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Aus zwei Welttheilen. Zweiter Band.

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Sechster Brief

New York den 9ten März 48.

Mein herzlieber Carl!

Versprochener Maßen erhältst Du, sobald ich nun hier in dem neuen herrlichen Lande einmal zu Athem gekommen, augenblicklich Nachricht von mir, und zwar Nachricht, nicht wie es hier im Lande selber steht, denn davon weiß ich noch zu wenig, sondern über das besonders, was ich hier thue und treibe.

Ich bin beinah alle Tage auf der Jagd gewesen, doch die Jagd um New York selbst herum, ist höchst unbedeutend – eine kleine Rohrdommel und zwei Moschusratten bilden den beträchtlichsten Theil meiner Beute, und das klingt Dir wahrscheinlich sonderbar, wenn Du Dich an unsere Gespräche über Bären, Büffel, Elens, Riesenhirsche und Panther erinnerst. Doch Du mußt bedenken, die Jagd ist hier frei, jedes Kind kann mit seiner Flinte hinausgehn und schießen, und daß da um eine Stadt wie New York, die, glaub' ich, 400,000 Einwohner hat, kein großes eßbares Wild mehr zu finden ist, liegt allenfalls auf der Hand.

Gestern traf ich aber glücklicher Weise einen alten Jäger aus Indiana, das viele hundert Meilen westlich von hier liegt; der erzählte mir, zufälliger Weise wie das Gespräch gerade kam, von dem Wild in seiner Gegend, das muß fabelhaft sein. Mir zugeschworen hat er's, daß er die Bären manchmal, besonders in kalten mondhellen Nächten, aus seinem Küchenfenster schießt, und Hirsche erlegt er nur, wenn er Fleisch für die Hunde braucht. Denke Dir wie sich das glücklich trifft, der Mann hatte zufällig, und ich merkte es gleich, er wollte im Anfang nicht mit der Sprache heraus, eine kleine Farm, ein sogenanntes improvement von ein paar Ackern urbargemachten Landes zu verkaufen, auf dem ein kleines Wohnhaus und eine Räucherkammer und Maisscheune steht. Und weißt Du was das ganze kosten soll? – Du riethst es wahrlich nicht und gingst Du noch so tief hinunter – denke Dir, 250 Dollar; – vier bis fünf Acker urbar gemachtes Land mit den dazu gehörigen Gebäuden für 250 Dollar! es ist fabelhaft.

Ich scheute mich wahrhaftig im Anfang ja zu sagen, denn es war augenscheinlich, der Mann kam gerade mitten aus dem Walde in die Stadt und kannte den Werth seines Besitzthums gar nicht, denn für 250 Dollar schieß ich ja allein in der Gegend an Wild heraus, Bärenfett, Honig und Wachs, was Alles hier in New York einen ganz guten Preis hat, gar nicht gerechnet. Leider sind keine Indianer mehr in der Gegend, doch versicherte mir mein Backwoodsman, das sei nur ein sehr großer Vortheil für den Wildstand, dem die Indianer, wenn sich viele in der Nachbarschaft aufhielten, gewaltigen Abbruch thäten.

Gestern Mittag wurden wir denn handelseinig; d. h. ich schloß den Handel nach seinen eigenen Bedingungen mit ihm ab, weil ich Furcht hatte es könnte mir sonst ein Andern zuvorkommen. Hol's der Henker, wenn der Mann etwas verkaufen will, so muß er auch wissen, was er dafür fordern kann – er ist alt genug und braucht keinen Vormund. Uebrigens habe ich ihm auch noch drei Kühe, die auf dem Platz sind, für den allerdings im Verhältniß jener wilden Gegend etwas hohen Preis von 12 Dollar per Stück abgenommen, auch eine Heerde Schweine von 19 Stück mit 3 Dollar per Kopf. So bin ich denn auf einmal ein Amerikanischer Farmer geworden und will in nächster Woche nach meinem neuen Besitzthum aufbrechen; wollte Gott Du wärst jetzt hier und wir könnten zusammen dorthin ziehn, ich kann Dir gar nicht sagen wie ich mich darauf freue.

Nur das eine ist mir unangenehm, daß der alte Jäger nicht mit mir zu seinem früheren Wohnort zurückkehren kann, um mich dort gewissermaßen einzuführen; er will aber von hier direkt nach Texas, um von dort aus nach New Mexico überzusiedeln und als Pionier den Kern jener Macht mit bilden zu helfen, die später als neuer Staat der Union von Nordamerika ein neues Glied jener herrlichen Kette werden wird, die in kaum einem halben Jahrhundert den ganzen Continent von Amerika umspannen muß. In Texas soll es auch viel Wild geben, lange aber nicht so viel, meines Backwoodsmans Aussage nach, als in Indiana.

Besonders malerisch hat er mir die Truthahnjagd und die Panterhetzen geschildert und das einzige was er gegen das Land dort einzuwenden hat, wäre – denn er sagte mir, er hielte es für seine Pflicht darin aufrichtig gegen mich zu sein – daß eben Panther, Bären und Wölfe einen ordentlichen Viehstand schwer aufkommen ließen; besonders bösartig sollten die Bären hinter den Schweinen her sein, ja nicht selten sogar in das Maisfeld selber brechen und darin beträchtlichen Schaden anrichten. – Und das sollte mich von dem Lande abschrecken, Carl – ich gebe Dir mein Wort, ich mußte ordentlich an mich halten, daß ich nicht laut aufjubelte vor lauter Freude. – Bären im eigenen Maisfeld; na wartet, meine schwarzen Burschen, ich will Euch das Mahl mit meiner treuen Büchse gesegnen – zwanzig Kugeln auf's Pfund, die machen ein Loch wo sie hinkommen.

Um übrigens den alten Jäger wenigstens in etwas dafür zu entschädigen, daß er so billig verkauft, und mir zugleich die Bahn zu dem Ziel meiner Wünsche gezeigt und geebnet hat, bin ich heute morgen, als ich ihm sein Geld ausgezahlt hatte, durch die Stadt gegangen und habe ihm dort noch eine prächtige lange Büchse, die ihm sehr in die Augen zu stechen schien und die allerdings 60 Dollar kostete, gekauft. Du hättest sehn sollen, wie mich der anschaute, erst griff er voller Eifer darnach, und dann besann er sich eine Weile, schüttelte mir die Hand, und wollte sie meiner Seele nicht annehmen, wie ich aber endlich ganz fest darauf bestand, ja zuletzt sogar schwur, ich würde sie, wenn er sie zurückweise, dem ersten besten Menschen geben, der uns auf der Straße begegnete, da warf er sie sich über die Schulter und pfiff vor Freude die ganze Straße hinunter. Es ist ein kostbarer Menschenschlag, der Amerikanische.

So lebe denn für jetzt wohl, mein Carl, denn die Vorbereitungen zu meiner Reise nehmen für den Augenblick meine ganze Zeit in Anspruch; ich will nämlich, wenn ich es noch möglich machen kann, schon morgen nach meinem kleinen Besitzthum aufbrechen, um gleich Jemanden zu besorgen, der es mir dieses Jahr noch ackern und mit Mais bepflanzen kann. Sowie ich dort eingerichtet bin, hörst Du sogleich wieder von mir, und des ersten Büffels Haut, den ich eigenhändig erlege, soll unter Deinem Schreibtisch als Fußdecke prangen.

Bis dahin aber grüßt und küßt Dich herzlich Dein

jetzt wahrhaft glücklicher
Fritz Sternberg.

Siebenter Brief

Filadelphia de 10. März 1848.

Guter Edde und allerbeste Mämme.

Gottes Wunder was hob ich vor ane Raise gemocht hierher in de gewaltige Stadt von die Quäkers; lauter Wasser und immer Wasser – will ich nich gesund auf meine Fiße stehn, wenn ich nit glaub' grad dorum nenne se den graußen Ocean das Mehr, wails nimmer weniger werd. Und das Bischen Seekrankheit unterwegs – wai geschrien Mämme – s' wor schauerlich. Speck hawe mer esse dirfe, der Rabbiner hets uns über die See erlaubt, weil mer de Schiffskost nu emol net kauscher kriege konnt – aber Gottes Wunder was hots uns geholfe? wie hob ich mich uf den Speck gefrait und will ich nich gesund auf meine Fiße stehn, wenn ich en nachher auch nur ansehn kunnt – gleich wurde mer schlecht.

Ihr wollt wisse was Seekrankheit is? Gottes Wunder – wie heißt Seekrankheit – nehmt a gute' Handvoll Brechwainstein, und wenns Eich denn recht schlecht, recht eklich werd, main, dann setzt Eich in 'ne Schaukel un laßt den Itzig schaukle un immer schaukle un je schlechter Eich werd, je höher schaukle von den Itzig – dos is Seekrankheit, und wollt ers nachher noch ganz akkerat wisse, dann bleibt in de Schaukel sitze und trinkt ä Bissle worm Salzwasser mit Butter nein – Gott der Gerechte wer kann do an Speck denke.

Un das Land? – wai geschrien wos is des vor e Land – wie haißt Amerika? hätt ich doch mein Lebtag nicht gesehn Amerika – is dos auch ä Nome fir des Land? – Terkei sillts heiße oder Kosakeland aber nich Amerika. Was hob ich profitirt sait ich hier bin – frogt mich emol was ich profitirt habe? – gor nix hab ich profitirt un noch weniger. Quäker, haißts, wären lauter in Filadelphia – ich hob noch nix quäken gehört; will ich nich gesund auf meine Fiße stehn, wenn nich mehr Jüdden hier sin wie Quäker – un da soll a Jüdd was profitiren? – lächerlich.

Rumgelaufe bin ich mit en klainen Kerbche von Haus zu Haus und wos fir schaine Sachen hob ich Alles gehabt: Kemmcher, Stecknodeln, Hosenträger, Band, Litzen, Zwirn, Fingerhit, Saifen, Haaröl, Stohlfedern und was waiß ich Alles – es is ordentlich a Wunder gewese, wies Alles in dem klainen Kerbche hat Platz gehatt – und was fir Geschäftcher hab ich gemacht? – wie haißt Geschäftcher – in de klaine Haiser bin ich gewesen, sahen se alle meine Sachen – will ich nich gesund auf meine Fiße stehn, von vorn bis hinten an, un wenn se sulten kaufen, hatten sie kain Geld – un in de graußen Haiser? – geh der Edde mol in die graußen Haiser in Filadelphia – Gott der Gerechte, mit schwarze Mohren haben se mich 'naus geschmissen.

Das sin de Geschäftcher in der Stadt, un in's Land drauße? – geh der Edde wol in's Land drauße? im Wald wimmelts von wilde Katzen un Panthers un Bären, un Gott der Gerechte, was sin mit Bären für Geschäftcher ze machen? ich geh net in's Land werd ich mich fressen lassen. Un wer kennt Einen hier? – wer soll dem Veitel Credit geben? kan Mensch – der Veitel is hier gor nix – Gott der Gerechte, wär' ich in Bamberg gebliebe, un hätt' ichs Geld – will ich nich gesund auf meine Fiße stehn, wenn ich nich den Brief selber brächt.

Gott behits Mämme un Edde, wenn ich mit die zwai Ducatcher die ich noch aingenäht uffm Magen trag in vier Woche nich verhungert bin, schreib ich Eich noch e Mol wie mers geht – grißt mer de Rachel – soll se froh sein daß se is in Bamberg, un dasselbe winscht sich

 
Eier lieber Sohn Veitel.

Zweiter Theil

Erster Brief

Cincinnati, den 16. August 48.

Lieber Theodor!

Sei nicht böse, daß ich Dir so lange nicht geschrieben habe, aber, es ist hier ein gar so geschäftiges Leben, und ich selbst bin in so eigenthümliche Verhältnisse hineingerathen, daß ich selbst kaum weiß, wie ich Dir das Alles mit kurzen Worten schildern soll. Auch bei Euch daheim sind, wie ich höre, indessen große Veränderungen vorgegangen; nun, seid nur vorsichtig in der Gründung einer Republik und nehmt Euch Amerika zum Muster – d. h. wie Ihr Vieles nicht machen sollt.

Hätt' ich gewußt, daß sich Alles bei Euch so rasch gestalten würde, so wär' ich doch lieber noch in Deutschland geblieben – Amerika hat viel vortreffliche Seiten, aber – es ist doch die Heimath nicht. Die Gesetze sind allerdings ausgezeichnet – die Amerikanische Constitution könnte jedem Lande der Welt zum Vorbild dienen und sein Glück sichern – aber sie sollte auch in jeder Beziehung nicht dem Wortlaut, sondern dem Sinn nach ausgeführt werden, wie es sich jene edlen Männer bei dem Entwurf derselben gedacht haben. Die Gesetze allein können aber ein Land nicht glücklich machen, wenn die Regierung nicht auch die Macht hat sie auszuüben, und ihnen Achtung zu verschaffen. Das Lynchgesetz giebt davon ein trauriges Beispiel, wo das Volk mit den Personen, die seiner Rache einmal, ob gerecht oder ungerecht, verfallen sind, angiebt was es ihm beliebt.

Der Amerikaner mag aber noch angehn hier, er ist zwar kalt und theilnahmlos, eine schändliche Geldaristokratie läßt Einen manchmal wahrhaftig ordentlich den Adel des alten Landes herbeiwünschen, und ewig auf kaufmännische List – ja oft auf wirkliche Betrügereien sinnend, versteckt er das hinter der Maske ekelhafter Bigotterie; doch ist er wirklich mit Leib und Seele Republikaner, seine Constitution geht ihm über Alles, und er würde für ihre Vertheidigung und Aufrechthaltung Leib und Leben einsetzen. Aber widerlich wurden mir hier die Deutschen, und ich muß leider gestehn, ich begreife unter dem Namen die große Mehrzahl derselben, die hier in die Republik hineingeschneit sind, sie wissen selbst nicht wie, und jetzt, zur Schmach und Schande ihrer Nation, den Partheien zum Spielball dienen. Es ist wahr, die meisten sind Demokraten, aber frag' sie warum? – sie wissen es nicht; unklar mit sich über die einfachen politischen Fragen des Landes, in dem sie leben, gehen sie mit dem Strom, und werden nicht selten in Masse von ein oder der anderen Parthei förmlich übergekauft. An eine knechtische Existenz in Deutschland dabei gewöhnt, sind sie im Anfang kriechend höflich gegen besser gekleidete, und lernen sie erst erkennen, daß sich hier Alle Menschen gleich sein sollen, so werden sie gegen Alle, die sie sich an Geist oder Vermögen überlegen glauben, grob und ungezogen, um ihnen nur ja zu beweisen, daß sie ihr Recht kennen, sich in Amerika eben so viel zu dünken, wie jeder Andere.

Theodor, Theodor, mir bangt, wenn ich in hiesigen Blättern von Euerem Streben in Deutschland nach Republik lese, und dann Exemplare der Leute hier um mich sehe, mit denen Ihr dort, in der ungeheueren Mehrzahl eine Republik gründen müßtet – es sind Elemente, trefflich geeignet zum Zerstören, zum Ansturm gegen einen hartnäckigen feindlichen Widerstand, aber zum Aufbau untüchtig, ja gefährlich. Ich habe in Illinois einen Prairiebrand gesehen, der nicht allein das trockene Gras verzehrte, das er verzehren sollte, sondern auch noch in unzähmbarer Wuth Fenzen, Farmhäuser, Scheunen und ganze Waldstrecken zerstörte und in Asche legte, und der Strecke, der er nützen sollte, unendlichen Schaden brachte. Es war das in einer Zeit, wo ich noch keine Nachricht über Euere deutschen Bewegungen hatte, und doch zuckte mir, wunderbarer Weise bei dem Brande der Gedanke an eine »deutsche Republik« durch die Seele.

Willst Du übrigens wissen, was der Amerikaner von den »deutschen Republikanern« hält, die in ihren deutschen Blättern hier immer von Freiheit und Selbstständigkeit, von deutscher Treue und Hochherzigkeit prahlen? – er braucht ihren Namen als Schimpfwort, und besonders ist das hier in Cincinnati, wo es viele Tausende von ihnen giebt, der Fall. Das Wort »dutchman« was Deutscher heißen soll, obgleich es ursprünglich einen Holländer bezeichnet, dient zum wirklichen Schimpfwort – »you shall call me a dutchman« Du sollst mich einen Deutschen nennen – ist die empörende Versicherung, die ich hier nur zu oft hören mußte »he fights like a dutchman« wird von Einem gesagt, der bei einer Aussicht auf Kampf die Flucht ergreift, und sich nur schlägt, wenn er in einer Ecke eingeklemmt ist. Black dutch ist ein Schimpfwort, das den Deutschen mit der verachtetsten Race, mit dem Neger, in eine Kategorie wirft. Doch genug davon, wenn ich sehe, wie meine Landsleute in dem Lande der Freiheit verachtet sind, verachtet von Republikanern doch –

 
»wollt' ich sie alle zusammenschmeißen
ich könnt' sie doch nicht – Lügner heißen.«
 

Zürne mir nicht, wenn meine Worte vielleicht etwas bitter klingen; mir ist's nicht gut gegangen seit ich dies Land betreten, und ich habe in mancher Hinsicht Unglück gehabt. Gleich im Anfang betrog mich ein Amerikaner, der mich anscheinend ganz freundschaftlich und uneigennützig aufnahm, um Alles, was ich besaß, indem er mich zum Kauf eines ganz werthlosen Gutes verleitete, auf das er noch nicht einmal gegründete Ansprüche hatte; ich fiel einem Advokaten in die Hände und sah mich nach wenigen Monaten arm wie eine Kirchenmaus in dem fremden Lande. Der englischen Sprache vollkommen mächtig, wollte ich mich dann mit literarischen Arbeiten beschäftigen. – Deutsche wie Amerikanische Zeitungen erwiesen sich auch gleich bereitwillig, meine Artikel abzudrucken, aber – an Honorar war nicht zu denken.

Als Advokat aufzutreten, wagte ich nicht – bei der Oeffentlichkeit und Mündlichkeit des Gerichtsverfahrens glaubte ich nicht der Aussprache und Rede so mächtig zu sein, einigermaßen mein Glück zu machen – wohl rieth man mir dagegen nur dreist und geradezu in der Medicin zu prakticiren, doch dazu besaß ich, bei meinen mittelmäßigen Fähigkeiten nicht Frechheit genug – was blieb mir übrig? – Handarbeit. Aber auch darin zeigten sich anscheinend unüberwindliche Schwierigkeiten – die meiste Arbeit, die hier verlangt wird, ist mit der Axt – mein Arm war darin ungeübt – was anders sollte ich ergreifen? so wurde ich denn – Du lächelst sicherlich wenn Du die Zeilen liest – Feuermann oder Heizer auf einem der Mississippi-Dampfboote.

Erlaß mir die Beschreibung dessen, was ich darauf erlitten, mit schmutzigen Negern mußte ich fast unmittelbar Mahl und Lager theilen, der rauhen Behandlung der Ingenieure ausgesetzt, auf die Willkühr des Capitäns angewiesen, der uns in New Orleans, eine halbe Stunde vorher ehe er abfuhr in kaum halbwerthigen Banknoten den sauer verdienten Lohn auszahlte. –

Ich ging allerdings wieder auf ein anderes Boot, wurde aber krank und liege nun jetzt hier in Cincinnati in einem erbärmlichen deutschen Boardinghause. Komm ich wieder zu Kräften, seh ich mich nach neuer Arbeit um, jedenfalls aber schreib mir recht bald, mein theuerer Theodor – Du glaubst nicht, wie ich mich nach einem Brief aus der theueren Heimath sehne. Es grüßt und küßt Dich tausendmal Dein

Carl von Horneck.

P. S. Eben wie ich schreibe, entsteht unten auf der Straße ein Scandal – die liebe Jugend hatte in tollem Muthwillen Stroh und Heu mitten in Sycamore street aufgehäuft und angebrannt, so daß aus den entfernteren Theilen der Stadt schon die Spritzen herbeikamen. Nein, was diese Amerikanische Jugend für eine Brut ist, davon kann sich, weiß es Gott, kein Ausländer einen Begriff machen.

Zweiter Brief

Aus dem Staat Wisconsin am 14. August 1848.

Lieber Vetter!

Als ich Dir vor so und so viel Monaten vom Staat New York aus schrieb, da war mir's recht häßlich und trüb zu Sinn – Alles ging contrair, Alles war anders wie ich es mir gedacht, Alles anders wie ich es bis dahin gewohnt gewesen, und die ganze Welt sah mir deshalb schwarz und düster aus. Es ist auch wirklich gar ein böses Ding um die lockenden Beschreibungen, die uns alles mit überbunten Farben ausmalen; die Einbildungskraft thut dann auch noch das ihrige, und findet man nachher nicht wirklich auch jede Kleinigkeit wie man sie sich gedacht, so wird man mürrisch und fängt ohne weiteres an, am hellen Tage Gespenster zu sehn.

So war ich z. B. in Deutschland bequeme warme Häuser gewöhnt, und fand hier, im Verhältniß zu denen elende Hütten, dachte aber nicht daran, daß das ja jedes eigne Schuld ist, wer sich sein Haus nicht so wohnlich und behaglich einrichtet wie es ihm gefällt. Auch die Viehzucht stand mir nicht an; ja, da war mir vorerzählt, man brauche eine Sau nur in den Wald zu lassen und nach der gehörigen Zeit käme sie mit zehn, elf Ferkeln wieder zu Hause und die Ferkel kriegten wieder Ferkel und so fort, bis unabsehbare Heerden daraus würden. Ja lieber Gott, so bequem ist die Viehzucht nicht, aber sie bietet im Verhältniß zu Deutschland doch ungeheuere Erleichterungen, und wer da nur mit einigermaßen gemäßigten Ansprüchen herkommt, muß sie befriedigt finden.

Auch der Ackerbau ist den hiesigen Bedürfnissen vollkommen entsprechend, und die Cultur steigt, wie diese sich vermehren. Mit den wilden Thieren ists dabei eben nicht so arg, der Schaden den die thun, kann man ertragen und die Insekten, nun ja, das ist verwünschtes Zeug, und ich wollte der Böse holte den Schwarm und verwendete sie vielleicht auf irgend eine zweckmäßige Art im Fegefeuer – aber – es läßt sich eben ertragen – vollkommen ist kein Land.

Doch, Du willst in Deinem letzten Briefe wissen wie es mir geht und scheinst schon das Schlimmste zu fürchten – ich habe Dir durch mein Schreiben vielleicht Ursache dazu gegeben – doch sei nicht ängstlich, es ist nicht so gefährlich. – Im Staat Wisconsin, in der Nähe von Milwaudie habe ich mir, für einen nach deutschem Maasstab ungemein billigen Preis, eine recht hübsche Farm gekauft; auch den Keim zu einer heranwachsenden Viehzucht hab' ich gelegt, und Ställe gebaut, in denen meine Heerden im Winter Schutz gegen die Kälte finden. Die wild im Wald herumlaufenden Schweine machen dem Farmer allerdings oft viel Noth, wenn er nicht einen großen Theil derselben einbüßen will, doch mit ein wenig Fleiß läßt sich das Alles beseitigen, und meine deutschen Nachbarn versichern mich, sie kämen recht gut damit zu Stande. Auch das Ackern, über das ich mich im Anfange der vielen Wurzeln und Stümpfe wegen, so ärgerte, geht jetzt recht gut – man muß sich nur erst hineinfinden und nachher sieht man stets, daß eines jeden Landes Geräthschaften, Sitten und Kleider auch den Bedürfnissen und Eigenthümlichkeiten desselben am besten angepaßt sind und entsprechen. Für die schwere Arbeit des Urbarmachens der Waldstrecken und des Bischens Unbequemlichkeit beim Pflügen, entschädigt reichlich das herrliche fruchtbare Land – wahrhaftig es wäre Verschwendung, wenn man das düngen wollte, und ich werde mich nicht auslachen lassen.

Allerdings ist das Leben hier nicht so gesellig wie in Deutschland, doch habe ich vortreffliche Nachbarn, und da kommen wir mit unseren Familien oft zusammen und sind dann stets recht vergnügt; und selbst das Verhältniß der Dienstleute, was mir im Anfang gar nicht behagen wollte, leuchtet mir jetzt als ganz vortrefflich ein. Die Leute werden von ihren Arbeitsgebern (nicht Arbeitsherrn, denn das Wort Master wird in dem Sinn nur von Sklavenhaltern gebraucht) eben so behandelt, als ob sie mit zur Familie gehörten und müssen deßhalb auch ihren freien Willen haben, aber nur so ist es auch möglich eine wirklich freie Generation zu erziehn, Republikaner zu bilden.

Der Arbeitsgeber wird deßhalb nicht im mindesten von ihnen geknechtet, wie ich das im Anfang glaubte, sie verschwören sich nicht zu einem festen Preis um den sie arbeiten wollen und säen dadurch Haß und Zwietracht, Gott bewahre, unabhängig in all ihren Bewegungen und ihrer Freiheit sich bewußt, gönnen sie die auch jedem anderen und Zeit und Umständen überlassen sie Lohn und Verdienst. Haben sie sich dann ein kleines Capital verdient, so beginnen sie meistens selbst und die Leute die sie dann miethen, werden wieder ebenso behandelt, als ob sie noch zusammen in einer Arbeit stünden.

 

Sieh, Alterchen, ich will Dich nicht etwa überreden hierher zu kommen, wenn Du aber keine zu großen Ansprüche machst, und die Verhältnisse in Deutschland wirklich so fatal werden wie Du schreibst – ei dann glaub ich, kömmst Du auch hier durch, und würdest Dich am Ende recht wohl fühlen.

Es ist jetzt hier eine kleine Farm mit guten Steingebäuden, zehn Acker urbarem und 310 Acker Holz- und Prairieland, und einem recht hübschen Anfang zur Viehzucht, mit 3000 Dollar verkauft worden, und es sind billigere wie theuerere Farmen immer zu haben. Die Gebäude darfst Du Dir aber nicht etwa groß und prachtvoll denken; sie entsprechen nur einfachen Bedürfnissen, doch sind sie wohnlich errichtet. Wir haben jetzt auch eine Brauerei hier in der Nähe und stellen ein vortreffliches Bier her.

Meine kleine Familie läßt Euch alle in der Heimath herzlich grüßen – wir hatten und haben noch von Krankheit manches zu dulden, denn die Fieber, die in dem neu urbar gemachten Boden ihren Ursprung finden, müssen im Norden wie im Süden ertragen werden. Doch geht es jetzt, trotz der ziemlich starken Hitze etwas besser, und die Nachbarn, Amerikaner wie Deutsche, sind wirklich so theilnehmend, als man es nur wünschen kann. So wenig mir der Amerikaner in den Städten gefallen hat, so sehr hat mich sein Charakter mit ihm im Lande selber ausgesöhnt; die Backwoodsmen Amerikas sind wirklich eine prächtige Menschenrace.

Doch ich komme wieder in's Schwatzen und die Kinder quälen mich, ich soll mit ihnen in's Holz gehn und wilde Weintrauben holen. Also leb wohl, mein lieber guter Vetter – nimm nochmals die schönsten Grüße und behalte lieb

Deinen
getreuen Vetter
Christoph Roßberger.

Entschließt Du Dich noch dazu hier herüber zu kommen, so laß es mich nur recht bald wissen, und ich werde Dir und den Deinen schon ein freundliches Plätzchen herrichten.

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