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Das war jedenfalls ein Naturwunder – konnten die Trauben hier an einem, vielleicht vor der Kälte geschützten Ort gereift und zu Rosinen geworden seyn? – aber diese Süße – den Ort mußte ich unter jeder Bedingung in Augenschein nehmen, und trotz des tiefen Schnees machte ich mich, da die Maulthiere abgesattelt standen, zu Fuße auf, dieß Naturwunder zu besuchen.

Fünfhundert Schritt mußt’ ich etwa gehen, da überschritt ich einen kleinen niederen Hügel, kam zu den bezeichneten Felsen und fand – keine Rebenstöcke mit aus dem Schnee vorragenden Trauben, wie ich sie höchst romantischerweise wirklich erwartet, sondern einige zwanzig hier verlassen stehende Kisten mit Rosinen, die ein vom Schneesturm überraschter Maulthiertrupp hatte zurücklassen müssen, um nur Menschen und Thiere in Sicherheit zu bringen. Und diese, hier durch Zwang den Vorbeipassirenden Preis gegebenen Güter wurden so von denen respectirt, die selbst nur zu oft mit Waaren durch die Berge zogen, und denen jeden Tag ein gleiches passiren konnte? – Als ich noch dastand, und kopfschüttelnd den hier halb im Schnee vergrabenen Vorrath betrachtete, von dem schon zwei Kisten fast ganz geleert und eine dritte angebrochen waren, kam einer unserer Peons auf seinem Thiere ebenfalls herangesprengt, und begann, ohne weitere Umstände, seine mitgebrachten Satteltaschen zu füllen; ich machte ihm, so gut ich das vermochte, Vorstellungen deßhalb, er lachte aber nur und meinte, »wenn er es nicht nähme nähmen es andere,« wie Figura zeigte, und schien darin überhaupt gar nichts außerordentliches zu finden daß er fremdes Eigenthum plünderte. Das Kohlenbrennen selber war ein höchst einfaches Geschäft – mit ihren langen Messern gingen die Burschen daran das Holz der kleinen niederen Büsche, die hier noch wuchsen, abzuhauen oder da wo es sich brechen ließ, niederzubrechen und schafften das jetzt Alles auf zwei ziemlich hohe Haufen die sie zusammentraten, so gut das eben gehen wollte, und dann anzündeten. Als das Holz zu Kohle heruntergebrannt war, überdeckten sie den jetzt ziemlich klein gewordenen Haufen mit etwa drei Zoll Erde und ließen das Feuer solcher Art ausgehen. Die ganze Kohlenmasse betrug solcher Art etwa fünfzehn Pfund die sich Einer der Peons am anderen Morgen in ein altes Hemd band und auf den Rücken warf, und ich meinestheils sah noch nicht recht ein wie wir mit der Kleinigkeit Feuerung durch den ganzen Schnee kommen wollten – wenn es nicht unterwegs Aushülfe gab – und gab es das, wozu dann überhaupt die Kohlen?

Doch es wäre thöricht gewesen sich jetzt mit solchen Sachen den Kopf zu zerbrechen, und ich schlenderte indessen ein wenig an dem Hügel herum, zu sehen ob ich nicht die Fährten irgend eines wilden Thieres im Schnee erkennen könnte.

Fuchsfährten, die wenigstens den unsrigen auf ein Haar glichen, schienen viele da zu seyen, von einem größeren vierfüßigen Raubthier konnte ich aber nichts weiter erkennen – nur ein Strauß mußte sich hier in diese Schneewüste hinaufgemacht haben— hier im Schnee und dort im weichen, feuchten nackten Boden ließen sich die enormen Spuren des Thieres auf das genaueste erkennen.

Als ich aber meinen Begleitern von einem avestruz erzählte, lachten sie laut auf und der Vaquiano meinte, der Strauß ließe sich nicht, selbst in den ersten und niedrigsten Hügeln, besonders nicht im Winter, blicken, und wenn hier dem Boden die Spuren eines großen Vogels eingedrückt wären, so könne es eben nur der Condor seyn.

Ich wollte erst gar nicht glauben daß es einen Raubvogel auf der Welt gäbe, der eine solche Spur hinterlassen könne und hatte an einen Condor in der That anfangs gar nicht gedacht, bei genauerer Untersuchung fand ich aber doch daß der Mann recht habe; die Krallen gingen tief tief in den Boden hinein, wo das kolossale Thier hingetreten hatte, und selbst der Schritt war einwärts, nicht gerade gestellt wie beim Strauß.

Nicht weit von dort, wo wir uns jetzt befanden, sollte auch, der Aussage meiner Führer nach, una casa, ein Haus an der sogenannten punta del vaca stehen, wo wir noch an diesem selben Abend übernachten wollten. Meine Erwartungen darüber, als wir es etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang erreichten, waren aber, wie ich mir dort gestehen mußte, etwas zu exaltirt gewesen, denn wir fanden nur eine kleine niedere und vorn offene, roh aus Steinen errichtete, und mit Reisig und Erde gedeckte Doppelhütte, und ringsum tiefen Schnee, selbst kein Holz ein Feuer anzumachen, und nur einige, früher einmal hier zurückgelassene Kohlen.

Und was bekamen die Maulthiere zu fressen? – nichts – zum Wasser wurden sie einmal getrieben, und dann mußten sie die ganze Nacht, ohne auch nur einen Grashalm zu bekommen, mit den wundgescheuerten Rücken in der kalten Hütte stehen; ja selbst, wenn sie am anderen Morgen von hier zurückgingen, konnte der nächste Abend ihnen doch noch kaum Nahrung bringen.

Die Maulthiere sind wirklich nach dem Kameel wohl das zäheste, ausdauerndste Lastthier der Welt, denn welches andere Geschöpf hätte das bei schwerer Arbeit ausgehalten, zwei Tage in die Gebirge und zwei wieder hinaus, ohne eine Handvoll ordentliches Futter – ja zwei Tage davon, auch ohne nur einen Grashalm zu sehen, Berg auf- und abzumarschiren und an Hängen hinzuklettern, wo sie sich manchmal ordentlich mit den Hufen festhalten mußten.

Im Sommer, wenn sie die ganze Tour über die Cordilleren zurücklegen können, haben sie’s übrigens nicht besser, und sind häufig vier volle Tage auch total ohne Futter, wo sie dann den trocken gewordenen Dünger anderer Maulthiere, als einziges zu erreichendes Nahrungsmittel, verzehren – und dabei bestehen.

Manchmal halten sie’s aber auch nicht aus, wenn der rohe gefühllose Mensch Last auf Last auf ihren Rücken ladet und die erschöpften Glieder in den steilen Bergen endlich den Dienst versagen; Zeugniß davon geben die Unmassen von Maulthiergerippen, die überall an dem ganzen Weg durch die Cordilleren liegen, und die da, wo sie starben, auch unter ihrer Last erlagen und eben ruhig ihrem Schicksal überlassen wurden. Die Condors und andere Raubvögel reinigen dann in ungemein schneller Zeit das Aas, und an dem Gerippe vorbei – nie darüber hinweg – suchen sich die nachkommenden Maulthiere die Bahn. Am nächsten Morgen standen wir früh zum Marsch gerüstet; zu meinem Erstaunen that aber mein Führer gar nicht so, als ob er überhaupt beabsichtige seinen Fuß in Schnee zu setzen – und in der That beabsichtigte er das auch wirklich nicht. Er eröffnete mir jetzt, daß er mit den Maulthieren hier umkehren werde, ich aber mit den Peons meinen Weg weiter und allein suchen müsse. Auf der anderen Seite der Cordilleren würde ich dann von seinem Vater, der dort ansässig wäre, andere Pferde bekommen die mich nach Valparaiso brächten. Ich verstand zu wenig Spanisch um dagegen ernstlich zu protestiren, im Grunde war mir’s auch wirklich einerlei, wenn er nur drüben sein Wort erfüllte, und wir brachen jetzt, nachdem ich gegen den Schnee alle möglichen Vorsichtsmaßregeln gebraucht, auf, unseren beschwerlichen, und wenn ein Unwetter eintrat, auch wirklich gefährlichen Weg so rasch wie nur immer möglich zurückzulegen. Die Schreckensgeschichten nämlich, die man mir von einem Wintermarsch durch die Cordilleren erzählt hatte, gingen wirklich ins Unglaubliche – wie viele waren schon in dem Schnee, wenn die Sonne darauf schien, erblindet – wie viele in plötzlichen »temporales erfroren. – Bestätigt ist, daß einmal in den argentinischen Kriegen ein ganzer Trupp der feindlichen besiegten Truppen in Winterszeit in die Berge flüchtete, um nach Chile zu entkommen und dort in den hie und da errichteten kleinen Steinhäusern jämmerlich verhungerte oder erfror. Kurz alle diese Erzählungen hatten keinenfalls viel Ermuthigendes, und konnten nur dazu dienen, mir den ganzen Weg als etwas Entsetzliches erscheinen zu lassen. Bald fand ich jedoch, daß wenigstens der Anfang nicht so gräßlich sey als er geschildert worden – die grüne Brille, die ich in der Tasche trug, meinen Augen im Nothfall zu Hülfe zu kommen, blieb eben in der Tasche; ich brauchte sie gar nicht, obgleich die Sonne gewiß aus besten Kräften auf den blendenden Schnee herniederblitzte – ei, zum Wetter, unsere deutschen Schneeflächen sind so weiß wie die der Cordilleren, die Sonne scheint dort ebenso hell, und man trägt doch keine grünen Brillen. Auch fand ich bald, daß ich am Körper vollkommen warm genug gekleidet sey, denn die scharfe Bewegung thut auch schon das Ihrige ihn zu erwärmen. So wanderten wir denn (ich voran, um im Thal hinauf eine Bahn zu treten, in der mir die mit meinem Sattel und Provisionen Beladenen leichter folgen könnten) zwar langsam, denn der tiefe Schnee ließ keine Eilmärsche zu, aber doch rüstig vorwärts, und hatten jetzt, wenn wir einmal ausruhen wollten, kein anderes Lager als den Schnee oder einen durch den Wind von seiner Decke befreiten Felsen.

Hierbei muß ich aber noch eines höchst nützlichen Meubles Erwähnung thun, das jeder Gebirgswanderer bei sich und auch wirklich nöthig hat. Es ist dieß ein Stuhl – aber weder von Mahagoni noch Kirschbaum, weder gepolstert noch rohrgestochten, weder drei-, vier- noch einbeinig und überhaupt kein Stuhl, wie wir ihn eigentlich in civilisirten Ländern zu sehen gewohnt sind, sondern einzig und allein ein Schaffell, das umgürtet wird und hinten bis tief unter den »letzten Rückenwirbel« hinunterhängt. Mit dem kann man sich getrost auf den Schnee niederlassen, man wird sich nicht erkälten, und es liegt stets auf der rechten Stelle.

Unser Weg lag noch immer an dem kleinen Flusse hin, dessen Lauf wir schon aus dem Thal herauf gefolgt waren, als wir aber die erste Felsenspitze umschritten, die über der punta del vaca hinauslief und diesen Platz etwas gegen die Nordweststürme schützte, breitete sich ein Schauspiel vor unseren Blicken aus, das ich nie im Leben vergessen werde.

Tief in das Gebirge hinein dehnte sich ein weites Thal und himmelauf an beiden Seiten, obgleich wir doch schon mehrere Tage aufwärts geklettert waren, starrten die Berge empor in wilden phantastischen Massen, hier durch gewaltige Schneewehen zu einem glatten, fast abgerundeten Ganzen zusammengegossen, dort wieder wie Riesen, die gewaltsam den drängenden Schnee von sich abschüttelten, schroff und nackt auseinandergerissen.

 

Der Anblick war furchtbar schön, und ich blieb wirklich erstaunt vor dem prachtvollen Panorama stehen das sich in einer Ausdehnung, von der ich damals selber keinen Begriff hatte – denn ich wußte noch nicht, wie nah die dünne durchsichtige Luft uns in solcher Höhe, selbst die entferntesten Gegenstände, rückt – vor mir ausbreitete.

Meine beiden Begleiter benützten diese Gelegenheit ihren ersten Ruhepunkt zu machen, und ihr wunderliches monotones Singen lenkte meine Aufmerksamkeit zuerst wieder von den kühnen Conturen der mich umgebenden Gebirgsmassen ab und den beiden Burschen zu, die allerdings ebenfalls originell genug aussahen.

Meine Banditen waren, wie schon gesagt, stehen geblieben und den Oberkörper vorn überbiegend, während sie sich mit beiden Händen auf den langen Stab stützten, den sie als Schneestange mit sich führten, brachten sie die Last die sie trugen, die aber keineswegs übermäßig schwer war, gerade auf ihren Rücken, der sich darunter zu biegen schien, und eine Art Lied, das nur aus zwei Tönen bestand, dabei mehr murmelnd als singend, gönnten sie so den »Hüftknochen,« wie sie sagten, eine kurze Rast.

Das geschehen, und als sie sahen daß ich ebenfalls wieder marschfertig war, richteten sie sich empor, und weiter ging’s, einem kleinen runden Gebäude, einer sogenannten casucha zu, die wir deutlich, und wie es schien, in gar nicht großer Entfernung vor uns konnten liegen sehen. Meiner Berechnung nach glaubte ich wenigstens, daß wir in zwei, spätestens drei Stunden recht gut müßten dort seyn können. Zu meinem Erstaunen marschirten und marschirten wir aber den ganzen Tag bis Abends fast zu Sonnenuntergang, und als wir endlich ihren Eingang erreichten, und ich zurückschaute, sah der Berghang, an dessen anderen Seite die punta del vaca lag, gerade so aus, als ob eine Büchsenkugel bis dorthin getragen haben würde – und wir waren den ganzen Tag gewandert.

Von Morgens bis Abends hatten wir nun allerdings nur vier Leguas zurückgelegt, waren aber doch so erschöpft als ob wir sechzehn gemacht hätten. Das Waten in dem tiefen Schnee ermüdet ungemein, noch dazu, da der Fuß gar keinen festen Haltpunkt findet auf dem er Grund fassen kann. Die Schneeschichten sind allerdings viel zu tief, als daß sie den Körper bis ganz hinunterlassen sollten, nur beim Heben desselben geben sie wieder nach, und gewähren so nie einen festen, sondern stets einen unsicheren Tritt.

Eine nähere Erwähnung verdienen jedoch hier diese, im Lande sogenannten Casuchas, ohne deren Hülfe eine Winterreise durch die Cordilleren, wenn nicht unmöglich, doch mit wirklicher Lebensgefahr verknüpft wäre. Es sind kleine einfache Hütten, aus Backsteinen und zwar gewölbt gebaut, um dem Wanderer bei etwa eintretendem Schneesturm ein Obdach zu bieten. Zu diesem Zweck stehen sie auch wohl auf zehn bis zwölf Fuß hohem Mauerwerk, zu dem eine Treppe hinaufführt, damit sie nicht so leicht verweht werden können. Bequemlichkeiten bieten sie freilich weiter keine als eben nur die vier nackten Wände und die Nähe des Wassers, denn Feuerung muß sich jeder, will er sie haben, mitbringen. Nicht selten geschieht es dabei, daß bei einem recht scharfen Schneesturm Reisende schon acht, vierzehn Tage, ja vier Wochen in ihnen festgehalten wurden, und dann vor Kälte und Hunger fast umkamen, und noch der letzte Correo, der nach Chile hinüberging, war genöthigt, eilf volle Tage in einem dieser kleinen Rettungshäuschen beizulegen, weil Schnee und Sturm ihn keinen Schritt weit hinaus ließen. Ohne dieselben wäre der Reisende aber gewiß rettungslos verloren, überraschte ihn nur das geringste Wetter, denn er ist erstlich nicht im Stande genug Feuerung mitzunehmen, sich auch nur eine Stunde an jedem Abend warm zu halten, und die furchtbaren Schneewehen, die solchen Temporales eigen sind, würden ihn bald bedecken und vernichten.

In der argentinischen Republik stehen diese Casuchas nur etwas zu weit von einander entfernt, und wer gerade in der Mitte zwischen zweien einmal von einem tüchtigen Wetter überfallen wird, kann von Glück sagen wenn er mit dem Leben davon kommt.

Wir fanden einige Kohlen in dieser Casucha, brauchten also unseren kleinen Vorrath nicht gleich anzugreifen, und machten uns etwas kochend Wasser zu Thee und einer »Charquesuppe«, die ich dem Leser in der That nicht appetitlich genug schildern kann.

Zuerst muß ich ihm freilich die Nothwendigkeit der Suppe überhaupt darthun; das Charque oder getrocknete Fleisch war nämlich so hart geschlagen und so zäh, daß es erst wieder förmlich zwischen zwei Steinen zermalmt und dann in heißem Wasser halb aufgelöst werden mußte, um nur einigermaßen genießbar zu werden.

War das Fleisch soweit zubereitet und das Wasser kochend, dann nahm Barbarino ein altes, zu diesem Zweck mitgebrachtes Kuhhorn, bließ zuerst hinein, alles unnöthige, was sich vielleicht darin gesammelt haben mochte, zu entfernen, wischte es möglicherweise, wenn er einmal gerade seinen eigenen Tag hatte, mit dem einen Zipfel seines wahrhaft schauerlich schmutzigen Ponchos aus, bröckelte dann mit den Händen, an die keiner von ihnen auch nur einen Tropfen Wasser brachte, wenn sie das irgend vermeiden konnten, etwas von dem Fleisch hinein, schnitt eine Zwiebel dazu, that etwas Salz und rothen Pfeffer dran und goß nun das heiße Wasser auf, was sich durch diesen Proceß augenblicklich in Suppe verwandelt.

So weit ging die Wasserscheu der beiden daß sie mir, als wir in die Gebirge kamen und ich mich wie gewöhnlich in dem kalten, aus den Schneeregionen niederströmenden Wasser wusch, ernstliche Vorstellungen deßhalb machten und mir auseinanderzusetzen suchten, wie ich aufgesprungene Hände, mit allen möglichen anderen Nachtheilen davon bekommen würde. Ganz entsetzt waren sie aber förmlich, als ich, selbst im Schnee angekommen, bei meinem leichtsinnigen Verfahren beharrte, und als gar keine Vorstellungen mehr halfen, lachten sie über mich, und erzählten es später sogar ihren Bekannten in Chile, daß sich der Fremde unterwegs gewaschen habe, und die wollten es nicht glauben. Als mir aber weder Gesicht noch Hände wirklich darnach aufsprangen und ich ihnen das zeigte, da schüttelten sie mit dem Kopf und zuckten die Achseln – sie waren jedenfalls fest davon überzeugt daß ich eine besondere Art Fell haben müsse, selbst das Waschen mit Schnee zu vertragen, was ihre zarte Haut unter keiner Bedingung aushalten würde. Und mit den Händen machten sie das Essen, mit den Händen brockten sie Brod in die Suppe und kneteten sie Zwiebeln und Fleisch zusammen – mich schauderts noch jetzt wenn ich daran denke, und doch aß ich damals, aber der Hunger triebs hinein, und ich betrachtete das Ganze auch wirklich als eine Art Sühne, wo ich, das einmal ausgestanden, nach meinem einstigen Tode jedenfalls gleich direct in den Himmel eingehen müsse.

Dazu besaß meine Begleitung noch das angenehme, daß ich ihr nicht recht trauen mochte, und alle Ursache zu haben glaubte sie, trotz meiner Müdigkeit, im Auge zu behalten. Sie hatten fortwährend mit einander leise zu flüstern, und die Gegend selber würde jeden feindlichen Anschlag den sie nur im Schilde haben mochten, auf das vollkommenste begünstigt haben. Ueberall die Schluchten und Schneestürze, die erst wieder in mehren Monaten aufthauten, und selbst in dem Fall Condor und Raubthiere in Masse, vorkommende Spuren zu vertilgen, außerdem die Cordilleren selber als Scheidewand zwischen beiden Ländern, was wollten sie mehr? Gelegenheit macht überdieß Diebe, und um ihnen die auch nicht im Geringsten zu geben, beschloß ich sie keinen Augenblick aus den Augen zu lassen, und mich besonders Nachts so zu placiren, daß sie im Dunkeln nie wissen konnten ob ich wirklich schlafe, oder mich nur so stelle. Ob ich ihnen dann unrecht that oder nicht – mir selber war ich jedenfalls diese kleine Aufmerksamkeit schuldig.

Die Nacht verging übrigens, außer dem Bellen der Füchse, die einen eigenthümlichen Lärm vollführten, ziemlich ruhig; ich ließ sich meine beiden Compañeros zuerst niederlegen und suchte dann die entgegengesetzte Ecke der Casucha, wo ich vor ihren Augen meine Büchsflinte neben mich legte, und die Pistole ebenfalls herauszog. Ich löschte dann das kleine Talglicht, das neben mir stand, aus, knackte ein paarmal mit den Hähnen, und war zehn Minuten später so sanft und süß eingeschlafen, als ob ich daheim in vollster Sicherheit in meinem eigenen Bett gelegen hätte.

Dienstag den 17. marschirten wir früh wieder aus und der ganze Tag schien eine Wiederholung des vorigen werden zu wollen. Die Berge, von denen ich am vorigen Morgen geglaubt hatte daß wir sie vor Mittag erreichen müßten, lagen noch allem Anschein nach ebenso weit von uns entfernt, und nur tieferen Schnee fanden wir in dem immer enger werdenden Thal, je höher wir stiegen, obgleich wir von dieser Seite aus nur sehr allmählig bergan zu klimmen hatten. Der Weg muß im Sommer ein wahrer Spazierritt seyn, jetzt aber galt es harte Arbeit und tüchtige Ausdauer, ihn zu überwinden. Es geschah heute mehrmals, daß einer von uns in den Schnee förmlich einbrach und durch die anderen herausgehoben werden mußte, und einmal stack ich so fest darin, daß, wär’ ich allein gewesen, wohl nur das Messer mir wieder hätte Bahn hinaus machen können. Barbarino mußte mir aber dießmal die Hand reichen, und ich war auch dabei vollkommen unbesorgt ihm zu trauen, denn sie wußten, ich trug Pistolen bei mir, und daß ich schießen konnte hatte ich ihnen schon einigemal bewiesen.

Ein prachtvoller Anblick sollte mich aber bald darauf für alles bisher Ertragene reichlich entschädigen, die Peons hatten mir schon am Morgen gesagt daß wir zu einer heißen Quelle kommen würden, und diese erreichten wir etwa gegen Mittag.

Schon von weitem zeigten, aus dem Gott weiß wie tiefen Schnee vorragende Büsche, daß die Vegetation hier eine kräftigere als an den anderen dürren Orten seyn müsse, und eine kleine Anhöhe hinter der der Bergstrom verschwand, hinanklimmend, standen wir gleich darauf am hohen, abschüssigen Ufer desselben, und hatten, uns gegenüber aus den Felsen sprudelnd, die heißen Quellen, die sich in drei starken Armen Bahn aus dem beengenden Stein brachen, und wie durch die harte Arbeit erhitzt, den Qualm hoch hinaufsandten in die reine, kalte, klare Luft.

Der Anblick war wirklich überraschend großartig – die Uferbank, steil und überhängend, und die kochendheißen Strahlen zischend ausstoßend, gestattete allerdings hier dem Winter nicht sein warmes Kleid darüber zu decken, aber jene unterirdische Kraft konnte nicht verhindern, daß sich die kecken Kinder des alten grämlichen Greises, die munteren Flocken, dicht darum herlagerten und dem wunderlichen Treiben neugierig zuschauten, das tief und gewaltig aus dem Innern der Erde heraus selbst ihnen eine Grenze zu setzen wußte. Hoch über den Rand der Bank hinüberquellend, wie ein riesiges Federbett, das eben im Begriff ist durch sein eigenes Gewicht niederzurutschen und nur noch durch die angespannte Leinwand gehalten wird – hing eine kolossale Schneemasse, an denen die heißen, zu ihr aufsteigenden Dämpfe fortwährend leckten, die sie aber doch nicht im Stande waren, zu schmelzen, denn aus den Höhen hernieder zog es mit gar zu scharfem Luftzug, und raubte ihnen die Kraft. Was sie aber davon niedergezogen zu sich, das formten sie zu ein paar mächtigen von den wunderlichsten Tropffiguren gezierten Eissäulen an beiden Seiten, die das obere Schneegewölk auch wirklich trugen, und gegen sie hin spritzten die heißen Tropfen und die Sonne funkelte und blinkte auf ihren diamantenen Flächen und brach sich in den buntesten Regenbogenfarben an den zackigen Auswüchsen und in dem Sprühregen selber, der den Strahlen folgte. Aber die Säulen standen fest und unberührt – nichts geben sie her von dem was sie gewonnen, wo sich aber ein kecker Tropfen zu nahe an sie hinan wagte, da hielten sie ihn fest mit ihren blitzenden Armen, und ein neuer Brillant wurde es in ihr funkelndes Diadem.

Ich konnte mich nur schwer von dem wirklich herrlichen Punkte trennen, und wäre gar zu gern einmal zu dem heißen Strudel selber nieder gestiegen, das war aber, wie Eis und Schnee und die schroffe Bank die Stelle jetzt umlagert hielten, unmöglich, ich hätte mich erst müssen von dieser Seite hinein durch den Schnee graben, und wer weiß ob dann die Bank nicht eben so steil nieder ging und ich selber vielleicht zu Schaden gekommen wäre, hier in der Wildniß.

Ueberdieß würde es auch zu viel Zeit an eine Stelle gekostet haben, wo jede Stunde kostbar ist, und dem Säumenden der Tod werden kann für seinen Leichtsinn. Im Sommer soll dieser Platz aber von Mendoza aus, ja selbst von Chile her besucht werden, und dann ein reizender Aufenthalt seyn.

 

Schöner und lieblicher mag sich dann übrigens die Natur hier gestalten, das geb ich zu, aber großartiger wahrhaftig nicht.

Wir hatten von hier aus wieder einen sehr schlimmen und ermüdenden Marsch, denn zwei »Schneestürze« lagen in unserer Bahn die wir unmöglich, des daneben hinquellenden Stromes wegen, umgehen konnten, und deßhalb überklettern mußten.

In diesen Bergkuppen können nämlich keine Lawinen fallen, die Klüfte und Hänge gehen zu furchtbar steil hinab einem Schneeball zu erlauben, daß er langsam nach und nach ansetzen könnte; hat sich aber eine Masse Schnee auf einer dieser Stellen angehäuft, und wird das oben lastende Gewicht zu schwer für die kleine Basis unten, auf der sie ruht, so drückt sie nieder und ein einziger Schneesturz räumt dann manchmal ganze Felswände auf, die er kahl und nackt, bis zum nächsten Temporale, stehen läßt, während er eine Schneemasse ins Thal wirft von der man sich wahrlich keinen Begriff machen kann, wenn man sie selber nicht einmal überklettert hat.

Gefährlich ist es dabei gewöhnlich, zu sehr in der Nahe des Bergstromes selber zu bleiben, der, total von solchen Stürzen überdeckt, zuerst vollkommen gedämmt wird und sich dann, durch den Schnee arbeitend, ein neues Bett manchmal in einer größeren, oft auch in vielen kleinen Röhren bohrt. Wie gerade die Masse liegt, ist man jedenfalls der Möglichkeit ausgesetzt über solch unterirdischem Wasser, das dann seine förmlich ausgehöhlten Gewölbe schwemmt, zu dünne Decke zu finden, und durchzubrechen, und nicht immer träfe man eine Stelle an der man sich so leicht wieder hinaufarbeiten könnte.

Ueber einen dieser Schneestürze hatten wir volle drei Stunden zu klettern, und ich glaube nicht daß es für die Beine viel ermüdendere Sachen auf der Welt gibt.

Als wir endlich wieder eine der größeren Flächen erreichten, wo der Schnee wenigstens hart genug war uns nicht mehr als drei oder vier Zoll tief einsinken zu lassen, sah ich plötzlich einen Fuchs, der mir bedeutend kleiner als die europäischen Füchse schien, gerade auf uns zukommen. Er hatte allem Anschein nach auch nicht die geringste Idee, daß sich außer ihm noch andere lebende Wesen in dieser Schneewüste aufhalten könnten, und trabte so gemüthlich und sorglos über den Schnee, als ob er »bei sich zu Hause« wäre.

Jäger sind eigentlich recht grausame Geschöpfe; obgleich mir die arme Bestie in ihrem ganzen Leben noch nichts zu leide gethan, ja trotzdem, daß ich nicht einmal den geringsten Nutzen aus ihr ziehen konnte, wenn ich sie wirklich erlegte, war doch mein erster Gedanke Mord, und ich erwartete mit wahrhafter Schadenfreude den Augenblick wo der Fuchs in Schußnähe kommen würde.

Meine beiden Begleiter, die sich selber für die Sache zu interessiren anfingen, waren ebenfalls regungslos stehen geblieben, und paßten auf das Resultat, und Reineke kam wirklich so unbesorgt an, als er wahrscheinlich gewohnt war, jeden Nachmittag hier zu seiner bestimmten Zeit vorbei zu passiren. Plötzlich bekam er Wind – etwas was er hier nicht gewöhnlich fand, mußte seine Geruchsnerven getroffen haben, und er blieb sichernd stehen.

Meiner Rechnung nach, und als Jäger gewinnt man in der Distancebestimmung mit der Zeit eine ziemlich große Fertigkeit, stand er jetzt in etwa hundert Schritt Entfernung, also gerade treffliche Büchsenweite, – ich stach, und beim Schuß sprang der Fuchs hoch in die Höhe, aber keineswegs getroffen, denn ich selber sah die Kugel noch eine ganze Strecke vor ihm in den Schnee einschlagen.

Die Büchse hatte ich noch an diesem Morgen nachgesehen, die Pistons ausgeschraubt gehabt und frisches Pulver nachgeschüttet, der Schuß hallte auch weit in den Bergen wieder – es war Pulver genug gewesen, und die Spitzkugel begnügt sich selbst mit wenigerem, was war die Ursache daß sie nicht hinüberreichte.

Der eine Peon lachte und sagte lejoslejos – weit, weit, ich beobachtete aber zuerst den Fuchs, der über den Knall und Rauch wie die sich jetzt regenden Menschenbilder im Anfang jedenfalls mehr überrascht als erfreut war, dann sich aber leise und vorsichtig zurückzog, bis er eine Schneelage erreicht hatte, die ihn unseren Blicken, verbarg, und plötzlich verschwunden war.

Jedenfalls wollte ich mich jetzt überzeugen wie groß die Entfernung war in der ich geschossen, und die ich auf etwa hundert Schritt taxirt hatte, und ich fand nun zu meinem unbegrenzten Erstaunen daß es zweihundert und einige sechzig Schritt waren. So klar zeigte hier oben die dünne reine Luft die entfernten Gegenstände, daß sie dem Schauenden fast vor die Augen gerückt werden.

Von da an beobachtete ich die Gegenstände mehr, nahm mir besonders auffallende Plätze vor uns, dunkle Stellen im Schnee oder die obersten Spitzen eines Busches die unter der tiefern Decke vorschauten, in’s Auge und taxirte ihre Entfernung, fand aber jedesmal daß ich mich manchmal um das Dreifache irrte.

Jetzt erst begriff ich auch wie ungeheuer diese Schneemassen seyn müßten die von den, wie uns schien, nächsten Hängen heruntergeschurrt waren, während sie nach dieser Berechnung eine Strecke von vielen Meilen einnehmen und tausende von Ackern Landes bedeckten.

Die Sonne vergoldete schon die höchsten Gipfel der östlich gelegenen Berge, und noch immer sahen wir die Casucha nicht, die für diese Nacht uns Quartier geben sollten, das gewaltige Felsenthal aber, in dem wir bis dahin fortgeschritten waren, zog sich hier, zu dichtgedrängten Massen zusammen, und hinter einem der niederen Kuppen die hier, wie riesige Maulwurfshügel aufgeworfen waren, mußte sie jedenfalls liegen. War das aber nicht der Fall, so konnten wir uns nur ruhig darauf gefaßt machen die Nacht einfach auf dem Schnee zu campiren, denn im Dunkeln war der Weg jedenfalls zu gefährlich.

Endlich schimmerte sie uns vom Hang einer kleinen Anhöhe, die deutlicher hinter einem größeren Berge vortrat, entgegen und – Wetter noch einmal was wir für Schritte machten, den Platz rascher zu erreichen, denn drinnen – brannte ein Feuer; also Menschen waren noch in dem kleinen steinernen Raume und wir bekamen wieder einmal andere Gesichter zu sehen, hörten andere Stimmen als die unseren.

Erst mit völliger Dunkelheit erreichten wir aber den Platz, der uns, da wir ihn zuerst erblickten als kaum noch etwa dreihundert Schritt entfernt geschienen hatte, und fanden jetzt den Correo von Chile mit drei Peons, der sich auf seiner Tour gen Mendoza befand. Fragen wurden natürlich gleich gegenseitig nach dem passirten Weg gewechselt, und wir hörten zu unserer Freude, daß der Schnee auf der anderen Seite wohl sehr tief, aber auch ziemlich hart sey, und sogar bei der vierten Casucha, an der Schneegrenze, ein Maulthiertrupp liege, den wir sehr wahrscheinlich benutzen könnten. Das waren gute Neuigkeiten, und bei einem knisternden Feuer und einer tüchtigen Tasse Thee verbrachte ich den Abend ziemlich angenehm.

Der Correo gratulirte uns übrigens zu dem schönen Wetter und erzählte uns jetzt wie er selber in diesem nämlichen Winter und in der letzten Casucha die wir passirt hätten, nahe dran gewesen wäre sein Leben zu verlieren und die mitgebrachten Provisionen schon bis auf den letzten Bissen aufgezehrt gehabt hätte. Nur die Verzweiflung trieb sie zuletzt hinaus in’s Freie, und ein Glück war’s daß sie’s thaten, denn sie benützten dadurch gerade eine kurze Pause im Sturme, der gleich darauf, als sie die punta del vaca passirt hatten, und dem niederen Land näher waren, mit voller Kraft wieder an zu wüthen fing. Hier stecken wir übrigens, wie er sagte, grade in der Mitte drin, und wenn wir jetzt eines »auf die Mütze kriegten« könnten wir uns gratuliren.

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