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Nach Amerika! Ein Volksbuch. Vierter Band

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Theobald hatte Nichts dagegen; er bedurfte selber einer kleinen Aufregung, der niederschlagenden Erfahrung von heute Morgen etwas entgegenzuarbeiten, und Herr Heindel bestellte zu dem Zweck, gleich wie sie den Saal des sogenannten Cafés, wo aber fast nur Spirituosen feil gehalten wurden, betraten, eine Flasche Champagner.

Es war Theobald, der darin viel Ehrgefühl besaß, unangenehm, sich von einem so gänzlich fremden Mann gleich an Champagner traktiren zu lassen; gleichwohl hatte er so viel schon von Amerikanischem Leben gesehn daß er wußte, es wäre eine Unhöflichkeit gewesen mit Jemand mit dem man, von ihm aufgefordert, ein Schenkhaus betreten hat, nicht zu trinken. Ebenso bezahlt auch stets der, der die Getränke fordert, für sich oder für so viele wie mit ihm trinken. Das Einzige was ihm zu thun übrig blieb war, sich bei einem nächsten Begegnen zu revangiren – aber auch hierbei genirte ihn der Champagner.

An der Sache ließ sich aber für jetzt Nichts mehr ändern; die Flasche war gebracht und mußte getrunken werden, und Theobald, selbst in einiger Aufregung über das was er bis jetzt von Amerikanischem Leben, von seinem Standpunkt aus betrachtet, gesehn, goß mit einem gewissen Wohlbehagen ein Glas nach dem anderen des feurigen Tranks hinunter.

Sein neuer Bekannter machte sich selber indessen ein Vergnügen, und zog über die Vereinigten Staaten los, von denen er dem armen jungen Dichter ein Bild entwarf, daß diesem angst und bang zu Muthe wurde. Seiner Beschreibung nach, und er behauptete das Land durch und durch zu kennen, bestand die eine Hälfte der Bewohner aus Räubern, und die andere aus Spitzbuben, die nicht allein wie die Mosquitos gemeinschaftlich über die armen Einwanderer herfielen, und sie aussögen so lange sie noch einen Blutstropfen in sich trügen, sondern auch, wenn sie mit denen fertig wären, einander selber angriffen und auffräßen. Gesetze gab es dabei gar nicht, die Geschworenen Gerichte waren nur zum Schein da, und die, die ihnen in die Fäuste liefen, gleich von vorn herein verloren – das deutsche Gerichtsverfahren war Gold gegen diesen Auswurf der Menschheit. Bestechlichkeit herrschte dabei bis zum äußersten, wobei er selber als glänzendes, mit Füßen getretenes Beispiel da stand, indem er nur aus dem einzigen Grund keine brillante und seinen Fähigkeiten angemessene Stellung erlangt, weil er es verschmäht, für unter seiner Würde gehalten, einen einzigen Dollar zu einem solchen Zwecke auszugeben. Und selbst die Bauern waren übel dran, trotz den lügenhaften Berichten, die Amerika freundliche, das heißt demokratische, rothrepublikanische Zeitungen in Deutschland darüber ausstreuten. Wenn die »Schaafsköpfe« hätten in Deutschland so arbeiten wollen, wie sie hier arbeiten mußten, so würden sie es – seiner Meinung nach – auch zu 'was gebracht haben, aber jetzt, da sie gezwungen wären die faulen Knochen zu regen, nur um nicht zu verhungern, thäten sie auf einmal als ob ihnen der Staar gestochen wäre, und sie nun das gelobte Land gefunden hätten – Brummköpfe die es wären, wenn sie die Lüneburger Haide oder sonst einen noch brach liegenden anständigen Fleck in Deutschland so in Angriff nähmen, könnten sie sich auch Farmen darauf gründen und dann, statt hier vogelfrei zu sein, unter glücklichen Gesetzen, unter einer väterlich für sie sorgenden Regierung darauf leben.

Herr Dr. Heindel hatte sich so in Gift und Bitterkeit hineingesprochen, daß er sich den Rest der Flasche in sein Glas stülpte, und dieses auf einen Zug leerte, dann aufstand und seinen Hut ergreifend in die Tasche fühlte die Flasche zu bezahlen, wegen der sich ihm der barkeeper schon freundlich genähert hatte.

»Ja mein junger Freund,« sagte er dabei, an Theobald wieder hinuntersehend bis sein Blick an dessen Knieen haftete und diesen ebenfalls dort hinunterschielen machte – »ja mein junger Freund, nehmen Sie sich besonders vor diesen verwünschten Amerikanern in Acht, und wenn Sie es irgend können, wenn es Ihnen Ihre Mittel nur halbwege erlauben, so schiffen Sie sich wieder so rasch Sie können nach Deutschland ein; lieber trockene Brodrinde dort, mit vaterländischem Quell- oder Brunnenwasser, als Champagner hier, in diesem Gottvergessenen Lande – Donnerwetter,« unterbrach er sich dabei in alle seine Taschen fühlend, »jetzt habe ich mein Portemonnaie zu Hause auf meinem Schreibtisch liegen lassen – ei das ist mir doch ungemein fatal – ah lieber Freund, bitte legen Sie diese Flasche doch einmal bis heute Nachmittag für mich aus; – Sie logiren?« —

»Im Weißeschen Kosthaus,« sagte dieser etwas überrascht und verlegen.

»Sehr schön – ich kenne das Weißesche Kosthaus, da sind wir ja halbe Nachbarn – wohne kaum drei Thüren von Ihnen entfernt; desto besser – und nun was ich Ihnen noch sagen wollte« – er hatte wieder denselben schon vorher in Beschlag genommenen Westenknopf gefaßt – »stecken Sie Ihr Manuscript in den Ofen – «

»Aber mein bester Herr Doktor – «

»Stecken Sie Ihr Manuscript in den Ofen,« rief aber Herr Dr. Heindel in einiger Aufregung, »die Lumpe hier sind nicht werth daß sie einen ordentlichen deutschen Originalaufsatz bekommen – hol sie der Böse – sie glauben daß sie einem Schriftsteller noch einen Gefallen thun, wenn sie ihre Setzer nur nach einem Manuscript arbeiten lassen, da diese gewohnt sind fast nur schon Gedrucktes zu setzen. Und dann schiffen Sie sich ein – schiffen Sie sich ein so rasch Sie können« – er war mit seinen Augen wieder bis zur Weste in die Höhe gefahren. – »Amerika ist ein vortreffliches Land für Taback und Baumwolle, für Mosquitos und Alligatoren, für Räuber und Diebe; aber für einen gebildeten Mann, für Jemand, der weiß was er sich und seiner Nationalehre als deutscher Bürger schuldig ist, paßt Amerika gerade so gut, wie – wie der Knopf hier,« setzte er hinzu, als er das unglückliche Stück Perlmutter endlich wirklich abgedreht hatte, »zu dem Kehrichthaufen da« – und mit den Worten schleuderte er, ehe Theobald danach greifen konnte, oder in der That eine Ahnung hatte was der exaltirte Mensch damit anfangen wollte, den besagten Knopf wirklich auf einen, unfern der Thür liegenden Kehrichthaufen in der Straße; dann aber Theobalds Hand rasch ergreifend und freundlich schüttelnd rief er ihm noch zu: »Guten Morgen lieber Freund – guten Morgen – ich komme heut' Nachmittag hinüber zu Ihnen, die Kleinigkeit mit Ihnen abzumachen,« und verschwand gleich darauf um die nächste Ecke.

»Aber mein Knopf,« rief Herr Theobald, und wollte auf den Kehrichthaufen zueilen, sein Eigenthum wiederzusuchen, als ihm der Kellner den Weg vertrat und freundlich sagte:

»Nicht wahr, Sie bezahlen die Flasche?«

Theobald hatte eine unbestimmte Idee, was der junge Mann in Hemdsärmeln, mit der Englischen Anrede meinte, nickte deshalb, in aller Verlegenheit mit dem Kopfe und sagte Yes und mußte endlich wirklich die zwei und einen halben Dollar für den Champagner »auslegen« wie sein neuer, etwas zweideutiger Freund gemeint hatte.

Als er das, wenn auch nicht zu seiner eigenen, doch zur Zufriedenheit des barkeepers abgemacht, ging er hinaus vor die Thür, nach seinem Knopf zu sehn, hatte aber kaum eine halbe Minute auf der Erde da herumgesucht, als sich schon sechs oder acht Menschen um ihn sammelten und ebenfalls, in Erwartung irgend eines bedeutenden Fundes, umhersuchten. Alle Vorübergehenden blieben jetzt stehn und drängten herbei, und Theobald, wenn er nicht einen Straßenauflauf veranlassen wollte, mußte sich rasch zurückziehn und den Knopf – das halbe Dutzend war schändlich verdorben – seinem Schicksal überlassen.

Capitel 6
Der Feuermann

Es war Nacht, und die »Backwoods-Queen« schnaubte den Strom hinauf. Das Boot hatte vor kurzer Zeit die nördliche Grenzlinie Louisianas hinter sich gelassen, und auf dem linken Stromufer, im Staat Mississippi Holz eingenommen. Es mochte elf Uhr vorbei sein, und die Feuerleute und Deckhands der »Hundewache« (von 12-4), die aus ihrem kurzen Schlaf aufgestört worden die Feuerung mit an Bord zu tragen, mochten sich, der halben Stunde wegen, nicht wieder niederlegen, und saßen und lagen jetzt bunt gruppirt vor den Kesseln auf dort nachlässig hingeworfenem Klafterholz, dem letzt an Bord gekommenen, das hier nur so ohne Ordnung hingeschüttet worden, gleich mit verfeuert zu werden. Vor den Kesseln, unter denen die mächtigen Thüren geschlossen waren und die langen Scheite, über diesen, durch kleine dazu angebrachte Klappen hineingeschoben wurden, standen die Feuerleute, die ihre Wacht von acht bis zwölf hatten, mit den unten rothheißen Schürstangen in den rußgeschwärzten Händen, und wühlten die flammenden Scheite durch- und ineinander, daß sie wieder Raum bekamen frische oben hineinzuwerfen, als Nahrung für die Gluth.

Mitten zwischen der Gruppe stand eine riesige blecherne Kanne, die wohl einen halben Eimer Kaffee fassen mochte, daneben eine bauchige Kruke mit Whiskey gefüllt, und Einer der Leute kam eben vom Bug vorn, wo ein halb Dutzend gewaltige Zuckerfässer, die nicht mehr in den Raum gingen, frei auf Deck lagen, und brachte eine große Blechschaale voll Zucker herbei, die er mit einem gespaltenen Schilfstück aus den großen, der frischen Luft wegen darin angebrachten Bohrlöchern der Fässer herausgepurrt hatte.

Es war dieß ein vielleicht dreiundzwanzig Jahr alter wunderhübscher junger Bursche, mit einem leichten dunklen Schnurrbart auf der Oberlippe, und langem wie seidenem, fast mädchenhaftem Haar; auch das Gesicht, wo es Rußflecke nicht bedeckten, war zart und weiß, und die langen Wimpern schatteten ein paar dunkle, aber keck und entschlossen umherblitzende Augen, die jetzt besonders von einem eigenen lebendigen Feuer leuchteten.

»Hallo Wolf, was bringen Sie?« rief ihm Georg Donner lachend entgegen – »hat's Brei geregnet draußen?«

»Brei nicht,« lachte der junge Mann, »aber Zucker! Wetter noch einmal, wir werden doch diese Unmasse guten Stoffes nicht den Mississippi hinaufführen, ohne wenigstens so viel Zoll davon zu erheben, als wir in unseren Whiskey brauchen; kommen Sie her Donner, nehmen Sie eine von den kleinen Blechschaalen dort, ich will uns einmal einen richtigen Feuermannstrank zusammenbrauen.«

 

»Bei Golly,« lachte Einer der andern Feuerleute, ein Neger, der mit zwei andern Landsleuten oder wenigtens doch gleichfarbigen Kameraden, an der Larbordseite des Bootes, das sechs Feuerleute auf Wache hatte, heitzte, »was die Bukras13 da für Zeug zusammenschwatzen, keine Kuh wird d'raus klug.«

»Aber was der da ineinander gießt werden wir schon verstehn,« schmunzelte der Andere. – »Oh Jimminy das riecht gut.«

Der junge Deutsche hatte indessen die gereichte Schaale halb voll Whiskey gefüllt, dann Kaffee dazu gegossen, fast so viel als das Gefäß halten wollte, und warf nun, mit dem gespaltenen Rohr, mit dem er auch die Mischung ordentlich umrührte, Zucker hinein, es süß zu machen.

»So,« sagte er, als er es erst langsam gekostet, und dann einen tüchtigen Zug gethan, »das wird gut sein – brennt wie Feuer und treibt die Hitze hier von den Kesseln wieder hinaus aus dem Körper. So lange wir das haben, brauchen wir nicht zu fürchten krank zu werden.«

»Ist doch ein wunderliches Leben hier an Bord,« sagte Georg, der ebenfalls einen tüchtigen Zug that, und zurück zu den Kesseln trat, die Scheite, die nur wenige Minuten ruhen dürfen, wieder frisch aufzuschüren, »großer Gott, wenn man bedenkt wie wir von zu Hause gewohnt waren zu existiren, und jetzt dieß Dasein damit vergleicht – und darum nach Amerika;« setzte er langsam mit dem Kopf schüttelnd hinzu.

»Geht es mir besser?« lachte Wolf, der mit Georg Donner, drei Negern und einem Irländer ein und dieselbe Wacht hatte, während Carl Berger ebenfalls mit drei Negern, einem Amerikaner und einem Franzosen feuerte – (die dritte Wacht, die erst um vier an die Reihe kam, war gleich nach dem Holztragen wieder zu Coye gegangen) »geht es mir etwa besser? – wenn Sie meine Geschichte kennten, Georg, würden Sie mehr als einmal den Kopf schütteln über den Wahnsinn, der mich, z.B. hierher über das Meer getrieben.«

»Lieber Gott, es wird die Geschichte von Tausenden von uns sein« sagte Georg – »sehn Sie dort den jungen Burschen an, der sich da kaum auf die Scheite geworfen hat, und schon wieder so sanft und süß eingeschlafen ist, als ob er im weichsten Bette läge; das ist ein deutscher Deserteur, den die Soldaten noch wieder vom Schiff holen wollten, und den der Untersteuermann, wir wissen selbst nicht wie, auf so geschickte Weise versteckt hatte, daß ihn die Policey nicht finden konnte, und ihn aufgeben mußte. Jetzt arbeitet er sich nun tüchtig in's Leben hinein und wer weiß, ob er nicht in einigen Jahren, anstatt die Muskete in Deutschland herumzuschleppen, hier seinen eignen Heerd gegründet hat. Ich selbst – wer hat es mir an der Wiege gesungen, daß ich einmal hier auf dem Mississippi, nachdem ich in Deutschland studirt, die Kessel eines Dampfboots, mit Negern und Mulatten zusammen, heitzen sollte, und doch bin ich jetzt scharf dabei, und noch sogar froh eine derartige, wenigstens lohnende Beschäftigung gefunden zu haben. Kommt Zeit kommt Rath, und nur erst einmal vollkommen der Englischen Sprache mächtig, findet sich dann auch schon etwas anderes, besseres für uns.«

»Das ist Alles recht schön und gut« lachte Wolf, »aber lange nicht so romantisch oder – toll wenn Sie wollen, wie mein eignes Schicksal, das es vielleicht recht gut mit mir gemeint, dem ich aber im wahren Sinne des Wortes durch die Lappen gegangen bin.«

»Die Romantik hat an unserer jetzigen Beschäftigung allerdings nur einen ganz geringen Theil« sagte Donner lächelnd.

»Ja und nein« rief Wolf, seinen Strohhut auf das Holz und seine dunklen Locken mit einer raschen Bewegung des Kopfes aus der Stirn werfend; »auch ich betrachte es als Mittel zum Zweck, und muß, so prosaisch das klingen mag, Geld dabei verdienen.«

»Da ist die Romantik schon zum Teufel« sagte Georg.

»Und doch nicht« rief Wolf, »ja wenn ich es thäte zu leben, aber mein Vater ist reich.«

»Dann begreife ich freilich nicht, weshalb Sie sich hier in den untersten Schichten der Gesellschaft auf solche Art herumtreiben« sagte Georg, »zum Vergnügen doch wahrhaftig nicht.«

»Wäre wenigstens ein wunderbarer Geschmack« lachte der junge Mann, »wüßten Sie aber meine Geschichte, würden Sie mir recht geben.«

»Sie sind jedenfalls aus guter Familie« sagte Georg.

»Meine Freunde in Deutschland – bah, Freunde, das Wort ist zu gut für sie – meine Bekannten in Deutschland würden allerdings nicht sowohl lachen als die Nase rümpfen, wenn sie den einzigen Sohn des Grafen vom Berge hier als Feuermann auf einem Dampfboot, mit Negern aus einer Schüssel essen, in einem Feuer schüren sähen!«

»Aber was um Gottes Willen hat Sie da zu diesem verzweifelten Entschluß getrieben?«

»Die Liebe« lachte der junge Mann, seinen Schürer wieder ergreifend, die kleine Thür oder Klappe öffnend, und mit dem langen Eisen die Scheite durcheinander rührend – »die Liebe, Georg, und die Sache ist ungeheuer einfach und rührend. Ich liebte und liebe ein bürgerliches Mädchen, mein Vater, noch ein ächt Pommerscher Graf von altem Schrot und Korn, drohte mich zu enterben, wenn ich dem Mädchen nicht entsagte, und ich arbeite jetzt daran ihm zu beweisen, daß ein Graf vom Berge keine hinterlassenen Schätze braucht, sich selber einen eignen Heerd zu gründen. In Deutschland wäre mir das nicht möglich gewesen, hier bietet sich die Aussicht dazu. Schon ein Jahr arbeite ich jetzt wie ein Sclave – aber nur um ein ganz kleines Capital zusammenzuhaben; mit harter Arbeit allein wird jedoch Niemand hier im Stande sein rasch Geld zu verdienen, die Speculation muß ihm dabei helfen, und dieß wird deshalb die letzte Reise sein, die ich auf einem Dampfboot mache, dann gehe ich nach dem Westen der Vereinigten Staaten in das Indianische Territorium, dessen Verhältnisse ich schon recognoscirt habe, und fange einen Schweinehandel an. Lachen Sie nicht, das Geschäft ist, wenn richtig betrieben, vortrefflich und wenn ich sieben Jahre, wie Jacob um seine Rahel dienen müßte, ich habe meinen Kopf darauf gesetzt, und setze ihn durch – oder gehe darüber zu Grunde.«

»Und Ihr Vater?«

»Wenn ihm der Sohn mehr am Herzen gelegen als sein Wappenschild, hätte er mich gar nicht ziehen lassen.«

»Und haben Sie sich das ganze Jahr in solchem Leben schon herumgetrieben?« frug ihn Georg erstaunt.

»Gott bewahre« rief Wolf, wieder neue Scheite ergreifend und durch die enge Öffnung in den inneren, glühenden Raum stoßend – »lieber Himmel, was habe ich nicht schon Alles getrieben seit ich in Amerika bin. Zeitungsaustragen war mein erstes Geschäft, um nicht zu hungern, aber das rentirte schlecht und widerstrebte mir auch, einer Masse Sachen wegen die drum und dran hingen; dann wurde ich Holzschläger am Mississippi, auch das war nicht schlecht, aber ich bekam es satt; ging dann wieder in die Stadt und wurde Mäkler. Dabei aber fühlte ich das Mangelhafte meines Englisch und zog in den Wald, mir mit der Jagd Geld zu verdienen. Das war die schlechteste Speculation; wo es Wild gab, galt weder Wildpret noch Haut viel, und wo Nichts mehr zu schießen war, versäumte ich Wochen oft vergebens. Da brach das gelbe Fieber in New-Orleans aus, Alles flüchtete von dort und das schien mir der geeignete Platz rasch zu einer kleinen Summe zu kommen und meinen Plan, den ich als Jäger im Westen von Arkansas gefaßt, in's Werk zu setzen. Bald sah ich daß ich mich nicht geirrt – zwischen Leichen und Gräbern eine Zeit durchlebend, die mir noch jetzt das Blut in den Adern gerinnen macht, wenn ich daran zurückdenke, erreichte ich aber meinen Zweck und verdiente Gold. Arbeiter waren fast gar nicht mehr zu bekommen, und die wenigen, die aus Noth oder Gleichgültigkeit der Seuche trotzten, wurden mit Geld überschüttet. Neben mir fielen dabei meine Kameraden, Burschen von allen Farben und Nationen, wie die Fliegen, ich selber blieb, Dank meiner guten Natur, oder wenn Sie wollen von jenem unerforschten Wesen beschützt, gesund und kräftig. Jetzt aber ist die Zeit in New-Orleans vorbei; das Fieber hat seine letzten Opfer für dieses Jahr gefordert, Arbeiter strömen, so rasch sie eine Unzahl von Dampfbooten den Strom nieder oder aus Europa herüberführen kann, in ordentlichen Schaaren dahin, und ich selber bin jetzt im Stand einem anderen, besseren Leben entgegenzugehen. Ich hätte als Passagier fahren können, aber es liegt ein eigner Reiz, den ich früher nie gekannt, darin, ein kleines, selbsterworbenes Capital nicht unnöthiger Weise wieder zu verringern, sondern eher zu vergrößern; so schür' ich mich denn nach St. Louis hinauf, verlasse dort das Boot, und beginne meinen Handel, der mich ein freies prächtiges Jägerleben dabei führen läßt. Werden Sie mir nun einräumen, daß auch in diesem Beruf auf solche Weise Romantik liegen kann?«

»In dem Beruf darum doch nicht, Herr – ich weiß jetzt wahrhaftig nicht wie ich Sie nennen soll« – unterbrach sich Georg lächelnd.

»Wolf, bei meinem Vornamen« rief der junge Mann rasch, »das Andere paßt nicht zur Schürstange und zu der Umgebung hier, hab ich mir den Titel einst wieder verdient, darf ich ihn tragen, hier klänge er wie Spott.«

»Vorwärts boys, vorwärts« rief da des Ingenieurs Stimme, der um die Kessel herum nach vorn gekommen war, das Heitzen zu überwachen. »Steht nicht da wie die Schlafmützen und laßt mir das Feuer ausgehn; die Pest auch, es sieht ja ordentlich schwarz unter den Kesseln aus.«

»Geht nicht mehr hinein Massa« lachte ihm der eine Neger entgegen, »hahaha bei Golly, wenn wir noch mehr feuern, blasen wir das süße Ding von einem Boot in die Luft hinein!«

»Blaßt sie zum Teufel!« rief der Ingenieur, »aber, gebt ihr Hölle – verdamm' meine Augen, wenn ich nicht die Kessel noch rothheiß haben will – zu boys, zu, macht daß wir von der Stelle kommen, das alte faule Boot kriecht ja nur so am Land hinauf!«

»Alle Wetter« rief Georg, als der Mann wieder zurück zu der Maschine gegangen war, »der Bursche scheint selber »rothheiß« zu sein, wie er es nennt, und dem Whiskey mehr als gerade zweckmäßig zugesprochen haben; wenn er nur keine dummen Streiche macht.«

»Ah bah,« sagte Wolf, »so ist er jedesmal auf seiner Wacht, aber sonst ein guter Kerl, und sorgt dafür daß seine Feuerleute ebenfalls nicht Durst leiden – er weiß am Besten wie das thut – heda Scipio, Du gießt ja den Whiskey hinein als ob's Wasser wäre – laß noch 'was in der Kruke Gesell.«

»Genug Wulfy, genug« lachte der Schwarze, die fast gefüllte Schaale, die reichlich eine halbe Flasche des starken Trankes halten mochte, auf einen Zug leerend, »und andere Wacht mag wieder für sich selber sorgen – dieß Kind,« auf seinen eigenen Magen deutend, »macht's genau ebenso.«

Der Mate oder Steuermann stieg in diesem Augenblick die kleine steile Treppe vom Boilerdeck nieder, ging nach der vorn hängenden Glocke und schlug darauf nach Schiffsart, acht Glasen (12 Uhr).

»Feierabend!« rief Wolf seine Schürstange aufgreifend, den Raum unter den Kesseln, wie das Sitte ist von der abziehenden Wacht, noch einmal frisch aufzufüllen.

»Das ist recht Jungens, das ist recht!« nickte ihnen der wieder zurückkommende Ingenieur Beifall zu, indem er auf der »guard« stehen blieb und nach dem nahen Lande – sie passirten eben eine der größeren, mitten im Mississippi liegenden Inseln – hinüberdeutete – »hurrah wie das geht; jetzt soll uns einmal eines der anderen schuftigen Boote versuchen nachzukommen. Feuert Jungens, feuert, daß sich die andere Wacht die faulen Knochen wärmen kann, wenn sie dran kommt.«

»So – wieder auf acht Stunden Ruhe« rief Wolf, seine Schürstange zu Boden werfend, »nun können sich unsere Kameraden ein Vergnügen machen – hallo Berger? – auch schon munter? – wie der Bursche verschlafen aussieht – «

»Oh – i« sagte dieser, der die kurze Zeit benutzt hatte, noch auf dem rauhen Holz ein halb Stündchen zu schlafen, indem er sich langsam streckte und dehnte – »ist das ein Leben, aber – zum Teufel auch – ich habe einen furchtbaren Traum gehabt, wie ich da auf dem verwünscht scharfen, eckigen Holze lag.«

»In der kurzen Zeit?« rief Wolf.

»Mir träumte« sagte der junge Bursch, in sich selber dabei zusammenschaudernd – »die Rothkragen hätten mich in Bremerhafen vom Schiff geholt, ich läge drin in der Festung auf scharfen Latten, und sollte mit Tagesanbruch Spießruthen laufen. Wie die Glocke dort tönte, knarrte die Thür und – ha« – er schüttelte sich in Furcht und Entsetzen bei dem Gedanken – »der Henker kam herein, mich abzuholen – Gott sei Dank, daß es nur ein Traum war.«

 

»Dickes Blut, Kamerad« lachte Wolf – »da steht noch Kaffee und Whiskey – nehmt einen Schluck, der wird Euch gut thun. Nun gute Wacht! – aber trinken möcht' ich noch einmal – haben Sie den Wassereimer da, Georg?«

»Hier liegt er« sagte dieser – »warten Sie, ich zieh' es selbst herauf – habe auch Durst!«

Carl Berger hatte eben die Schürstange aufgegriffen, nach dem Feuer zu sehn, während die beiden jungen Leute auf die guards hinausgingen, einen Eimer Wasser heraufzuziehen, als ein wilder gellender Schrei von Deck heraustönte:

»Thüren auf – um Gottes Willen – Feuer aus!«

Die Feuerleute fuhren empor und horchten, den Befehl nicht gleich begreifend, auf, als ein grell und dröhnend schmetternder Schlag das Boot bis in den Kiel erschütterte. Kochend heißer Dampf füllte zugleich einen Theil der unteren Räume, während Wolf und Georg entsetzt einen weißen zischenden Strahl über sich hinausschießen sehen, dem Trümmer und Balken, wie von dem Ausbruch eines Vulkans hinausgeschleudert, folgten. Ein Moment todtenähnlicher Stille folgte diesem Knall, aber im nächsten Augenblick schon schlugen die ausgeworfenen Stücke auf das Wasser nieder, während jammernde Menschenstimmen nach allen Richtungen hin laut wurden.

»Die Kessel sind geplatzt!« gellte der schrille Weheruf über die Fluth und die, durch die geborstenen Thüren hinausgeschleuderten brennenden Scheite Holz vermehrten nur noch die Verwirrung.

In diesem ersten Augenblick war sich auch, die schwer Verwundeten ausgenommen, noch Niemand bewußt, welches Unglück sie am Meisten bedrohe, ob das Boot sinke oder brenne oder ein zweiter Schlag sie vielleicht Alle zerstückt in die Ewigkeit senden würde – keinen Schritt weit konnte man dabei vor sich hinsehn, oder selbst den nächsten Nebenmann erkennen, so füllte dicker weißer zischender Qualm den ganzen Raum und lag wie ein dichter, undurchdringlicher Schleier auf dem Boot.

Bald aber änderte sich das Schauspiel – ein scharfer Windzug der über den Strom herüber strich, fegte wie mit einem Schlag den Nebel über Bord, und als Georg und Wolf zurück vor die Kessel sprangen, bot sich ihren Augen ein Anblick, der ihnen das Blut in den Adern starren machte.

Von den Leuten, die dort noch vor wenigen Minuten gesund und kräftig gestanden, lagen vier todt und zerstückt über das Holz hingeschmettert, das von glühenden Scheiten bestreut, zu brennen begann. Durch das Boilerdeck und in die obere Cajüte hinein, war ein mächtiges Loch geschlagen, aus dem Winseln und Hülferufen wiedertönten, und beide Schornsteine – riesige wohl dreißig Fuß hohe Röhren von schwarzem Eisenblech mit fünf Fuß im Durchmesser hingen zerrissen über Deck, und neigten das Boot nach der Seite, während aus dem Zwischendeck ebenfalls schrilles und markdurchschneidendes Hülfegeschrei hervorgellte.

Die beiden jungen Leute, ohne für den Augenblick an einen der Verwundeten zu denken, griffen nur rasch die brennenden Scheite auf und warfen sie über Bord – noch größeres Unheil von dem Boote und seiner übrigen Mannschaft abzulenken, als ein neuer Schreckensruf auch diese Arbeit unnöthig machte.

»Wir sinken – wir sinken!« schrie es von der anderen Seite herüber »wir sind verloren!«

Wolf sprang wieder an den Rand des Bootes, sich von der Wahrheit des Rufs zu überzeugen, und fand hier wirklich daß die Guards kaum noch einen halben Fuß von der Oberfläche des Wassers entfernt waren, ja konnte den gurgelnden stillgrollenden Ton sogar hören, mit dem die gierige Fluth sich in einem irgendwo nicht weit von dort entfernten Leck sog. Dicht unter ihnen, denn das Boot, das jetzt keinen Fortgang mehr machte, trieb mit der Strömung wieder abwärts, ragten aber Bäume und dunkle Stämme aus dem Wasser – sie befanden sich gerade oberhalb derselben Insel, an der sie vorhin hinaufgelaufen, und wenige Minuten noch mußten ihr Schicksal entscheiden.

Georg hatte sich indessen über die Unglücklichen gebeugt, die der erste Schlag des platzenden Kessels getroffen, und erkannte mit Schaudern unter ihnen Carl Bergers Gestalt, der mit zerschmetterter Schulter, blutend und bewußtlos über die Scheite hingeworfen lag. Wohl athmete er noch, aber wie war ihm hier Hülfe zu bringen?

Ein heftiger Stoß traf zu gleicher Zeit gegen das Boot, unter dem die eine, das Boilerdeck tragende und stark gesplitterte Decke zusammenbrach, während ein Theil des vorderen Decks ihr nachfolgte. Die Frauen kreischten, die Verwundeten stöhnten und winselten, die Männer fluchten wild durcheinander, und hie und da sprangen Einzelne in Todesangst über Bord, die dort aus dem Wasser ragenden Äste versenkter Bäume zu erfassen, und sich dadurch vor dem, ihnen gewiß scheinenden Untergang des Bootes zu retten. Von dort aber konnten sie nirgends an Land; die dunkle Fluth quirlte und gurgelte dabei um sie her, und als ihre Kräfte erschlafften, und das kalte Wasser ihre Glieder mit Fieberfrost schüttelte, schrieen sie von dort herüber, wieder an Bord geholt zu werden.

Aber das Boot sank nicht, und ob auf den Sand, oder irgend einen schützenden, unter Wasser liegenden Stamm gelaufen, wohin es durch die mächtige Strömung gedrängt worden, blieb es sitzen, und nur das Vordertheil, gegen das die volle Fluth anpreßte, drückte sich halb unter Wasser, und ließ das schäumende Element darüber hinspritzen.

Wohl eine halbe Stunde verging, ehe nur einiger Maßen der erlittene Schaden übersehn, und Ordnung in das durcheinander Schreien und Stürzen der zum Tode erschreckten Menge, unter der sich auch mehre Frauen aus Cajüte und Zwischendeck befanden, gebracht werden konnte. Georg Donner hatte indessen den schwer verwundeten Landsmann mit Wolf's Hülfe zurück in das höher liegende Zwischendeck gebracht, wo jetzt auch die übrigen Todten und Verwundeten auf aus den Coyen gerissenen Matratzen gebettet wurden, und die beiden jungen Leute gingen dann daran, das Terrain zu untersuchen, auf dem sie sich befanden.

Mit einer über Bord geschobenen Planke, von denen der Zimmermann eine Menge auf dem hinteren Deck liegen hatte, fühlten sie daß das Wasser dicht hinter dem Boot und nach der Insel zu kaum vier Fuß tief war, und von übereinander gestürzten und dort anschwemmten Stämmen fast überdeckt wurde. Durch diese hin arbeiteten sie sich bis zu der, höchstens zwanzig Schritt entfernten Sandbank, die an dichtes Gestrüpp und Unterholz hinanlief. Wolf watete dann zum Boot zurück und ließ sich von dort unter den Kesseln vor, ein brennendes Scheit herüber reichen, das an seinem unteren Ende mit einem rasch aufgegriffenen Kopfkissen aus dem Zwischendeck, umwickelt wurde, um es in der Hand halten zu können. Dieß trug er zum Ufer, und bald loderte dort, von hinzugeschleppten, niedergebrochenen dürren Ästen reichlich genährt, ein helles Feuer auf, das die unheimliche Scene des gestrandeten Bootes mit seinem rothen Lichte übergoß.

Nun wünschte der Capitain besonders, an Bord zu bleiben und den Tag zu erwarten, damit sie von einem vorbeikommenden Boot konnten abgeholt werden; der Steuermann aber, der vorn am Bug das Wasser untersucht und es dort weit tiefer gefunden hatte als das Boot war, erklärte jetzt daß dieses nur auf irgend einen Stamm oder Ast aufgeritten sei, und jeden Augenblick von diesem abrutschen oder ihn niederdrücken könne, wo sie dann gar nicht sicher wären das ganze Boot dem einsinkenden Bug nachfolgen zu sehn; je eher sie daher das Wrack verließen, desto besser.

Die Leute gingen denn auch, unter des Steuermanns Leitung, rasch daran eine sogenannte »stage« von zusammengebundenen Bretern zu bauen, die eine Brücke bis an Land bilden sollte, denn die Jölle war, bis Bahn gehauen werden konnte, in den verworrenen Ästen nicht zu brauchen. Diese halfen ihnen aber vortrefflich den rasch hergerichteten Plankenweg, oder die ihn haltenden Taue, zu tragen, und das beendet, wobei sie noch durch einen plötzlichen Ruck, den das Boot gab, zu größerer Eile angetrieben wurden, trugen sie vor allen Dingen die Verwundeten hinüber auf den Sand und neben das wärmende Feuer, wo ihnen die unverletzt gebliebenen Passagiere ein so gutes Lager als möglich herrichteten, während die Mannschaft dann beordert wurde zu retten was irgend anging.

13Weißen Männer.
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