wie das übrigens gar nicht selten geschah – in seine alten Gewohnheiten zurücksinken wollte, bedurfte es von Rosy nur eines Wortes, ja, oft nur eines Blickes, seinen Sinn, der in einzelnen Fällen selbst nicht unbedingt der Mutter nachgab, zu beugen.

Drei Personen lebten aber in Boonville, denen John auswich, wo er nur irgend konnte, und auf die er, im Laufe der Zeit, nach und nach selbst eine Art von Haß übertrug. Die erste war unsere gute, aber geschwätzige Mrß. Smith, die ihn von vorn herein so mit ihren Fragen und Erkundigungen gepeinigt hatte, daß er sie ordentlich fürchtete, und einmal sogar zum Entsetzen seiner Mutter, die gar nicht begriff, was ihn auf einmal anwandle, aus dem Fenster sprang, als jene zur Thür hereintrat.

Die zweite war der ehrwürdige Pastor Billygoat, der es in seinem heiligen Eifer für Pflicht und Schuldigkeit hielt, den »armen blinden Heiden« zu bekehren. Im Anfang, und besonders weil es seiner Mutter große Freude machte, lauschte John mit ziemlicher Aufmerksamkeit dessen Worten, und wenn er auch später nur durch Rosy's Bitten dahin gebracht werden konnte, still sitzen zu bleiben, sobald der Prediger – oder der »Medicin-Mann«12, wie er ihn unerschütterlich nannte – seine Hand einmal auf ihn gelegt und seine Worte an ihn gerichtet hatte, so blieb er doch darin ganz der so schönen indianischen Sitte treu, daß er den Mann nie unterbrach, sondern ihn ruhig ausreden ließ und mit wenigstens äußerer Aufmerksamkeit ihm zuhörte. Pastor Billygoat täuschte sich aber gewaltig, wenn er das auch nur einen Augenblick für wirkliche Andacht hielt – John haßte den alten Mann wie die Sünde – und vielleicht noch mehr – und durch ihn auch die Religion, die er ihm predigen wollte. Trotzdem blieben beide im Anfang noch auf ziemlich friedlichem Fuß mit einander, und der Prediger schien zufrieden, wenn sein neu zu Bekehrender nur ruhig und ohne Widersetzlichkeit die gehörige Zeit aushielt.

Die dritte Person aber war wunderbarer Weise gerade der Mann, der doch als die Hauptursache und das Werkzeug seines jetzigen Hierseins angesehen werden mußte – und zwar Niemand anders, als Tom Fairfield selber. Im Anfang schienen die beiden jungen Leute unzertrennlich. Tom gab sich jede nur erdenkliche Mühe, den verwilderten Weißen in alle Geheimnisse des civilisirten Lebens wieder einzuweihen, und John, wenn auch mit augenscheinlichem Widerwillen, fügte sich doch gern jeder Neuerung, die der Hinterwäldler, den er überdieß als vortrefflichen Jäger kennen lernte und deßhalb achtete, mit ihm vornahm. Je länger er aber in der Mutter Hause lebte, wo Tom Fairfield ein täglicher Gast war, desto mehr und mehr zog er sich von ihm zurück, antwortete einsilbig auf seine Anreden, mied seine Gesellschaft und wurde sogar, was sonst selbst nicht gegen den Prediger geschah, unfreundlich, wenn er ihm nicht mehr ausweichen konnte.

Das nahm, je weiter es in den Herbst hinein kam, mehr und mehr überhand, da sich besonders in letzter Zeit Mrß. Rowland's Zustand auch immer mehr verschlimmert hatte. Die Krankheit der alten Frau schien in den ersten Wochen von ihres Sohnes Rückkunft durch die Freude und Aufregung des Wiedersehens fast ganz gehoben; nach dieser unnatürlichen Erregung trat aber auch eine Erschlaffung ein, die bald das Schlimmste besorgen ließ, und Rosy, das arme liebe Kind, fast ausschließlich an die Seite der jetzt fortwährend bettlägerigen Kranken bannte. John verließ das Haus ebenfalls nur sehr selten und nie anders, als wenn er in den Wald ging, einen Hirsch oder Truthahn zu schießen; hatte er aber Fleischvorrath daheim, so schaute er oft stundenlang in stummem Brüten zu, wie Rosy die Mutter pflegte oder, wenn diese einmal eingeschlafen war, ihre sonstige Arbeit, das große surrende Baumwollen-Spinnrad sachte bei Seite schob und sich mit ihrer Näherei, die Augen der Kranken zugekehrt, zu Füßen des Bettes setzte.

Der November war indessen angebrochen, und wenn auch der wundervolle Herbst – in dieser seiner schönsten Zeit, dem sogenannten indianischen Sommer – noch freundliche und selbst warme Tage brachte, so braus'te doch auch schon manchmal ein recht ordentlicher Nord-West durch die Wipfel der sich in die buntesten Herbsttinten schmückenden Blätter. Und wie das Laub erstarb, wich auch die Kraft, das Leben aus dem Herzen der armen alten Frau. Lange Jahre hatte sie standhaft und still den Schmerz ertragen, dem Leiden die Stirn geboten – jetzt, mit der einkehrenden Freude, erlag das arme Herz Gefühlen, die zu mächtig für es waren und zu erschütternd. Wie der Saft aus dem Laub und dem Stamm der Bäume und Pflanzen schwand, so ebbte auch der Lebensstrom in ihren Adern, und von Tag zu Tag fühlte sie mehr das Herannahen ihrer Auflösung.

Und doch hätte sie gerade jetzt noch so gern gelebt, denn ihrem Scharfblick entging es keineswegs, wie der durch so treues Ausharren so theuer erkaufte Sohn sich nicht mehr wohl und glücklich in seiner neuen Umgebung fühle. An der Mutter hing er, ja – und mit all der Gewalt kindlicher Liebe, die stark genug gewesen war, ihn seinem wilden Leben zu entziehen, bannte es ihn an ihr Lager, und ließ ihm nicht Ruhe noch Frieden draußen im Wald, seiner sonstigen Heimath. Wie aber sollte das werden, wenn sie einst hinüber gegangen und damit auch das Band zerrissen war, das ihn jetzt noch an das civilisirte Leben hielt? Nur Eine Möglichkeit gab es, ihn auch später zu fesseln, und die sah die arme alte Frau einzig und allein in der Vereinigung ihrer Pflegetochter mit dem jungen Tom Fairfield, der sich in der letzten Woche in Boonville förmlich niedergelassen und jetzt ordentlich und ehrlich um Rosy's Hand angehalten hatte. Bei diesen Beiden konnte John bleiben – in ihnen fand er stets treue und liebende Geschwister, und ihnen gelang es auch gewiß, den Sohn von der Rückkehr zu jenem entsetzlichen Leben unter den heidnischen Wilden abzuhalten. Ja, selbst Rosy's wegen war es gut, vielleicht nöthig, daß sie versorgt ward und eine männliche Stütze hatte, ehe sie die Mutter verlor, und das alles ließ Mrß. Rowland wünschen, ihre Vereinigung so bald als möglich bewirkt zu sehen.

Eigenthümlich war der Eindruck, den diese Nachricht, die er aus der Mutter Mund erfuhr, auf John machte – keine Sylbe erwiederte er, nicht den Blick hob er von der Spitze seines groben Schuhes, den er gegen die leichten Moccasins hatte vertauschen müssen, und zwei Mal fragte ihn die Mutter, ob er sie gehört und ob er sich nicht freue, daß seine Pflegeschwester einen so wackeren Schützer bekäme, der sie gegen die Stürme des Schicksals schirmen und wahren könne.

»Und will Rosy weißen Jäger?« sagte er leise, und als ob er die Antwort schon eigentlich vorher wisse.

»Sie lieben sich schon seit langen Jahren, und Rosy glaubt glücklich mit ihm zu werden.«

»Gut – John freut sich,« sagte der junge Mann, stand auf und verließ das Zimmer – kehrte auch den ganzen Tag nicht mehr zurück, sondern blieb bis spät in die Nacht draußen im Wald, wo er nachher, sein Pony schwer mit Wild beladen, zurückkehrte und, ohne Jemanden an dem Abend weiter zu sprechen, von außen am Haus hinauf in sein Lager kletterte.

Von dem Tage an war John wie ausgewechselt – sonst still und friedlich, wurde er mürrisch und zanksüchtig, verkehrte, außer mit seiner Mutter und Rosy, mit Niemand mehr und ließ jetzt sogar nicht selten seinem wilden Muthwillen bei allen denen freien Lauf, die sich in seinen Weg stellten oder sonst durch irgend etwas seinen Haß auf sich gelenkt hatten. Gegen die würdige Mrß. Smith zeigten sich diese Launen gewöhnlich nur neckischer Art; hatte sie ihn einmal zu irgend einer Zeit wieder angeredet oder um etwas gefragt, so konnte sie sich fest darauf verlassen, es wurde ihr Abends, wenn sie ihr Essen kochte, irgend ein Stein oder Stück Holz durch den Kamin in den Topf geworfen, oder durch einen nie zu Ermittelnden, wenn sie nach Dunkelwerden auf ihrem gewöhnlichen Platz in der Stube saß, ein Gewehr dicht neben ihr abgefeuert, daß sie erschrak und gewöhnlich mit einem lauten Aufschrei in die Höhe fuhr – oder die Hühner flatterten Nachts gestört umher, und nicht selten fehlten sogar einzelne von Stellen, wo sie weder Eule, noch Opossum geholt haben konnte.

 

Schlimmer aber ging es dem armen Vater Billygoat, bei dem es jetzt, seiner Meinung nach, Ehrensache wurde, den hartnäckigen Heiden zu bekehren. War es ihm einmal gelungen, den »störrischen Wilden« so zu fassen, daß er ihm nicht mehr entrinnen konnte, und hatte er ihm dann eine recht eindringliche Ermahnungs- und Strafpredigt gehalten, dann fing John auf einmal an, grimmige und entsetzliche Gesichter zu schneiden, fletschte mit den Zähnen, rutschte und glitt dem mehr und mehr geängstigten Prediger immer näher und schrie ihm vielleicht zuletzt noch den gellenden Schlachtschrei der Konzas so nahe und scharf in die Ohren, daß der fromme Mann entsetzt aus dem Zimmer floh und noch weit hinter sich drein das Hohnlachen des Heiden hören mußte. Nach jeder solcher Zusammenkunft konnte er sich aber auch fest darauf verlassen, daß ihm in derselben Nacht irgend ein Schwein abhanden kam, oder seine Fence an irgend einer Seite eingerissen und die Heerde in die Felder getrieben wurde, oder auch, wie das sogar einmal geschah, eine heimliche Kugel seine beste Kuh traf und tödtete.

Stellten die Leidenden den wahrscheinlichen Thäter zu Rede, so machten sie die Sache dadurch nur noch schlimmer, und das ganze Städtchen begann schon den »bekehrten Wilden«, wie er im Anfang hieß, als eine Plage zu betrachten, die man sich herzlich freuen würde, so bald als möglich wieder los zu werden.

Merkwürdig war es dabei, daß John an Tom Fairfield, so feindlich gesinnt er ihm sonst auch immer sein mochte, nie einen ähnlichen Muthwillen versuchte; ja, im Gegentheil rettete er ihm sogar eines Tages, als er ihn zufällig auf der Jagd traf, oder auch vielleicht durch seinen Schuß herbeigelockt war, auf die aufopferndste Art das Leben.

Tom hatte nämlich nicht weit von Boonville einen alten Bären beim Lappen13 getroffen, aber, durch eine rasche Bewegung desselben verleitet, einen übereilten Schuß gethan, was ihm das angeschossene und gereizte Thier mit Blitzesschnelle auf den Hals brachte. Sein Hund war zu schwach, ihm wirksamen Beistand zu leisten; sein Messer brach beim ersten, einen Knochen treffenden Stoß, und wer weiß, ob er nicht von der Bestie, wenn auch nicht getödtet, doch gar arg verwundet worden wäre, hätte sich nicht John in dem Augenblicke, da er aus Furcht, den Mann zu treffen, nicht wagen durfte, zu schießen, mit keckem Muth auf den zottigen Feind geworfen und diesem sein Messer so sicher ins Herz gestoßen, daß er sich wohl noch gegen seinen neuen Gegner wenden konnte, gleich darauf aber, auch vom früheren Blutverlust schon erschöpft, todt zusammenbrach.

Tom wollte dem jungen Manne danken und streckte ihm mit herzlichen Worten die Rechte entgegen – der aber wandte sich knurrend ab und verschwand, sich nicht weiter mehr um Jäger und Beute kümmernd, rasch im nahen Dickicht. Zu Hause sprach er auch kein Wort davon, nur als Tom heimkam und den Hergang erzählte, und die Mutter ihm mit glänzenden Augen die Wangen streichelte, und Rosy unter Thränen seine Hand nahm und ihn ihren lieben, lieben Bruder nannte, da wurde er weich, wie er seit lange nicht gewesen, und an dem Tage wäre vielleicht selbst Vater Billygoat ungestraft bei einem neuen Angriff weggekommen, hätte sich dieser würdige Mann nicht schon seit längerer Zeit fest vorgenommen gehabt, den heidnischen Wilden, der eigenen Schweine wegen, seinem Schicksale zu überlassen.

So standen die Sachen, als sich die Kranke eines Tages recht schwach und unwohl fühlte – ihre Kinder wichen nicht mehr von ihrer Seite, und John besonders saß neben dem Lager und hielt der Mutter Hand fest, fest in der seinen. Aber der Sand war abgelaufen, welcher der Leidenden auf dieser Erde zugemessen – die Kräfte wichen, die bis dahin das mürbe Gebäu ihres Körpers zusammen gehalten.

»Rosy,« flüsterte sie, als die Abendsonne ihrem Lager gegenüber stand und der rothe schimmernde Glanz den todtenbleichen Zügen noch einmal ein, ach! trügerisches Leben zu verleihen schien – »Rosy – Tom – mir wird so wunderleicht und wohl – die Glieder fühle ich gar nicht mehr, die mich sonst so bleiern an mein Lager bannten – ich glaube, der Tod naht – ach! dann ist es schön, zu sterben – aber – Euch lasse ich noch unvereinigt hier zurück, und mein Kind – meinen John, in Eurem Schutze – versprecht mir – versprecht mir, ihn stets – als Euren Bruder zu lieben.«

»Mutter!« schluchzte Rosy und barg das Antlitz an der Schulter der Sterbenden.

»Er soll mir wie mein liebster Bruder sein,« sagte Tom mit tiefer Rührung – »ja, nicht theurer konnten ihn diese Worte meinem Herzen machen, als er es jetzt schon ist – John soll nie einen anderen Freund brauchen, so lange noch ein Tropfen Lebenssaft in diesen Adern quillt.«

»Und, John,« sagte mit leiser Stimme die Mutter, »wird Dir das Grab der Mutter so theuer sein, als es die Lebende war?«

John hatte augenscheinlich einen harten Kampf mit sich gekämpft – er schämte sich, in der Gegenwart eines anderen Mannes zu weinen oder irgend eine Schwäche zu zeigen, und saß starr und regungslos, die Blicke unverwandt in eine Zimmerecke gerichtet; jetzt aber, bei der directen Anrede an ihn, wo ihm, der so oft den Tod gesehen, sein Auge sagte, daß das theure Leben nur noch wenige Minuten in der alten lieben Hülle weilen werde – jetzt konnte er sich nicht länger halten – am Bett fiel er nieder auf die Kniee, den Kopf barg er in der überhangenden Decke, und sein ganzer Körper zitterte von der Allgewalt des Schmerzes, der in ihm tobte.

»Guter John,« flüsterte die Mutter, und ihre Hand ruhte segnend auf dem Haupte des Sohnes – »guter – lieber John!«

»Mutter!« rief Tom Fairfield plötzlich, denn ein eigenes Zucken im Gesichte der Kranken – ein eigenes Erstarren der Züge erschreckte ihn. John fuhr schnell empor und heftete seinen Blick nur secundenlang auf das liebe Antlitz.

»Meine Mutter!« schluchzte er, und die hellen Thränen netzten seine sonngebräunten Wangen: »meine liebe Mutter! und Du gehst?«

Die Sterbende antwortete nicht mehr – der letzte Druck der Hände galt noch dem Kinde – der Tochter – ihr brechendes Auge hing an dem sinkenden Tagesgestirn, und mit dessen Verschwinden hinter dem goldglänzenden Laubnetz des Waldes schlossen sich auch die treuen Augen auf immer.

Am anderen Tage, nach der Mutter Tod, grub John, an derselben Stelle, wo früher seines Vaters Hütte gestanden, das Grab für die Verblichene – sie hatte es gewünscht, dort zu ruhen, und fast alle Einwohner des kleinen Ortes begleiteten die Leiche zu ihrer letzten stillen Ruhestätte unter den rauschenden schwanken Bäumen des Waldes. John blieb dort draußen drei volle Tage und Nächte, und als er endlich zurückkehrte, war er ernst und traurig und schien sein früheres wildes Wesen ganz verloren zu haben. Sanft wie ein Kind zeigte er sich gegen Jedermann, selbst mit dem Prediger war er freundlich, so freundlich, daß er den armen Mann im Anfange mehr damit erschreckte, als früher mit seiner Wildheit, weil der schon nicht anders glaubte, als daß dies nur eine andere Maske sei, unter der er neue Streiche auszuführen gedenke. Aber darin hatte er sich geirrt – John blieb sich immer gleich und vermied jetzt nur von Allen gerade die, deren Nähe ihm früher so unendlich wohl gethan.

Obgleich er nämlich seine alte Schlafstelle, den oberen Theil von seiner Mutter Haus, noch beibehielt, bekam ihn das junge Mädchen fast gar nicht mehr zu sehen; nur Morgens vor Tag stand er auf, schaffte Holz herbei, zündete das Feuer an und verzehrte im Hause sein Frühstück; dann aber mied er Rosy's Nähe den ganzen Tag, und nur Abends hörte sie, wie er von außen in seine Kammer wieder hinauf stieg und sein Lager suchte. Wildpret genug schaffte er dabei zum Hause, und weiche Felle gerbte er ihr nach indianischer Art, und nähte Moccasins und färbte Decken für sie; aber nicht daheim that er das, sondern im Walde draußen, wie auch das Wetter war, und nur froh konnte sie ihn machen, wenn sie annahm, was er ihr, meist Morgens, brachte.

So rückte endlich der, von Tom Fairfield so lang' und heiß ersehnte Tag der Verbindung zwischen ihm und seiner holden Braut heran, und Tom hatte alle Bekannten und Freunde eingeladen, ihn feiern zu helfen. In festlicher Procession zogen die Glücklichen nach des Friedensrichters, Mr. Cowley's Haus, und heute schloß sich selbst John nicht aus von der fröhlichen Schaar.

An Tom's Seite, gegen den er in letzter Zeit wieder so freundlich gewesen war, wie in den ersten Wochen ihres Beisammenseins, betrat er das kleine wohnliche Gemach des Richters und war Zeuge der heiligen feierlichen Handlung; als aber die Braut das schüchterne und doch so herzfreudige Ja gesprochen – als der Gatte sie leise, leise an sich zog und sie das in holder Schaam übergossene Antlitz an seiner männlichen Brust barg – da glitt er unbemerkt und geräuschlos aus dem Zimmer – aus dem Hause und über die Straße hinüber in sein eigenes kleines Gemach.

Nacht war's, und aus Tom Fairfield's neuer Wohnung brachen lichte Strahlen, und muntere Violintöne schallten die stille Straße herab; in Hornpipes und Quadrillen, in Reels und Jigs und der anderen amerikanischen oder von England herüber gebrachten Tänzen schwangen sich die fröhlichen Paare; munter ging der Becher im Kreise, und herzlich übertönte das Lachen oft die schallenden Geigenklänge.

Draußen aber vorbei, durch den Herbststurm, der jetzt schon recht ingrimmig die laublosen Zweige schüttelte, schritt, die Büchse in der Hand, den Tomahawk im Gürtel und die Decke auf dem Rücken, ein Jäger, und wollte schon rasch vorüber ziehen an dem festlichen Hause, als der silberreine Ton einer lachenden Frauenstimme sein Ohr traf. Er blieb stehen, zögerte einen Augenblick und näherte sich dann dem Hause; an der Fenz schwang er sich hinauf und schaute viele Minuten lang still und ernst durch das kleine offene ausgeschnittene Fenster in den inneren hell erleuchteten Raum, auf die fröhlichen glücklichen Menschen hin, die in dem engen Gemach sich lachend und tanzend hin und herbewegten. Glück und Freude lag auf allen Gesichtern auf die sein düsterer Blick fiel, aber von allen ab schweifte er unbefriedigt, das eine von allen denen zu erkennen das –

Ha – da trat Rosy in den Kreis – die frohe junge Frau an des Gatten Hand, und das Licht der Lampen fiel hell und voll auf die lieben Züge des jungen Weibes.

Johns Blick haftete lang und ernst auf der holden Gestalt, aber kein Laut entfloh seinen Lippen, keine Bewegung, ein einzelnes fast krampfhaftes Zucken seiner Lippen vielleicht ausgenommen, verrieth die Bewegung die in ihm kämpfte.

Endlich nickte er, wie Abschied nehmend, aber auch fast seiner unbewußt, dort hinüber, wo er jetzt Alles zurückließ, was ihm noch lieb auf dieser Welt war, und ihn wohl hätte an ein ruhiges friedliches Leben fesseln können – dann stieg er langsam wieder nieder und warf die Büchse auf die Schulter.

Als er den Boden wieder betrat, hatte er ganz die alte Ruhe wieder gewonnen – die wollene Decke, die über seine Schultern hing, zog er fest um sich her, und den Pfad verfolgend, der an seiner Mutter Grab vorüber gen Westen führte, verschwamm seine dunkle Gestalt bald in den düsteren Schatten, mit den der Urwald die enge Lichtung fest und dicht umlagerte.

Und wohin führte sein Weg?

Man hat nie wieder von ihm gehört; aber zu den Konzas war er nicht zurückgekehrt, denn wenige Wochen später kam von dorther der canadische Franzose, der Tom Fairfield früher auf seine Spur gebracht, und wußte nichts von ihm. Ja, Tom besuchte im Frühjahr selbst noch einmal den Stamm – doch konnte ihm Niemand Kunde geben vom »weißen Hirsch« – er war und blieb spurlos verschwunden.

12Medicin-Männer heißen bei den indianischen Stämmen die Aerzte, Zauberer und Priester.
13Lappen der Bären heißt, wenn sie im Herbst nach den reifen Früchten und Beeren naschen gehen.
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