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Tahiti: Roman aus der Südsee. Dritter Band.

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Damit wandte er sich und verließ den Garten; das schwere Gebetbuch aber in dem langen schmalen Frackzipfel fing wieder an zu schlenkern, und er nahm den Zipfel bedächtig in den linken Arm und verfolgte langsam seinen Weg, ohne sich weiter umzusehen. Und Sadie schaute ihm schwer aufseufzend nach, als sie die kleine komische in so entsetzliche Kleiderformen gezwängte Gestalt den Weg hinabgehen sah, und daran dachte was für ein einfach natürliches Herz unter den unnatürlichen Stoffen schlage; aber der Ernst des Augenblicks wandte ihre Gedanken bald wieder dem ab, und dem Gatten zu, und nur wenige Minuten später saß sie am Bett des Schlafenden, ihr Kind auf dem Schoos, den Schlummer des Kranken bewachend und von seiner fieberheißen Stirn Mosquito und Fliege fern zu halten.

Auch nach Aumama hatte sie hinübergeschickt, ihr beizustehn, wenn sie irgend einer Hülfe bedürftig sein sollte; Aumama war aber früh am Morgen nach Hause zurückgekehrt, und hatte ihre Kinder geweckt und mit fortgenommen, Niemand wußte wohin; Lefévre war ebenfalls nirgends zu sehen und zu finden, und das Nachbarhaus lag wie ausgestorben.

Capitel 2.
Pomare und Du Petit Thouars

Papetee war in furchtbarer Aufregung; schon am frühen Morgen liefen dumpfe Gerüchte durch den kleinen Ort, die Englischen Kriegsschiffe machten sich zum Auslaufen fertig und ganz in der Nähe wäre dafür schon La Reine Blanche, mit dem gefürchteten Admiral Du Petit Thouars an Bord, gesehen worden, deren Kanonen jetzt aufs Neue das kleine Häufchen Protestantischer Christen preisgegeben sein würde.

Die Capitaine der beiden Englischen Fahrzeuge waren am vergangenen Tag lange Zeit an Land und der Capitain des Talbot sogar mehrere Stunden mit dem zurückgekehrten Englischen Consul und früheren Missionair Pritchard zusammen gewesen, und dieser also allein konnte wirkliche Aufklärung über das sonst unbegreifliche Zurückziehn der Englischen Streitmacht geben. Zu dessen Haus strömte nun auch die Masse, Erklärung fordernd, wo die britische Hülfe, der britische Schutz bliebe, der ihnen den Uebergriffen der Franzosen gegenüber so fest war versprochen worden – offene Erklärung, was der nach England gesandte Missionair dort ausgerichtet, und welchen Beistand die Königin von England der in ihren Rechten gekränkten Pomare zugesichert und zugesagt habe.

Mr. Pritchard tröstete sie mit dem Beistand Gottes, der die Seinen nicht zu Schanden werden lasse, und berief eine Versammlung der Geistlichen von Papetee, die nächsten und nöthigsten Schritte zu berathen, falls eine Französische Flotte Tahiti wirklich aufs Neue heimsuchen würde.

Darüber sollten sie aber nicht lange in Zweifel bleiben, nur wenige Tage später lief allerdings wieder ein kleines Englisches Kriegsschiff, eine sogenannte catch von nur 200 Tons ein, aber nur um die anderen Schiffe abzulösen und sich ruhig und ohne weitere Demonstration in der Bai vor Anker zu legen (es war der Basilisk) und bald danach wurden von den Höhen Schiffe signalisirt, die auf Tahiti zuhielten. Zwei zusammen kreuzende Segel erschienen in Sicht, und die Angst vor der Reine blanche gab dem größten der Schiffe schon lange ihren Namen, ehe nur Takelage und Bau des Fahrzeuges so weit erkennbar wurden, den schlimmsten Verdacht zu bestätigen.

Am anderen Morgen ankerten die Kriegsschiffe in der Bai von Papetee, von ihrem Heck flatterten die französischen Nationalfarben und das Echo der Berge gab den donnernden Eisengruß der Fremden dumpf und grollend zurück, wie zürnend, die ungebetenen Gäste auf's Neue in seiner Nähe zu wissen.

Herzlicher gemeint waren aber die Freudensalven der Jeanne d'Arc, die den in so trotziger Stärke einlaufenden Landsleuten entgegenjubelten. – Ihre Lage, von den Englischen Schiffen überwacht, war ihnen schon lange eine drückende ja unerträgliche geworden, noch dazu da ein Theil des Volks schon bei mancher Gelegenheit – ob dazu aufgereizt oder nicht – die Feranis suchte fühlen zu lassen, daß man weder ihren Gott noch ihre Regierung wolle und sich unter dem Schutz der Beretanis sicher genug fühle, ihren Uebergriffen nun etwa trotzen zu können. Der von England zurückkehrende Consul und Missionair hatte dabei in seiner zuversichtlichen Haltung ihren schlimmsten Befürchtungen noch eine Art von Bestätigung gegeben, und die Mannschaft der Jeanne d'Arc ersehnte unter solchen Umständen den Augenblick, wo sie den Befehl zum Rückzug erhalten würde, die schon halb occupirten Inseln wieder ihrem früheren Oberherrn, oder vielmehr der Herrschaft der Missionaire zu überlassen.

Welchen Unterschied hatten da die letzten wenigen Tage hervorgerufen; die stolzen Englischen Fregatten, die bis jetzt die Interessen der Tahitischen Königin überwacht, ließen den Feind derselben, der schon öfter die Hand nach dem ganzen Reiche ausgestreckt, und nur immer die vielleicht bösen Folgen zu gierigen Zulangens gefürchtet, jetzt im ruhigen unbestrittenen Besitz der ganzen Inseln, und während die Missionaire in Bestürzung und Zorn gerade die Schiffe in dem entscheidenden Moment absegeln sahen, deren Feuerschlünde sie als von England gesandt proklamirt hatten, den wahren Glauben wie seine Vertreter zu schützen, wagten sie es noch nicht einmal den Tahitiern den ganzen Umfang ihrer Befürchtungen mitzutheilen, und von ihnen ausgehend lief bald darauf das beruhigende Gerücht durch Papetee: die Engländer seien blos ausgesegelt die Marquesas-Inseln ebenfalls von dem Druck des Französischen Joches zu befreien, und wenige Wochen später würden sie mit Verstärkung zurückkehren die Macht der Christlichen Protestantischen Kirche, wenn es sein müßte, mit Gewalt der Waffen aufrecht zu erhalten. – Es war das ihre letzte Hoffnung.

Mißtrauisch beobachtete vor allen Andern Aimata, die Königin dieser Inseln, die Bewegungen der Feranis, die sie nun schon seit einer Reihe von Jahren als ihre Feinde hatte kennen lernen, und das stolze Blut der Pomaren schoß ihr zornig in die Schläfe, als sie die Banner Frankreichs wieder so keck und trotzig in der Brise flattern sah, und den Kanonendonner hörte, der grüßend dem Feind aus ihrer eigenen Bai entgegenschallte.

Sie stand an dem Fenster ihres, ziemlich in Europäischem Geschmack eingerichteten und mit einer Masse von Putz und Geschenken ausgestatteten oder besser überfüllten Hauses, die heiße Stirne fest gegen die Glasscheibe gepreßt und der ehrwürdige Mr. Pritchard ging mit auf der Brust fest zusammengeschlagenen Armen in dem Gemach auf und ab, und blieb nur manchmal an dem zweiten Fenster stehen, die Bewegungen der eben eingekommenen Schiffe zu beobachten, aber ohne ein Wort zu sprechen sein oder der Königin Nachdenken im Mindesten zu stören. Die Fenster dröhnten dabei von den gewaltigen Saluten der bewaffneten Schiffe und die lockeren Scheiben klapperten und klirrten in ihren Rahmen.

Auf dem einen Tisch, entrollt und über einem Globus, einem Kaffeeservice, mehreren Blumenvasen und einigen geschmackvoll eingebundenen englischen Bilderbüchern lag die Tahitische rothe Flagge mit dem einzelnen weißen Stern, und oben über demselben mit einer goldenen von Palmzweigen umgebenen Krone frisch hineingestickt.

»Das sind nun Euere Versprechungen!« sagte die Königin endlich nach langer Pause, sich halb gegen den Missionair der zugleich die Stelle eines Englischen Consuls versah, herumdrehend – »das ist Euer Prahlen von dem Schutz der mächtigen Beretanis – des mächtigen Gottes der Weißen – Weit draußen in Lee schwimmen die Schiffe die man mir über und über erzählt daß sie mich und mein Volk beschützen sollten, und mitten in meinem Reich darf mir der stolze landgierige Ferani die eigene Flagge trotzig entgegenhissen, und unter dem Schutz seiner Kanonen vielleicht neue Erpressungen fordern – wie kann ich sie jetzt ihm weigern?«

»Er darf nicht weiter gehn als er bis jetzt gegangen ist« entgegnete finster der Missionair – »die neue Flagge hier, mit dem Emblem der Majestät wird ihm beweisen, welche Ansprüche Pomares England unterstützt, und mit dem ganzen Volk gegen sich, und dem Bewußtsein daß Englische Kriegsschiffe in dieser See kreuzen und jeden Tag wieder einlaufen können in die Bai, deren Bewohner sie durch die Bande der Religion und Freundschaft verpflichtet sind zu schützen, ist Du Petit Thouars zu klug einen trostlosen Feldzug zu eröffnen, der den Zorn und die schwere Hand eines mächtigen Volkes auf ihn und den Thron der ihn beschützen würde, herabziehn könnte.«

»Und wer schützt mein armes Volk jetzt vor ihren Kugeln, wenn ich die Flagge hisse und ihren Zorn reize?« frug Pomare.

»Du bist hier Königin« sagte der Missionair ernst und feierlich, »wie Englands Königin daheim ihr Banner kann wehen lassen über dem Schloß das sie bewohnt, ein Zeichen ihrer königlichen Gegenwart, so steht dasselbe Recht Dir zu, in Deinem Reich; der Franke darf es Dir nicht wehren, wenn er auch möchte, und ich müßte mich sehr täuschen, wenn er, nach dem Vorhergegangenen, nicht sogar klug genug wäre schon das Aufhissen dieser Flagge mit einer Salve seiner Kanonen zu ehren. Die Franzosen sind höflich« – setzte er trocken hinzu, »wenn man ihnen auch sonst gerade nichts Gutes nachsagen kann.«

Pomare sah ihn forschend an – ihre Fahne, durch Kanonenschüsse der gefürchteten Feranis geehrt – der Gedanke hatte einen unsagbaren Reiz für sie, und ihre weibliche Eitelkeit griff danach, so sehr sie auch noch kurze Zeit vorher einem so entschiedenen Schritt entgegen gewesen sein mochte.

»Und Du hissest zugleich die Englische Flagge vor Deinem Haus?« frug sie rasch, des Priesters Arm ergreifend.

»Als Gruß der Königlich Tahitischen in jedem Fall« erwiederte der Missionair – »ich bin sogar dem Amt nach, das ich vertrete, dazu verpflichtet.«

»So sei es – gut!« rief die Königin und ein eigenes Lächeln belebte ihre schönen, sprechenden Züge und gab dem raschen ausdrucksvollen Blick einen höheren Glanz. »Der Wi-Wi soll mir die Krone grüßen müssen, die er nicht berühren darf, und Dein Gott mag mir jetzt beweisen ob er, wie Ihr uns oft erzählt, mit Wohlgefallen auf diese Inseln niederschaut, deren Bewohner ihre alten Götter und Gesetze in den Staub geworfen haben, das Kreuz des Heilands aufzurichten, und seinen Namen zu ehren, oder ob er gleichgültig die Erfolge betrachtet, die sein Wort hier auf Erden hat, dem Götzendienst des anderen Volkes gegenüber. Ruf mir die Häuptlinge die schon den ganzen Morgen draußen gewiß ungeduldig meiner Befehle harren – ich will Königin sein, und eine Königin wie sie über dem großen Wasser drüben auf der Insel Deines Vaterlandes herrscht, nicht ein Spott nur und Fratzenbild aus einem Spiel der Areois, dem jeder fremde Freibeuter die Krone abnehmen und bespötteln darf.«

 

»Und Du wirst sehn, Pomare, daß Du Nichts zu fürchten hast,« sagte der Geistliche – »in Deinem Reiche darf keine fremde Macht die Hand an Deine Flagge legen, die Zugeständnisse zu denen man Dich zwang sind ungültig, eben weil sie erzwungen waren, und Dein Volk ist stark und mächtig in der Begeisterung des Herrn, selbst einem also gewappneten Feinde Trotz zu bieten, und ihn auf seine Schiffe mit blutigem Kopf zurückzuweisen. Ich schicke Dir die Häuptlinge, Deine Befehle zu erfüllen, und gehe selbst jetzt hinüber in mein Haus, das königliche Signal zu beantworten, sobald es in der Brise flattert. Indessen aber sei der Herr mit Dir in dieser Stunde und gebe Dir seinen Segen und Frieden in Jesu Christo.«

Und freundlich seine Hände gegen sie, wie zum Segen ausstreckend, blieb er einen Moment mit zum Himmel gerichteten Blicken stehen, und verließ dann langsam das Gemach.

Pomare, die sich dem Segen erst leise geneigt hatte blieb, als der ernste Mann ihr Zimmer verlassen, mit fest in beide Hände gepreßter Stirne stehen; ihr Busen wogte heftig, ihre ganze Gestalt zitterte vor innerer Aufregung, und sie bedurfte einer kurzen Zeit, ehe sie sich wieder vollständig sammeln konnte. Kaum aber hörte sie die Schritte der nahenden Männer, als sie auch mit der Energie, die ihrem ganzen Wesen und Charakter eigenthümlich war, jede Schwäche von sich abschüttelte, und die Lippen fest aufeinander gebissen, wenn auch noch mit klopfenden Schläfen, die Häuptlinge empfing, die rasch und ebenfalls in Aufregung, in ihrer Gegenwart erschienen.

»Joranna Pomare« riefen Aonui und Potowai, »Joranna, und schütze Dich Gott in dem nahen Kampf.«

»Dem nahen Kampf?« frug Pomare, erstaunt zu ihnen aufsehend, »wer spricht von einem Kampf?«

»Der fromme Mann der Dich verließ ermahnte uns standhaft auszuhalten selbst gegen die Uebermacht des Feindes draußen« sagte Aonui, »und so mit Gott, was brauchen wir da irdische Waffen zu scheuen oder zu fürchten.«

»Hier ist von keinem Kampf die Rede« entgegnete Pomare ernst – »nur unsere Landesflagge sollt Ihr aufziehen an meinem Haus – ich will keinem Menschen Böses, und unsere Religion ist eine Religion des Friedens und der Liebe – sagt das den Leuten draußen. Sie sollen keinen Zank anfangen mit den Feranis, sondern sie freundlich behandeln, und ihnen Alles verschaffen, was sie an Nahrungsmitteln brauchen – Pomare hat keinen Zorn gegen sie und will in Frieden mit ihnen leben.«

»In Frieden mit ihnen leben?« wiederholte kopfschüttelnd Potowai – »das ist ein schweres Ding. Ein Frieden mit den Feranis ist wie der durchsichtige Stein den sie uns gebracht und in unsere Häuser gesetzt haben, das Licht hineinzulassen, Du rührst ihn an und er bricht und splittert und verwundet die Hand, die sich freundlich, ohne Arges zu denken, nach ihm ausstreckt – trau dem Ferani. Aber was thuts« – setzte er rasch und freudig hinzu, die Fahne aufgreifend und die goldene Krone betrachtend, die von Cocosblättern umgeben gar künstlich und zierlich von frommen weißen Frauen gestickt war – »wir haben die Bibel auf unserer Seite und unser gutes Recht, und zehntausend Mal lieber seh ich dabei den Tahitischen Stern im Winde flattern, als irgend ein anderes Tuch der weiten Welt. So mit Gott, und das Volk wird Dir zeigen, Pomare, wie dankbar es sein kann für diesen Beweis Deiner Liebe.«

Und von dem frommen Aonui gefolgt verließ er rasch das Haus, die Fahne an dem nahen Flaggenpfahl zu befestigen, um den sich indeß schon ein zahlreicher Volkshaufen, mehr aus Neugierde als die Wichtigkeit der Demonstration begreifend, versammelt hatte. Ja die meisten sahen eben nichts weiter darin, als eine sehr gewöhnliche Handlung, vielleicht sogar der Artigkeit gegen die Fremden, die ihre eigenen Flaggen wehen ließen – weshalb konnten sie nicht dasselbe mit der ihrigen thun?

Noch ein Schiff war indeß in Sicht gekommen, und wie ein Theil der Tahitier es schon mit froher Zuversicht als eines der zurückkehrenden Englischen Kriegsschiffe ausrief, schwuren die einzeln zwischen den Eingebornen zerstreuten, meist Englischen oder Amerikanischen Matrosen, das Schiff habe so wenig Englischen Kiel unter sich, wie die im Hafen liegende Reine blanche oder Danae und trage so gut die Tricolore wie sie alle Beide. Unter der Masse bildeten sich denn auch bald einzelne Gruppen, die das für und gegen eifrig besprachen, und dabei, wenigstens die Eingebornen, mit einer Art von Stolz auf ihre stattliche Fahne blickten, die lustig im Winde hinauswehte, und nach den Schiffen hinüber zu grüßen schien.

Unser alter Bekannter, Bob Candy war unter ihnen und schien gewissermaßen eine Autorität, was die Natur des fremden, eben einsegelnden Schiffes betraf, auszuüben, denn einestheils verstanden ihn nur wenige in seinen gebrochenen Tahitischen Ausdrücken, und dann erklärten Andere wieder, die ein wenig die Englische Sprache gelernt hatten, daß er jedes Segel an Bord des Fremden erkenne, und wisse warum es da, und wo es gemacht sei; sein Sieg war auch vollkommen als die Fregatte endlich ihre Flagge zeigte und an ihrem Heck, wie an den anderen Kriegsfahrzeugen in der Bai, die gefürchteten, jedenfalls gehaßten Französischen Nationalfarben sichtbar wurden.

»Segne mich!« sagte da aber Teraitane, der Häuptling, der sich der Gruppe eben zugesellt hatte, »uns hat der ehrwürdige Bruder Mi-ti (Smith) immer gesagt, die Feranis hätten nur ein einziges Kriegsschiff in ihrem ganzen Reich, und das schickten sie her bald so, bald so angemalt, und bald mit dem, bald mit jenem Namen, Geld zu erpressen, und jetzt liegen drei schon im Hafen und das vierte segelt eben ein, und eines immer größer als das andere – der ehrwürdige Bruder Mi-ti muß geträumt haben.«

»Bruder Mi-ti träumt aber gewöhnlich mit den Augen offen« bemerkte Bob, trocken; »merkwürdig kluge Erzählungen die sich die Leute machen, nur daß die Farbe abgeht, wenn sie naß werden. Die Feranis könnten eine ganze Woche hintereinander jeden Tag vier andere Kriegscanoes herschicken, und behielten immer noch so viel zu Hause.«

Während sich die Eingeborenen, denen ein Anderer das von Bob gesagte übersetzte, um diesen drängten, der unwillkommenen Mähr von der Macht eines Feindes zu lauschen, der ihnen bis jetzt eher als unbedeutend geschildert war, hatte die Reine blanche mit dem neu einkommenden Fahrzeug rasch Signale gewechselt, aber die erwartete und von der Königin erhoffte Begrüßung ihrer Flagge, der gegenüber jetzt, von dem Pritchard-Haus, die Englische wehte, blieb aus, und die Kriegsschiffe lagen still und ernst in der Bai – ob Freund ob Feind – erst die Zukunft sollte das entscheiden.

Von der Reine blanche kam jetzt ein Boot ab, mit der wehenden Tricolore am Heck, und hielt, von sechzehn Riemen pfeilschnell über die spiegelglatte Fluth dahergetrieben, gerade dem Hause Pomarens zu, vor dem sich eine Masse Volk jedes Geschlechts, wie jeder Farbe fast, versammelt hatte.

Der im Stern des Bootes sitzende Officier war aber Du Petit Thouars selber und ehe nur Einzelne der Umstehenden ihn, von seinem früheren Besuch noch in der Erinnerung, erkannt hatten, sprang er an Land, rief dem ihn begleitenden Officier einige Worte zu und schritt dann, allein und unangemeldet, rasch dem Hause zu, vor dessen Schwelle die mit der Krone gezierte Flagge der Pomaren stolz ausflatterte.

Einen Augenblick blieb er daneben stehn, und es war fast, als ob ein spöttisches Lächeln um seine Mundwinkel zuckte, als er zu dem flatternden Banner hinaufschaute, und den Blick von da zu den Englischen Farben schweifen ließ – wenn so, ging das aber eben so rasch vorüber als es gekommen, und mit flüchtigen Schritten sprang er die wenigen Stufen zu der Verandah der Königin empor.

Die Einanas, im Vorzimmer, wollten ihm freilich den Eintritt weigern, eine aber erkannte ihn wieder und eilte mit dem Schreckensruf zu ihrer Herrin, denn Du Petit Thouars war, ob verdient oder unverdient, der Popanz der Inseln geworden, mit dem man die Kinder furchtsam machte und die Mädchen.

Pomare erschrak – was wollte der Befehlshaber der Kriegsschiffe da draußen von ihr, daß er, ohne angemeldet, ohne um förmliche Audienz einzukommen, wie das üblich gewesen war von jeher, das ihr von den Missionairen und Consuln eingeprägte, und für unumgänglich nöthig geschilderte Ceremoniell soweit außer Augen setzte, sie allein aufzusuchen. Einen Augenblick stand sie unschlüssig und zögernd da; aber sie hörte schon die lachende Stimme des Französischen Befehlshabers dicht vor ihrer Thür, wie er sich, durch die ihm den Weg versperrenden Mädchen Bahn zu brechen suchte mit scherzhafter Gewalt, vielleicht nicht einmal böse über den Widerstand.

»Ruf mir den ehrwürdigen Bruder Pi-ri-ta-ti«3 sagte sie da schnell, und das Mädchen öffnete kaum die Thür, dem Befehl Folge zu leisten, als der Admiral auch, ängstlich von den Frauen Pomares umstanden, auf der Schwelle erschien, und den Hut abziehend mit, Pomaren entgegengestreckter Hand ihr sein freundliches Joranna entgegenrief.

»Joranna Peti-Tua« sagte die Königin ernst, ihm die Hand nicht versagend, aber immer noch in einer eigenen Mischung von beleidigter Eitelkeit und Verlegenheit zu ihm aufschauend – »bringst Du mir Frieden oder Krieg jetzt, in Deinen großen Schiffen mit denen Du die Bai füllst, und bist Du den weiten Weg noch einmal hergekommen, eine arme schwache Frau zu kränken, oder hat Dich Dein König geschickt mit freundlichem Wort, und ist das Joranna treu gemeint und nicht blos wie ein Hauch von den Lippen?«

»Ich bringe Dir Frieden, Pomare,« sagte Du Petit Thouars freundlich, und hielt die Hand die sie ihm gereicht, immer noch in der seinen – »Frieden und Freundschaft, wenn Du eben nicht selber trotzig das Alles von Dir weist und mich förmlich dazu zwingst Dir weh zu thun – und das wirst Du hoffentlich nicht.«

»Du willst wieder Geld von mir haben auf Deine Schiffe zu nehmen?« sagte Pomare rasch und mißtrauisch – »aber ich habe Nichts mehr – das letzte was ich hatte haben die Missionaire von mir bekommen, unglückliche Heiden in Australien und Afrika zu bekehren.«

Der Admiral biß sich die Unterlippe und ein leichtes, halb verlegenes Lächeln zuckte über seine Züge.

»Nein« sagte er endlich nach kleiner Pause, »Du irrst, Pomare, und ich verzeihe Dir gern Deine Unerfahrenheit in solchen Dingen; ich will auch Nichts von Dir haben, als was Du uns freiwillig schon gegeben hast – nur nichts nehmen möcht' ich mir lassen, und deshalb komme ich her. Noch aber liegt das Alles zwischen uns Beiden, und ich hoffe wir werden es mit wenigen Worten auch leicht und freundlich lösen. Ich meine es gut mit Dir Pomare, und möchte Dich nicht kränken noch betrüben.«

»Das ist eine lange Vorrede zu einem freundlichen Wort« sagte Pomare, den herzlichen Worten des Feranis immer noch mißtrauend.

»So will ich denn kurz zur Sache kommen« sagte der Admiral und seinen Hut auf den Tisch, zwischen den Wirrwarr von wunderlichen staubbedeckten Sachen, Globen und Servicen, Zeugen und Spielereien legend, warf er sich selber in den nächsten Stuhl und fuhr, das rechte Bein über das linke legend, und die Hände darüber faltend ernster fort: »Ich brauche Dir nicht erst die während meiner Abwesenheit passirten Vorgänge ins Gedächtniß zurückzurufen – eine Rotte unnützes Volk, wie ich gern glauben will, mit Priestern und weggelaufenen Matrosen an der Spitze, denen der Henker daran liegt ob Krieg ob Frieden hier auf den Inseln ist, und welche Folgen ein so unüberlegter thörichter Schritt für Dich und das Land mit sich führen könnte, haben die Französische Flagge beleidigt und die Verträge gebrochen, die Du selber mit uns eingegangen bist. Die Römisch-katholischen Priester sind wieder klagbar geworden – bitte laß mich erst ausreden und höre Alles was ich Dir zu sagen habe – sie behaupten wieder in ihren Rechten gekränkt zu sein und viel Schaden durch das willkürliche und widerrechtliche Benehmen der Protestantischen Geistlichen erlitten zu haben; aber ich will annehmen, Pomare, daß Dir jene Vorgänge selber leid thun, und Du sie nur nicht hindern konntest. Ich will Alles vergessen und vergeben, und ich verlange nicht einmal eine Entschuldigung von Dir für das Vorgefallene, aber Du mußt mir dann auch beweisen daß es Dir jetzt wenigstens Ernst ist Se. Majestät, den König von Frankreich zum Freund zu behalten und nicht in starrem Trotz die Hand von Dir zu schleudern, die Dir den Frieden bringt.«

 

»Und was verlangst Du?« frug Pomare ungeduldig, »denn etwas willst Du doch von mir, das fühl' ich klar.«

»Du sollst nur den Vertrag halten den Du eingegangen« sagte der Admiral ernst, »Du sollst, mit einem Wort, das Französische Protektorat anerkennen, dessen Annahme Du selber, wie Deine ersten Häuptlinge, unterschrieben, und dem zu Folge Du den bunten Schmuck auch in der vor Deinem Hause wehenden Flagge, die selbstständige Krone, wegnehmen mußt, die Dir nicht gebührt.«

»Wem anders, wenn nicht mir?« rief Pomare aber jetzt gereizt, und das Blut schoß ihr in vollem Strom in Stirn und Schläfe – »wem anders, stolzer Ferani, als der eingeborenen Königin dieses Landes?«

»Bah, bah« sagte der Officier kopfschüttelnd und mit zusammengezogenen Brauen, »das sind Redensarten, die Dich Deine frommen Missionaire gelehrt haben, und sie hätten, beiläufig gesagt, etwas gescheuteres thun können. Du verkennst Deinen Rang, Pomare, denn es ist bei Gott ein Unterschied zwischen der Pomare wahine einer kleinen Insel, und der Fürstin eines mächtigen Reiches, im alten Vaterland; wenn man Dir also das nicht früher klar gemacht hat, geschah es nur Deine Eitelkeit nicht in einer Sache zu kränken, auf die eigentlich damals nicht viel ankam. Anders wird das jedoch, wenn Du unter dem Schutz eines anderen Staates stehst, dessen Oberherrschaft Du selber anerkannt; dann gebührt Dir die Krone nicht mehr, noch dazu wenn Du Dich in solchen falschen Ansprüchen von einer uns feindlichen Macht unterstützen läßt, wie das Wehen der Englischen Flagge da drüben beweist, und ich muß Dich bitten, Deinetwegen bitten, sie selber und in aller Stille wieder nieder und nicht wieder aufzuziehn – es soll mir das ein Zeichen sein, daß Du meinen vernünftigen und ruhigen Vorstellungen Gehör gegeben, und nicht wie früher mit dem starren Weibestrotz einer Unmöglichkeit die Stirne bieten willst.«

»Die Königin Viktoria hat ebenfalls ihre Fahne mit der Krone wehn und Niemand darf es ihr verwehren,« rief Pomare, der Argumente ihres Geistlichen gedenkend.

»Ach, Kinderspiel,« sagte Du Petit Thouars, ärgerlich den Kopf herüber und hinüber werfend – »was haben wir hier mit der Königin Viktoria zu thun – sie ist mächtig genug sich selbst zu schützen, und hat das Recht eine Krone zu führen! – Wer überhaupt hat Dich auf den tollen Einfall gebracht, der Dir nichts nützt und Dich nur wieder in Fatalitäten bringen kann, Dich mit der Königin Viktoria zu vergleichen?«

»Peti Tua« erwiederte Pomare gereizt – »es sind auch noch andere Europäer auf der Insel, die wissen was sich für eine Königin schickt – wärest Du allein da, müßte ich Dir glauben.«

Wieder preßte der Admiral seine Unterlippe zwischen die Zähne und mit einem leise gemurmelten Fluch zischte er:

»Dacht' ich's mir doch, daß die Schwarzröcke in ihrem Uebermuth wieder die Hand dabei im Spiel gehabt« und er sprang auf und ging ein paar Mal, mit auf den Rücken gelegten Händen rasch im Zimmer auf und nieder; dann aber, wie sich besinnend, strich er sich über die Stirn, blieb einen Augenblick, still vor sich niedersehend stehn, und ging dann plötzlich, mit freundlicherem Ausdruck in den Zügen auf Pomare zu, ergriff mit der Linken ihre Rechte und mit dem Zeigefinger der Rechten ihr Kinn in die Höhe hebend sagte er lächelnd, ja fast herzlich:

»Sei vernünftig, Pomare, und horche dies eine Mal nur auf den Rath eines Mannes der, trotz allem was sie Dir mögen dagegen gesagt haben, es wirklich gut mit Dir meint. Sieh die Depeschen sind schon in Frankreich angekommen, nach denen Dein Reich unter dem Protektorate meines Königs steht, und ich dürfte dem nicht mehr zuwider handeln, wenn ich wirklich wollte. Traue auch nicht alle dem, was Dir die Englischen Priester sagen; Du hast schon oft gefunden, daß sie sich irrten. Sie wollen nur Macht hier im Land gewinnen und die Alleinherrschaft haben, und wir Franzosen passen ja doch wahrhaftig besser zu Euch wie die Kopfhänger.«

In diesem Augenblick öffnete sich leise die Thür, Pomare entzog dem Admiral rasch ihre Hand und trat einen Schritt von ihm zurück, und eine der Einanas meldete, den Kopf zur Thür hereinsteckend, den »boda Piritati« der draußen stände und die Königin zu sprechen wünsche.

»Schick ihn fort, wahine« rief aber Du Petit Thouars ärgerlich – »wir haben hier wichtige, weltliche Dinge zu reden und brauchen den Pfaffen nicht – schick ihn fort« —

»Ich habe ihn rufen lassen« entgegnete Pomare, während das Mädchen unschlüssig erst auf den direkten Befehl ihrer Herrin wartete, »auch ist er nicht allein ein Mitonare, sondern ebenfalls der Consul der Beretanis.«

»Ein Zwitterding« erwiederte der Franzose, »ich habe mit ihm weder als das eine noch andere etwas zu schaffen; schick ihn fort, oder ich gehe, und Du hast Dir die Folgen dann selber zuzuschreiben.«

»Er wird warten, denn ich muß mit ihm sprechen« sagte Pomare, »und weiter hast Du mir ja doch nichts mehr zu sagen.«

»Nichts mehr zu sagen?« rief der Admiral erstaunt – »Frau das ist gerade genug, denn es betrifft Dein ganzes Reich – «

»Du darfst es mir nicht nehmen,« rief die Königin und ihre Augen blitzten – »Piritati hat mir selber gesagt, daß mich England beschützen wird gegen meine Feinde.«

»Gebe Gott daß Du nur Deine Feinde erkennen lerntest« warnte sie, mit gehobenem Finger, der Franzose, »aber meine Zeit ist gemessen, so antworte mir denn, wenn Du dem Freundesrath nicht folgen willst, einfach auf meine Frage, und sage mir ob Du Dich dem, was ich jetzt von Dir noch Auge in Auge verlange, fügen willst oder nicht.«

»Und was ist das, in klaren einfachen Worten?« frug Pomare.

»Einfach die Anerkennung unseres Vertrags,« entgegnete Du Petit Thouars, »und zum Zeichen ziehst Du die Flagge mit der Krone nieder, und hissest die Tricolore, die ich im Boot für Dich mitgebracht.«

»Nie im Leben!« rief Pomare, und stampfte mit dem Fuß den Boden.

»Du zwingst mich denn Deine Flagge mit Gewalt zu streichen und Frankreichs Banner dafür aufzupflanzen – bedenke Pomare daß von dem Augenblick, wo das durch meine Hand geschieht, Du aufgehört hast zu regieren, denn das Land steht dann nicht mehr nur unter Frankreichs Schutz, nein es ist erobert, und der Sieger verfügt darüber wie es ihm gut dünkt.«

»Ich verstehe nicht, was Du mit den fremden Worten willst,« entgegnete finster Pomare, »aber Du darfst mir mein Land nicht nehmen; die Englischen Schiffe leiden es nicht.«

»Wer Dir das sagt ist Dein Feind« entgegnete rasch der Admiral – »denke an mich, Pomare, und was ich Dir gerathen; aber meine Zeit ist auch verflossen und ich fürchte fast nutzlos, denn der Missionair wird Dir das Kreuz wieder vorhalten und mit der Bibel drohen.«

»Ich lasse mir nicht drohen« rief die Königin.

»Ich habe Dich darum gebeten, Pomare« sagte, noch einmal zu ihr tretend, mit leiser gedämpfter Stimme der Admiral, »Deinethalben gebeten, weil ich Dich achte und liebe und Dir Dein kleines schönes Reich nicht rauben, Deine Macht hier nicht mit einem Schlage vernichten möchte; zwinge mich nicht dazu, nimm die Fahne mit dem unnützen Schmuck, der Dir nur Verderben bringt, nieder und ziehe meines Landes Farben auf, und Du bleibst was Du bist, wenn nicht unbeschränkt, doch Königin dieses Landes.«

3Pritchard.
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