Бесплатно

Südamerika

Текст
0
Отзывы
iOSAndroidWindows Phone
Куда отправить ссылку на приложение?
Не закрывайте это окно, пока не введёте код в мобильном устройстве
ПовторитьСсылка отправлена

По требованию правообладателя эта книга недоступна для скачивания в виде файла.

Однако вы можете читать её в наших мобильных приложениях (даже без подключения к сети интернет) и онлайн на сайте ЛитРес.

Отметить прочитанной
Шрифт:Меньше АаБольше Аа

Alles was er gepflanzt hatte schien vortrefflich zu gedeihen, die Felder und Holzpflanzungen waren mit Aloe dicht umzäunt und gegen das Eindringen der Thiere vollkommen gesichert, er hatte tüchtige Pferde, einen, aber natürlich draußen weidenden sehr guten Viehbestand, und zog durch die Nähe der Stadt schon durch Milch und Butter einen nicht unbedeutenden pecuniären Nutzen.

Der Mann war aber auch in anderer Hinsicht ein ächter amerikanischer Farmer geworden, und hätte sich seinen Brüdern in Nordamerika ohne weiters anreihen können – er schimpfte aus Leibeskräften auf die Deutschen und meinte, diese sollten nur um Gottes Willen nicht auswandern oder nach Südamerika kommen, denn arbeiten wollten sie doch nicht, und zum zugucken brauchten sie Niemanden mehr, da hätten sie gerade genug. Er beschäftigte auch eine Anzahl von Spaniern auf seinem Grundstück – Einzelne warfen Gräben aus, an denen hier die Cactus und Aloehecken gepflanzt werden, Andere entnahmen den dichten Reihen der letzteren junge Schößlinge, neue Schutzfenzen damit anzulegen; wieder Andere hieben junge Pfirsichstämme ab, und banden sie zu einer bestimmten Größe von Bündeln, zum Verkauf in die Stadt zusammen, denn so arm ist dieser Theil der Welt an Holz, daß wirklich Pfirsichholz, nur zu diesem Zweck angebaut, den größten Theil des Brennmaterials liefert. Nirgends beschäftigte er aber Deutsche und versicherte uns, wenn er auch einmal einen deutschen Arbeiter kriegte, so verdienten sie gewöhnlich das Brod nicht, denn erstens wollten sie nicht arbeiten, und dann forderten sie den dreidoppelten Lohn von dem, was er dem fleißigsten Spanier gäbe.

Ich konnte natürlich nicht untersuchen ob der Mann recht hatte, jedenfalls war aber seine Klage, wenn auch wohl hie und da begründet, doch im Allgemeinen übertrieben. Die Leute die schon in Deutschland nie gearbeitet haben, und nun mit den extravagantesten Erwartungen nach einem fremden Welttheil auswandern, mögen natürlich dort ebenfalls nichts thun, ja selbst die arbeitende Klasse hat sich meist immer so eine kleine Beihoffnung mitgebracht, nach der es in dem fremden Welttheil doch wohl ein Bischen leichter für die Sehnen gehen könnte, als in dem alten Vaterland – wenn sie das auch eben nicht deutlich ausspricht, und ist dann im Anfang eben nicht angenehm überrascht, wenn sie das nicht bestätigt findet; diese Letzteren richten sich aber gar bald auch in das Alte Gewohnte wieder ein, und werden gute Arbeiter und Landbebauer.

Von dort ritten wir noch nach einigen anderen Estancias hinüber, bei denen wir aber die Eigenthümer nicht selber aufsuchten, und kamen zuletzt an ein altes wunderliches Gebäude das, wie mir mein Geleitsmann sagte, in früherer alter Zeit einmal eine Kirche und ein Kloster gewesen sey, für die Deutschen hier aber auch noch in anderer Beziehung wichtig und interessant wäre, da es den damals von Rosas herübergezogenen Einwanderern für längere Zeit zum durch die Regierung angewiesenen Aufenthalt gedient hätte. Diese deutschen Arbeiter sollten nämlich gerade in einer Periode eingetroffen seyn, wo sie der Gouverneur, mitten in der politischen Aufregung, unmöglich gleich unterbringen und verwenden konnte; er hatte nicht einmal Arbeit für sie, wie trefflich er sich aber damals gegen die Deutschen benommen hätte, konnte der alte Bursche nicht genug rühmen. Ihnen wurde nicht allein das alte Kloster zum Aufenthaltsort angewiesen mit den nöthigen Provisionen für Frau und Kind, nein die Männer bekamen auch noch ihren trefflichen Tagelohn ausbezahlt, ohne daß sie auch nur zu irgend einer Arbeit aufgefordert gewesen wären.

»Das waren Zeiten« rief mein alter Deutscher, und hielt sein Pferd an, sich beim Reiten, denn sein Thier trabte ein wenig hart, nicht vielleicht einmal aus Versehen die Zunge abzubeißen, »das waren Zeiten, alle Tage unser gutes Essen, dreimal so gut wie wir’s in Deutschland gehabt, und unser Tagelohn, viermal so viel wie wir hätten dort verdienen können und »gar nischt« dabei zu thun – und das dauerte viele Monate – da haben wir uns von der Seereise recht erholen können – und wie wir ja nachher was schaffen sollten, da konnte man sich auch noch immer mit größter Bequemlichkeit drum herum drücken, aber der Lohn ging fort.«

Eine ebenso nützliche Bevölkerung schien Rosas jetzt darin zu halten, eine Anzahl der leeren Zellen war nämlich von einem Schwarm Pampasindianern eingenommen, die von Rosas besiegt und gefangen genommen, hier von ihm friedlich gehalten und ernährt wurden.

Ob er selber so friedlich gegen diese, ihm stets feindlich gesinnten und blutdürstigen Stämme dachte, will ich dahingestellt seyn lassen, aber er durfte die rachsüchtigen Horden, denen das ganze Innere seines Landes preisgegeben lag, auch nicht unnöthig reizen und zur Vergeltung treiben, und deßhalb wurden diese Kinder der Steppe hier in ihrer Gefangenschaft, in der sie aber anscheinend ganz frei herumgingen, so gut und nachsichtig behandelt wie nur irgend möglich.

Dicht an der Stadt sollte noch ein ähnliches aber viel stärkeres indianisches Lager des nämlichen Stammes seyn, der ebenfalls den Platz nicht wieder verlassen durfte.

Es war eine, nicht sehr große, aber gedrängte kräftig muskulöse Menschenrace den nordamerikanischen Indianern, besonders in Haar und Farbe gar nicht unähnlich und um die einzelnen, in dem weiten Hofraume errichteten Lagerfeuer kauerten die verschiedenen Familien, ihrer Mahlzeit entgegenharrend. Die Männer standen dabei oft auf, und schritten gravitätisch, in ihre Decken geschlagen, in den Gängen herum, während die Frauen die kleinen dürftigen Feuer zusammenschütten und in Gluth zu halten suchten, damit das dicht daran gehangene Fleisch wenigstens in etwas durchbraten und gar werde.

In ihren Zimmern, wenn eine Art offener Ställe überhaupt so genannt werden kann, sah es ebenfalls wild genug aus – die Lagerstätten, meist von Bambusstöcken hergerichtet, waren etwas vom Boden erhöht – ein eigener Luxus den sie hier mit dem Schlafen trieben; ein paar wollene Decken und selbstgewebte Ponchos und Cheripas bildeten das ganze übrige Ameublement, denn sie wurden zugleich zu Tischen wie Stühlen verwandt; man hätte denn noch ein paar Pferdeschädel dazu rechnen wollen, die den Familienvätern zu Lehnsesseln zu dienen schienen.

Das ganze Gebäude sah dabei wild und schaurig genug aus – nicht ein einziges Fenster war noch mit einem gesunden Schalter versehen – die Thüren hingen theils hie und da in einer Angel, und schlenkerten und klapperten mit dem Luftzug hin und wieder, oder waren auch schon großentheils von den darin gerade nicht scrupulösen Söhnen der Steppe, zu Feuerholz klein geschlagen und aufgebraucht worden.

Selbst die alte Kapelle schien von den gierigen Händen der Zeit, und den fast noch gierigeren der Menschen, nicht verschont geblieben. Die Wände standen, ihres früheren Schmucks beraubt, kalt und kahl da, nur hie und da hingen noch ein paar alte verwitterte Zierrathen, die es den Leuten nicht der Mühe werth gewesen seyn mochten aus ihrer etwas unbequemen Höhe herabzuholen, in einer der Ecken; in einer zusammengebrochenen Nische stand auch ein kaum mehr erkennbares Steinbild von einem – Heiligen oder Götzen – es wäre schwer gewesen das jetzt zu bestimmen. Wenn aber auch alles übrige Holzwerk, eben wohl zu Feuerung, herausgebrochen seyn mochte, hatte man doch den Altar, vielleicht in einer Art Ehrfurcht der selbst den heidnischen Pampas vor dem Gott der Christen eingeprägt seyn mochte, stehen lassen, und sogar die alte, schwer gestickte Altardecke hing noch, wenn auch in Fetzen und schon fast verwittert, von dem vorderen Theil desselben herunter.

Ich wanderte lange Zeit in dem alten wunderlichen Gebäude umher, so lange daß es mein kleiner Begleiter zuletzt schon herzlich satt bekam, und mich frug, was man in den verwetterten windschiefen Nestern denn nur so ewig zu schauen finden könnte. – Da ich daran verzweifelte ihm das je begreiflich machen zu können stiegen wir endlich wieder auf unsere Pferde und ritten weiter.

Auf dem Rückweg besuchte ich die Quinta oder das Lustschloß des Gouverneurs, das Fremden stets offen steht – sie liegt etwa eine Stunde Wegs von der Stadt entfernt höchst angenehm dicht am Strom, und der Blick erfreut sich dort zum erstenmal wieder an grünen schattigen Bäumen, die das niedere, von Säulengängen umschlossene Lusthaus dicht umgeben. Der Aufenthalt muß hier, besonders im Sommer, reizend seyn, nur die Berge fehlen dem Hintergrund und dem Auge dadurch auch die freundlichen, weit hinausschweifenden Gebirgshänge mit ihren kühlen Schluchten und moosigen Felsen. Alles ist flach, und es kommt Einem manchmal ordentlich das Gefühl, als ob man sich hoch über die Ebene emporheben und froh aufathmend das weite schöne, aber noch so wilde Land überschauen möchte.

Der Platz um die Quinta her ist ungemein gut im Stand erhalten und eine Sorgsamkeit auf die kleinste Pflanze verwendet die besonders dann einen fast wohlthätigen Eindruck auf den Beschauer macht, wenn man die wilden Gestalten dabei sieht, die hier mit vorsichtiger Hand Bäume und Blumen pflegen.

Zu den Merkwürdigkeiten der Quinta gehört eine amerikanische Brigg, die einmal bei einem heftigen Südoster hier auf das Land getrieben, und später von Rosas angekauft wurde. Jetzt steht sie hoch und trocken mitten zwischen den sie umschmiegenden Weiden, über welche die beiden Masten hoch und kahl hinausragen. Sie ist übrigens im Innern sehr elegant zu einem einzigen Salon hergerichtet und eine bequeme Treppe daran hinaufgebaut.

Zu den Wundern dieser Brigg gehörte, wie mir erzählt wurde, früher auch noch eine darin aufgestellte Drehorgel, die Rosas einmal früher Gott weiß welchem wandernden Prager abgekauft – die Spanier aber, welche die Brigg besuchten und die Orgel spielten, sollen erst auf die richtige Art herumgedreht und nachher versucht haben, das Instrument »abzurichten« um es auch rückwärts musiciren zu machen, was aber die Stifte wohl nicht vertragen konnten, die Orgel mußte wenigstens später, gänzlicher Unmöglichkeit wegen auch nur noch einen einzigen Takt weder nach rechts noch links herum aus ihr herauszudrehen, entfernt werden.

 

Der Eintritt zu diesem Fahrzeug ist, wie bei der Quinta, den Fremden auf das gastfreundlichste geöffnet, und selbst die dort Wache haltenden und die Beschauer herumführenden Soldaten sind auf das strengste angewiesen kein ihnen gebotenes Geschenk zu nehmen.

Besonders gut hat mir bei der Anlage seines Lustorts gefallen, daß der Gouverneur, alles Fremdartige und Fremde verschmähend, die wilden Thiere seines eigenen Landes hierher verpflanzt hat und hält. So steht man in einem weiten, von niederem Eisengitter umschlossenen Raum eine Anzahl der südamerikanischen Strauße oder Casuare; in einem der kleineren Gebäude liegt, an allerdings etwas sehr dünner Kette, und sonst ganz frei, ein prachtvoller argentinischer gefleckter Tiger – dem asiatischen ganz gleich, nur etwas kleiner, und in einem Käfig nicht weit davon entfernt, ein Kaguar oder amerikanischer Löwe. Dem Tiger sind übrigens die Zähne abgefeilt und die Krallen dicht beschnitten so daß er, wenn er sich losrisse, einen Menschen höchstens todt quetschen könnte.

Selbst die fernen Kordilleren haben zu dieser kleinen Creolemenagerie, wie sie in Louisiana sagen würden, einen Tribut liefern müssen, denn auf einer, von tiefem Graben umzogenen und Aloe, Cactus und Dornhecke dicht umschlossenen Wiese, grasen drei Lama’s und Guanaka’s.

Auf dem Heimritt hielten wir uns etwas länger bei den Kasernen auf, die gleich unterhalb der Quinta stehen. Es sind das lauter kleine, nicht weit von einander und zwar einfach genug errichtete Hütten, die ein förmliches feststehendes Lager bilden, in dem die Soldaten mit ihren Familien wohnen. Das Ganze hat auch in der That mehr ein indianisches als civilisirtes Ansehen, und die Soldaten, die hier ganz nach indianischer Weise leben und lagern, können wirklich fast mehr zu wilden als civilisirten Stämmen gerechnet werden.

Diesem entsprechend, sieht auch ein großer Theil des Militärs wunderlich und wüst genug aus, rauh und abgerissen, eher einer Räuberbande als einem anständigen Heere gleich – ich verlange wahrhaftig keine Kamaschendisciplin und je einfacher die Soldaten gehalten werden, desto weniger sind sie ein »theueres Spielzeug« des Fürsten, aber einerlei Hosenbeine können sie denn doch haben, und wenn sie nun einmal am linken Fuß keinen Schuh erzwingen können, so sollten sie es wenigstens wie ihr Nebenmann machen, und den vom rechten ebenfalls herunter lassen.

Uebrigens sollen es tüchtige Burschen seyn, und sich in den früheren Kriegen schon wacker geschlagen haben. – Mir wurde gesagt daß sie wie die Mauern stehen – wenn man sie nur einmal vor dem Davonlaufen bewahren kann.

Die reguläre argentinische Kavallerie hat dagegen ein desto pittoreskeres, ja wirklich romantisches Ansehen. Die dunkelblauen Ponchos mit weißen Randstreifen und rothem Futter, die gleichen langen und spitzen Mützen vorn mit den Zipfeln herumgelegt und befestigt, machen sich vortrefflich. Dabei tragen sie eben solche blaue mit weißen Litzen besetzte Cheripa und weiße befranzte Leggins.

Auch eine Abtheilung der regulären Infanterie sieht originell und gut aus. Diese ist ganz in die Nationalfarbe – roth – gekleidet. Feuerrothe spitze Mütze – eben in der Art wie bei der Kavallerie getragen, feuerrothen Poncho mit weißen Streifen rings herum und eben solche Cheripa gleichfalls mit weißen befranzten Leggins oder Unterhosen.

Eines eigenen Gesetzes muß ich aber hier, da ich gerade von dem Militär spreche, erwähnen. In früheren Zeiten wo die Miliz noch in Masse aufgeboten wurde und häufig in der Stadt exerciren mußte sich einzuüben, geschah es oft daß Fremde die nicht militärpflichtig waren, also an diesen Uebungen auch nicht theilzunehmen brauchten, über die, vielleicht etwas abenteuerlichen Gestalten lachten und ihren Spaß darüber hatten. War dieß nun die Ursache, oder mehr der angegebene Grund: »daß Fremde in der Zeit, welche argentinische Bürger dem Wohl des Staates opfern mußten, nicht allein Geld verdienen, und diese dadurch doppelten Schaden leiden sollten,« kurz das Gesetz erschien, und war noch damals in Kraft, daß sich Niemand, so lange zu gewissen angesetzten Stunden (meistens Sonntags) exercirt wird, bei Strafe arretirt zu werden, auf der Straße dürfe blicken lassen. Alle Läden waren gesperrt, und selbst der Aufenthalt auf den flachen Dächern zu dieser Zeit untersagt.

So strenge wurde dieß Gesetz dabei gehalten, daß sich selbst auf dem Lande, wenn dort draußen Manöver war, Niemand durfte sehen lassen; keinem Reisenden war es erlaubt in solcher Zeit und in der Gegend seinen Weg fortzusetzen, und sogar die Hirten mußten in ihre Behausungen zurück. Die einzige Ausnahme fand bei den Schafheerden statt, bei denen ein Schäfer bleiben durfte.

Von diesem kleinen Ritt, der mich kaum aus der nächsten Umgebung der Stadt, und noch nicht einmal aus den Hecken der Felder hinausbrachte, zurückgekehrt, bekam ich eine Einladung des Bremer Consuls, Herrn *** seine, etwa drei Leguas, etwa neun englische Meilen entfernte Estancia zu besuchen.

Mir war dieß aus zwei Gründen sehr angenehm, denn erstens lernte ich dadurch einen kleinen Theil des Inneren kennen, und zweitens übte ich mich ein wenig im Reiten – ich wünschte mich selber erst einmal wieder zu probiren ob ich auch einen so langen anstrengenden Ritt, wie ich jetzt vor mir hatte, gut aushalten würde.

Das ging jedoch besser als ich erwartete, denn wenn ich auch in Nordamerika wochenlang hintereinander im Sattel gehangen hatte, war ich doch wieder die langen Jahre in Deutschland nur sehr selten »an Bord eines Pferdes« gekommen. Ich empfand nicht die geringste Unbequemlichkeit, ja im Gegentheile ergoß es sich mir ordentlich wieder wie mit neuer frischer Lebenskraft durch die Adern nach so langer Seereise die frische herrliche Luft einathmen und auf einem starken kräftigen Thier über die Ebene dahinbrausen zu können.

Nur zu sehr beengt fand ich mich noch im Anfang durch Hecken und Gebäude – mich drängte es wieder einmal, frank und frei hinaus in das wilde ungehemmte Leben zu tauchen, und Alles was mich an Civilisation erinnerte war dabei meinen Gefühlen eine Art Hemmschuh. Hier beginnen aber erst die ordentlichen Pampas, denn bis dahin findet man doch noch einen kleinen Hügel oder wenigstens etwas erhöhtes Land, mit einzeln zerstreutem Buschwerk oder Anpflanzungen von Pfirsich-, Paradies- und andern Bäumen, weiter hinein aber soll das ganz aufhören, und das Auge nichts finden auf dem es haften könne als eine einzige ununterbrochene, meerähnliche Fläche.

Ansiedlungen kann man übrigens diese Estancia’s gar nicht nennen; es sind nur Gebäude mit mehren Einfriedigungen, Vieh darin zu halten, und die Bewohner derselben machen auch nicht den mindesten Versuch selbst nur das zu bauen was sie für sich allein zu Brod oder Gemüse brauchen könnten. Fleisch ist die einzige Nahrung; der Südamerikaner ißt hier wirklich »Fleisch zu Fleisch,« und alles fast was er braucht weiß er den Thieren die er schlachtet abzugewinnen.

Diese Plätze im Innern des Landes haben dann aber auch wahrlich nicht das Gemüthliche, Wohnliche, Sichere einer europäischen Landwirthschaft. Das reinlich stille Treiben eines Landguts, dessen Bewohner sich hauptsächlich von Vegetabilien nähren, fehlt ihnen ganz; überall bezeichnet Tod und Verwesung das rauhe Handwerk des Viehzüchters. Wohin das Auge, besonders in der Nähe der Häuser, blickt, sind Spuren von geschlachteten oder gefallenen Stücken Vieh zu sehen; überall liegen Häute, Schädel, Eingeweide, Hörner, Hufe, Knochen, Blutspuren; tausende und tausende von Aasgeiern, Raubvögeln und Möven umschwärmen diese Plätze, und die Nase muß sich erst wirklich an den im Anfang widerlichen frischen und faulen Fleisch- und Blutgeruch gewöhnen.

Die sonst friedlichen und eigentlich nicht fleischfressenden Hausthiere lernen sich ebenfalls in das Unvermeidliche fügen und verändern ihre Natur, Hühner und Gänse, selbst die Truthühner leben allein vom Fleisch, und die Schweine werden davon gemästet. Ueberall liegen frische Häute ausgespannt oder hängen zum Trocknen auf, und besonders in der Nähe der Stadt, wo die großen Saladéros oder Schlächtereien sind, begegnet das Auge, wohin es sich auch wendet, den Spuren der Verwesung. Sechs bis acht Fuß hohe Mauern sind allein ganz von Stierköpfen, die Hörner alle gleichmäßig übereinandergelegt, errichtet, ja die Vertiefungen der Straße selbst mit Gebeinen und Knochen ausgefüllt. So sah ich z. B. eine Stelle, wo Tausende und Tausende von unschuldigen Schafsköpfen dazu dienen sollten, eine sonst unbezweifelte Riesenpfütze in befahrbare Chaussee zu verwandeln. Ist es da ein Wunder, daß die Bewohner dieses Landes, von nichts als Fleisch genährt, fortwährend schlachtend und immer von Blut und Verwesung umgeben, selber wild und blutdürstig sind, und nur zu oft ein Menschenleben nicht höher halten als das eines Stiers oder Pferdes? Die rein animalische Nahrung muß den Menschen nothwendig verwildern, und die an das Messer gewöhnte Hand wird mit dem Gebrauch desselben zu sehr vertraut, es nicht auch manchmal mißbrauchen zu sollen, oder doch wenigstens in »unbeschäftigten Stunden« damit zu spielen.

Einen freundlicheren Anblick gewähren übrigens die weiten, nur vom Horizont begrenzten Wiesen, auf denen zahlreiche Heerden von Rindern, Schafen und Pferden, theils in zusammenhaltenden Massen, theils einzeln zerstreut werden. Eine ungeheure Menge von wildem Geflügel belebt dabei jeden anderen Platz, und nicht allein Raubvögel, sondern auch wilde Enten, Gänse, Schwäne, Reiher, Flamingos etc. durchziehen die Luft, oder stehen in dem Sumpfwasser der Steppe.

Die Jagd auf Wasservögel ist hier in der That ungemein ergiebig, und ich habe selbst in Louisiana, wo es doch wahrlich Enten und Schnepfen zur Genüge gab, nichts Aehnliches gesehen. Wir gingen nur ein einzigesmal mit den Flinten hinaus, und zwar mehr um die verschiedenen Gattungen Wild zu sehen, als viel davon zu schießen; ich fand aber wirklich meine kühnsten Erwartungen übertroffen.

Das Wild, was wir in etwa einem halben Tag sahen, war: Schwäne, wilde Gänse, viele Arten von Enten und Tauchern. Zwei Arten von Flamingos, eine rosenrothe Art, die besonders wunderschön aussah wenn sie mit ausgebreiteten Flügeln aufstieg, und eine andere, etwas größere mit dunklerem Roth und Schwarz. Unzählige Kibitze, die ebenfalls eßbar sind, hier aber, da man doch genug Geflügel hat, selten erlegt und dadurch fast zahm werden; Wasserschnepfen, Becassinen in förmlichen Völkern von 80 und 90 Stück, Strandläufer, eine Art Wassertruthahn, so groß wie ein gewöhnlicher Truthahn, aber nicht genießbar, dann einen anderen Vogel von der Größe eines Birkhuhns, auch wohl noch etwas größer, der ein so delikates Fleisch haben soll wie der Fasan; ferner Gott weiß, wie viele Gattungen von Raubvögeln, Aasgeiern, Möven und kleinen Eulen, Reihern und Störchen.

Außerdem gibt es hier noch in ungeheurer Menge ein Thier, das sehr große Aehnlichkeit mit dem Hamster hat, in Größe und Lebensart aber fast dem Dachs gleichkommt. Es lebt in Höhlen, in den Steppen, und kommt gegen Abend ins Freie. Ein junger Bremer, Namens Cäsar, der so freundlich war, mich dort herumzuführen, schoß eines, damit ich es näher beschauen konnte; wenn man aber darauf ausging, glaub’ ich sicher, daß man, besonders in mondhellen Nächten, gerade so viel deren erlegen könnte, wie man Ladungen von Pulver und Schrot bei sich hat. Es gibt Tausende davon in den weiten Wiesen.

Eine eigene Art von Ottern belebt hier ebenfalls die Gewässer in großer Anzahl, gegen die sehr ergiebige Jagd derselben hat aber Rosas ein Gesetz erlassen, ihren Nutzen für seine Soldaten aufzusparen, wenn sie aus dem Krieg mit Montevideo zurückkommen würden. Das Erlegen der Strauße oder Kasuare ist ebenfalls bei harter Strafe untersagt, weil die Thiere nicht so rasch sollen ausgerottet werden.

Höchst interessant war es mir, auf der Estancia einen Deutschen zu finden, der diese verwaltete, und nicht weit davon entfernt eine eigene zum Grundeigenthum hatte. Zufälligerweise fand ich in ihm sogar einen Sachsen, Herrn Papsdorf, der mir Manches bestätigte, was ich auf meinem früheren Ausflug in das Land gehört hatte, und noch außerdem manche vortreffliche und nützliche Mittheilungen machte.

Er hatte sich übrigens vollkommen naturalisirt, wie eine Tochter des Landes geheirathet, und seine Söhne hingen, in Cheripa und Poncho, wie ächte Gauchos auf den Pferden und warfen den Lasso so geschickt, wie irgend ein anderes der wilden Steppenkinder.

Das, was ich durchschnittlich über die Verhältnisse des Landes und besonders dieser Estancias hörte, ist etwa das Folgende.

 

Das Eigenthum ist jetzt hier, wie mir von allen Seiten unwidersprochen versichert wurde, vollkommen geschützt, und Todesstrafe droht meistens, bei fast geringen Uebertretungen, den ertappten Verbrechern. Ich würde aber übertreiben wollte ich sagen, der eigentliche Charakter des Volkes selber sey dadurch ebenfalls vollkommen im Zaume gehalten. Der argentinische Gaucho ist gar geschwind mit seinem Messer bei der Hand, und trotzdem, daß es ihm in der Stadt auf das Strengste verboten ist es zu tragen, fallen doch nur zu häufig noch Mordthaten, selbst in den Straßen, vor; diese rühren aber fast jedesmal von Streitigkeiten untereinander her, und, es soll dann auch, wie das ja ebenfalls an anderen Orten der Fall ist, das schlimmste Volk gerade in der Stadt versammelt seyn. Sehr weit im Inneren bedrohen allerdings die Indianer nur zu oft einzeln gelegene Estancias, und überfallen und morden die Bewohner; so weit braucht sich aber auch der deutsche Ansiedler, für den noch Land in Masse in der nächsten Nähe ist, nicht hinaus zu wagen, und in den benachbarten Provinzen hat er dann von den Eingeborenen, den »Pampasindianern« nichts zu fürchten.

Sonst aber bietet dieses Land dem deutschen Auswanderer jeden Vortheil, den ihm nur irgend ein anderer Welttheil bieten kann. Das Klima läßt kaum etwas zu wünschen übrig; Krankheiten fallen allerdings vor, sollen aber keineswegs bösartiger Natur seyn. Der Boden ist, ungleich den meisten Prairien in Nordamerika, in den Pampas fast überall vortrefflich und liefert, selbst mit der ungemein einfachen Bearbeitung, herrliche Ernten. Der Hauptnahrungszweig des Landes ist übrigens, wie auch die Produktenausfuhr von Häuten, Fleisch, Talg, Wolle ec beweist, die Viehzucht und einen ziemlich deutlichen Begriff von der Masse Viehs, die sich hier befindet, und der Leichtigkeit, mit der es gezogen werden kann, mag eine kurze Uebersicht der verschiedenen Preise hier an Ort und Stelle geben.

Die Preise sind nach spanischen Dollaren gerechnet.

Von Rindern, als dem Hauptnahrungszweig, kostet hier ein geschnittener fetter Ochse von 2 ½ Jahr etwa 2 ½ Dollar. Ein geschnittener fetter Ochse von 3 Jahr etwa 2 2/3 Dollars. Eine Kuh 2 bis 2 3/4 Dollars. Eine zahme Milchkuh wird (mit Kalb) bis zu 5 Dollars bezahlt.

Kauft man das Vieh aber in der Heerde, wie es jedesmal beim Beginn einer Ansiedlung geschieht, so bezahlt man es durchschnittlich mit ¾ bis zu 1 Doll. Man reitet bei einem solchen Kauf einen Theil einer Heerde, je nachdem man nun viel oder wenig Kapital daran wenden kann oder will, ab, und zählt dann die also abgeschlossenen Thiere. Kälber werden aber auf diese Art nicht mitgerechnet, sondern dreingegeben.

Von Pferden kostet ein zahmes Reitpferd gewöhnlich 5 bis 5 ½ Doll., ein noch unzugerittener Wallach aber die Hälfte. (Hengste werden höchstens mit einem Dollar bezahlt – eine Stute kostet von ¾ bis 1 Doll. – Stuten werden übrigens hier nie geritten.)

Der Preis der Schafe ist wohl der verschiedenste, denn man hat hier die sogenannten feinen Merinoschafe, die bis zu 6 Doll. das Stück bezahlt werden. Das betrachten die hiesigen Landwirthe aber als einen enormen Preis, und es müssen dann ganz außergewöhnlich schöne Thiere seyn. Im Ganzen ist der Durchschnittspreis für gute Schafe hier etwa 1/3 Doll. das Stück (also etwa 15 Sgr.), kauft man sie aber weit im Lande drin, und zwar die gewöhnlichste, ordinärste Sorte, so bezahlt man sie – in der Heerde – mit 1 ½ bis 2 Pesos (ein Pesos hat noch nicht ganz 2 ½ Sgr.) das Stück. Schaffelle kosten dann auch das ganze Dutzend nur von 1 bis 2 Doll. Das Schwein ist noch fast das theuerste Thier hier im Lande und wird mit 5, ein fettes mit bis zu 10 Doll. verkauft.

Der Preis der von den Thieren gewonnenen Häute steht natürlich mit ihnen selber im Verhältniß. Rindshäute kosten die Pasado (35 Pfd.) 2 bis 2 ½ Doll. Eine Haut wiegt von 26-28 Pfd. (Das hiesige Gewicht ist etwa 8 Procent leichter als das deutsche Zollgewicht). Pferdehäute kosten von 1 bis 1 ¼ Doll. Der Preis der Wolle ist dagegen verschieden. Sie wird die Aroba (25 Pfd.) von 1 bis 3 ¼ Doll. bezahlt. Gute Merinowolle kostet dagegen oft etwas über 5 Doll. die Aroba.

In der That wird hier nicht viel Kapital verlangt, einen Anfang zur Viehzucht zu bekommen, da man bei größeren Quantitäten auch selbst noch billiger kaufen kann. Wie z. B. vor nicht langer Zeit ein Ansiedler weiter im Inneren des Landes eine Heerde Schafe von 5000 Stück, durchschnittlich das Stück mit einem halben Pesos, also etwa 11 Pfennigen, bezahlte.

Das Land ist dagegen, wenigstens im Verhältniß zu früherer Zeit, schon etwas gestiegen, immer aber noch billig genug, dem deutschen Auswanderer die größten Vortheile zu bieten. Die Berechnung des Landes findet hier nach Varas statt (die Vara ist gleich 2 7/10 rheinländische Fuß.) Die Regierung verkauft das Land in Strecken von 1 ½ Leguas Länge (die Legua zu 6000 Varas), in der Breite von 1 Vara zu 1 bis 1 ¾ Doll. per Strecke. In der Nähe der Städte steigt es aber natürlich, je nach seinem Verhältniß. Billiger als ein Dollar die Vara ist es jedoch wohl nirgends, man müßte es denn aus zweiter Hand erhalten können.

Das Getreide ist hier gerade gegenwärtig ungemein billig, ebenso die Gemüse, von denen die zweite Kartoffelernte reif geworden. Ueberhaupt kann der Ansiedler mit verhältnißmäßig nur sehr geringer Arbeit hier seine Existenz gründen, und alle hier ansässigen Deutschen stimmen darin überein, daß es ihrer Meinung nach kein besseres Land für ihre armen Landsleute gäbe, als gerade Südamerika, wo sie sicher darauf rechnen könnten, mit Fleiß und Sparsamkeit auch Fleiß und Sparsamkeit belohnt zu sehen.

Die Regierung ist dabei, so wenig sie Ursache hat den Engländern und Franzosen gut zu seyn, sehr gern geneigt, deutsche Auswanderung hieher zu gestatten und zu schützen; Fremde sind hier überhaupt (durch ein besonderes Gesetz des Gouverneurs) sehr geschützt, und das spricht gewiß für das Volk selber, so arg es auch manchmal wohl ist geschildert worden, daß, während die Engländer den La Plata blockirten, Engländer und Franzosen hier indessen ungehindert, ja unbeleidigt, ihren Aufenthalt hatten.

Deutsche Einwanderer können hier Land erhalten und sind militärfrei. Weiter unterstützen scheint aber die Regierung hiehergesandte Ansiedler nicht zu wollen.Auch dieß gilt natürlich von der früheren Rosas Regierung, doch glaube ich kaum, daß die jetzige mehr, wenn vielleicht so viel thun würde.

So sehr nun auch die Deutschen im Allgemeinen hier Einwanderer von Deutschland zu sehen wünschen, und so allgemein die Klage über Arbeitermangel ist, so wenig dürfte auf eine Unterstützung der Einwanderer von Seiten der Deutschen selber gerechnet werden. Man kann sich kaum einen Begriff von der Theilnahmlosigkeit machen, die meine guten Landsleute in Südamerika jedem anderen Gegenstand schenken, der nicht ihr eigenes Ich betrifft. Dem Einzelnen werden sie allerdings hie und da gefällig seyn, und ich bin selbst von sehr Vielen auf das freundlichste aufgenommen und behandelt worden. Im Ganzen aber kümmert sich der Deutsche hier – seiner eigenen Aussage nach – nur um das was ihn angeht – und dieß sind keineswegs seine Landsleute – und ich habe an verschiedenen Plätzen den Fall gehabt, daß ich, besonders zu Sachsen kam, denen ich doch aus ihrer Vaterstadt und deren nächster Umgebung hätte Nachricht geben können, und nicht einmal von ihnen gefragt wurde, wie es dort gehe und stehe. (Herr Paposdorf machte davon allerdings eine rühmliche Ausnahme.)

Купите 3 книги одновременно и выберите четвёртую в подарок!

Чтобы воспользоваться акцией, добавьте нужные книги в корзину. Сделать это можно на странице каждой книги, либо в общем списке:

  1. Нажмите на многоточие
    рядом с книгой
  2. Выберите пункт
    «Добавить в корзину»