Freudvoller Weg
Vorgeschlagene Reihenfolge, in der die Bücher des Ehrwürdigen Geshe Kelsang Gyatso Rinpoche studiert oder gelesen werden sollten:
Wie wir unser Leben verwandeln
Wie wir den Geist verstehen
Freudvoller Weg
Das neue Herz der Weisheit
Moderner Buddhismus
Tantrische Ebenen und Pfade
Führer ins Dakiniland
Essenz des Vajrayana
Die mündlichen Anleitungen des Mahamudra
Große Schatzkammer der Verdienste
Acht Schritte zum Glück – Neuausgabe
Einführung in den Buddhismus
Wie wir unsere menschlichen Probleme lösen
Sinnvoll zu betrachten
Das Bodhisattva Gelübde
Allumfassendes Mitgefühl
Das neue Meditationshandbuch
Sinnvoll leben, freudvoll sterben
Ozean von Nektar
Herzjuwel
Das klare Licht der Glückseligkeit
Mahamudra Tantra
Dieses Buch wurde unter der Schirmherrschaft des
Internationalen Tempel-Projekts der NKT-IKBU
veröffentlicht und der Erlös aus seinem Verkauf ist
durch diesen Fonds für das Wohl der Allgemeinheit bestimmt.
Eingetragen unter VR 33517 B
Mehr dazu unter
www.tharpa.com/de/allen-helfen-weltfrieden
EHRWÜRDIGER
GESHE KELSANG GYATSO RINPOCHE
Freudvoller Weg
DER VOLLSTÄNDIGE BUDDHISTISCHE PFAD ZUR ERLEUCHTUNG
THARPA
Deutschland • Schweiz
Originaltitel: Joyful Path of Good Fortune
1. Auflage 1995
2. Auflage 1998
3. völlig neu bearbeitete Auflage 2009
4. überarbeitete Auflage 2017
Alle Rechte vorbehalten.
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.
Jede Reproduktion ist unzulässig, außer zur Verwendung kurzer Passagen für privates Studium, Forschung und Buchbesprechungen.
Herausgeber:
Tharpa Verlag Deutschland
ein Teil des Dipankara Kadampa Meditationszentrum e. V.
(VR 33517 B)
Chauseestrasse 108
10115 Berlin
Der Tharpa Verlag hat überall auf der Welt Niederlassungen und Tharpa Bücher werden in den gängigsten Sprachen veröffentlicht.
Siehe hier für Kontaktadressen.
© Geshe Kelsang Gyatso und Neue Kadampa Tradition -
Internationale Union des Kadampa Buddhismus 2017
Titelbild: Atisha
ISBN 978-3-947058-00-6 – Hardcover
ISBN 978-3-947058-01-3 – Kindle
ISBN 978-3-947058-02-0 – ePub
Satz: Tharpa Verlag Deutschland
Druckerei: Elbedruckerei Wittenberg
Inhalt
Titel
Abbildungen
Danksagung
Vorwort
TEIL EINS: Grundlagen und die anfängliche Ausrichtung
Die Stufen des Pfades
Die Qualitäten des Autors
Die Erklärung der herausragenden Qualitäten des Autors, die zeigen, dass die Unterweisungen des Lamrim authentisch sind
Die Qualitäten der Unterweisung
Die Erklärung der herausragenden Qualitäten des Lamrim, um Vertrauen und Respekt für die Lamrim Unterweisungen zu wecken
Dharma hören und lehren
Die Erklärung, wie man Dharma hört und lehrt
Die Vorbereitung auf die Meditation
Die Erklärung der eigentlichen Anleitungen der Stufen des Pfades zur Erleuchtung
Wie man sich auf einen spirituellen Meister verlässt: Der Ursprung spiritueller Pfade
Was ist Meditation?
Sich auf einen spirituellen Meister verlassen
Die eigentliche Meditation
Der Abschluss der Meditation
Wie der Geist während der Meditationspause geschult wird
Unser kostbares menschliches Leben
Wie wir die Essenz unseres menschlichen Lebens gewinnen
Die Meditation über den Tod
Die Schulung des Geistes in den Stufen des Pfades einer Person anfänglicher Ausrichtung
Die Leiden der niederen Bereiche
Die Meditation über die Leiden der niederen Bereiche
Die Zufluchtnahme
Die eigentlichen Methoden, das Glück höherer Existenzzustände in zukünftigen Leben zu erlangen
Karma
Überzeugung in das Gesetz des Karmas gewinnen: Der Ursprung aller guten Eigenschaften und allen Glücks
TEIL ZWEI: Die mittlere Ausrichtung
Die Entwicklung des Wunsches, Befreiung zu erlangen
Die Schulung des Geistes in den Stufen des Pfades einer Person mittlerer Ausrichtung
Die Vier Edlen Wahrheiten
Eine Einführung in die Vier Edlen Wahrheiten
Meditation über wahre Leiden
Über wahre Leiden meditieren
Verblendungen und Handlungen, Tod und Wiedergeburt
Eine einleitende Erklärung, um den Pfad zu begründen, der zur Befreiung führt
Die zwölf in abhängiger Beziehung stehenden Glieder
Eine Erklärung der zwölf in abhängiger Beziehung stehenden Glieder
Das Rad des Lebens
Eine Erklärung des Diagramms des Lebensrades
Die eigentliche Meditation über die zwölf in abhängiger Beziehung stehenden Glieder
Der Pfad zur Befreiung
TEIL DREI: Die große Ausrichtung
In das Mahayana eintreten
Die Schulung des Geistes in den Stufen des Pfades einer Person großer Ausrichtung
Bodhichitta entwickeln
Wie Bodhichitta entwickelt wird
Die Handlungen eines Bodhisattva ausführen
Wie die Handlungen eines Bodhisattva ausgeführt werden
Die Schulung des Geistes in ruhigem Verweilen
Die Vollkommenheiten der geistigen Stabilisierung und der Weisheit im Besonderen
Die Schulung des Geistes in höherem Sehen
Wie der Geist in höherem Sehen geschult wird, der Essenz der Weisheit
Durch die spirituellen Ebenen und Pfade fortschreiten
Wie man durch die Vereinigung von ruhigem Verweilen und höherem Sehen durch die spirituellen Ebenen und Pfade fortschreitet
Die Vajrayanapfade
Schulung in den Vajrayanapfaden
Die volle Erleuchtung
Das endgültige Ergebnis, die volle Erleuchtung
Die Schulung in den vier Arten des Ansammelns, um das Geisteskontinuum anderer zur Reife zu bringen
Widmung
Anhang I: Die zusammengefasste Bedeutung des Textes
Anhang II: Sadhanas
Befreiendes Gebet
Essenz des Glücks
Gebete für die Meditation
Glossar
Bibliografie
Bücher
Sadhanas und andere Broschüren
Studienprogramme des Kadampa Buddhismus
Tharpa Niederlassungen weltweit
Leseempfehlungen
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Buddha Shakyamuni
Maitreya mit Vasubandhu und Asanga
Manjushri mit Nagarjuna und Chandrakirti
Vajradhara mit Tilopa und Naropa
Atisha mit Dromtönpa und Geshe Potowa
Das Rad des Lebens
Je Tsongkhapa mit Jampel Gyatso und Khädrubje
Kyabje Phabongkha Rinpoche mit Vajradhara Trijang Rinpoche und dem Ehrwürdigen Kelsang Gyatso Rinpoche (hinzugefügt auf Bitte seiner vertrauensvollen Schüler)
Im Jahre 1981 gab der Ehrwürdige Geshe Kelsang Gyatso den vom Glück begünstigten Schülern des Manjushri Kadampa Meditation Centre in Ulverston, England, ausführliche Unterweisungen über die Stufen des Pfades zur Erleuchtung. Diese Unterweisungen liegen diesem Buch zugrunde. Wir möchten dem Autor unseren tiefsten Dank dafür aussprechen, dass er diese kostbaren spirituellen Lehren in englischer Sprache weiten Kreisen zugänglich gemacht hat. Es sind Anleitungen, die vielen Menschen Frieden und Freude bringen, wenn sie aufrichtig in die Praxis umgesetzt werden.
Wir danken auch all den engagierten und erfahrenen Dharma Schülern, die den Autor im englischen Ausdruck unterstützten und das Manuskript für die Veröffentlichung vorbereiteten.
Mögen durch die Verdienste, die durch die Herausgabe dieses Werkes geschaffen wurden, alle Lebewesen das Glück finden, das sie suchen.
Roy Tyson
Administrativer Direktor
Manjushri Kadampa
Meditation Centre
Oktober 1997
Obwohl es unzählige menschliche und nichtmenschliche Lebewesen gibt, können alle in drei Arten eingeteilt werden: diejenigen, die hauptsächlich weltliches Glück erstreben, diejenigen, die hauptsächlich die Erlangung der Befreiung von Samsara erstreben und diejenigen, die hauptsächlich die Erlangung der vollen Erleuchtung erstreben.
In der Schrift, die unter dem Namen die Stufen des Pfades (tib. Lamrim) bekannt ist, wird die erste Art der Wesen eine Person anfänglicher Ausrichtung genannt, weil sich ihre geistige Ausrichtung oder Fähigkeit auf einer anfänglichen Stufe der Entwicklung befindet. Die zweite Art der Wesen wird eine Person mittlerer Ausrichtung genannt, weil ihre geistige Fähigkeit größer ist als diejenige der ersten Art der Wesen, aber weniger weit entwickelt ist als diejenige der dritten Art der Wesen. Die dritte Art der Wesen wird eine Person großer Ausrichtung genannt, weil solch eine Person von der anfänglichen Ausrichtung durch die mittlere Ausrichtung fortgeschritten ist, sodass ihre geistigen Fähigkeiten groß geworden sind.
Die eigentliche Praxis der Stufen des Pfades erfüllt die Wünsche aller drei Arten von Wesen. Die Praxis der Stufen des Pfades einer Person anfänglicher Ausrichtung, die im ersten Teil dieses Buches erklärt wird, bringt uns das Glück der Menschen und Götter. Die Praxis der Stufen des Pfades einer Person mittlerer Ausrichtung, die im zweiten Teil dieses Buches erklärt wird, bringt uns das Glück der Befreiung. Die Praxis der Stufen des Pfades einer Person großer Ausrichtung, die im dritten Teil dieses Buches erklärt wird, bringt uns das endgültige Glück der vollen Erleuchtung. Die Hauptfunktion der Lamrim Unterweisungen ist es somit, die Wünsche und Bedürfnisse aller Lebewesen zu erfüllen.
Die Unterweisungen des Lamrim bilden den Hauptteil des Buddhadharma. Sie entstanden aus der allwissenden Weisheit Atishas (982 - 1054 n. Chr.) und die Tradition setzt sich bis zum heutigen Tag fort. Es ist wundervoll und ein Zeichen großen Glücks, dass diese kostbaren Lehren jetzt auch in den westlichen Ländern zu erblühen beginnen. Ich empfing diese Lehren von meinem spirituellen Meister Trijang Dorjechang, der eine Emanation Atishas war. Somit stammen die Erklärungen, die in diesem Buch Freudvoller Weg gegeben werden, eigentlich von ihm und nicht von mir. Dennoch habe ich mit großem Bemühen und lange Zeit daran gearbeitet, dieses Buch zu vollenden.
Die Praxis des Lamrim ist sehr wichtig, weil jedermann friedvolle Geisteszustände fördern muss. Durch das Lesen oder Hören dieser Unterweisungen können wir lernen, unseren Geist zu beherrschen und immer eine gute Motivation in unserem Herzen zu tragen. Dies wird alle unsere täglichen Handlungen rein und sinnvoll werden lassen. Bändigen wir unseren Geist, können wir alle unsere täglichen Probleme lösen. Und indem wir unsere tägliche Praxis des Lamrim allmählich verbessern, können wir von unserer gegenwärtigen Stufe zu der Stufe eines Bodhisattva fortschreiten. Durch weiteren Fortschritt können wir ein voll erleuchtetes Wesen werden. Das ist die essenzielle Bedeutung unseres menschlichen Lebens. Solch eine große Erlangung wird das Ergebnis unserer Lamrim Praxis sein.
Geshe Kelsang Gyatso
Tharpaland
November 1988
Grundlagen und die anfängliche Ausrichtung
Die großen buddhistischen Klosteruniversitäten Nalanda und Vikramashila entwickelten beide ihren eigenen Vortragsstil. Wenn ein spiritueller Meister nach der Tradition von Nalanda den Dharma lehrt, beginnt er oder sie damit, drei Reinheiten zu erläutern. Wann immer wir den Dharma hören, darüber lesen oder ihn unterrichten, sind diese drei Reinheiten notwendig: ein reiner Geist vonseiten des Schülers, reine Rede vonseiten des spirituellen Meisters und reiner Dharma. Der Geist des Schülers ist rein, wenn er oder sie frei von falschen Sichtweisen ist, Vertrauen in den spirituellen Meister und den Dharma hat, der gelehrt wird, und eine richtige Motivation hat. Die Rede des spirituellen Meisters ist rein, wenn sie fehlerlos und klar ist, wenn er oder sie diese von einem authentischen spirituellen Meister empfangen hat und wenn die mündliche Überlieferung und die Unterweisungen der Überlieferungslinie Segnungen haben. Der Dharma ist rein, wenn er den gesamten Pfad enthüllt, der zur Erleuchtung führt, jeden Punkt fehlerfrei darlegt und in ungebrochener Linie seit Buddha Shakyamuni überliefert wurde. Der hier erklärte Dharma, Lamrim, ist rein, weil er diese drei notwendigen Voraussetzungen hat. Unsere Aufgabe als Leser ist es daher sicherzustellen, dass unser eigener Geist rein ist, während wir die dargelegten Bedeutungen lesen, darüber nachdenken und meditieren. In erster Linie müssen wir eine gute Motivation entwickeln, indem wir denken:
Ich habe jetzt eine großartige Gelegenheit, Buddhaschaft zu erlangen und andere zum gleichen Zustand zu führen. Um erleuchtet zu werden, muss ich alle Stufen des Pfades praktizieren. Deshalb werde ich diese Lehren studieren und in die Praxis umsetzen.
Wenn wir den Lamrim mit solch einer reinen Absicht lesen, werden wir unsere Ansammlung von Verdiensten von Augenblick zu Augenblick vergrößern. Wir können unser Leben nicht sinnvoller einsetzen. Für mich selbst, den Autor, gibt es nichts Bedeutungsvolleres in meinem Leben, als den reinen Dharma zu lehren und zu erklären.
Nach der Tradition von Vikramashila beginnt ein spiritueller Meister, wenn er oder sie Dharma lehrt, immer mit der Erklärung der drei Punkte:
(1) Die herausragenden Qualitäten des Autors der Urtexte, auf denen die Unterweisungen beruhen
(2) Die herausragenden Qualitäten der in diesen Texten dargelegten Unterweisungen
(3) Wie man Dharma hört und lehrt
Es bringt uns großen Nutzen, wenn wir diese Erklärungen erhalten, bevor wir die eigentlichen Unterweisungen der Stufen des Pfades studieren. Wenn wir die herausragenden Eigenschaften des Autors kennen, werden wir leicht verstehen, dass der Dharma, den er oder sie lehrt, authentisch sein muss. Wenn wir die herausragenden Qualitäten des Lamrim kennen, werden wir ganz natürlich Interesse, Respekt und Vertrauen entwickeln. Wenn wir wissen, wie man die Unterweisungen anhört, wie man sie liest und wie man sie unterrichten sollte, werden wir den größten Vorteil aus Gelegenheiten, wie wir sie jetzt haben, gewinnen können; und schließlich werden wir anderen von größtem Nutzen sein, wenn wir diese Unterweisungen an sie weitergeben.
Alle in diesem Buch dargelegten Erklärungen sind in den folgenden vier Teilen enthalten:
1. Die Erklärung der herausragenden Qualitäten des Autors, die zeigen, dass die Unterweisungen des Lamrim authentisch sind
2. Die Erklärung der herausragenden Qualitäten des Lamrim, um Vertrauen und Respekt für die Lamrim Unterweisungen zu wecken
3. Die Erklärung, wie man Dharma hört und lehrt
4. Die Erklärung der eigentlichen Anleitungen zu den Stufen des Pfades zur Erleuchtung
Die Lamrim Unterweisungen wurden ursprünglich von Buddha Shakyamuni gelehrt. Sie wurden in zwei getrennten Überlieferungslinien weitergegeben: in der Weisheitsüberlieferungslinie Nagarjunas und in der Methodenüberlieferungslinie Asangas. Die Weisheitsüberlieferungslinie oder der tiefgründige Pfad wurde von Buddha Shakyamuni an Manjushri, von Manjushri an Nagarjuna und dann über weitere Lehrer an Atisha weitergegeben. Die Methodenüberlieferungslinie oder der weite Pfad wurde von Buddha Shakyamuni an Maitreya, von Maitreya an Asanga und dann über weitere Lehrer an Atisha weitergegeben. Beide Überlieferungslinien enthalten Unterweisungen über Methode und Weisheit, unterscheiden sich aber in der Schwerpunktsetzung.
Der Autor des Lamrim ist Atisha, denn er war es, der als erster alle Unterweisungen dieser zwei großen Mahayana Überlieferungslinien in seinem Werk Lampe für den Pfad zur Erleuchtung miteinander verband und seiner Darlegung den Kurztitel Lamrim gab. Er vereinte die zwei Traditionen in einer Weise, die es leichter machte, beide zu verstehen und zu praktizieren, und dieses Werk wurde das Vorbild für alle nachfolgenden Lamrim Texte.
Atishas Leben und Werk wird in drei Teilen erklärt:
1. Atishas Geburt in eine königliche Familie und seine frühen Jahre
2. Atishas Erlangung von Wissen und spirituellen Verwirklichungen
3. Atishas Werk der Verbreitung des Buddhadharma in Indien und Tibet
Atisha wurde 982 n. Chr. als Prinz in Ostbengalen, Indien, geboren. Der Name seines Vaters war Kalyanashri (Glorreiche Tugend) und der seiner Mutter war Prabhavarti Shrimati (Glorreiches Strahlen). Er war der zweite von drei Söhnen und bei seiner Geburt erhielt er den Namen Chandragarbha (Mondessenz). Der Name Atisha, der «Frieden» bedeutet, wurde ihm später vom tibetischen König Jangchub Ö verliehen, weil er stets ruhig und friedvoll war.
Als Chandragarbha noch ein Kind war, nahmen ihn seine Eltern zu einem Tempelbesuch mit. Entlang des ganzen Weges hatten sich Tausende von Menschen versammelt, um einen kurzen Blick auf den Prinzen zu erhaschen. Als er die Menge sah, fragte Chandragarbha: «Wer sind diese Menschen?» Und seine Eltern antworteten: «Sie alle sind unsere Untertanen.» Im Herzen des Prinzen entstand spontan Mitgefühl und er betete: «Mögen alle diese Menschen genauso großes Glück genießen wie ich selbst.» Sobald er jemandem begegnete, entstand in seinem Geist ganz natürlich der Wunsch: «Möge dieser Mensch Glück finden und frei von Leiden sein.»
Schon als kleiner Junge hatte Chandragarbha Visionen von Tara, einem weiblichen Buddha. Manchmal, wenn er auf dem Schoß seiner Mutter saß, fielen blaue Upala Blumen vom Himmel und er begann zu reden, und es sah so aus, als ob er sich mit den Blumen unterhalten würde. Yogis erklärten später seiner Mutter, dass die blauen Blumen, die sie gesehen hatte, ein Zeichen dafür waren, dass Tara ihrem Sohn erschien und mit ihm sprach.
Als der Prinz älter wurde, wollten seine Eltern eine Heirat für ihn arrangieren, aber Tara gab ihm den Rat: «Wenn du Anhaftung an dein Königreich entwickelst, gleichst du einem Elefanten, der im Schlamm versinkt und sich nicht wieder selbst daraus befreien kann, weil er so riesig und schwer ist. Entwickle keine Anhaftung an dieses Leben. Studiere und praktiziere den Dharma. Du warst in vielen früheren Leben ein spiritueller Meister, und auch in diesem Leben wirst du ein spiritueller Meister werden.» Inspiriert durch diese Worte, entwickelte Chandragarbha sehr großes Interesse, Dharma zu studieren und zu praktizieren und er war entschlossen, alle Verwirklichungen der Lehren Buddhas zu erlangen. Er wusste, dass er einen voll qualifizierten spirituellen Meister finden musste, um sein Ziel zu erreichen. Als erstes ging er zu einem berühmten buddhistischen Lehrer namens Jetari, der in der Nähe lebte, und bat um Dharma Unterweisungen darüber, wie man sich aus Samsara befreit. Jetari gab ihm Unterweisungen über Zuflucht und Bodhichitta und sagte ihm dann, dass er nach Nalanda gehen und vom spirituellen Meister Bodhibhadra lernen solle, wenn er rein praktizieren wolle.
Als der Prinz Bodhibhadra traf, sagte er: «Ich sehe ein, dass Samsara sinnlos ist und dass nur Befreiung und volle Erleuchtung wirklich lohnend sind. Bitte gib mir Dharma Unterweisungen, die mich schnell zum Zustand jenseits allen Leidens führen.» Bodhibhadra gab ihm kurze Unterweisungen über das Entwickeln von Bodhichitta und erteilte ihm dann den Rat: «Wenn du Dharma rein praktizieren möchtest, solltest du den spirituellen Meister Vidyakokila aufsuchen.» Bodhibhadra wusste, dass Vidyakokila ein großer Meditierender war, der eine vollkommene Verwirklichung der Leerheit erlangt hatte und sehr geschickt im Unterrichten der Stufen des tiefgründigen Pfades war.
Vidyakokila gab Chandragarbha vollständige Unterweisungen sowohl über den tiefgründigen als auch über den weiten Pfad und schickte ihn dann für sein weiteres Studium zu dem spirituellen Meister Avadhutipa. Avadhutipa gab ihm nicht sofort Anleitungen, sondern schickte den Prinzen zu Rahulagupta, damit er Unterweisungen über die Hevajra und Heruka Tantras erhalten konnte. Dann sollte er zu ihm zurückkehren, um genauere Unterweisungen über das Geheime Mantra zu bekommen. Rahulagupta gab Chandragarbha den geheimen Namen Janavajra (Unzerstörbare Weisheit) und die erste Ermächtigung, die die Ermächtigung zur Praxis des Hevajra war. Dann schickte er ihn nach Hause, um die Zustimmung seiner Eltern einzuholen.
Obwohl der Prinz nicht am weltlichen Leben hing, war es doch wichtig für ihn, die Einwilligung seiner Eltern zu haben, um so praktizieren zu können, wie er es wünschte. Er kehrte also zu seinen Eltern zurück und sagte: «Wenn ich Dharma rein praktiziere, werde ich, so wie es Arya Tara vorhergesagt hat, eure Güte und die Güte aller fühlenden Wesen erwidern können. Kann ich dies tun, wird mein menschliches Leben nicht verschwendet sein. Andernfalls wird mein Leben sinnlos sein, selbst wenn ich mein ganzes Leben in einem prächtigen Palast verbringen kann. Bitte gebt mir eure Zustimmung, damit ich das Königreich verlassen und mein ganzes Leben der Dharma Praxis, Buddhas Lehren, widmen kann.» Chandragarbhas Vater war unglücklich über diese Worte und wollte seinen Sohn daran hindern, seine Anwartschaft auf den Thron aufzugeben; aber seine Mutter war erfreut zu hören, dass ihr Sohn sein Leben dem Dharma widmen wollte. Sie erinnerte sich, dass bei seiner Geburt wunderbare Zeichen, zum Beispiel Regenbogen, erschienen waren, und sie erinnerte sich an Wunder wie die blauen Upala Blumen, die vom Himmel fielen. Sie wusste, dass ihr Sohn kein gewöhnlicher Prinz war, und sie gab ihre Einwilligung ohne Zögern. Nach einiger Zeit gewährte auch der König den Wunsch seines Sohnes.
Chandragarbha kehrte zu Avadhutipa zurück und erhielt sieben Jahre lang die Anleitung der Tantras. Seine Fähigkeiten wurden so groß, dass er eines Tages Stolz entwickelte und dachte: «Wahrscheinlich weiß ich mehr über Tantra als irgendjemand sonst auf der Welt.» In jener Nacht kamen im Traum Dakinis zu ihm und zeigten ihm seltene Schriften, die er noch nie zuvor gesehen hatte. Sie fragten ihn: «Was bedeuten diese Texte?», aber er hatte keine Ahnung. Als er aufwachte, war sein Stolz verschwunden.
Später dachte Chandragarbha, dass er Avadhutipas Praxis nachahmen und sich als Laie bemühen sollte, schnell durch Mahamudra Praxis mit einer Handlungsmudra Erleuchtung zu erlangen. Er hatte jedoch eine Vision Herukas, die ihm sagte, dass er zahllosen Wesen helfen und den Dharma weit verbreiten könne, wenn er ordinieren würde. In jener Nacht träumte er, dass er einer Prozession von Mönchen in der Gegenwart Buddha Shakyamunis folgte, und dieser wunderte sich, warum Chandragarbha noch nicht ordiniert war. Als er aus diesem Traum erwachte, entschloss er sich ordiniert zu werden. Er empfing die Ordination von Shilarakshita und bekam den Namen Dipamkara Shrijana.
Vom spirituellen Meister Dharmarakshita erhielt Dipamkara Shrijana ausführliche Unterweisungen über die Sieben Gruppen des Abhidharma und den Ozean der Großen Erklärung, Texte, die aus der Sicht des Vaibhashika Systems geschrieben waren. Auf diese Weise meisterte er die Hinayana Unterweisungen.
Noch immer nicht zufrieden, ging Dipamkara Shrijana nach Bodhgaya, um genauere Unterweisungen zu erhalten. Eines Tages hörte er zufällig eine Unterhaltung zweier Frauen mit an, die in Wirklichkeit Emanationen Arya Taras waren. Die Jüngere fragte die Ältere: «Welches ist die wichtigste Methode, schnell Erleuchtung zu erlangen?», und die Ältere antwortete: «Es ist Bodhichitta.» Als er dies hörte, fasste Dipamkara Shrijana den festen Entschluss, den kostbaren Geist des Bodhichitta zu erlangen. Später, während er den großen Stupa in Bodhgaya umrundete, sprach eine Statue Buddha Shakyamunis zu ihm: «Wenn du schnell Erleuchtung erlangen willst, musst du die Erfahrungen des Mitgefühls, der Liebe und des kostbaren Bodhichitta gewinnen.» Da wurde sein Verlangen, Bodhichitta zu verwirklichen, sehr stark. Er hörte, dass der spirituelle Meister Serlingpa, der sehr weit weg an einem Ort namens Serling in Sumatra lebte, eine ganz besondere Erfahrung des Bodhichitta erlangt hatte und Unterweisungen über die Sutras der Vollkommenheit der Weisheit geben konnte.
Dipamkara Shrijana benötigte dreizehn Monate, um mit dem Schiff nach Sumatra zu gelangen. Bei seiner Ankunft brachte er Serlingpa ein Mandala dar und trug ihm seine Bitten vor. Serlingpa sagte ihm, dass es zwölf Jahre dauern würde, die Unterweisungen zu vermitteln. Dipamkara Shrijana blieb zwölf Jahre in Sumatra und erlangte schließlich die kostbare Verwirklichung des Bodhichitta. Dann kehrte er nach Indien zurück.
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