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Gabriele

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»– Ach! Du hast ihn gesehen wie ich, Elénore, er war da! . . . er war wieder gekommen! ich sah ihn bei mir, ich fand ihn in allen Salons; er theilte alle meine Freuden . . . er schien die Aufmerksamkeiten des Prinzen zu beobachten . . . sie schienen ihn zu beleidigen . . . Er liebt mich also noch, weil er eifersüchtig ist! . . . Ich brauche ihn nur zu überzeugen, daß seine Eifersucht das einzige Ziel war, das ich zu erreichen strebte; daß, wenn meine Thorheit einem Anderen Hoffnungen gegeben hat, ich es nicht wollte, ich dieselben nicht erfüllen kann, denn ich habe nie Jemand geliebt, werde nie Jemand lieben, als ihn.«

»Bei diesen Worten, die sie mir sagte, um einen Anderen zu überzeugen, denn alle diese Worte waren vor ihm und für ihn gesagt, zu mir, der sie alle Hoffnungen raubten, alle Täuschungen zerstörten, konnte ich nicht umhin, unwillkürlich auszurufen: »Ach! warum hattest Du mir dies nicht gesagt? warum spieltest Du auch mit dem Glücke Deiner Freundin?«

»Ich kann Dir nicht sagen, Gabriele, welche Wirkung diese Worte, die der erste bittere Schmerz meinem Herzen entriß, hervorbrachten . . . O! ich hatte mich also doch nicht getauscht! nein! sie war wirklich, die Freude, die aus Yves Augen strahlte! Es war ein Ausdruck des Glückes, eine unwillkürliche Bewegung von Freude, in der er, lebhaft sich mir nähernd und meine Hand ergreifend, antwortete:

»– Wäre es wahr? Sie hätten mich verstanden? Sie theilten meine Liebe?«

»Welches Glück!« rief Gabriele, Elénoren entzückt umarmend; »Dich liebt er! . . . Ach! das ist recht von ihm, er ist ein braver Mann. Und Du kannst ihn, sobald Ihr verheirathet seid, meiner Freundschaft versichern . . . Denn ich wette jetzt, daß alle Hindernisse von dieser Frau kommen werden, die ich verabscheue, weil sie Dir Kummer gemacht hat! Aber wir müssen sie besiegen! Ich werde Dir beistehen, ich habe ein Recht dazu, ich bin Deine Freundin; liebt man Jemanden aus anderen Gründen, als um ihn glücklich zu sehen? und Du vor allen Anderen sollst und mußt es sein,«

Elénore lächelte traurig über die kindliche Lebhaftigkeit der guten Gabriele und fuhr fort:

»Dir zu beschreiben, meine liebe Freundin, was das schon so lange und tief verwundete Herz dieser Frau bei diesem neuen unerwarteten Unglück empfand, wäre unmöglich. Wenn ich es nach dem Schmerz beurtheile, der auf ihrem Gesichte, dem treuen Abdrucke ihrer Seele, sich zeigte, so mußte dieselbe so unaussprechlich leiden, daß ich mich des tiefsten Mitleids nicht erwehren konnte; aber ihr Schmerz äußerte sich nicht mehr durch Worte. Sie, die, als ihre Liebe noch hoffte, so viele leidenschaftliche Worte gefunden hatte, war stumm in der Verzweiflung, wo die Worte ihr machtlos schienen, ihre Gedanken auszudrücken. Eine unaussprechliche Geberde, die mit nichts zu vergleichen ist, war allein die stumme Frage an den, vor dem Rosa jetzt zu zittern schien.

»So ist es denn wahr, daß Du mich nicht mehr liebst!« schien diese stumme, doch vielsagende Geberde gebieterisch zu fragen.

Yves antwortete nach einigem Zögern sanft:

»– Mein Leben . . . seit langer Zeit so zerstreut . . . bot mir nichts, was dem sanften und zarten Eindruck gleich kam, den der Anblick Ihrer Freundin auf mich machte . . . Sie selbst zogen mich zu ihr . . . und, ohne Pläne ohne Hoffnungen überließ ich mich dem allmächtigen Reize der Unschuld und Schönheit, das ist Alles!«

»Rosa wollte reden, wollte nach den Ursachen der Eifersucht, die sie in ihrem Irrthum bestärkt hatte, fragen; wenigstens schien es mir so, und auch er legte einige inarticulirte Worte, die ihren bleichen zitternden Lippen entschlüpften, so aus, denn er sagte:

»– Es war so viel Gekünsteltes . . . Verzeihen Sie mir, daß ich hier noch ein Mal die ganze Wahrheit wiederhole,« sagte er, sich unterbrechend. In diesem Augenblicke schien Wes eben so sehr zu fürchten, Rosa zu beleidigen, als er einige Augenblicke vorher sie reizen zu wollen geschienen hatte; der Ton seiner Stimme war anmuthig und achtungsvoll . . . die Liebe, die er nicht mehr theilte, flößte ihm eben so viel Mitleid und Theilnahme ein, als die Coquetterie und Treulosigkeit, die er geargwöhnt hatte, seine Geringschätzung und Verachtung erregt hatten . . . In der Wahrheit von Rosa's Leidenschaft lag etwas Imponirendes . . .

»– Ja, Madame,« fuhr er in demselben sanften guten Tone fort . . . »ich sah —, ich glaubte zu sehen . . . so viel Künstelei darin, daß Sie mich ohne Mitleid zu einer lächerlichen Rolle verdammten; daß Sie mich wieder an sich zogen . . . um mich zum Zeugen zu machen . . . von Ihrer . . . Neigung . . . zu einem Anderen . . . ich glaubte . . . verzeihen Sie . . .« Und er zögerte bei jedem Worte, fürchtend, sie zu beleidigen und zu betrüben.

»– Ich glaubte,« sagte er, »daß die Vorwürfe wegen meiner Unbeständigkeit . . . die Sie mir machten . . . endlich aufhören würden, wenn es mir gelänge, Ihnen die Ihrige zu beweisen. Gestehen Sie, daß es einen Augenblick gab, wo ich meine Aufmerksamkeit belohnt glauben mußte . . . wo ich Recht zu haben glauben konnte . . . und lassen Sie uns gegenseitig vergeben und vergessen, Madame, was bei allem Diesem unsere Herzen verletzt hat. Ich verlasse das Schloß in diesem Augenblicke . . . Wir werden einander wahrscheinlich nie wieder sehen . . . unser Wiedersehen würde weder angenehm für Sie . . .«

»Sein Blick suchte mich, dann verneigte er sich tief . . . und ging . . . Ich habe ihn nicht mehr gesehen.«

»Wie?« fragte Gabriele lebhaft.

»Rosa fiel besinnungslos zu meinen Füßen und bekam ein hitziges Fieber, in welchem sie mehrere Tage in Lebensgefahr war; die Feste unterblieben, die Gäste verließen das Schloß, In der Welt, heißt es, wurde viel von dieser Unglücksnacht, doch nur geheimnißvoll, gesprochen; aber der Bosheit entgeht nichts. Da man von dem, was geheim gehalten wird, die Umstände nicht genau weiß, setzt sie Jeder nach seiner Ansicht zusammen und man macht aus der Erzählung eines geheimen Unglückes tausend öffentliche Geschichten, deren Eine noch unsinniger ist als die Andere,

»Sobald indessen das Fieber Rosa verlassen hatte und sie die umgebenden Gegenstände erkannte, sah sie mich so leidend und zornig an und der Schmerz, den mein Anblick ihr zu machen schien, nahm mit ihrer Genesung so zu, daß ich ihr den Wunsch aussprach, sie zu verlassen. Sie ging so schnell in diesen Wunsch ein, benachrichtigte Herrn Simon so bald von meiner Absicht, für eine Zeit lang in dieses Haus zurückzukehren und zeigte so viel Eifer, mir die Mittel dazu zu erleichtern, daß ich mich hier befand, ehe ich nur hatte darüber nachdenken können und daß ich Schmerzen und Kummer mit hierher brachte, die die Einsamkeit sehr schwer zu ertragen machen.«

»Und seit drei Monaten, Elénore,« sagte Gabriele teilnehmend, »hast Du nichts von ihm zu erfahren gesucht? Hast Du Deine Leiden Niemand anvertraut? Hast Du nicht Herrn Simon um Rath gefragt?«

»Ach!« entgegnete Elénore, »was konnte ich thun? Hatte der, um den ich weine, nicht erfahren, daß ich ihn liebte? Weiß er nicht, daß ich frei bin? Konnte er mich nicht aufsuchen, wenn er mich wahrhaft liebte? Ach! ich weiß genug von der Welt, um mein ganzes Unglück zu kennen! Die Männer fragen wenig nach unserm Geschick; wenn sie heiraten, geschieht es um Vermögen, um einer Stellung, um tausenderlei, wobei die Frau, die sie heiraten, Nebensache ist.«

»Daran sind vielleicht die Frauen schuld,« sagte Gabriele lächelnd.

Elénore fuhr, ohne ihr zu antworten, fort::

»Rosa machte, sobald ihre Gesundheit es ihr erlaubte, eine Reise; aber heute habe ich erfahren, daß sie zurückgekehrt ist.

»Heute?« rief Gabriele; »Du hast sie gesehen?«

»Ich habe sie gesehen, aber sie hat mich nicht zu sehen verlangt,« antwortete Elénore traurig.

»Sie ist also hierher gekommen?« fragte Gabriele.

»Ich hätte ihr begegnen können, hätte sie nicht eine Reise gemacht, würde ich sie vielleicht schon kennen. O! Ich fühle, daß ich diese Frau nicht lieben werde! Aber dennoch, Elénore, verlange ich, daß Du sie nicht anders als in meiner Gegenwart wieder siehst. Ich kann Dir besser rathen, als Du vielleicht glaubst. Es gibt Vieles, was mir ganz unbekannt ist, aber gerade meine Unwissenheit läßt mich die Sachen in anderem und vielleicht richtigerem Lichte sehen, als Du sie siehst. Und ich bin überzeugt, daß mir alsdann Gedanken und Pläne einfallen, die Dir nicht in den Sinn gekommen wären.«

«Ach!« entgegnete Elénore, »auch Dich, auch Deine Hoffnungen wird die Welt täuschen; sie ist so ganz anders, als man sie sich dachte! Sie bietet so viel geheime Leiden, so viel fehlgeschlagene Hoffnungen und wie viel seltener bietet sie Freude als Schmerz!«

»Ach!« sagte Gabriele nachdenkend, . . . und Alles, was Du mir jetzt mitgetheilt hast, wolltest Du mir verheimlichen?«

»Ja, vielleicht war es Unrecht von mir,« erwiderte Elénore, »so die Kenntniß des Bösen, des Unrechts und des Unglücks in Dein so reines Gemüth zu werfen.«

»Elénore!« sagte Gabriele ernsthaft, »wenn es mir beschieden gewesen wäre, in Arnouville mit meinen Blumen und meines Vögeln immer zu leben, dann wäre es mir vielleicht besser gewesen, von diesem Allem nie etwas zu erfahren. Die Bekanntschaft mit dem Unrecht und dem Kummer ist ein Weh für das Herz. Höre mich! ich weiß nichts, habe nichts gelernt, nichts gesehen, aber ich habe schon oft gedacht, daß unsere Seele einen Instinkt haben müsse, der sie vor jeder Gefahr warnt, wie es einen Instinkt gibt, der uns veranlaßt, was uns verletzen kann, mechanisch zu vermeiden und dem Stoße, der uns bedroht, auszuweichen . . . Ich fürchte wirklich, daß alle Erfahrungen, die man in der Welt macht, nur dazu dienen, dieses Licht der Seele, das der Himmel in uns entzündet hat, um unsern Weg zu erhellen, auszulöschen, oder wenigstens zu schwachen! . . . Als ich hierher kam, Elénore, begleitete ich eines Tages mit meiner Stimme den Tanz der jungen Pensionärinnen und der Gesanglehrer hörte mir überrascht zu; er kam zu mir und sprach zu mir von Schwierigkeiten, Vorzeichnungen, Intervallen, Tonleitern, Methoden und Etüden, was weiß ich? Ich verstand nicht ein Wort davon und dennoch konnte keine seiner Schülerinnen mit aller Mühe und Anstrengung seine Töne nachahmen, wie es mir unwillkürlich, und ohne Uebung gelang; der Lehrer hatte alle Töne meiner Stimme leichter benennen als den Anderen beibringen können; er machte die Musik zur Wissenschaft und konnte nicht singen. Nun wohl! meine liebe Freundin, so glaublich, ist es auch in der Welt mit allen unseren guten Eindrücken. Man hat ihnen Namen gegeben, es sind Tugenden, Eigenschaften; man lehrt sie und vielleicht kommt es daher, daß man sie nicht begreift. Man sagt, daß Muth und Mühe dazu gehört, sie sich anzueignen und vielleicht müßte man nur dem Platze, den sie von Natur im Herzen einnehmen, nichts Böses und Unnützes aufdrängen.

 

»Warum hat diese junge Frau, diese Rosa, die ich durchaus nicht begreife, einen Greis geheirathet, den sie nicht lieben konnte? Mit einem Mann», der ihr gefiel, würde sie vernünftig und glücklich gewesen sein! . . . Warum lief sie zu Festen, zu Gefahren der Liebe, vor denen man sich hüten muß? Warum . . . aber ich würde nicht fertig werden, wenn ich die Erklärung alles Dessen, was Du mir Unerklärliches erzählt hast, von Dir verlangen wollte . . . Weißt Du, was ich gesehen habe, auf dem Lande, fern von dem Gewühl der Städte, wo ich bis jetzt lebte? Arme Bauern . . . rohe Naturkinder! Wenn ich gegen Abend zu einem unserer Pächter kam, blieb ich oft auf der Schwelle ihrer Hütte stehen; da sah ich eine Frau die häuslichen Arbeiten leiten, ein Häufchen Kinder beaufsichtigen, Einige unterrichten, Andere beschäftigen, die Kleinen belustigen; dann kamen die Größten mit dem Vater von der Arbeit, die sie zwar mit Mühe, aber gern verrichtet hatten, weil sie alle gewöhnt waren, die Anstrengung mit Freude, den Kummer mit Ergebung und Verluste mit Muth zu ertragen; und sie hatten das in keinem Buche, sondern in ihrem Herzen und der Natur gelernt.

»Ach! Du solltest die Freude einer solchen armen Familie sehen, wenn der Abend sie nach den Arbeiten und Mühen so versammelt! Wie liebt der Mann diese einfache Gefährtin in ihrem groben wollenen Kleide! Welches Glück liegt in der Zärtlichkeit, die ein so thätiges und nützliches Leben würzt! Warum sollte die Frau mit weißen Händen, zierlicher Sprache und eleganter Toilette, nicht auch diese unschuldigen Freuden des Lebens genießen können? Laß, Elénore, Deine ungebildete, der Welt fremde Freundin für sich und für Dich eine Zukunft gründen, auf welche die Welt keinen andern Einfluß haben soll, als den, unsere Freuden zu erhöhen.«

»Wie vertrauungsvoll Du bist!« antwortete Elénore lächelnd; »Du glaubst noch, daß man glücklich werden kann.«

»Warum nicht?« sagte Gabriele heiter.

Aber in dem Augenblicke, wo sie fortfahren wollte, wurden sie in's Haus gerufen. Es war schon ganz Nacht geworden, sie mußten hineingehen.

Vor der Nonne, die sie zu rufen kam, hörten die Herzensergießungen auf; die jungen Mädchen schwiegen, aber es lag eine unendliche Zärtlichkeit in der Verschränkung ihrer Hände und dem Drucke derselben, als sie bei der Trennung einander zuflüsterten: »Auf morgen!«

Gabriele kam in ihr einsames Zimmer noch ganz bewegt von der Folgerecht von neuen Gedanken, die sich ihrem Geiste an diesem einen Abende dargeboten hatten . . . Sie dachte an Elénorens Unglück, an die Mittel, demselben abzuhelfen; an die Möglichkeit, durch ihr großes Vermögen und Herrn Simons Rath vielleicht die Zukunft ihrer Freundin heiter zu gestalten. Dann mischte sich in alle Pläne, die sie für Elénorens Verheirathung machte, eine kindliche Freude, die ihr die Zeit vormalte, wo sie Beide verheirathet sein würden, wo sie die Frau Yves von Mauléon, dieses schönen, obgleich ein wenig moquanten jungen Mannes sein würde.

Und Gabriele, die sich wie gewöhnlich zu Bett gelegt hatte, schloß die Augen wie gewöhnlich, schlief aber nicht, wie gewöhnlich; erst nachdem sie Alles, was sie heute erlebt und Neues erfahren hatte, nochmals ihrem Geiste zurückgerufen hatte, schlief sie ein. Doch war ihr Schlaf nicht ruhig und tief, wie immer. Ein Traum versetzte sie in den dunkeln Winkel des Gartens und wiederholte ihr die gehörte Erzählung, die gehoffte Liebe Elénorens, die getauschte Liebe Rosa's . . . Und plötzlich vertauschte der launenhafte Traum das an ihrem Herzen ruhende sanfte Gesicht Elénorens gegen das edle Gesicht Yves von Mauléon, Er redete zu ihr, seinen Worten horchte Gabriele. Mit ihm tauschte sie Lächeln und Thräne; sein Arm umfaßte ihre Gestalt und sie stützte sanft ihren Kopf auf den Kopf dessen, den sie liebte . . . Aber der Traum war kurz, denn bei dieser Vorstellung klopfte Gabrielens Herz so heftig, daß sie erwachte.

Es war der erste Liebestraum Gabrielens.

Da erinnerte sie sich an Alles, was ihr Elénore von den Leidenschaften, den Vergehen und den Schmerzen einer beneideten und glänzenden Frau erzählt hatte; sie dachte auch an die einfachen Dorfbewohner, an den Ausdruck von Ruhe und heiterem Frieden auf dem Gesichte der Frau. Und der Schlummer schloß von Neuem ihre Augen, ein neuer Traum versetzte sie nach einer reichen ländlichen Besitzung, fern von der Stadt . . . eine Frau sah sie, die durch Arbeit und Wohlthun Glück um sich her verbreitete; Kinder,.die sie umringten und mit Liebkosungen bedeckten, und diese Frau war sie! . . . die für sie wachte und zur Belohnung nur ein Lächeln der Liebe und Billigung auf dem Gesichte dessen, den sie liebte, suchend, und wieder zeigte der Traum ihr das anmuthige Gesicht Yves von Mauléon, dessen Lächeln voll Liebe und Freude jetzt nichts Spöttisches mehr hatte.

Den anderen Morgen setzte Gabriele wachend die Träume der Nacht fort . . . und in dieser Geistesstimmung ging sie dem Zeitpunkte ihrer Verheirathung mit Yves entgegen.

Fünftes Kapitel
Der Hochzeitstag

»Ja, heute ist es!« wiederholte der Notar der Marquise von Fontenoy-Mareuil seinem alten Freunde Simon, »Während Ihrer vierzehntägigen Reise ist Alles abgemacht worden; es war auch übrigens leicht vorauszusehen, daß, da die Marquise so sehr wünschte, ihren Enkel als Millionair und Madame Rémond ihre Tochter als Herzogin zu sehen, man die Heirath in möglichst kurzer Zeit abschließen würde.«

Dieser Notar war übrigens seit langer Zeit der Freund und gezwungenerweise auch Vertraute Simon's gewesen. Er war ein zuverlässiger Mann, den seine Geschäfte gegen Alles, was von der Regel abwich, unzugänglich gemacht hatten; er behandelte Alles nach Rechtsformen; er betrachtete also seinen Freund Simon gewissermaßen als einen Narren: seine Empfindlichkeiten erschienen ihm als organische Schwächen, seine großmüthigen Handlungen als Sonderbarkeiten und seine Reue und Gewissensbisse als eine Krankheit; aber schon seit zwanzig Jahren bestand diese zur Gewohnheit gewordene Freundschaft der beiden Männer, und wie viele Freundschaften mag es geben, die auf noch unhaltbarerem Grunde beruhen!

»Diese Reise war nothwendig,« entgegnete Simon; »sie betraf Elénore, das liebe Kind, deren Glück jetzt der einzige Zweck meines Lebens ist.«

»Und ich fürchte,« sagte der Notar, »daß Sie es nicht besonders klug anfangen, dasselbe zu sichern.«

»O Himmel, was sagen Sie?« rief der arme Greis höchst beunruhigt.

»Ja,« erwiderte sein Freund, »warum überschreiten Sie die gewöhnlichen Lebensnormen? Wozu dieses Geheimniß? Ist sie nicht Ihre Tochter? Waren Sie, nicht mit ihrer Mutter gesetzlich verbunden? Und dieser Einfall, sie wie eine Unbekannte zu erziehen, ihr den Namen ihres Vaters zu verheimlichen, ist eine Sonderbarkeit, die zu nichts Gutem führen kann. Nein mein Freund, es ist schon schwer genug, in dieser, Welt, wie sie nun einmal ist, glücklich ein gewünschtes Ziel auf gebahntem Wege zu erreichen. Deshalb muß man nicht unbekannte Wege einschlagen, wo einem Hindernisse aufstoße können, die sich schwer beseitigen lassen.«

»O! sagen Sie das nicht, mein Freund; ich würde zu unglücklich sein,« erwiderte Simon, »wenn ich nicht die Meinung der großen Menge berücksichtigt hätte; ich folgte meinem Herzen, dem Herzen eines Vaters; ich trennte das Geschick eines unschuldigen Kindes von dem«

Der Notar sah, daß seine Worte eine schmerzliche Empfindung herbeigeführt hatten; er suchte die Wirkung derselben zu schwächen und unterbrach sich mit folgenden Worten:

»Sie müssen Ihre Tochter verheirathen, . . . müssen sie gut verheirathen; . . . ihr Vermögen hat jetzt wiederum einen bedeutenden Zuwachs durch die Erbschaft erhalten, die Sie für sie in Empfang genommen haben; sie ist jetzt eine sehr gute Partie und ich werde Ihnen Jemand vorschlagen, der sie glücklich machen wird.«

»Was verdanke ich Ihnen nicht schon Alles?« sagte der Vater, dem, der ihm Glück für seine Tochter verhieß, innig die Hand drückend . . . »Es ist mir, als habe der Himmel mir dieses Kind zum Tröste gegeben; . . . wenn ich zu viel leide, wenn die Erinnerung an die Vergangenheit mein Herz zerreißt, so zertheilt Elénoren's Lächeln die Wolken, und wenn sie glücklich wird, werde ich glauben, daß der Himmel das Gute, welches ich mich bestrebte zu thun, mir vergelten will. . . Ja, mein Freund, Ihr Erstaunen soll mich nicht verhindern die Wahrheit zu sagen, wie sie ist. . . Wenn ich mich bemühte, Gutes zu thun, . . . ein vielleicht nie ungeschehen zu machendes Unrecht wieder zu vergüten, so that ich es hauptsächlich, weil ich befürchtete, die Vergehen des Vaters möchten der Tochter angerechnet werden; weil ich glaubte, daß meine Opfer, meine Buße, meine Tugenden Glück auf das Haupt meiner Tochter herabrufen könnten; . . . und jetzt, . . . sehen Sie, mein Freund, jetzt fange ich an zu hoffen, denn diese Heirath, die heute geschlossen wird, sichert dem jungen Herzoge von Mauléon ein glänzendes Loos, indem sie ihm eine schöne, gute und reiche Frau zuführt; . . . einmal . . . rettete ich dem jungen Manne das Leben . . . und nun muß die Vergangenheit . . .«

»Sprechen wir nicht von der Vergangenheit,« unterbrach ihn der Notar, welcher den schwermüthigen Greis auf die traurigen Gedanken, die sein Leben vergifteten, zurückkommen zu sehen fürchtete, »und erlauben Sie, daß ich Sie verlasse, . . .« fügte er hinzu; . . . »man erwartet mich bei der Frau Marquise von Fontenoy-Mareuil.«

Simon, der sich der Erinnerungen, die ihn zu überwältigen drohten, zu erwehren suchte, reichte seinem Freunde die Hand und verließ ihn, um sich zu Elénore in's Kloster zu begeben; denn er hatte während seiner Reise einen Brief von ihr erhalten, der ihn auf eine Mittheilung, die sie ihm gleich nach seiner Rückkehr zu machen habe, vorbereitete.

Elénore sah sehr festlich aus, als Simon zu ihr kam: ihre elegante Kleidung ließ etwas Außergewöhnliches voraussetzen; ein sanftes, heiteres Lächeln verschönte ihr bleiches Gesicht; er betrachtete sie mit hoher Freude; aus seinen Augen glänzte eine so große Zufriedenheit und eine so zärtliche Theilnahme in dem Ausdrucke, seines Gesichts, daß Elénore an der Erfüllung ihrer Hoffnungen, insofern sie von ihm abhingen, nicht zweifelte.

»Ja,« sagte sie lächelnd, »ich habe Ihnen etwas anzuvertrauen! ja, das Glück, welches Sie mir so sehr wünschten, soll auch Ihr Werk sein.«

»O! wie glücklich wird mich das machen!« rief Simon.

»Ich glaube es,« antwortete Elénore, indem sie ihm die Hand reichte; »Sie sind so gut, daß man Ihnen eine Gefälligkeit zu erzeigen scheint, wenn man Sie um eine bittet.«

Die anmuthige und vertrauende Rede des jungen Mädchens bewegte freudig das Herz des guten Greises.

»Reden Sie!« sagte er ihr, »reden Sie, mein gutes Kind! Was wünschen Sie?«

»Was ich wünsche? . . . Sie werden es bald wissen, aber nicht in diesem Augenblicke, denn wir haben kaum noch soviel Zeit, uns dahin zu begeben, wo man uns erwartet; . . . zu Gabriele.«

»Zu ihrer Hochzeit?«

»Ohne Zweifel!« antwortete Elénore; und indem sie einen Brief ihrer Freundin nahm, sagte sie: »Ich hätte Ihnen gleich statt zu schwatzen diesen Brief vorlesen sollen.«

Elénore las:

»Meine liebe Elénore! – Wie sehr habe ich bedauert, daß Mama unsern Vertraulichkeiten und unserer Freundschaft den Tag, nachdem Du meinem Herzen durch Dein Vertrauen noch theuerer geworden warst, durch meine Abholung aus dem Kloster ein Ende machte! – Wie oft habe ich seit diesem Augenblicke Dir zu schreiben gewünscht! Aber wie konnte ich dies, ohne Dir zu sagen, was alle meine Gedanken beschäftigte? Und mir war über eine Angelegenheit, die ich Dir jetzt endlich mittheilen kann, die tiefste Verschwiegenheit auferlegt!

»Ich werde mich verheirathen, Elénore! . . . und zwar schon in drei Tagen! . . . Man sagt, ich werde eine große Dame werden, . . . Gebe Gott, daß ich lieber eine glückliche Frau werde!

 

»Den ich heirathen soll, habe ich kaum gesehen, aber zur Entschädigung dafür eine solche Menge Roben, Geschmeide, Putz und Möbeln, daß ich ganz betäubt davon bin. Ich habe das, was mir am einfachsten und elegantesten schien, gewählt, nicht das Glänzendste und Reichste; ich habe auch eine abgelegene Wohnung ausgesucht, die zwischen einem großen Hofe und weitläufigen Garten liegt, und wo der Lärm von außen unser inneres Leben nicht stören wird. Ich reservire Dir in derselben ein Zimmer, meine Freundin, und hoffe, daß Du kommen wirst, um bei mir das Glück abzuwarten, mit dessen Begründung wir uns nun gemeinschaftlich beschäftigen wollen.

»An meinem Hochzeitstage werde ich schon ganz früh einen Wagen nach dem Kloster schicken und Dir die Stunde der Trauung anzeigen, Bitte Herrn Simon, der dann schon von seiner Reise zurückgekehrt sein wird, Dich zu begleiten. Ein Brief wird ihn auch davon benachrichtigen; Alle, die ich liebe, müssen mich umgeben: das wird mir Glück bringen.

»Gabriele.«

Als Elénore diesen Brief ausgelesen hatte, nahm sie Simons Hand und führte ihn zu dem im Hofe auf sie wartenden Wagen, Unterwegs verrieth sie, aufgeregter als gewöhnlich und geschickt ausgeforscht durch des Greises Zärtlichkeit, einen Theil ihres Geheimnisses; sie waren noch nicht angekommen, als Simon schon wußte, daß Elénore gewählt hatte, daß sie liebte mit der tiefen und dauernden Zärtlichkeit aller ruhigen und friedlichen Seelen; denn je unempfänglicher für die Beweglichkeit und je gleichgültiger für Zerstreuungen man ist, je mehr Macht und Gewalt haben die innigen Empfindungen über das Herz, Diese Mittheilungen waren durch Elénorens Vertrauen so sehr erleichtert und durch des Greises Liebe so gut verstanden, daß sie noch nichts gesagt zu haben glaubte, als er, bis auf den Namen dessen, den sie liebte, schon Alles wußte.

Während dem hatte Gabriele ihre schöne Brauttoilette vollendet; diese war vielleicht nicht so glänzend, als es ihre Mutter gewünscht hatte, sie verzieh ihr aber, da sie ihre Tochter so schön fand, daß sie es für unmöglich hielt, sie vortheithafter geputzt zu sein.

Madame Rémond, die sich durch ihre eigene Toilette für die mangelhafte ihrer Tochter vollständig entschädigt hatte und der es eben so viel Freude machte, mit übermäßigem Glanze zu prunken, als die anmuthige Schönheit Gabriele's zu betrachten, empfand doch bei so vielen Gründen zur Zufriedenheit einen lebhaften Kummer und konnte nicht umhin, denselben auszusprechen.

»Wie muß man sich ärgern,« rief sie aus, »wenn man bedenkt, daß eine so schöne Braut von Niemand gesehen werden soll! Wenn ich das gewußt hätte! Du armes Kind mußt das Vergnügen, Herzogin zu werden, theuer erkaufen!. . .«

Gabriele konnte ein Lächeln nicht unterdrücken.

»Ja, Du machst Dir daraus nichts,« fuhr die Mutter fort, »Dein Mann gefällt Dir, und es ist wahr, mein Schwiegersohn ist ein schöner junger Mann, der einen herrlichen Anstand hat. Aber was hilft ein schöner Mann, wenn ihn Niemand sieht? Geh' mir doch mit einer solchen Hochzeit, die hinter verschlossenen Thüren gefeiert wird. Wir gehen nicht einmal nach der Mairie; dies hat zwar auch sein Gutes: der Maire muß zu uns kommen, er muß die Register zu der Frau Marquise von Fontenoy-Mareuil bringen, oder vielmehr zu der alten Prinzessin, ihrer Freundin, bei der sie wohnt. Das geschieht nur für die Allerhöchsten Herrschaften; und überdies sind die Säle der Mairie häßlich, man kann dort keine schöne Feierlichkeit veranstalten. . . Aber sich nicht in der Kirche, sondern nur in der Hauskapelle trauen zu lassen, das ist gar nicht, als wenn du wirklich verheirathet würdest. Möge es Dir nur kein Unglück bringen, ohne Orgel, ohne große Messe, in einer kleinen Kapelle, die kaum 40 Personen faßt, getraut zu werden! In einer Kirche könnten 2000 Menschen Dich umgeben. Musik und der Glanz von 2 bis 300 Kerzen würden die Feierlichkeit erhöhen. Die Menge der Equipagen würde alle benachbarten Straßen sperren und in ganz Paris würde es heißen: Haben Sie die Hochzeit der Mademoiselle Rémond, der Tochter der reichen Madame Rémond, nicht gesehen? Sie ist Herzogin, und bei ihrer Trauung waren Herzöge, Grafen und Marquis gegenwärtig und die Mutter hat ihre Sache sehr gut gemacht! . . . So hätte es sein müssen! Aber nichts von dem Allen! Es ist der Mühe werth, seiner Tochter Millionen mitzugeben, um nicht einmal eine Hochzeit auszurichten! . . .«

Die Trostlosigkeit ihrer Mutter bei der Aufzählung dessen, was hätte sein können, veranlaßte Gabriele, durch eine zärtliche Umarmung diese trübe Wolke zu verscheuchen; aber der Schmerz hatte sich der Madame Rémond so sehr bemächtigt, daß sie nicht einmal den Kuß ihrer Tochter merkte.

»Und nicht einmal ein Ball!« fuhr sie fort, »kein Hochzeitsball, mein armes Kind, kein Contretanz, deren ich an meinem Hochzeitsabend 27 getanzt habe.«

»Nun gut,« sagte Gabriele lachend, »rechne davon 12 für mich ab, Mütterchen, und es bleiben Dir immer noch 15. Das ist doch sehr allerliebst. Ich aber habe zu meiner Hochzeitsfreude . . . eine gute Mutter, die mich herzlich liebt, und einen Mann, der . . . .«

»Der Dich lieben wird, nicht wahr?« . . . sagte die Mutter, besänftigt durch den Gedanken an das Glück ihrer Tochter. »Ich glaube gewiß, er wird Dich lieben.« Und ihr schönes, von jugendlicher Frische strahlendes Kind zärtlich ansehend, fügte sie hinzu:

»Weißt Du, daß nicht eine von diesen Herzoginnen der Foubourg St. Germain einen so blendenden Teint, so schöne Arme und eine so feine Taille hat als Du? Alle diese großen Damen sind so mager, so bleich und so gebrechlich, daß sie mein Mitleid erregen . . . Man nennt das ein »air distingue!« . . .

Und Madame Rémond betrachtete mit Entzücken in einem ungeheuern Spiegel ihre korpulente Figur, die, ihrer Meinung nach, das beste Zeugniß für ihren Reichthum ablegte. Alsdann fügte sie wie im Vertrauen hinzu: »Weißt Du wohl, daß sie ruiniert waren, die Großmutter sowohl als der Enkel, wie es gleich ihnen Viele in der Foubourg St. Germain sind?«

Diese letzten Worte hatten ohne Zweifel eine Erinnerung in Gabriele geweckt, denn sie klingelte einer Kammerfrau, sprach an der Thür mit ihr, und sagte, indem sie einen Brief aus ihrem Schreibtisch nahm:

»Fügen Sie dieses Papier hinzu und sorgen Sie, daß die Frau Marquise von Fontenoy-Mareuil dieses Alles heute Abend in ihrem Zimmer finde.«

In diesem Augenblicke entdeckte Madame Rémond, daß es hie höchste Zeit sei, aufzubrechen, um zu rechter Zeit an Ort und Stelle zu sein.

Zu derselben Zeit verließ Aves de Mauléon seine Wohnung in der Straße de la Chaussee d'Antin, um sie nicht wieder zu betreten.

In dem Augenblicke, wo er in den Wagen steigen wollte, hielt Heinrich von Marcenay an seiner Thür; aber obgleich sie einander dicht gegenüber waren, wurde Yves ihn doch nicht gewahr, weil er ganz in Betrachtungen versunken war, und Heinrich, der ihn schon zweimal gerufen halte, ohne gehört zu sein, mußte ihn beim Arm nehmen, um endlich seine Aufmerksamkeit zu erregen.

»Was wollen Sie von mir?« fragte der junge Herzog.

»Was ich will? . . . Ist es nicht abgemachte Sache, daß wir heute Alle nach England abreisen? . . . Erwartet Lord S, uns dort nicht zu einer Fuchsjagd?« . . .

Yves stand erstaunt. Alle Gedanken dieser Art waren ihm in diesem Augenblicke so fremd, daß er nicht begriff, wie man ihn damit behelligen konnte.

Heinrich ließ seinen Arm los, betrachtete ihn von Kopf bis zu den Füßen, schlug ein lautes Gelächter auf und sagte:

»Es ist wahr, Sie verheirathen sich ja! . . . daran dachte ich nicht mehr! . . . Nun wohl, mein Freund, für künftigen Monat also; da werden wir wieder eine haben, eine Saujagd, die wird köstlich sein! . . . Lord S. macht seine Sachen superbe! . . ., Ehe zwei Jahre vergehen, ist er ruiniert. Ich amüsiere mich nirgends so gut, als bei ihm.«

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