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Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4

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XCVIII
Herr von Bouillé

Sehen wir, was während dieser Stunden der Bangigkeit der Herr Marquis von Bouillé that, welchen man mit so großer Ungeduld im Varennes erwartete, und auf dem die letzten Hoffnungen der königlichen Familie beruhten.

Um neun Uhr Abends, das heißt ungefähr in dem Augenblick, wo die Flüchtlinge in Clermont ankamen, verließ der Herr Marquis von Bonillé Stenay mit seinem Sohne, Herrn Louis von Bouillé, und rückte gegen Dun vor, um sich dem König zu nähern.

Eine Viertelmeile von letzterer Stadt angelangt, befürchtete er indessen, seine Gegenwart könnte hier bemerkt werden, machte mit seinen Gefährten am Rande der Straße Halt und stellte sich mit seinem Pferde in einem Graben fest.

Hier wartete man: es war die Stunde, wo aller Wahrscheinlichkeit nach der Courier des Königs bald erscheinen mußte.

Unter solchen Umständen nahmen die Minuten die Länge von Stunden, die Stunden die Länge von Jahrhunderten an.

Man hörte langsam und mit der Unempfindlichkeit, welche die Wartenden so gern nach den Schlägen ihrer Herzen regeln möchten, zehn Uhr, elf Uhr, Mitternacht schlagen, dann ein Uhr, zwei Uhr, drei Uhr Morgens.

Zwischen zwei und drei Uhr hatte der Tag zu grauen angefangen; während dieser sechs Stunden des Wartens brachte das geringste Geräusch, das zu den Ohren der Wachenden gelangte, mochte es sich nähern oder entfernen, ihnen die Hoffnung oder die Verzweiflung.

Als es Tag war, verzweifelte der kleine Trupp.

Herr von Bouillé dachte, es sei ein Unfall geschehen, da er aber nicht wußte, welcher, so befahl er, nach Stenay zurückzukehren, damit er, im Mittelpunkte seiner Streitkräfte befindlich, diesen Unfall so viel als möglich pariren könnte.

Man stieg zu Pferde und ritt langsam aus dem Weg nach Stenay zurück.

Man war kaum noch eine Viertelmeile von der Stadt, als Herr Louis von Bouillé, der sich umwandte, von fern auf der Straße den durch den Galopp mehrerer Pferde emporgetriebenen Staub bemerkte.

Man hielt an, man wartete.

Als die neuen Reiter näher kamen, glaubte man sie zu erkennen.

Bald zweifelte man nicht mehr: es waren die Herren Jules von Bouillé und von Raigecourt.

Der kleine Trupp ritt ihnen entgegen.

In dem Augenblick, wo man zusammentraf, machten alle Münde von einem der beiden Truppe dieselbe Frage; jeder Mund des andern gab dieselbe Antwort.

»Was ist geschehen?«

»Der König ist festgehalten worden.«

Es mochte vier Uhr des Morgens sein.

Die Kunde war erschrecklich, um so erschrecklicher, als die zwei jungen Leute, am Ende der Stadt, beim Gasthofe zum Großen Monarchen, aufgestellt, wo sie sich plötzlich vom Aufruhr umhüllt gefunden, genöthigt gewesen waren, sich durch die Menge Bahn zu brechen, und zwar ohne eine genaue Nachricht mitnehmen zu können.

So erschrecklich aber diese Kunde war, so zerstörte sie doch nicht jede Hoffnung.

Herr von Bouillé, wie alle Oberofficiere, die sich aus eine absolute Disciplin verlassen, glaubte, ohne an die Hindernisse zu denken, alle seine Befehle seien vollzogen.

War aber der König in Varennes festgehalten worden, so mußten die verschiedenen Posten, welche Befehl erhalten hatten, sich hinter dem König zusammenzuziehen, in Varennes angekommen sein.

Diese verschiedenen Posten mußten bestehen aus vierzig Husaren vom Regimente Lauzun, unter dem Commando des Herzogs von Choiseul;

Aus dreißig Dragonern von Sainte-Menehould, commandirt von Herrn Dandoins;

Aus hundert und vierzig Dragonern von Clermont, befehligt von Herrn von Damas;

Und endlich aus sechzig Husaren von Varennes, commandirt von den Herren von Bouillé und Raigecourt, mit welchen die zwei jungen Leute allerdings im Augenblick ihres Abgangs nicht hatten verkehren können, die aber in ihrer Abwesenheit unter den Befehlen von Herrn von Rohrig geblieben waren.

Wohl hatte man Herrn von Rohrig, einem zwanzigjährigen jungen Manne, nichts anvertrauen wollen, Herr von Rohrig würde aber die Befehle von den anderen Chefs, den Herren von Choiseul, Dandoins oder von Damas erhalten und seine Leute mit denen, welche dem König zu Hilfe eilten, verbinden.

Der König müßte also zur Stunde etwas wie hundert Husaren und hundert und sechzig bis hundert und achtzig Dragoner um sich haben.

Das war Alles, was man brauchte, um gegen den Aufruhr eines kleinen Fleckens von achthundert Seelen Stand zu halten.

Man hat gesehen, wie die Ereignisse den strategischen Berechnungen von Herrn von Bouillé Unrecht gaben.

Dieser Sicherheit wurde übrigens bald ein erster Schlag beigebracht.

Während die Herren von Bouillé und Raigecourt dem General ihre Meldungen machten, sah man einen Reiter im schnellsten Galopp seines Pferdes herbeikommen.

Dieser Reiter mußte Neuigkeiten bringen.

Aller Augen wandten sich also nach ihm, und man erkannte Herrn von Rohrig.

Als er ihn erkannte, ritt ihm der General entgegen.

Er war in einer von jenen Stimmungen, in denen es einem nicht unangenehm ist, die Schwere seines Zornes selbst auf einen Unschuldigen fallen zu lassen.

»Was soll das bedeuten,« rief der General, »und warum haben Sie Ihren Posten verlassen?«

»Mein General,« antwortete Herr von Rohrig, »entschuldigen Sie mich, ich komme auf Befehl von Herrn von Damas.«

»Nun! Herr von Damas ist mit seinen Dragonern in Varennes?«

»Herr von Damas ist in Varennes ohne seine Dragoner, mein General, mit einem Officier, einem Adjutanten und zwei bis drei Mann.«

»Und die Anderen?«

»Die Anderen wollten nicht marschiren.«

»Und Herr von Dandoins und seine Dragoner?« fragte Herr von Bonillé.

»Sie sollen Gefangene aus der Municipalität von Sainte-Menehould sein.«

»Es ist aber doch wenigstens Herr von Choiseul mit seinen Husaren und den Ihrigen in Varennes?« rief der General.

»Die Husaren von Herrn von Choiseul sind auf die Seite des Volks getreten und rufen: »»Es lebe die Nation!«« Meine Husaren werden in ihrer Kaserne von der Nationalgarde bewacht.«

»Und Sie haben sich nicht an ihre Spitze gestellt, mein Herr, und Sie haben keinen Angriff auf diese ganze Canaille gemacht, und Sie haben sich nicht um den König versammelt?«

»Mein General vergißt, daß ich keinen Befehl hatte, daß die Herren von Bouillé und Raigecourt meine Chefs waren und daß ich durchaus nichts davon wußte, daß Seine Majestät durch Varennes kommen sollte.«

»Das ist richtig,« sprachen gleichzeitig die Herren von Bouillé und von Raigecourt, der Wahrheit huldigend.

»Beim ersten Lärmen, den ich hörte,« fuhr der Unterlieutenant fort, »ging ich auf die Straße hinab und erkundigte mich: ich vernahm, ein Wagen, in dem der König und die königliche Familie sein sollten, sei ungefähr eine Viertelstunde vorher angehalten worden, und man habe die in diesem Wagen befindlichen Personen zum Gemeindeanwalt geführt. Ich begab mich nach dem Hause des Gemeindeanwalts. Es war eine große Menge bewaffneter Menschen versammelt; man schlug die Trommel, man läutete die Sturmglocke. Mitten unter diesem Tumulte fühlte ich, daß man meine Schulter berührte; ich wandte mich um und erkannte Herrn von Damas mit einem Ueberrock über seiner Uniform. »»Sie sind der Unterlieutenant, der die Husaren von Varennes commandirt?«« sagte er zu mir. »»Ja, mein Oberst.«« »»Sie kennen mich?« »»Sie sind der Graf Charles von Damas.«« »»Wohlan denn, steigen Sie zu Pferde, ohne eine Secunde zu verlieren, reiten Sie nach Dun, nach Stenay  . . .  rennen Sie, bis Sie den Herrn Marquis von Bouillé getroffen haben; sagen Sie ihm, Dandoins und seine Dragoner seien Gefangene in Sainte-Menehould, meine Dragoner haben mir den Gehorsam verweigert, die Husaren von Choiseul drohen, sich aus die Seite des Volks zu schlagen, und der König und die königliche Familie, welche in diesem Hause festgehalten werden, hoffen nur noch auf ihn.«« Auf einen solchen Befehl, mein General, glaubte ich keine Bemerkung machen zu dürfen; ich hielt es im Gegentheil für meine Wicht, blindlings zu gehorchen. Ich stieg daher zu Pferde, jagte mit verhängten Zügeln fort, und hier bin ich.«

»Und Herr von Damas hat Ihnen nichts Anderes gesagt?«

»Doch, er hat mir noch gesagt, man werde alle Mittel anwenden, um Zeit zu gewinnen, und Ihnen hierdurch die erforderliche Zeit zu geben, in Varennes einzutreffen.«

»Oh! ich sehe, daß Jeder gethan hat, was er thun konnte,« sprach Herr von Bouillé, einen Seufzer ausstoßend. »Nun ist es an uns, unser Möglichstes zu thun.«

Dann wandte er sich gegen den Grafen Louis um und sagte zu ihm:

»Louis, ich bleibe hier. Diese Herren werden die verschiedenen Befehle bestellen, die ich gebe. Vor Allem werden die Detachements von Mouzon und von Dun gegen Varennes marschiren und, zugleich den Uebergang über die Maas bewachend, den Angriff beginnen. Herr von Rohrig, überbringen Sie ihnen diesen Befehl von mir und sagen Sie ihnen, sie werden ganz von der Nähe unterstützt werden.«

Der junge Mann, dem der Befehl gegeben worden, salutirte und ritt in der Richtung von Dun weg, um ihn zu vollziehen.

Herr von Bouillé fuhr fort:

»Herr von Raigecourt, reiten Sie dem Schweizer-Regimente von Castella entgegen, das aus dem Marsche ist, um sich nach Stenay zu begeben; wo sie es treffen, sagen Sie ihm, wie dringlich die Lage, und daß ich ihm befehle, die Etappen zu verdoppeln. Gehen Sie.«

Dann, als er den jungen Officier in einer Richtung der entgegengesetzt, welcher mit der ganzen Schnelligkeit seines schon müden Pferdes Herr von Rohrig folgte, hatte abgehen sehen, wandte er sich an seinen zweiten Sohn und sagte:

Jules, wechsle das Pferd in Stenay und reite nach Montmédy. Herr von Klinglin soll nach Dun das Regiment Nassau-Infanterie, das in Montmédy ist, marschieren lassen und sich in Person nach Stenay begeben. Vorwärts.«

 

Der junge Mann grüßte und ritt ebenfalls weg.

Endlich wandte er sich an seinen ältesten Sohn und sprach:

»Louis, das Regiment Royal-Allemand ist in Stenay?«

»Ja, mein Vater.«

»Es hat den Befehl erhalten, bei Tagesanbruch bereit zu sein?«

»Ich habe selbst in Ihrem Austrage seinem Oberst den Befehl gegeben.«

»Führe es zu mir, ich will hier aus der Straße warten, vielleicht werden mir andere Nachrichten zukommen. Royal-Allemand ist sicher, nicht wahr?«

»Ja, mein Vater.«

»Wohl denn! Royal-Allemand wird genügen; wir werden mit ihm nach Varennes marschiren. Vorwärts!«

Der Gras Louis eilte auch fort.

Nach zehn Minuten erschien er wieder und meldete dem General:

»Royal-Allemand folgt mir.«

»Du hast es also marschfertig gesunden?«

»Nein, und zwar zu meinem großen Erstaunen. Der Commandant muß mich gestern schlecht verstanden haben, als ich ihm Ihren Befehl überbrachte, denn ich fand ihn noch im Bette. Doch er steht auf und hat mir versprochen, selbst in die Kasernen zu gehen, um den Abmarsch zu beschleunigen. Da ich befürchtete, Sie könnten ungeduldig werden, so kam ich wieder hierher, um Ihnen die Ursache des Verzugs mitzutheilen.«

»Gut,« sprach der General, »er wird also kommen?«

»Der Commandant hat mir gesagt, er folge mir aus dem Fuße.«

Man wartete zehn Minuten, dann eine Viertelstunde, dann zwanzig Minuten, Niemand erschien.

Ungeduldig, schaute der General seinen Sohn an.

»Ich kehre zurück, mein Vater,« sagte dieser.

Und er setzte sein Pferd wieder in Galopp und ritt zum zweiten Male in die Stadt.

Die Zeit, so lange sie der Ungeduld von Herrn von Bouillé geschienen hatte, war doch schlecht vom Commandanten benützt worden; es waren kaum ein paar Leute bereit; der junge Officier beklagte sich bitter, wiederholte den Befehl des Generals und kehrte auf das bestimmte Versprechen des Commandanten, in fünf Minuten werden seine Soldaten und er außerhalb der Stadt sein, zu seinem Vater zurück.

Als er zurückritt, bemerkte er, daß das Thor, durch welches er schon viermal passirt war, von der Nationalgarde bewacht wurde.

Man wartete abermals fünf Minuten, zehn Minuten, eine Viertelstunde, Niemand erschien.

Und Herr von Bouillé begriff doch, daß jede verlorene Minute ein vom Leben der Gefangenen abgeschnittenes Jahr war.

Man sah ein Cabriolet aus der Straße, von Dun her, kommen.

Dieses Cabriolet war das von Leonard, der seine Fahrt immer mehr beängstigt fortsetzte.

Herr von Bouillé hielt ihn an; doch je weiter sich der arme Bursche von Paris entfernte, desto mehr zogen die Erinnerung an seinen Bruder, dessen Hut und Ueberrock er mit mitgenommen, und die an Frau von der Aage, welche nur von ihm gut frisirt war und, um frisirt zu werden, auf ihn wartete, in seinem Geiste umher und brachten darin ein solches Chaos hervor, daß Herr von Bouillé nichts Vernünftiges aus ihm herausbringen konnte.

Leonard, der vor der Verhaftung des Königs von Varennes abgefahren war, konnte Herrn von Bouillé wirklich auch nichts Neues mittheilen.

Dieser kleine Vorfall machte, daß der General wieder ein paar Minuten Geduld hatte. Nachdem aber endlich fast eine Stunde abgelaufen war, seitdem der Commandant von Royal-Allemand seinen Befehl erhalten, hieß Herr von Bonillé seinen Sohn zum dritten Male nach Stenay reiten und nicht ohne das Regiment zurückkommen.

Der Graf Louis ging wüthend ab.

Als er aus den Platz kam, stieg sein Zorn noch mehr: kaum fünfzig Mann waren zu Pferde.

Er fing damit an, daß er diese fünfzig Mann nahm und sich mit ihnen des Thores bemächtigte, das seinen freien Aus- und Eingang sicherte; dann kam er zum General zurück, der immer wartete, und versicherte ihn, dies Mal folgen ihm der Commandant und seine Soldaten.

Er glaubte es.

Doch erst nach zehn Minuten und als er im Begriffe war, zum vierten Mal in die Stadt zu reiten, erblickte man die Spitze von Royal-Allemand.

Unter allen andern Umständen hätte Herr von Bouillé den Commandanten durch seine eigenen Leute verhaften lassen; doch in einem solchen Augenblick befürchtete er, Anführer und Soldaten unzufrieden zu machen; er beschränkte sich also darauf, daß er einige Vorwürfe über seine Langsamkeit an ihn richtete; dann haranguirte et die Soldaten und sagte ihnen, für welchen ehrenvollen Auftrag sie bestimmt seien; wie nicht nur die Freiheit, sondern auch das Leben des Königs und der königlichen Familie von ihnen abhängen: er versprach den Officieren Ehrenauszeichnungen, den Soldaten Belohnungen, und theilte, um anzufangen, vierhundert Louis d’or unter die Letzteren aus.

Die Rede, welche mit diesem Schlusse endigte, brachte die von ihm erwartete Wirkung hervor; ein ungeheurer Ruf:«Es lebe der König!« erscholl, und das ganze Regiment marschirte in starkem Trab nach Varennes ab.

In Dun fand man, die Brücke über die Maas bewachend, das Detachement von dreißig Mann, das Herr Deslon, als er sich von Dun mit Charny entfernte, hier gelassen hatte.

Diesen dreißig Mann befahl man, sich anzuchließen, und man marschirte weiter.

Man hatte acht starke Meilen in einer Gegend zu machen, wo es immer Berg auf und Berg ab ging, und marschirte also nicht so rasch, wie man gewollt hätte; man mußte ankommen, aber besonders mit Soldaten ankommen, welche einen Angriff aushalten oder eine Charge unternehmen konnten.

Indessen fühlte man, daß man im feindlichen Lande vorrückte: rechts und links wurde in den Dörfern die Sturmglocke geläutet; vor sich hörte man etwas wie ein Kleingewehrfeuer krachen.

Man zog immer weiter.

Bei der Orange au Bois erscheint, auf sein Pferd gebückt, ein Reiter ohne Hut, der den Weg zu verschlingen scheint. Man beeilt sich; das Regiment und der Mann nähern sich einander.

Dieser Reiter ist Herr von Charny.

»Zum König, meine Herren! zum König!»ruft er aus der Ferne, indem er seine Hand aushebt.

»Zum König! es lebe der König!« rufen zugleich Soldaten und Officiere.

Charny hat in den Reihen Platz genommen; mit vier Worten setzt er die Lage auseinander. Der König befand sich beim Abgange des Grafen noch in Varennes; es war noch nicht Alles verloren.

Die Pferde sind sehr müde, doch gleichviel, man wird sie in ihrem Gange unterstützen; die Pferde sind mit Hafer wohl gefüttert worden, die Leute sind wohl erhitzt durch die Reden und die Louis d’or von Herrn von Bouillé: das Regiment rückt wie ein Orkan unter dem fortwährenden donnernden Rufe: »Es lebe der König!« vor.

In Crépy begegnet man einem Priester; dieser Priester ist constitutionell: er sieht die ganze Schaar, die nach Varennes eilt.

»Jagt, jagt!« spricht er; »zum Glück werdet Ihr zu spät kommen.«

Der Graf von Bouillé hört ihn und stürzt mit aufgehobenem Säbel auf ihn los.

»Unglücklicher!« ruft ihm sein Vater zu, »was machst Du?«

Der junge Graf sieht in der That ein, daß er im Begriffe ist, einen wehrlosen Menschen zu tödten, und daß dieser Mensch ein Geistlicher, – doppeltes Verbrechen: er macht seinen Fuß vom Steigbügel los und gibt dem Priester einen Tritt aus die Brust.

»Ihr werdet zu spät kommen!« wiederholt der Priester, während er in den Staub rollt.

Den Unglückspropheten verfluchend, zieht man weiter.

Man nähert sich indessen allmälig den Flintenschüssen.

Es sind Herr Deslon und seine siebenzig Husaren, welche mit einer ungefähr gleichen Anzahl von Leuten von der Nationalgarde scharmützeln.

Man greift die Nationalgarde an, man zerstreut sie, man passirt.

Hier aber erfährt man von Herrn Deslon, daß der König schon um acht Uhr Morgens von Varennes abgegangen ist.

Herr von Bouillé zieht seine Uhr: es ist neun Uhr weniger fünf Minuten.

Wohl! noch ist nicht jede Hoffnung verloren. Man darf nicht daran denken, durch die Stadt zu marschiren, wegen der Barricaden: man wird Varennes umgehen. Man wird es aus der linken Seite umgehen: rechts ist es unmöglich wegen der Beschaffenheit des Terrain.

Links wird man über den Fluß zu ziehen haben; Charny versichert aber, er sei durchwatbar.

Man läßt Varennes rechts, man eilt auf den Wiesengründen fort; man wird auf der Straße nach Clermont die Bedeckung angreifen, so stark sie sein mag; man wird den König befreien oder sich tödten lassen.

Bei zwei Dritteln der Höhe der Stadt findet man den Fluß. Charny treibt zuerst sein Pferd hinein, die Herren von Bonillé folgen ihm, die Officiere eilen nach, die Soldaten folgen den Officieren. Der Laus des Flusses verschwindet unter den Pferden und den Uniformen.

In zehn Minuten ist die Furt durchritten.

Diese Passage durch das fließende Wasser hat Reiter und Pferde erfrischt. Man setzt sich wieder in Galopp und sucht in gerader Richtung die Straße nach Clermont zu erreichen.

Plötzlich hält Charny, der der Schaar um zwanzig Schritte voranreitet, an und stößt einen Schrei aus: er ist am Rande eines tief ausgegrabenen Kanals, den er vergessen, obgleich er ihn in seinen topographischen Arbeiten selbst ausgenommen hat.

Dieser Kanal erstreckt sich aus mehrere Meilen, und überall bietet er dieselben Schwierigkeiten, wie an dem Orte, wo man angekommen. Setzt man nicht auf der Stelle über denselben, so wird man nie übersetzen.

Charny gibt das Beispiel: er stützt sich zuerst ins Wasser; der Kanal ist nicht durchwatbar, doch das Pferd von Charny schwimmt kräftig nach dem andern Ufer.

Nur ist das User eine jähe, lettige Böschung, in welche die Hufeisen des Pferdes nicht eingreifen können. Drei bis viermal versucht Charny hinaufzureiten; doch trotz aller Wissenschaft des gewandten Reiters gleitet sein Pferd, nachdem es verzweifelte, verständige, beinahe menschliche Anstrengungen gemacht, um sich aus dem User zu erheben, rückwärts in Ermangelung eines festen Anhaltspunktes unter seinen Vordersüßen, und fällt wieder peinlich schnaufend und halb auf seinen Reiter zurückgeworfen ins Wasser.

Charny sieht ein, das das, was sein Pferd, ein auserlesenes Vollblutpferd, geführt von einem vollendeten Reiter, nicht thun kann, vierhundert Schwadronspferde noch weniger werden thun können.

Das ist ein verfehlter Versuch; das Verhängniß ist stärker; der König und die Königin sind verloren, und da er sie nicht hat retten können, so bleibt ihm nur noch eine Pflicht zu erfüllen: die, mit ihnen unterzugehen.

Er unternimmt eine letzte Anstrengung, fruchtlos wie die andern, um die Höhe des Ufers zu erreichen; bei diesem letzten Versuche aber hat er seinen Säbel bis an die Mitte der Klinge in den Thon eingedrückt.

Dieser Säbel ist darin geblieben als ein für das Pferd unnützer Anhaltspunkt, der aber dem Reiter dienen soll, Charny läßt in der That Steigbügel und Zügel los; er läßt sein Pferd sich ohne Reiter in diesem unseligen Wasser zerarbeiten; er schwimmt gegen den Säbel, er ergreift ihn, er klammert sich daran an, es gelingt ihm nach einigen vergeblichen Versuchen, den Fuß aufzusetzen, und er schwingt sich aus die Höhe des Ufers.

Da wendet er sich um, und jenseits des Kanals sieht er Herrn von Bouillé und seinen Sohn weinend vor Zorn, alle Soldaten düster und unbeweglich, denn nach dem Kampfe, den Charny unter ihren Augen gekämpft, begreifen sie, wie fruchtlos der Versuch wäre, über diesen Kanal zu setzen, über den man nicht zu gelangen vermochte.

Herr von Bouillé besonders ringt die Hände aus Verzweiflung, er, dessen Unternehmungen stets alle geglückt, er, dessen Handlungen alle von den günstigsten Erfolgen gekrönt worden waren, er, der im Heere Veranlassung zu dem Sprichworte: Glücklich wie Bouillé, gegeben hatte.

»Oh! meine Herren,« rief er mit schmerzlichem Tone, »sagen Sie noch, ich sei glücklich!«

»Nein, General,« erwiederte Charny vom andern User, »doch seien Sie ruhig, ich werde sagen, Sie haben Alles gethan, was ein Mensch thun konnte, und wenn ich es sage, so wird man es glauben. Gott besohlen, General.«

Und, zu Fuße, querfeldein, ganz mit Koth überzogen, von Wasser triefend, seines Säbels beraubt, der im Kanal geblieben, seiner Pistolen beraubt, deren Pulver durchnäßt ist, nimmt Charny seinen Lauf und verschwindet unter den Baumgruppen, welche, wie Vorposten des Waldes, diesseits der Straße stehen.

Diese Straße ist endlich diejenige, aus welcher man den König und die königliche Familie gefangen wegführt. Er braucht ihr nur zu folgen, um sie einzuholen.

Doch ehe er ihr folgt, wendet er sich zum letzten Male um und sieht auf dem Ufer des verfluchten Kanals Herrn von Bouillé und seine Schaar, welche trotz der anerkannten Unmöglichkeit, weiter zu gehen, sich nicht zum Rückzuge zu entschließen vermögen.

Er macht ihnen ein letztes verlorenes Zeichen, eilt auf der Straße weiter, dreht sich um eine Ecke, und Alles verschwindet.

 

Nur bleibt ihm als Führer der ungeheure Lärmen, der ihm vorangeht und aus Schreien, Drohungen, Gelächter und Flüchen von zehntausend Menschen besteht.

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