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Südamerika

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Leider konnte ich aber nicht lange in diesem schönen Lande verweilen, denn ein neuer, erst in den letzten Tagen an Bord flüchtig gefaßter Plan war mir so lieb geworden, daß ich beschloß, es koste was es wolle, ihn durchzuführen.

An Bord des Talisman war nämlich ein junger Italiener, von englischen Eltern geboren, der, mehr aus Prahlerei wahrscheinlich, als einer ernsten Absicht wegen, eine Wette gemacht hatte (und zwar mit eins gegen zwanzig), daß er die Landreise durch Südamerika durchführen wolle. Mir selber war die Landreise schon bis dahin fortwährend im Kopf herumgegangen, – das damalige Reichsministerium hatte mir einen Zuschuß unter dem Vorbehalt bewilligt, daß ich bestimmte Länder, zu denen die La Platastaaten gehörten, dafür besuchen wolle, und wenn ich auch die feste Absicht hatte, diese jedenfalls auf dem Rückweg, um das Cap der guten Hoffnung heimkehrend, zu bereisen, so lag dazwischen doch noch ein langer Zeitraum und außerdem die ganze Welt, und ich beschloß endlich, mich in Rio de Janeiro wenigstens genau nach einer solchen Landreise zu erkundigen und dann, vernünftiger Weise, meinen Plan danach zu fassen.

In Rio erhielten wir aber zu unserem Erstaunen so mißliche Nachrichten über die argentinische Republik, durch die hier mein Weg, querüber durch die Pampas lag, es wurden uns solche entsetzliche Geschichten von den jetzt empörten Indianern und nachher dem Schnee der Cordilleren, die wir gerade hätten mitten im Winter passiren müssen, erzählt, daß mein Begleiter die Sache in Verzweiflung aufgab und seinen Dollar Wette bezahlte. War ich aber vorher noch unentschlossen gewesen, so schien es, als ob mich diese, sonst keineswegs ermuthigenden Nachrichten erst hartnäckig gemacht hätten. Schon in Nordamerika hatte ich erfahren wie oft solche Berichte weit entfernter Strecken übertrieben seyen und Manches in der Nähe eine ganz natürliche Färbung bekomme, was uns, weit davon entlegen, in fabelhafter Weise ausgeschmückt wurde. Nicht wenig vertraute ich dabei auf mein gutes Glück, das mir in früherer Zeit schon manchmal durchgeholfen, und das Resultat war, daß ich mit einem kleinen deutschen Schooner der unter argentinischer Flagge zufällig im Hafen lag und nach Buenos Ayres bestimmt war, meine Passage abschloß, und mich schon am 16. Mai auf diesem nach der argentinischen Republik hin, einschiffte. In den La Platastaaten und den weiten Pampas Südamerika’s lernte und sah ich mehr, als an Bord eines, von Passagieren dicht gedrängten Schiffes, und was die Gefahren betraf so besaß ich zu vielen Leichtsinn, an die eher zu denken, als sie mir wirklich entgegentraten.

Für alle solche übrigens, welche nach mir Lust haben sollten dieselbe Tour zu unternehmen, möchte ich eine wohlmeinende Warnung hier beifügen, und diese besteht darin, ihre Papiere bei guter Zeit fertig zu machen, damit sie nicht im entscheidenden Augenblick durch irgend eine erbärmliche Kleinigkeit, die ihnen aber förmlich unüberwindliche Schwierigkeiten in den Weg wirft, aufgehalten werden. Nicht allein muß man nämlich seinen Paß von dem Buenos Ayres Consul visirt und ebenfalls von der Polizei die Erlaubniß darauf verzeichnet haben, auf einem anderen Schiffe als mit dem man angekommen, den Hafen wieder verlassen zu dürfen, sondern es ist auch noch eine Erlaubnißkarte nöthig »das Passagiergut von einem Schiff auf das andere schaffen zu dürfen,« und befindet sich zufällig ein »Gewehr« bei diesen Effecten, so fangen Aufenthalt und Kosten an ins Fabelhafte zu gehen, denn das Gewehr muß dann, wenn man nicht andere Mittel und Wege findet dem Rechtsschlendrian zu entgehen, erst ans Ufer geschafft, und – ich glaube mit 40 Procent versteuert, und dann erst wieder an das neugewählte Schiff gebracht werden. Nach zwei Uhr Nachmittags ist aber auch selbst dieß nicht mehr möglich, und der ganze wie der nächstfolgende Tag versäumt, da die Schiffe nur mit der, bis 10 Uhr etwa wehenden Landbrise auslaufen können. Ich meinestheils habe es nur der Freundlichkeit und wirklich aufopfernden Gefälligkeit des Herrn Viceconsuls Heymann in Rio Janeiro zu danken, daß es mir überhaupt möglich wurde allen Anforderungen zu genügen, und mit den nöthigen Papieren von Bord des Talisman und an Bord des San Martin zu kommen; eine geraume Zeit meines kurzen Aufenthalts in Rio ist mir aber durch diese entsetzlichen Weitläufigkeiten wirklich auf das fatalste verbittert worden.

In Rio de Janeiro bekam unser Capitän übrigens noch mit seinen Passagieren, erstlich wegen der Kost und dann unfreundlichen Betragens wegen, Scandal, und außerdem noch sämmtliche Capitäne der dort liegenden deutschen Schiffe auf den Hals, das aber einzig und allein durch eine seiner gewöhnlichen Prahlereien.

Um eine etwas kürzere Reise gemacht zu haben zog er sich zwei Tage von der Ueberfahrt ab, und gab statt 49 Tagen nur 47 an. Dabei hatte er aber die dänische Blokade ganz vergessen, denn statt den 24. mußten wir also den 26. in See gegangen seyn, und in Rio wußte man noch gar nicht anders, als daß an dem Tage die Blokade der Weser und Elbe wieder vollständig in Kraft getreten sey. Capitän Meyer konnte also nicht gut mehr zurück, und log den Leuten nun eine lange Geschichte vor, wie er sich durch die dänischen Kreuzer durchgestohlen, und wie schlau und vortrefflich er es dabei angefangen habe. Damit stieß er aber ganz unerwarteter Weise in ein noch weit schlimmeres Wespennest, denn hierdurch gerieth er in die materiellen Interessen der Capitäne, die in Rio sehnlichst auf Fracht warteten, und nur immer noch durch die schwankenden Nachrichten über die dänische Blokade, ob sie eintreten würde oder nicht, zurückgehalten waren. Verhielt sich aber die Sache so, wie sie Capitän Meyer erzählte, so blieb es ja gar keine Frage mehr – die Weser und Elbe waren blokirt und die Kaufleute von Rio konnten es für jetzt gar nicht riskiren, Ladungen dorthin zu senden.

Natürlich konnte, bei so vielen Passagieren, der genaue Tag unserer Abfahrt aber gar nicht lange geheimgehalten werden; der alte Capitän Valentin bekam es einmal zufällig in einem Gasthaus von einem der Passagiere heraus, und nun ging das Wetter los. Ich selber hatte übrigens zu viel mit meinen eigenen Sachen zu thun mich darum etwa zu kümmern, und hörte nun, daß sie tüchtig zusammengekommen wären.

Der Talisman mußte noch wenigstens eine volle Woche im Hafen bleiben, und da der San Martin augenblicklich segelte, hatte ich die Hoffnung Buenos Ayres zu erreichen ehe mein altes Schiff nur wieder in See ging. Dort konnte ich mich dann einige Wochen aufhalten, und hoffte so immer noch Valparaiso am stillen Meere zu erreichen, ehe der Talisman im Stande war die oft sehr langwierige Reise um Cap Horn zu beenden. Für den Fall aber daß mir irgend etwas passire, oder ich aufgehalten würde, hatte ich vom Cargadeur wie Kapitän des Talisman das feste Versprechen erhalten, daß sie meine Effecten in dem Geschäft von Lampe, Müller und Fehrmann einsetzen wollten, und ich konnte dann später mit einem andern Heydorn’schen Schiffe nach San Francisco nachkommen.

3. Fahrt von Rio de Janeiro bis Buenos Ayres

Den Umständlichkeiten Rio de Janeiro’s glücklich entgangen – meine Büchsflinte mußte ich sogar noch an Bord des San Martin hinüber schmuggeln, – schiffte ich mich am 16. Mai auf diesem kleinen Schooner nach Buenos Ayres ein, und die ersten Tage schien auch ein ziemlich guter Wind unsere kurze Fahrt begünstigen zu wollen. Die Reise kann, wenn Alles zusammenstimmt, recht leicht in fünf Tagen zurückgelegt werden; hatten wir dieß aber erwartet, so sollten wir uns bald gewaltig getäuscht finden, denn der Wind wurde nur zu bald conträr, und am 21. verwandelte ein Pampero die ruhig wogende See in ein wildes, sturmgepeitschtes Meer, auf dem unsere kleine Nußschaale von Fahrzeug auf das unerbittlichste umhergeschleudert wurde.

Pampero ist übrigens ein Wort das der, diese See Befahrende, gerade zu Genüge zu hören bekommt, und mit dem ich den deutschen Leser (der es sich auf solche Art recht gut gefallen lassen kann) ebenfalls etwas vertrauter machen will.

Der Pampero, wie ihn die Seefahrer hier nennen, ist ein ziemlich periodisch wiederkehrender, und selbst in seiner Richtung regelmäßiger Sturmwind, der seinen Namen, da er stets aus Westen und Südwest weht, von den weiten Pampas bekommen hat, über die er daherbraust. Gewöhnlich beginnen die ersten Anzeichen mit einem scharfen Nordwind, der mehr und mehr nach Westen herüberzieht, – kaum ist der Wind ziemlich West, so kommt ein fluthender Regen und in diesem zugleich die erste Bö, das erste Anprallen des Pampero. So rasch und plötzlich setzt aber der wirkliche Pampero ein, und so gewaltig ist er in seiner Kraft, daß schon manches Fahrzeug, dessen Capitän die ersten Anzeichen nicht beachtete oder gar nicht kannte, sämmtliche Stengen über Bord geworfen hat, ehe die oberen Segel geborgen, die unteren gereeft werden konnten, ja wohl auch ganz und gar verloren ging.

Hat der Sturm nun von dieser Richtung ausgetobt, so zieht er gewöhnlich mehr nach Süd, Südost, Ost und Nordost herum und weht dann mäßiger. So schnell wendet er aber dabei und ändert seine Richtung, daß er manchmal schon in fünf Minuten vom scharfen Nord zum wüthendsten Südwesten wird und dann allerdings den Schiffen höchst gefährlich werden muß.

Unser späterer Lootse, ein alter Amerikaner, sagte mir, daß er es schon erlebt habe, wie der Pampero auf solche Art dreimal in 24 Stunden um den Compaß gewechselt sey. Die See geht nach diesen Stürmen ungemein hoch und der Aufenthalt in einem kleinen Schooner ist nichts weniger als angenehm; man wird von einer Seite an die andere geworfen, und weder Ruh noch Rast ist zu finden. Erst am dritten Tag beruhigt sich gewöhnlich das Wasser wieder.

Ein solcher Pampero jagte uns nun am 21., 22. und 23., größtentheils mit dicht gereeften Segeln und nur mittelmäßig unseren Cours verfolgend, auf der See herum, und besonders tröstend war dabei die Aussicht, in ganz kurzer Zeit diesen angenehmen Besuch erneut zu bekommen, da die Pamperos um diese Jahreszeit gewöhnlich mit jedem Mondwechsel, mit Neumond, erstem, letztem Viertel und Vollmond, also den Monat viermal, wiederkehren. Am 25. besserte sich der Wind, und am 26. kamen wir in Sicht des nördlichen La Plata-Ufers.

 

Am 27. waren wir in der Mündung bei der Insel Lobos (Seehundsinsel), die, wie einer meiner alten Lehrer in Leipzig vom Hasen sagte, »ihren Namen wirklich mit Recht führt,« wir sahen Massen von Seehunden in dem jetzt vollkommen ruhigen Wasser, denn der Wind starb bald zu völliger Stille ab, und unser Capitän versicherte mich, er würde das Boot aussetzen, wenn ich einen der Seehunde von Bord aus schießen könne. Um meine gute Büchsflinte nicht auf der See einzuschmutzen und vom Seewasser rosten zu lassen, hatte ich bis dahin meiner Jagdlust Gewalt angethan. Die Gelegenheit war aber zu verlockend – Seehundsjagd im Rio de la Plata und Wild dazu in Masse; ich lud, und zwei Seehunde, die sich gleich nacheinander auf etwa 40 Schritte dem Schiff näherten und das rauhe, aufs äußerste erstaunte Gesicht über Wasser zeigten, büßten ihre Unvorsichtigkeit mit dem Tode. Rasch wurde nun das kleine Boot ausgesetzt, ehe wir aber zu den Erlegten hinkommen konnten, waren sie schon gesunken. Ich schoß jetzt noch nacheinander sechs Stück, meist in den Kopf, ohne aber im Stande zu seyn, auch nur einen einzigen ins Boot zu bekommen; den siebten traf ich endlich, um ihn nicht gleich zu tödten, weil sie dann augenblicklich wegsanken, in den Hals, und als unser Boot, während das verwundete und halbbetäubte Thier auf dem Wasser herumschlug, dicht an ihn hinanglitt, schleuderte der vorn im Bug stehende Matrose die zu diesem Zweck schon bereit gehaltene Harpune auf den Sinkenden. Das war aber gerade so, als ob er das Eisen auf einen Wollsack geworfen hätte, es ging gar nicht durch die weiche, elastische, aber auch zähe Haut, und wäre der tödtlich Getroffene nicht noch einmal selber an die Oberfläche gekommen, wir hätten ihn ebenfalls verloren, so aber erwischte ihn der Steuermann noch glücklich an einer Floße und wir holten ihn über Bord. Es war ein tüchtiger Bursche und trug eine vortreffliche Haut.

Den ganzen Nachmittag hatte sich kein Lüftchen geregt, die See, oder hier vielmehr die freilich ganz der See gleichende Mündung der La Plata lag spiegelglatt und unbewegt, und der Himmel sah so rein aus, als ob er im Leben keine Wolke getragen oder je wieder dulden würde, daß eine solche seine Klarheit verdüstern solle. Erst jetzt, als es gegen Abend ging, erhob sich ein leiser, leiser Luftzug, und die Richtung, aus der dieser wehte, wie die Art, wie er sich rasch veränderte, gefiel unserem Capitän, der dieses böse Wasser schon lange befahren, so wenig, daß er uns augenblicklich mit dem Sprachrohr zubrüllte, an Bord zu kommen.

Wir hatten uns indessen, eifrig mit den Seehunden beschäftigt, den Henker darum gekümmert, wie es sonst um uns aussah, wenn sich aber auch noch kein gefährliches Anzeigen blicken ließ, wußten wir doch Alle zu gut, wie rasch das auf See eintreten kann, und an Bord ist in solchem Falle auch der Barometer ein vortrefflicher Warner, der schon manches Segel, ja manches ganze Schiff gerettet hat. Ohne also auch weiter nur einen Moment zu säumen, ja ohne nur noch einen Schuß auf hie und da emportauchende Seehunde zu thun, mit denen wir uns doch nun nicht weiter aufhalten durften, ruderten wir zum Schiff zurück, so rasch uns die, von vier kräftigen Matrosen geführten Riemen bringen konnten, und kaum dort angelangt, folgte auch schon ein rasch gegebener Befehl dem anderen. Das Boot wurde zuerst wieder durch sämmtliche Mannschaft an Bord genommen, und der Seehund blieb für jetzt unbeachtet darin liegen. Der Capitän hatte indessen noch einmal nach dem Barometer gesehen, und die leichteren Segel kamen gleich darauf herunter, das Marssegel wurde gereeft, und wir waren, kaum damit fertig, als rasch und drohend von Westen her eine dunkle Wolkenschicht aufstieg und der Wind zugleich ziemlich scharf von Norden an zu wehen fing. Besserer Zeichen bedurfte es nicht. Das große Segel wurde jetzt ebenfalls, das Marssegel dicht gereeft, das mainsail ganz fest gemacht, und nun ging der Tanz wieder los. Noch war’s nicht dunkel geworden, als sich der Wind nach Nordwest, dann gegen Westen herumschlug, und bald pfiff wieder, vom fluthenden Regen begleitet, ein so wüthender Pampero über den weiten Strom dahin, daß der Sturm durch die Blöcke und Taue heulte, die See mehr und mehr aufgerüttelt, ihre weißen Kämme in einem wahren Spritzschaum über die Fläche sandte und die kleine Insel, in deren Nähe wir heute herumgeschwommen, schon lange wieder unseren Blicken entschwunden war.

Die ganze Nacht dauerte es so fort; ich wurde zweimal aus der nur mit einer sehr niederen Schutzwand versehenen Coje geworfen, ja selbst der nächste Tag bot uns wenig Besseres. Der eigentliche Pampero, wie der erste und tollste Ansturm des Wetters genannt wird, hatte sich allerdings in etwas gelegt, aber es wehte doch noch trotzdem ein ganz anständiger Sturm, und unser kleines Fahrzeug arbeitete auf eine verzweifelte Weise in den aufgerüttelten Wogen umher, die den Mitteltheil desselben fortwährend bedeckt hielten, und beim Auf- und Niedersteigen ihre klare, perlende Fluth sogar bis dicht an’s ziemlich erhöht liegende Steuer spülten.

Der San Martin – früher »Carl Heinrich« und jetzt nun umgetauft, weil er unter argentinischer Flagge fuhr, war, was die Seeleute ein »tüchtiges Seeboot« nennen, und segelte besonders gut; dieß konnte aber natürlich nicht verhindern, daß das kleine Ding von der hochgehenden See auf das unbarmherzigste umhergeworfen wurde, und wir selber flogen in der Cajüte, wenn man sich nicht wirklich aus Leibeskräften festhielt, bald aus dieser Ecke in jene, mit dem einzigen Vortheil, daß man nie an seine alte Stelle zurückzu gehen brauchte, weil uns die nächste Bewegung gewöhnlich schon selber dorthin, oder doch in die nächste Nähe, zurück brachte. Beim Essen lag, wie bei allen Schiffen in schlechtem Wetter, ein Gestell von Querleisten auf dem Tisch, die Teller am Hinunterrutschen zu verhindern. Das unsere war gute zwei Zoll hoch, und doch sprangen sie oft darüber hin. Keinen Löffel Suppe konnte man als errungen betrachten, bis er nicht wirklich hinuntergeschluckt war, und wenn man bei Tisch kühn genug seyn wollte, mit beiden Händen zu essen, so mußte man sich wenigstens indessen mit den Beinen festhalten. Es war eine traurige Existenz und der Wind blies uns dabei so in die Zähne, daß wir nicht allein gar keinen Fortgang machen konnten, sondern im Gegentheil wieder weit zurück und in See hinausgetrieben wurden. Seevögel gab es hier in fast unglaublicher Menge.

Wegen des Kriegs zwischen Buenos Ayres und Montevideo, wobei Rosas die Stadt Montevideo von der Landseite her fest eingeschlossen hielt, konnten diese keine Provisionen und besonders kein Fleisch aus dem inneren Lande bekommen, und zahlreiche Fahrzeuge waren beschäftigt gewesen, Rinder von Rio Grande aus Brasilien nach Montevideo hinaufzuführen. Der San Martin war ebenfalls früher zu diesem Geschäfte verwendet worden, ehe er die argentinische Flagge führte. Diese kleinen Schooner wurden nun nicht selten, von einem tüchtigen Pampero überrascht, genöthigt, ihr Vieh über Bord zu werfen, und da auch selbst auf glücklichen Reisen einzelne Stücke immer daraufgingen, so trieben fast ununterbrochen todte Rinder in der Mündung des Stromes herum. Dadurch aber hatte sich eine wahre Unmasse von Seevögeln hierhergezogen; Albatrosse, Captauben und Gott weiß, wie viel verschiedene Arten von großen und kleinen Möven, so daß sie manchmal zu Tausenden über die aufgerüttelten Wogen strichen und das Schiff fortwährend kreischend umzogen.

Am zweiten Tage des Sturms hatten wir ein eigenes Schauspiel, das ich, im Leben nicht vergessen werde. Die See ging sehr hoch, der heulende West peitschte noch toll und wild hinein und das kleine schwergeladene Fahrzeug – Capitän Hauschild kam mit Salz von den capverdischen Inseln – ächzte und arbeitete mühselig gegen die immer neu herandrängenden Wassermassen an, als der Ruf eines, vorn auf der Back stehenden Matrosen unsere Aufmerksamkeit dorthin lenkte. Der Mann sah leichenblaß aus und deutete nach vorn, vor dem Bug aber schwamm auf den Wogen ein großes hölzernes Kreuz, das die erregte Fluth irgendwo vom Lande mußte losgerissen haben, und gerade jetzt hob es die andrängende Welle aufrecht empor, daß es fast senkrecht gerade vor dem Bug des Schiffes stand – im nächsten Augenblick verschwand es, die Fluth trug es unter oder neben uns hin, ohne daß wir es bemerkten, und wenige Secunden später stieg es dicht hinter uns wieder aufrecht in derselben Art empor.

Wer abergläubisch gewesen wäre, hätte das allerdings gar leicht für ein böses Omen halten können, und überdieß ist der La Plata, über den nur, selbst bis jetzt noch, sehr unvollkommene Karten existiren, mit seinen flachen Ufern und gefährlichen Sandbänken, ein gar böses Wasser, das schon mancher armen Schiffsmannschaft das Leben gekostet hat, wir kümmerten uns aber wenig um das Omen, denn eben wurde die Leber des später ausgeschlachteten Seehunds aufgetragen und das frische Fleisch roch zu einladend, nicht alle anderen, noch dazu trüben Gedanken zu verscheuchen.

Am dritten Tag legte sich der Sturm zwar, der Wind drehte aber, statt nach dem Süden herumzugehen, wie er das nach einem Pampero fast jedesmal thut, nach Norden herum, und faßte uns da in eine nördlich durch Land abgegrenzte Bai, aus der wir, gegen Wind und Strömung an, mehre Tage gar nicht herauskreuzen konnten. Endlich, am 16. Tag unserer Ausfahrt von Rio de Janeiro, erreichten wir die am rechten Ufer gelegene punta del Indio, der gerade gegenüber ein Leuchtschiff ankert, das auch zugleich Lootsen für die einlaufenden Schiffe an Bord hat. Hier bekamen wir ebenfalls einen Lootsen, einen alten Amerikaner, der seiner Aussage nach den Fluß auf das genaueste kannte, und uns bald nach Buenos Ayres zu führen versprach.

Das zu unterstützen bekamen wir noch an demselben Nachmittag einen tüchtigen Südoster, und liefen nun von einer herrlichen Brise den jetzt schon gelb und trüb werdenden breiten Strom hinauf.

Wie schon gesagt, ist der La Plata einer der am schlimmsten zu befahrenden Ströme der Welt; nirgends bietet sich dem Schiffer eine Landmark, sein Fahrzeug danach zu steuern, die Strömung ist, der Breite und der vielen Untiefen des Stromes wegen, ebenfalls unbestimmt, aber nichts destoweniger stark, und die einzige mögliche Art, das Schiff zu führen, mit dem Loth oder Senkblei. Ununterbrochen steht denn auch, von dort an, wo die eigentlichen Sandbänke beginnen, ein Mann außen von der Schanzkleidung, der sich erst durch ein festgeschlagenes Tau vor dem Wegfallen gesichert hat, und wirft das Loth – oft Einer an jeder Seite, und danach steuert der Lootse, der den Grund hier sehr genau kennen muß, das Schiff.

Solcher Art liefen wir die ganze Nacht durch, und in der Dunkelheit war es gerade kein angenehmes Gefühl, rechts und links Bänke zu wissen, die, nur bei der geringsten Fahrlässigkeit, Schiff und Mannschaft zu Grunde richten konnten.

An dem allen gingen wir aber rasch und sicher vorüber und Morgens um 2 Uhr sahen wir uns der Außenrhede von Buenos Ayres, die wir aber natürlich nur an den dort vor Anker liegenden Schiffen erkennen konnten, gerade gegenüber. Die Fluth, von dem Südosten verstärkt, hatte uns dermaßen begünstigt, daß wir zwei Stunden eher nach Buenos Ayres kamen, ehe es der Lootse, der uns noch viel weiter zurück glaubte, erwartet hatte, und wir konnten von Glück sagen, daß uns der Irrthum desselben nicht irgendwo auf den Sand setzte.

Wie es war hielten wir rasch ein paar Strich höher, nahmen die leichten Segel nieder, braßten die andern etwas mehr an, und liefen mitten zwischen die Schiffe hinein, unter denen wir, am ersten günstigen Platz angekommen – den Anker in die Tiefe rollen ließen.

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