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Die Mohicaner von Paris

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CXXXVII
Das Haus der Fee

Man erinnert sich des Vorwurfs, den Salvator der Brocante in Betreff der ungesunden, elenden Kammer der Rue Triperet machte, wo wir zum ersten Male die Kartenschlägerin gesehen haben.

Salvator sprach damals ein paar Worte aus, welche die Brocante erschreckten, und diese machte sich verbindlich, so schnell als möglich die verpestete Wohnung zu verlassen.

Doch wenn sie die Drohung der Wegnahme von Rose-de-Noël erschreckte, so erschreckte sie die Berechnung einer in ihren Augen tollen Ausgabe noch ganz anders und verhinderte sie, ihr Versprechen zu halten; sodann ist es mit den Armen wie mit den Reichen: sie verlassen schwer, schwerer sogar als die Reichen, das Haus, wo sie gelebt haben, und die geizige Alte, gerichtlich aufgefordert, ihre Verbindlichkeit zu erfüllen, würde es vielleicht, so viel lag ihr an ihrer abscheulichen Wohnung, vorgezogen haben, das für ihren Auszug nothwendige Geld zu geben und in ihrer Kammer zu bleiben.

Doch unter ihren Zweifeln, ob sie Salvator gehorchen oder nicht gehorchen sollte, bekam die Brocante einen Besuch, der eine Entscheidung in ihr herbeiführte.

Es erschien eines Tages bei ihr ein schöner junger Mann von vollkommener Eleganz im Namen der Fee Carita.

Es gab zwei Namen, welche sanft das Herz des schönen schwächlichen Kindes liebkosten, das man Rose-de-Noël nannte; der eine war der von Fräulein Lamothe-Houdan; der andere der von Salvator.

Dieser schöne junge Mann, der eines Tages auf der Schwelle des Pandemoniums erschien, dessen Beschreibung wir gewagt haben, war kein Anderer, als Petrus.

Indem er der alten Zigeunerin, unter dem Gebelle der Hunde und dem Krächzen der Krähe, ungefähr dieselben Worte wiederholte, welche Salvator schon gesagt hatte, machte er der Brocante begreiflich, die Stunde, auszuziehen, sei gekommen.

Was aber die Alte besonders bestimmte, das war die Art, wie sich Petrus dabei benahm.

»Das ist der Schlüssel zu Ihrer neuen Wohnung.« sagte er. »Sie haben nur in der Rue d’Ulm, Nro, 10. zu erscheinen; Sie werden unter ein großes Thor treten, Sie werden links schauen und drei Stufen sehen, Sie werden diese drei Stufen hinaussteigen, diesen Schlüssel in die Thüre vor Ihnen stecken und den Schlüssel zweimal drehen, die Thüre wird sich öffnen, und Sie werden in Ihrer Wohnung sein.«

Die Brocante machte bei diesen Worten Augen und Ohren auf.

In der That. wenn sie es einerseits bedauerte, ihr gewohntes Nest verlassen zu sollen, so bot sie andererseits, da sie keinen Pfennig auszugeben hatte, statt ihn vor die Thüre zu. setzen, dem jungen Manne einen Stuhl an und bedrohte die Hunde und die Krähe zu Ehren ihres Gastes.

Vielleicht würden, trotz der Drohung der Brocante, die Hunde und die Krähe nur um so stärker gebellt und gekrächzt haben; aber Rose-de-Noël bat sie, zu schweigen, und sie gehorchten den Bitten von Rose-de-Noël viel besser, als den Befehlen von Brocante.

Sobald er saß, fügte Petrus bei:

»Nur müssen Sie Ihren Speicher schon morgen verlassen.«

»Oh!« sagte die Brocante, »und wie soll ich in so kurzer Zeit ausziehen?«

»Es handelt sich nicht um das Ausziehen; es handelt sich um das Verkaufen oder das Verschenken von Allem dem, was Sie hier haben. Die Wohnung, die man Ihnen durch meine Stimme anbietet, ist neu meublirt. Was den Miethzins betrifft, er ist für ein Jahr bezahlt. Hier ist die Quittung.«

Die Brocante wußte nicht, ob sie träumte oder wachte.

Sie lief auch, hinter Petrus, mit dem Schlüssel in der Hand von der Rue Triperet nach der Rue d’Ulm.

Alles trug sich zu, wie Petrus gesagt hatte; bei Nro. 10 fand die Brocante ein großes Thor, unter dem großen Thore drei Stufen, der Schlüssel drehte sich im Schlosse, die Thüre öffnete sich, und die alte Zigeunerin gelangte in die Wohnung.

Diese Wohnung lag im Erdgeschoße; die Fenster gingen aus einen Garten, der sechs Fuß lang, das heißt von der Größe eines Grabes, war die Person, die ihn anschaute, traurig, von der Größe eines Pomeranzenkastens, war die Person, die ihn anschaute, heiter.

Dieses Erdgeschoß bestand aus vier Piècen und einem reizenden Stübchen im Entresol.

Im Vergleiche mit dem Speicher, den die Brocante bewohnte, war das, wie man sieht, ein Palast.

Die vier Piècen im Erdgeschoße waren ein Vorzimmer, ein kleines Speisezimmer, ein Schlafzimmer für die Alte, ein Cabinet für Babolin.

Es versteht sich von selbst, daß das Stübchen vom Entresol für Rose-de-Noël war.

Das Vorzimmer war von oben bis unten, den Plafond mitbegriffen, mit einem weiß und blauen Zwillich ausgeschlagen, mit gewundenen Fransen und Eicheln von rother Wolle; eine am Fenster stehende Jardinière von rohem Holze enthielt einige Winterpflanzen. Vier Rohrstühle bildeten das Ameublement.

Vom Vorzimmer kam man ins Speisezimmer. Das Speisezimmer war in Eichenholz angemalt mit einem Tische von Eichenholz und sechs Stühlen von Eichenholz. Die Vorhänge waren von grünem Merino und kreuzten auf Mousseline-Vorhängen. An den Wänden hingen eine Kuckuksuhr, um die Stunde zu bezeichnen, und sechs ländliche Stiche, um die Augen zu ergötzen. Ein Ofen erwärmte zugleich das Speisezimmer und das Vorzimmer.

Das anstoßende Zimmer war das Schlafzimmer von Brocante. Das war die originelle Pièce der Wohnung: ein wahres Museum, ein naturgeschichtliches und besonders übernaturgeschichtliches Cabinet. Obgleich dieses Zimmer mit geringen Kosten meublirt worden war. so war doch die Verzierung von einem so sehr mit dem der Brocante harmonierenden Geschmacke, daß sie, als sie dasselbe sah, einen Schrei des Erstaunens und der Freude von sich gab.

In der That, an der einen Seite der Wand hingen tausend für jeden Andern unbedeutende, für sie aber kostbare, wundervolle Gegenstände: Retorten im Kreuze und darüber ein mit einem schwarzen Schleier bedeckter Schädel; ein bis zum Schenkelknochen entfleischtes Bein, das mit dem Ende des Fußes diesen Schädel verächtlich zurückzustoßen schien; eine ungeheure Fledermaus mit ausgebreiteten Flügeln, und aus vollem Halse lachend, da sie einen Gliedermann eine Chimäre von Porzellan herausfordern sah; ein großer Hornschröter verziert mit allen Arten von kabbalistischen Figuren, am Plafond hängend und sich im Raume einem Krokodille gegenüber schaukelnd, das ihn, den Rachen weit aussperrend, verschlingen zu wollen schien; ein riesiges Schüppenaß mit einem zwergartigen Ecksteinaß kämpfend; eine ausgestopfte Schlange mit ihren Ringen den Baum der Wissenschaft des Guten und des Bösen umschließend; ein Capuciner von Pappe, die Wetterveränderung anzeigend; eine die Stunde messende Sanduhr; eine ungeheure Trompete, die nur aus die letzte Stunde zu warten schien, um mit ihrem Schalle das jüngste Gericht zu verkündigen; endlich ein ganzes Zauberei-Mobiliar, das heißt die Verkörperung des Traumes, den die Brocante ihr ganzes Leben gemacht hatte, die Welt einer Chiromantistin durch die Einbildungskraft eines Malers verwirklicht.

Für Alles war man besorgt gewesen: die Krähe hatte ihren Thurm in einer Ecke des Zimmers, die Hunde hatten ihr Häuschen in Tonnen.

Ein Bett mit gedrehten Säulen vervollständigte das Ameublement des Zimmers.

Das Cabinet von Babolin war eine kleine Piece mit grauen Tapeten, mit einem sehr weißen, sehr reinlichen, sehr neuen Bette in eichener Bettlade, zwei Stühlen, einem Tische, einem in ihren inneren Theilen einen Schrank bildenden Etagere, welche ungefähr vierzig Bände aus ihrem oberen Theile trug. Was das Stübchen im Entresol, das heißt das Zimmer von Rose-de-Noël betrifft, dieses war ein wahres Meisterwerk, besonders ein Meisterwerk von Einfachheit.

Diese Pièce war so groß wie ein Puppenstube, ganz mit rosa Zitz ausgeschlagen, mit himmelblauen Schnüren und ähnlichen Vorhängen und Meubles. Die Porzellane vom Kamin und die Toilette waren blau, mit Sträußen ähnlich denen des Zitzes; der Teppich war ganz blau.

Das einzige Gemälde dieses Stäbchens war ein großes vergoldetes Medaillon, ein Pastellbild enthaltend: dieses Pastellbild war das Portrait der Fee Carita, so ähnlich, daß es Alle, die sie kannten, einen Schrei des Erstaunens ausstoßen machte. Die Fee hatte ihr Feengewand an, um zu den Abendgesellschaften des Himmels zu gehen.

Verließ man das fantastische Zimmer der Brocante und trat in dieses Stübchen ein, so war man erstaunt und ergötzt, wie wenn man aus den Katakomben heraustretend die Sonne wiedersieht.

Die Brocante kam zurück, wie sie gegangen war, das heißt in hastigem Laufe. Sie theilte die frohe Kunde Rose-de-Noël und Babolin mit, und es wurde beschlossen, nicht am andern Tage, sondern noch an demselben Tage das Haus der Fee zu bewohnen. So nannte man die neue Wohnung.

Man nahm einen Fiacre und legte die Gegenstände darein, von denen man sich nicht trennen wollte. Rose-de-Noël wollte ihren ganzen kleinen Hängeboden mitnehmen; was ihr auch die Brocante von der Eleganz ihres neuen Domicils sagen mochte, sie nahm Alles, was man nehmen konnte, und man ging ab.

Die Verwunderung von Babolin und Rose-de-Noël läßt sich leicht vorstellen: die Freude von dieser ging beinahe bis zur Tollheit, als sie in einem Schranke, den die Brocante nicht gesehen hatte, weil er in die Mauer eingeschlossen war, alle Arten von griechischen und arabischen Schärpen, alle Arten von spanischen Netzen und Gürteln, alle Arten von Halsbändern und Haarnadeln sah.

Das war für Rose-de-Noël, mit ihren malerischen Instincten, der Schatz der Schätze, ein wahrer Versteckwinkel der Tausend und eine Nacht.

Und dieser Teppich, dieser so sanfte, sammetartige Teppich, aus dem sie ganz nach ihrem Gefallen mit ihren hübschen bloßen Füßen würde gehen können!

Man nahm noch an demselben Tage Besitz von dieser Wohnung, und Niemand, nicht einmal die Brocante, bedauerte es, daß man sich von dem Speicher der Rue Triperet trennen mußte.

 

Am andern Tage erhielt man den Besuch von Petrus.

Er kam, um zu sehen, wie sich die Neueingerichteten befinden.

Alle Welt war in einem Jubel, die Hunde in ihren Häuschen und die Krähe aus ihrem Thurme inbegriffen.

Man war indessen nicht ganz ohne Besorgniß über das, was Petrus gegen allen diesen im Namen der Fee Carita gegebenen Wohlstand fordern würde; denn es war am Ende doch wahrscheinlich. Petrus werde etwas fordern.

Petrus verlangte ganz einfach, daß ihm Rose-de-Noël in seinem Atelier stehe, – entweder mit Brocante, oder mit Babolin, oder mit allen Beiden.

Ohne recht zu wissen, was man von ihr forderte, nahm Rose-de-Noël auf der Stelle an.

Die Brocante erbat sich Frist bis zum andern Tage, um sich über das, was sie thun sollte, mit Jemand zu berathen.

Petrus ließ ihr jede Freiheit.

Dieser Jemand, mit dem sich die Brocante zu berathen wünschte, war Salvator.

Hinter Petrus lief auch Babolin weg, um Salvator in der Rue aux Fers aufzutreiben und ihn zu bitten, wenn er einen Augenblick Zeit habe, möge er das Haus der Fee besuchen.

Salvator kam noch an demselben Tage.

Seine Ansicht war, sie könne ganz wohl Petrus die Gunst bewilligen, die er verlangte.

Rose-de-Noël hatte immer Salvator eine seine, distinguirte Natur geschienen; es lag eine Art von Kunstinstinct in diesem Gefühle des Pittoresken, das sie bei jedem Anlasse entwickelte.

Sie konnte nur dabei gewinnen, wenn sie mit den Elite-Organisationen, die man Petrus, Jean Robert, Ludovic und Justin nannte, das heißt mit der Malerei, der Poesie, der Wissenschaft und der Musik in Berührung gebracht wurde.

Was die Art betrifft, wie man sich benehmen würde, so könnte die Brocante ruhig sein: Rose-de-Noël sollte als Schwester behandelt werden.

Salvator forderte daher die Brocante auf, nicht zu warten, bis sich Petrus die Mühe nähme, wieder zu kommen, sondern zuerst zu ihm zu gehen.

Am andern Tage, um zehn Uhr, klopften das Kind und die Alte an die Thüre von Petrus.

Als die Thüre offen war, und sie dieses wundervolle Atelier erblickte, da gab Rose-de-Noël ganz andere Ausrufungen des Erstaunens und der Freude von sich als die, welche sie, das Zimmer der Brocante und das ihrige erschauend, von sich gegeben hatte.

Einmal aus allen Seiten und unter allen Trachten das Portrait der Fee Carita; sodann tausend Gegenstände, von denen sie nicht nur den Gebrauch, sondern auch die Namen nicht wußte.

Man mußte ihr sagen, wie jedes Ding hieß und wozu es diente.

Sie schien indessen das Klavier zu erkennen; ihre Finger setzten sich auf die Tasten; sie entlockte ihm einige Accorde, welche bewiesen, daß sie einst die ersten Elemente der Musik studiert hatte.

Doch beinahe in demselben Augenblicke schloß sie, wie erschreckt durch eine entsetzliche Erinnerung, das Klavier wieder und entfernte sich von demselben.

Dann wollte sie Petrus arbeiten sehen.

Petrus arbeitete.

Das Kind stieß Schreie freudigen Erstaunens aus, als es die Gegenstände sah, welche es Petrus unter seinen Pinsel zu reproduzieren beliebte.

Der Künstler erklärte ihr sodann deutlicher, was er von ihr wünschte.

Petrus würde nicht ihr Portrait von ihr verlangt haben, hätte Rose-de-Noël ihn nicht gebeten, es zu machen.

Alles war also schnell verabredet.

Noch an demselben Tage sollte Rose-de-Noël stehen; am andern Tage und an den folgenden Tagen würde sie Petrus im Wagen holen und zurückführen lassen, und Rose-de-Noël sollte entweder mit der Brocante oder mit Babolin kommen.

Noch an demselben Tage erneuerte sie ihre Bekanntschaft mit Jean Robert und mit Justin. – Sie hatte sie, wie man sich erinnert, am Tage der Katastrophe bei der Brocante gesehen.

Am folgenden Tage kam die Reihe an Ludovic.

Ludovic untersuchte, aus die Bitte von Salvator, Rose-de-Noël mit der größten Aufmerksamkeit.

Ihre Glieder waren zart, schwach, doch kein Organ war bedroht. Ludovic gab ein diätetisches Verfahren an, nach welchem Salvator der Brocante sich zu richten befahl.

Nach acht Tagen kannte Rose-de-Noël unter der Leitung von Justin alle Noten und fing an aus dem Klavier leichtere Melodien zu spielen.

Sie hatte allerdings bei der Musik mehr das Ansehen, sie erinnere sich, als sie lerne.

Ueberdies wußte sie einige von den schönsten Versen von Lamartine und von Victor Hugo auswendig, welche sie Jean Robert gelehrt hatte, und die sie erstaunlich richtig und ausdrucksvoll recitirte.

Endlich ließ sie sich von Petrus alle Augenblicke das Versprechen geben, er werde sie malen lehren.

An dem Tage, wo wir sie im Atelier haben stehen sehen, war Rose-de-Noël bei ihrer zehnten Sitzung.

Salvator kam fast alle Tage. Der Zufall wollte, daß er an diesem Tage zum ersten Male mit seinem Hunde kam: Petrus hatte ihn gebeten, Roland mitzubringen, um einen leeren Winkel seines Bildes von Mignon auszufüllen.

Man hat gesehen, was auf das Zusammentreffen von Roland und Rose-de-Noël erfolgt ist.

Am Tage nachher, gegen acht Uhr Morgens, in dem Augenblicke, wo Rose-de-Noël aufgestanden war, klopfte man dreimal an die Thüre, und Babolin, der den Auftrag hatte, die Besuche einzuführen, der Jüngste und der Nächste bei der Eingangsthüre, Babolin öffnete diese Thüre.

Man hörte sogleich die Worte:

»Ah! es ist unser guter Freund, Herr Salvator!«

Der Name Salvator wirkte magisch im Hause. Er wurde auf der Stelle mit einer freudigen Betonung von der Brocante und von Rose-de-Noël wiederholt.

»Ja, Schlingel, ich bin es,« antwortete Salvator.

Salvator trat ein, und Rose-de-Noël sprang ihm an den Hals.

»Guten Morgen, mein Freund,« sagte sie.

»Guten Morgen, mein Kind,« erwiderte Salvator, während er aufmerksam schaute, ob Rose-de-Noël die rosigen Töne ihrer Wangen einer Rückkehr guter Gesundheit oder der Gegenwart des Fiebers verdankte.

»Und Brasil?« fragte das Mädchen.

»Brasil ist diesen Morgen müde; er ist die ganze Nacht gelaufen. Ich werde ihn an einem andern Tage bringen.«

»Guten Morgen, Herr Salvator,« sagte die Brocante, die bemerkt hatte, daß ein Spiegel in ihrem Zimmer war, und es seit einigen Tagen für schicklich erachtete, sich zu kämmen. »Ei! welcher gute Wind verschafft uns das Vergnügen Ihres Besuches?«

»Ich werde es Dir sogleich sagen,« antwortete Salvator.

»Vor Allem aber, wie befindest Du Dich in Deiner neuen Behausung. Brocante?«

»Wie in einem wahren Paradiese, Herr Salvator.«

»Nur mit der Ausnahme, daß sie vom Teufel bewohnt wird. Nun, das ist eine Rechnung, welche Du mit Gott abzumachen hast. Ich mische mich nicht darein. – Und Du, Rose-de-Noël. wie gefällt es Dir hier?«

»So gut. daß ich nicht glauben kann, ich sei hier, obgleich es mir scheint, ich sei immer hier gewesen.«

»Also wünschst Du nichts?«

»Nein, Herr Salvator. nichts als Ihr Glück und das der Prinzessin Regina.« erwiderte Rose-de-Noël.

»Ach! mein Kind/’ sagte Salvator, »ich befürchte, Gott gewährt Dir nur die Hälfte Deines Wunsches.«

»Es ist Ihnen kein Unglück widerfahren?« fragte das Kind mit Besorgniß.

»Nein, ich bin die lächelnde, freudige Seite Deines Wunsches.«

»Dann ist die Prinzessin unglücklich?« fragte Rose-de-Noël.

»Ich befürchte es.«

»Ach! mein Gott!« rief Rose-de-Noël, Thränen in den Augen.

»Bah!« sagte Babolin. »da sie Fee ist, so wird das nicht lange dauern.«

»Wie kann man mit zweimal hunderttausend Livres Einkommen unglücklich sein?« fragte die Brocante.

»Nicht wahr. Du begreifst das nicht, Brocante?«

»Ah! bei meiner Treue, nein,« erwiderte diese.

»Sprich, Mutter, eine Idee!« rief Babolin.

»Welche?«

»Ist die Fee Carita unglücklich, so wünscht sie etwas, was nicht geschieht.«

»Das ist wahrscheinlich.«

»Nun wohl, so bringe für sie Dein großes glückliches Gelingen zu Stande.«

»Sehr gern; wir sind ihr das wohl schuldig. Rose, gib mir das Zauberspiel.«

Rose machte eine Bewegung, um zu gehorchen.

Salvator hielt sie zurück.

»Später,« sagte er; »ich bin wegen einer ganz andern Sache gekommen.«

Sodann sich gegen die Alte umwendend:

»Holla! Brocante, wir zwei haben es miteinander zu thun.«

»Was gibt es, Herr Salvator?« fragte die Zigeunerin mit einer gewissen Unruhe, von welcher sie nie ganz frei zu sein schien, und die wohl ihre Quelle in den Verordnungen der Polizei über die modernen Hexen haben konnte.

»Erinnerst Du Dich der Nacht vom Faschingsdienstag aus den Aschermittwoch?«

»Ja, Herr Salvator.«

»Du erinnerst Dich meines Besuches Morgens um sieben Uhr?«

»Vollkommen.«

»Erinnerst Du Dich dessen, was diesem Besuche vorhergegangen ist?«

»Vor Ihrer Ankunft hatte ich Babolin zum Schulmeister des Faubourg Saint-Jacques geschickt.«

»So ist es; laß nun hören, – rufe alle Deine Erinnerungen zurück, – warum hattest Du Babolin zum Schulmeister geschickt?«

»Um ihm einen Brief bringen zu lassen, den ich in einer Gosse der Place Maubert gefunden hatte.«

»Bist Du dessen, was Du sagst, ganz sicher?«

»Ganz sicher, Herr Salvator!«

»Stille! Du lügst . . . «

»Ich schwöre, Herr Salvator . . . «

»Du lügst, sage ich Dir! Du hast mir selbst gesagt, doch Du erinnerst Dich dessen nicht mehr, dieser Brief sei aus dem Schlage eines vorüberfahrenden Wagens geworfen worden.«

»Ah! das ist wahr, Herr Salvator, doch ich glaubte nicht, daß dies von einiger Bedeutung sei.«

»Der Brief hat an die Mauer geschlagen und ist an den Weichstein gefallen, wo Deine Laterne stand. Du hast das Geräusch gehört, das etwas machte, was an der Mauer zerbrach: Du hast die Laterne genommen und gesucht,«

»Sie waren also da, Herr Salvator?«

»Du weißt, daß ich immer da bin . . . Wenn dieser Brief an die Mauer schlagend ein Geräusch machte, das Du hören konntest, so mußte nothwendig etwas im Briefe sein.«

»Im Briefe?« wiederholte die Brocante, welche zu sehen anfing, worauf das Verhör abzielte.

»Ja, ich frage Dich, was darin war.«

»Es war in der That etwas darin,« antwortete die Brocante. »doch ich erinnere mich nicht mehr, was.«

»Gut! . . . Unglücklicher Weise erinnere ich mich; es war eine Uhr darin.«

»Das ist wahr, Herr Salvator; ein ganz kleines Uehrchen; doch so klein, so klein . . . «

»Ja, daß Du es vergessen hattest . . . Was hast Du mit dieser Uhr gemacht? Sprich!«

»Was ich damit gemacht habe? Ich weiß es nicht,« antwortete die Brocante, indem sie an Rose-de-Noël vorüberging, als wollte sie vor Salvator den Anblick der Kette verbergen, welche den Hals des Kindes umschlang.

Salvator nahm die Alte bei der Hand und ließ sie Rechtsumkehrt machen.

»Geh von hier weg,« sagte er. »Was hat denn Rose-de-Noël um den Hals?«

»Herr Salvator.« antwortete zögernd die Brocante, »es ist . . . «

»Es ist,« rief das Kind, indem es die Uhr aus seiner Brust zog, »es ist die Uhr, die in dem Briefe war.«

Und sie reichte die Uhr Salvator. »Willst Du sie mir geben?« fragte der junge Mann.

»Sie wollen sagen: Ihnen zurückgeben, mein guter Freund; da sie nicht mir gehörte, so konnte ich sie nur so lange behalten, als man sie nicht zurückforderte. Hier, Herr Salvator,« fügte das Mädchen mit einer Thräne in den Augen bei, denn im Grunde war es doch eine Pein für sie, daß sie sich von dem reizenden Juwel trennen sollte; »ich bin sehr sorgfältig damit umgegangen.«

»Ich danke, Kleine! Ich muß Dir diese Uhr wieder nehmen aus Gründen, die nur mir bekannt sind . . . .«

»Oh! ich frage Sie nicht danach,« unterbrach Rose-de-Noël.

»Diese Uhr ist aber wenigstens sechzig Franken werth!« rief die Brocante; »und da ich sie gefunden habe . . . «

»Ich gebe Rose-de-Noël eine andere; und sie wird Dir eben so lieb sein, als diese, nicht wahr, mein Kind?«

»Oh! viel lieber, Herr Salvator, da Sie sie mir gegeben haben.«

»Ueberdies sind hier fünf Louisd’or, mit denen Du ihr ein Halbsommerkleid kaufen wirst, Brocante. Am ersten schönen Tage werde ich sie zum Spaziergange abholen: das Kind bedarf der Luft.«

»Oh! ja! oh! ja!« rief Rose-de-Noël springend und in die Hände klatschend.

Die Brocante brummte; Salvator schaute sie aber fest an, und sie schwieg.

Im Besitze der Uhr, die er hatte haben wollen, machte Salvator einen Schritt, um wegzugehen; da hing sich Rose-de-Noël an ihn an.

»Nein, nein,« rief Babolin, eifersüchtig auf seine Functionen, »es ist an mir, Herrn Salvator zurückzuführen.«

»Tritt mir den Platz für diesmal ab!« sagte Rose-de-Noël.

»Ah!« erwiderte Babolin. »und ich?«

Salvator drückte ihm ein Geldstück in die Hand.

 

»Du, bleib’ hier!« sagte er.

Er begriff, daß ihm Rose-de-Noël etwas allein zu sagen hatte.

»Komm!« sprach er.

Und er nahm das Kind mit sich.

Als sie Beide im Vorzimmer waren, sprang ihm Rose-de-Noël an den Hais und küßte ihn.

»Oh! Herr Salvator,« sagte sie, »wie gut sind Sie, und wie liebe ich Sie!«

Salvator schaute sie an und lächelte.

»Hattest Du mir nichts Anderes zu sagen, Rosette?« fragte er.

»Nein,« antwortete das Kind, indem es Salvator ganz erstaunt anschaute, »ich wollte Sie nur küssen.«

Salvator küßte sie ebenfalls und lächelte zum zweiten Male; nur lag in diesem zweiten Lächeln eine höchste Glückseligkeit: diese Zärtlichkeit des Kindes brachte aus das verhärtete Herz des Mannes die Wirkung der ersten Sonnenstrahlen aus die erstarrte Erde hervor.

Er streichelte sanft mit seiner Hand die braune Wange von Rose-de-Noël.

»Ich danke Dir, Kleine, Du weißt nicht, wie wohl Du mir gethan hast!«

Dann blieb er stehen und schaute sie an: es kam ihm der Gedanke, er sollte diesen Augenblick benutzen, um sie zu fragen, ob sie keinen Bruder gehabt habe. Doch nach einer Secunde der Ueberlegung sagte er sich:

»Oh! nein, sie ist jetzt zu glücklich . . . Wir werden später sehen . . . «

Und nachdem er sie zum letzten Male geküßt hatte, ging er ab.

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